Название: Zieht euch warm an, es wird heiß!
Автор: Sven Plöger
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная прикладная и научно-популярная литература
isbn: 9783864897733
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Populismus verfängt – leider immer wieder und überall auf der Welt. Warum das so ist, wird in vielen Geschichts- und Soziologiebüchern behandelt. Mit Rücksicht auf den Umfang dieses Buches möge ein Gedanke genügen: Wir leben in einer uns förmlich erschlagenden Informationsflut. Immer schneller dringen immer mehr Informations- und Wissensschnipsel auf uns ein. Das kollektive Wissen der Menschheit wächst rasant, aber das bedeutet umgekehrt auch: Der Wissens- und Informationsanteil des Einzelnen relativ zur Gesamtmenge nimmt immer mehr ab! Überspitzt formuliert werden wir also relativ immer dümmer und vor allem immer orientierungsloser. Nicht trotz, sondern gerade wegen der Zunahme an Information. Und genau an dieser Stelle greift der Populist ein und ordnet die Welt mit robusten Vereinfachungen und Schuldzuweisungen neu. Man kann sich wieder entspannen und weiß, wie die Welt aussieht. In fünf Sätzen. Wie schön. Nur leider ist das nichts anderes als Selbstbetrug, denn die Geschichte liefert kein einziges Beispiel, wo der Populismus Probleme gelöst hätte. Deswegen möchte ich den einzigen politischen Appell aus den ersten Seiten dieses Buches noch einmal aufgreifen: Lassen Sie uns gemeinsam vorsichtig sein und unsere große Errungenschaft, die Demokratie, die gemeinsam mit der Diplomatie für viele Friedensjahre in Europa gesorgt hat, schützen. Demokratien stehen durchweg besser da, denn es gibt weniger (nicht keine!) Korruption und Vetternwirtschaft und ihre Bürger sind im Mittel zufriedener als in Diktaturen. Manche Diskussionen mögen durchaus zu lange dauern und so gibt es sicher Verbesserungsmöglichkeiten, aber das Prinzip ist erfreulich, denn jeder kann partizipieren. Eine reine Protestwahl ist ein Spiel mit dem Feuer, das wir am Ende möglicherweise nicht mehr gelöscht bekommen. Lassen Sie uns gesellschaftsspaltenden Vereinfachern den Rücken kehren und den Blick in eine gute, demokratische und immer klimafreundlichere Zukunft richten! Wir haben das Zeug dazu.
Forschung und Technik
Sehr vielen Menschen geht es heute besser als vor 100, 200 oder 500 Jahren. Sie leben im Mittel länger, gesünder und haben mehr Annehmlichkeiten. Ich kenne eigentlich niemanden, der sich heute ein Leben wie im Mittelalter oder der Steinzeit wünscht – außer vielleicht mal ein paar Erlebnistage mit einer Zeitmaschine. Dann aber schnell wieder zurück! Übrigens sind Zeitreisen für uns physikalisch unmöglich. Der »Beweis« ist einfach: Es hat noch nie jemand Besuch aus der Zukunft bekommen! Oder ist das nur ein Hinweis darauf, dass es uns nicht mehr so lange geben wird, als dass wir eine solche Maschine erfinden könnten? Kehren wir lieber zurück ins Jetzt.
Ein wesentlicher Grund dafür, dass wir heute besser leben als früher, findet sich in unserem technologischen Fortschritt. Natürlich ist auch hier – wie immer – eine Schwarz-Weiß-Sicht nicht hilfreich. Die Erzeugnisse des menschlichen Erfindungsreichtums reichen von genialen Geniestreichen wie Schrift, Elektrizität und Antibiotika bis hin zu Ideen, die man besser nie in die Praxis umgesetzt hätte; man denke nur an die Atombombe. Zwischen diesen Polen finden sich Errungenschaften, die sowohl vor- als auch nachteilsbehaftet sind. Der Sinn technischen Fortschritts besteht darin, die Nachteile zu minimieren oder alte Erfindungen durch neue zu ersetzen. Und – klar – immer wieder ganz neue Ideen zu haben.
Was unser Verhalten beeinflusst
Als Johann Wolfgang von Goethe die Hymne Das Göttliche schrieb, setzte er die erste Zeile nicht umsonst in den Konjunktiv: »Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.« Bei einem »ist« hätten wir nämlich alle gestaunt und an Goethes bekannter Fähigkeit gezweifelt, die Welt feinsinnig zu beobachten.
Natürlich gehören zu uns edle, hilfreiche und gute Momente, aber eben auch solche, die damit einfach überhaupt nichts zu tun haben. Kriege, Kriminalität aller Art, Folter, Gier, Korruption, Armut, Hunger und vieles mehr gäbe es schlichtweg nicht, wenn wir das Ideal, das wir uns seit Menschengedenken vorhalten, tatsächlich erfüllen würden. An uns selbst zu appellieren und in der Zukunft alles besser machen zu wollen, ist sicher vernünftig und die erkennbare Dauerstrategie politischer Reden. Allein wird das aber kaum reichen, obwohl wir in einiger Hinsicht durchaus einen sozialen Fortschritt zu verzeichnen haben, der sich aus unseren guten Momenten nährt.
Schwertun wir uns aber beispielsweise mit dem großen Wort »Gerechtigkeit«. Aus dem politischen Raum sind Sätze bekannt wie »Wir wollen die Welt gerechter machen«. Das ist löblich und man kann es nicht oft genug sagen. Nur sorgen wir gleichzeitig dafür, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Obwohl die Besitztümer der Superreichen im Jahre 2019 gegenüber 2018 weltweit tatsächlich leicht abnahmen, besitzen die 85 reichsten Personen dieser Welt ebenso viel wie die 3,5 Milliarden ärmsten Menschen – was für ein absurdes Verhältnis. Tut man das Gegenteil von dem, was man eigentlich tun möchte oder sollte, dann wird man sein Ziel nicht erreichen. So einfach ist das.
Im Jahr 2019 – Corona war noch kein Thema – wurde ein weiterer Rekord beim CO2-Ausstoß aufgestellt, wenngleich der Zuwachs aufgrund der leicht schwächelnden Weltwirtschaft etwas weniger stark ausfiel als im Jahr davor. Wir wollen den Ausstoß seit Jahren vermindern, machen aber auch hier das Gegenteil und erreichen folglich unser Ziel nicht. Und entsprechend sieht unsere Klimagerechtigkeit aus: Müsste nicht jeder Mensch gleich viele Rechte und Pflichten gegenüber der Atmosphäre haben? Doch es zeigt sich, dass global und in den einzelnen Nationen die Wohlhabenderen auch diejenigen sind, die weit über dem Schnitt Treibhausgase emittieren. Dass denjenigen, die das Klima über die Maßen aufheizen, der Planet noch nicht um die Ohren geflogen ist, liegt auch an den vielen, die aufgrund ihrer bescheidenen Verhältnisse fast nichts zum Klimawandel beitragen.
Und dann ist da noch die Frage der Zurechnung: Der Inselstaat Palau liegt mit 57 Tonnen pro Kopf weltweit auf Platz 1. Wie das? Der CO2-Ausstoß der Flugzeuge und Kreuzfahrtschiffe, die jede Menge Touristen zu den rund 500 Inseln transportieren, wird den nur 17 700 Einwohnern zugerechnet. Pech? Oder ungerecht? Palau gilt übrigens als Steueroase, was ein Grund dafür sein könnte, warum manche so dringend dorthin düsen müssen.
Hoffnung auf den »Green Deal«
Wie eingangs schon erwähnt: Wollen wir unsere bisherigen Fehler korrigieren, so müssen wir, um die Ziele von Paris einhalten zu können, von jetzt an bis Mitte des Jahrhunderts jedes Jahr die Treibhausgasemissionen um 7,6 Prozent senken. Da macht es Hoffnung, dass die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Anlehnung an Roosevelts »New Deal« den »Green Deal« für die EU bezweckt und durchsetzen will, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt ist. Mehr Investitionen in grüne Technologien und in die Spitzenforschung und mehr nachhaltige Lösungen, gepaart mit mehr sozialer Gerechtigkeit, sind das Konzept – im Grunde ein neues Wirtschaftssystem mit maximaler Wiederverwertung von Ressourcen im Kreislauf. Namentlich geht es zudem um eine saubere Energiewirtschaft, einen klimaneutralen Verkehrssektor noch in den 2030er Jahren, und besonders um die energetische Sanierung des Gebäudebestands. Die Ideen sind nicht verblüffend neu, aber sehr vernünftig – wenn man sie umsetzt und nicht einfach nur davon spricht.
In Deutschland haben wir vor allem eine gute Klimarhetorik. Jahrelang wurde stets wiederholt, dass wir Europas Vorreiter beim Klimaschutz sein wollen und bis 2020 die Emissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 reduzieren werden. 2017 hat man dann urplötzlich bemerkt, dass 2020 ja nicht mehr so weit weg ist und … all die ambitionierten Ziele kurzerhand auf 2030 vertagt! Ganz ehrlich: Mit dieser »Strategie« wird man dem Klimawandel nicht beikommen, und dass uns am Ende ein Virus unterstützen würde, war ja nicht abzusehen. Im Jahr 2019 lagen wir beim Erreichen unserer Klimaziele auf Platz 8 der nunmehr nur noch 27 EU-Staaten. Mit dem 8. Platz ist man noch nicht mal auf dem Podest und sicher kein Vorreiter. Aus der falschen СКАЧАТЬ