Zieht euch warm an, es wird heiß!. Sven Plöger
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СКАЧАТЬ Wir Deutschen liegen heute bei 9!

      Lassen Sie uns gedanklich an dieser Stelle also einfach die Tafel leer wischen und nehmen wir uns vor, bei der Neubeschriftung nicht sofort in Nebensächlichkeiten zu versinken. Als Erstes schrei­ben wir nun auf die leere Tafel, dass wir einen Klimawandel haben und dass wir maßgeblich dafür verantwortlich sind. Da­runter, dass deshalb auch wir das Problem lösen müssen. Wir lieben unsere Kinder und Enkel. »Nach mir die Sintflut« ist zutiefst unanständig und damit unakzeptabel. Schreiben wir also die wichtigsten Gedanken zur Lösung des Problems auf, und skizzieren eine Weltanschauung, die konstruktiv zur Verbesserung der Zustände beiträgt:

      1.Wir brauchen einen begründeten Optimismus, die große He­rausforderung überhaupt bestehen zu können. Jeder Leistungssportler weiß: Wenn man nicht an sich glaubt, ist der Wettkampf vorbei, bevor er begonnen hat.

      2.Wir müssen die Bevölkerungszunahme in den Griff bekommen. Das Thema darf nicht tabuisiert und außen vor gelassen werden, da es Maßnahmen konterkarieren kann. Entwicklungspolitik ist darum ein zentraler Bestandteil guter Klimapolitik.

      3.Weltklimakonferenzen muss es weiterhin geben. Aber dort dürfen nicht die Bremser bestimmen, die sagen, was nicht geht, sondern die Zugpferde müssen den Takt angeben und aufzeigen, was notwendig, aber auch was möglich ist. Deshalb muss die Regel aufgegeben werden, die für das Abschlusskommuniqué einer solchen Konferenz Einstimmigkeit fordert.

      4.Forschung und Technik spielen eine entscheidende Rolle. Sie können die Bedingungen dafür schaffen, dass die Masse der Menschen, die »ganz normal« ihrem Alltag nachgeht, per se umweltfreundlicher wird. Das funktioniert aber nur, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien im Mittelpunkt unserer Bemühungen steht.

      5.Wir müssen unser Verhalten an Schlüsselstellen ändern. Freiwillig, so haben wir bewiesen, schaffen wir es nicht. Wir brauchen Regeln für alle und der summierte Beitrag von 7,7 Milliarden kleinen Emissionsminderungen ist nicht zu unterschätzen. Allein durch kleine Verhaltensänderungen kann man das Klimaproblem aber nicht lösen. So realistisch müssen wir sein.

      6.Wir brauchen attraktive Alternativen. Menschen etwas wegzunehmen und keine Alternative anzubieten, stiftet Unfrieden und Ablehnung, die dem Populismus der Klimaleugner in die Hände spielen.

      7.Damit zusammenhängend: Diese Veränderungen werden Geld kosten. Anderslautende Aussagen sind absurd. Aber die Kosten müssen jene tragen, die viel haben und dementsprechend mit ihrem Lebensstil auch viel emittieren. Später werden uns die heutigen »Vorauszahlungen« Vorteile verschaffen.

      8.Bildung ist notwendig und muss ernst genommen werden. Von Sir Francis Bacon stammt der Satz: »Wissen ist Macht«. Kehrt man ihn um, steht da ebenso richtig »Unwissen ist Ohnmacht«. Eine von Unkenntnis der Sache getriebene, emotionale und möglicherweise ideologisch motivierte Auseinandersetzung ist Zeitverschwendung.

      9.Die Berichterstattung zum Thema Klimawandel muss auf den Prüfstand. Wissensvermittlung, die Physik von Phantasie trennt, sowie der Hinweis auf Erfolge beim Vorgehen gegen den Klimawandel tun not. Sie können die Bevölkerung zum Nach- und Mitmachen motivieren.

      10.Die Zeit drängt. Wir müssen Prozesse beschleunigen, die raschen Klimaänderungen erhöhen den Handlungsdruck. Zu viele oft veraltete Regeln und Gesetze, die durch immer neue Vorschriften und Ausnahmen in ein Bürokratiedickicht verwandelt werden, bremsen uns aus.

      Nehmen wir also diese Punkte auf – wobei wir auf den folgenden Seiten vor allem auf die ersten fünf intensiver eingehen werden – und geben noch eine ordentliche Prise »gesunden Menschen­verstand« dazu. Darin liegt nämlich das Erfolgsrezept des Homo sapiens: Es waren unsere Anpassungsfähigkeit und unser Er­findungsreichtum, die uns überhaupt erst ermöglichten, zu überleben und zu gedeihen.

      Mancher sagt, es wäre völlig naiv, noch Optimismus zu haben. Aber was dann? Verhalten wir uns völlig anders, wenn wir uns nun sagen, es sei »fünf nach zwölf« und nicht mehr »fünf vor zwölf«? Möglicherweise ist das sogar kontraproduktiv, denn wenn alles zu spät ist, kann man ja sowieso nichts mehr tun. Dann doch lieber »mitnehmen, was geht« und so resignierend und gleichzeitig trunken in den Ausverkauf der Welt taumeln! Pessimismus, der sich aus Behäbigkeit generiert und dann in Selbstmitleid wechselt, hilft ebenso wenig wie aufgeregte Worte. Vermutlich würden wir uns einfach an den »Fünf nach zwölf«-Satz genauso gewöhnen wie an alle anderen Klimasätze oder -wörter. Auch schlimme Unwetterbilder aus aller Herren Länder, großes und sichtbares Leid der Betroffenen eingeschlossen, sind irgendwann »Normalität«. Es ist auch unproblematisch, dauerhaft im Klimanotstand zu leben, solange diese Feststellung quasi keine Auswirkungen auf unseren Alltag hat.

      Den nötigen Optimismus generieren wir mit Blick auf das Ziel und die Chancen. Die Wissenschaft sagt uns, dass wir noch 10 bis 20 Jahre Zeit haben, um wirkungsvoll umzusteuern. Es ist nicht zu spät! Und natürlich löscht es uns auch danach nicht gleich aus, aber das mögliche Erreichen von Kipp-Punkten im Klimasystem wird immer unberechenbarer, immer gefährlicher für Leib und Leben und zudem auch immer teurer.

      Schauen Sie sich Bilder europäischer oder asiatischer Städte nach dem Zweiten Weltkrieg an: Alles lag in Trümmern, das Leid war entsetzlich und trotzdem hatten die Leute mit Optimismus in die Zukunft geblickt und waren in der Lage zuzupacken. Heute neigen wir dazu, gesättigt auf dem Sockel des Luxus zu sitzen und in untätiger Angststarre von dort herab zu schauen. Schluss damit!

      Der britische Autor Aldous Huxley, Verfasser von Schöne neue Welt, starb 1963 – übrigens am selben Tag, an dem John F. Kennedy erschossen wurde. Von Huxley stammt der Satz »Wenn wir dieses Problem nicht lösen, wird es all unsere Probleme unlösbar machen«, und er meinte damit die wachsende Zahl der Menschen – damals waren es etwa 3, heute fast 8 Milliarden. Jedes Jahr kommen rund 80 Millionen neue Erdenbürger hinzu, vorwiegend in den sogenannten Entwicklungsländern. Das bedeutet, dass wir einmal im Jahr die Einwohner Deutschlands zusätzlich auf dieser Welt unterbringen müssen. Stellen Sie sich mal eine Weltkarte vor und überlegen Sie, wie das vernünftig gehen soll. In jeder Sekunde sind etwas mehr als zwei von uns neu auf der Erde – vier werden geboren, knapp zwei versterben. Die Fläche ist dabei allerdings unproblematisch: Rechnet man nüchtern, dann passen zwei Menschen stehend auf einen Quadratmeter und so bräuchten wir alle zusammen knapp 4 000 Quadratkilometer (auch wenn das natürlich kein besonders komfortabler Zustand wäre). Dafür reicht schon ein recht kleines Fleckchen aus: Das Saarland und Luxemburg haben zusammen zum Beispiel 5 000 Quadratkilometer. Das Problem liegt vielmehr im Input und Output, sprich einerseits in der Versorgung mit Nahrung und Trinkwasser und andererseits in der Emission von Treibhausgasen. Denken Sie an die »erlaubten« zwei Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr. Dann lautet der einordnende Satz, dass wir für unseren Lebensstil zu viele sind. Genauer und im Klimakontext: Alle, die über zwei Tonnen liegen, sind das Problem.

      Daran lässt sich aus dem Stand freilich nichts ändern, wir sind ja nun mal alle da. Selbstverständlich möchte auch jeder Mensch ein möglichst reiches und erfülltes Leben führen und es gibt wohl niemanden, der dafür kein Verständnis hat. Wunsch und Wirklichkeit klaffen allerdings massiv auseinander und so ist die Welt ein Hort der Ungerechtigkeiten. Ist man in Mitteleuropa geboren, hat man das glückliche Los gezogen – in Malawi oder Bangladesch nicht.

      Es muss also vieles verändert werden: Neben dem Lebensstil auch die Verteilung der Güter. Den moralisch in uns steckenden Gerechtigkeitswunsch haben wir, seit es den Homo sapiens gibt, nie erfüllt und die dafür notwendigen Anpassungen unseres Lebensstils sind erkennbar schwer. Richten wir unseren Blick also zunächst darauf, unsere Vermehrung in geeigneter Weise in den Griff zu bekommen. Exemplarisch für die ungeeigneten СКАЧАТЬ