Название: Zieht euch warm an, es wird heiß!
Автор: Sven Plöger
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная прикладная и научно-популярная литература
isbn: 9783864897733
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»Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Windmühlen und die anderen Mauern«, sagt ein kluges chinesisches Sprichwort. Der größte Vermögensverwalter stellt nun Windmühlen auf. Denn die Anleger entwickeln rasant ein Bewusstsein dafür, dass der Klimawandel sich massiv auf das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand auswirkt, und dass diesem Umstand nun Rechnung getragen werden muss. Der Klimawandel wird dadurch zur Triebfeder für eine tief greifende Veränderung bei der Risikobewertung von Anlagen und vorausschauende Investoren planen eine wesentliche Umschichtung des Kapitals.
Unternehmen, die Billionen Dollar an Vermögen verwalten und damit jeden Tag (!) Millionen Dollar Gewinn einfahren, besitzen erhebliche Macht. Ob das in Ordnung ist, will ich hier nicht bewerten, sondern auf die enorme Hebelwirkung – »Leverage«, wie die Banken das nennen – hinaus, die entsteht, wenn ein solches Unternehmen auf Nachhaltigkeit setzt. Was auch immer die Triebfeder der Akteure ist, ob blanke Gier oder nur der Wunsch, in zinslosen Zeiten den Ruhestand zu sichern – hier werden die Weichen dafür gestellt, dass an Schlüsselstellen Kapital für grüne Technologien zur Verfügung steht.
Ein solcher Weg, begonnen durch einen marktmächtigen Konzern, hat nebenbei auch zur Folge, dass Investoren die wirtschaftliche Unzulänglichkeit einer rückwärtsgewandten Investition aufgezeigt wird, da sich die Anleger über kurz oder lang abwenden werden. So können die Kapitalströme – quasi durch einen Schubs – immer mehr in nachhaltige Unternehmen fließen. Schon heute wächst der Anteil »grüner Anlagen« erkennbar: In Großbritannien haben sie 2018 gegenüber dem Vorjahr um 34 Prozent zugenommen, im deutschsprachigen Raum sogar um 45 Prozent statt um vergleichsweise niedrige 9 Prozent wie noch im Jahr davor. Ökologisch, sozial und langfristig sind Stichwörter für die Anlageform, die sich viele Menschen, deren Kapital in Summe nicht zu unterschätzen ist, wünschen. Doch eins muss uns klar sein: Dieser Hebel wirkt nur, wo Profit lockt. Unterprivilegierte Länder, die jetzt schon schier unter den Kosten des Klimawandels zusammenbrechen, versprechen da wenig und sind dieser Form des Kapitals – leider ziemlich wurscht. Also hat auch dieser wichtige Gedanke nicht nur Vorteile, sondern muss ein Element unter vielen sein.
Der Schlaue greift nicht zu
Daher zum zweiten großen Hebel, der ebenfalls mit einer dafür notwendigen politischen Einigkeit auf der großen Bühne zu tun hat und auf dem ungewöhnlichen Wege des »Nichtstuns« zu einem Erfolg werden könnte. Durch den Klimawandel zieht sich das arktische Eis zurück, wodurch wir plötzlich Zugriff auf Diamanten, Zink, Kupfer, Platin und seltene Erden haben, die etwa für die Produktion von Smartphones und Autobatterien erforderlich sind. Und vor allem auf etwa 90 Milliarden Barrel Erdöl – die eine unglaubliche Geldsumme bedeuten. Greifen wir hier zu, werden wir das Problem verschärfen, gegen das wir eigentlich vorgehen wollen. »Nichtstun« wäre die vernünftige Lösung, also die Vorräte im Boden lassen und konsequent auf erneuerbare Energieträger setzen. Dieser Schritt braucht – wie oben erwähnt – natürlich politische Einigkeit, wieder ein mögliches Thema für eine internationale Klimakonferenz. Ohne diese Einigkeit landen wir in einer Art »Tragik der Allmende«, also in einer Tragik des gemeinschaftlichen Eigentums.
Die Arktis ist ein Sinnbild dafür, denn es gibt bis heute keinen klaren »Besitzstatus«. Nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 haben die Anrainerstaaten des Nordpolarmeeres mit Gebieten nördlich des Polarkreises gewisse Hoheitsbefugnisse: Norwegen, Dänemark, Island, Russland, die USA und Kanada. Der Rest ist – wie gesagt – unklar. So investiert etwa China Milliarden in der Region, um mit Unterstützung Russlands am großen Geschäft mitverdienen zu können. Schaffen wir es nicht, gemeinsam und geschlossen die Finger von solchen »vergifteten Geschenken« zu lassen, ist in einem System, das noch immer die Zerstörung des gemeinschaftlichen Eigentums finanziell belohnt, derjenige der Dumme, der nicht zugreift!
Muss nicht auch jeder selbst etwas ändern?
In den letzten Abschnitten könnte möglicherweise der Eindruck entstanden sein, dass unter der Voraussetzung vernünftiger politischer Vereinbarungen »irgendjemand mit Geld« und Hilfe der Technik nun alles löst und man sich einfach zurücklehnen kann. Der irrige Schluss könnte sein: »Hurra, das Thema ist für mich erledigt, ich kann weitermachen wie bisher!« Das hat aber nur damit zu tun, dass man in einem Buch nicht alles gleichzeitig schreiben kann: Natürlich gibt es noch eine zweite Säule, um am Ende wirklich substanziell gegen die Klimaänderung anzukommen, und die hat mit jedem Einzelnen von uns zu tun. Wir müssen tatsächlich so einiges verändern und die Summe vieler kleiner Verhaltensänderungen sorgt am Ende für einen wichtigen und notwendigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Aber wie stellen wir das an? Wer macht warum was und wer bestimmt, wer was machen soll oder nicht? Das wird gerade trefflich und kontrovers diskutiert, und die vor allem in den Medien und den sozialen Netzwerken ausgetauschten Beiträge lassen viele Gemütszustände zu: Freude, Trauer, Wut, Verwunderung und beliebige Mischformen davon.
Nicht selten wird zu Beginn argumentiert, dass Deutschland doch viel zu klein und unbedeutend sei: Wir gut 80 Millionen Bürger bilden doch gerade mal rund 1 Prozent der insgesamt 7 700 Millionen Menschen und sind für nur rund 2 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich. Was sollen wir da global erreichen, selbst wenn jeder von uns seinen Lebensstil von Grund auf ändert? Dieses »Argument« verfängt tatsächlich immer wieder und dahinter steckt ein – wenn es nicht so ernst wäre – fast amüsanter Denkfehler: Wir vergessen zu addieren!
Suggeriert wird, dass wir mit 2 Prozent des weltweiten CO2-Austoßes eigentlich keine Rolle spielen. China ist doch für 30 Prozent der Emissionen verantwortlich. Die USA für 14, Indien für 7, Russland für 5 und Japan für 3 Prozent. »Sollen doch die erst einmal etwas tun«, ist dann eine gerne vorgebrachte Äußerung. Aber Achtung! Mit unseren 2 Prozent sind wir nach den oben genannten 5 Ländern auf Platz 6 von 194 Ländern dieser Welt. Es liegen also 187 Länder hinter uns und die könnten das gleiche Argument, ihr Land spiele ja keine Rolle, mindestens ebenso gut verwenden wie wir. Addiert man aber deren Emissionen, so macht das 39 Prozent aus! Lässt man es bleiben, kann sich natürlich jeder hinter seiner eigenen Bedeutungslosigkeit verschanzen. Um es auf die Spitze zu treiben, wäre mein Rat an die verbleibenden großen Emittenten, sich einfach in viele kleine Länder zu zerlegen. Teilte man China in 15 Regionen auf, würde jede Region auch nur noch 2 Prozent emittieren. Genau wie wir! Nach einer solchen Landesteilung könnten dann alle Länder sagen, ihr Anteil sei zu klein und alle fühlten sich im Recht. Und die globalen Emissionen hätten sich kein bisschen verändert.
Landesgrößen und ihre jeweilige Bevölkerungsdichte sind natürlich völlig willkürlich, weshalb man Länder nie vergleichen kann. Stattdessen kommt es logischerweise darauf an, wie viel jeder Einzelne von uns emittiert. Beim CO2 liegen – wie schon skizziert – die Deutschen bei 9 Tonnen pro Kopf, die Chinesen hingegen bei 7 Tonnen, aber Deutschland ist insgesamt auf Platz 6 und China auf Platz 1. Es gibt eben viele Chinesen. Länderbezogene Argumente sind also eigentlich gar keine und so wäre es sinnvoller auszudrücken, dass Deutschland als wirtschaftlich starke Nation durchaus eine Vorbildrolle übernehmen kann und aufgrund unserer zahlreichen Emissionen seit Beginn der Industrialisierung auch muss.
Dieser Satz bekommt beim Blick nach Brasilien eine noch stärkere Bedeutung. Das Land mit seinem an der Umwelt sichtlich desinteressierten Präsidenten Bolsonaro hat einen CO2-Ausstoß von 2,4 Tonnen pro Kopf. Der Präsident erlaubt nun mehr Brandrodung und Abholzung des Amazonas-Regenwaldes, um die Wirtschaft seines Landes anzukurbeln. In Sorge um die »grüne Lunge« dieser Welt wurde nach dieser Entscheidung vielfach die Frage aufgeworfen, ob es nicht Gebiete geben müsse, die von der Allgemeinheit verwaltet werden, um solche Exzesse zu verhindern. Das ist natürlich schwierig durchzusetzen, aber immerhin bekam Bolsonaro zu Recht zahlreiche Ermahnungen, unter anderem aus Deutschland. Nur ist es eben schwierig, andere zu maßregeln, wenn man selbst fast viermal so viel CO2 pro Kopf ausstößt und bis 2038 an der Braunkohle festhalten möchte. Das hat uns der brasilianische Präsident dann auch postwendend zurückgespielt. Und wir kaufen ja auch СКАЧАТЬ