Zieht euch warm an, es wird heiß!. Sven Plöger
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zieht euch warm an, es wird heiß! - Sven Plöger страница 5

СКАЧАТЬ Klimawandel ist ein schier unerschöpfliches Thema, das naturwissenschaftliche, geisteswissenschaftliche und gesellschaftspolitische Aspekte umfasst. Mit diesem Buch versuche ich, verschiedene Ebenen zu verbinden, um Ihnen als Leser einen »gesunden Überblick« zu ermöglichen. Mein Wunsch ist, dass es Ihnen damit in Zukunft leichter fallen wird, Nachrichten und Schlagzeilen rund um den Zustand unseres Planeten sowie zu Klimaschutzmaßnahmen einzuordnen.

      Im ersten Teil des Buches wird gezeigt, wo wir als menschliche Gesellschaft stehen und warum wir uns trotz der deutlich spürbaren Klimaveränderungen weiterhin so schwer damit tun, die Dinge umzusetzen, die wir uns auf diversen Konferenzen längst verbindlich versprochen haben. Das komplexe Thema wird hier aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, um eine taugliche Übersicht zu gewinnen, die unsere derzeitigen Debatten ebenso einordnet, wie die vertiefenden Kapitel im weiteren Verlauf des Buches.

      Im Mittelteil werden die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge erklärt: Wie funktioniert das Klimasystem und was ändert sich gerade aus welchen Gründen? Dabei werden auch klima­skeptische Äußerungen einbezogen und auf ihre Sachlichkeit überprüft.

      Der letzte Teil vertieft schließlich die behandelten Themen in praxisnaher Weise. Hier geht es darum, unser Klimaverhalten anhand der großen Stellschrauben zu untersuchen und mit Ideen und Vorschlägen zu zeigen, wie unsere Gesellschaft – das schließt Sie ein! – klimafreundlicher werden kann.

      Stichwort klimafreundlich: Um Platz und Papier zu sparen, haben wir uns dazu entschlossen, das Literaturverzeichnis online unter www.westendverlag.de/klima zur Verfügung zu stellen.

      Dieses Buch will nicht missionieren, sondern ein komplexes Thema für jedermann »übersetzen«. Im Indefinitpronomen »jedermann« steckt etymologisch übrigens nicht »Mann«, sondern »man«. Dem Wortursprung nach ist hiermit also »jeder« gemeint. Das bietet mir auch die Gelegenheit für einen Hinweis: Aus Gründen der Lesbarkeit sind in diesem Buch sämtliche Personalpronomen und allgemeinen Ausdrücke stets inklusiv für Frauen, Männer und auch alle anderen zu verstehen.

      Eine ehrliche Bestandsaufnahme

      Kann uns die Coronakrise beim Umgang mit dem Klimawandel helfen?

      Ein Erdbeben, ein Vulkanausbruch oder ein Asteroideneinschlag passiert schlagartig. Der Mensch hat keine Möglichkeit einzugreifen. Es handelt sich dabei schlicht um ein tragisches Schicksal, das uns allenfalls verdeutlicht, wie klein wir trotz all unserer technischen Entwicklungen und all unseres Erfindungsgeistes gegenüber der Natur weiterhin sind. Wir können in einem solchen Fall nichts anderes tun, als zu versuchen, die Überlebenden zu versorgen und den Schaden zu beseitigen.

      Setzt man die Ausbreitung des Coronavirus mit einem Asteroideneinschlag gleich, so hätten wir es quasi mit einem Asteroideneinschlag in Zeitlupe zu tun. Wir sind plötzlich nicht mehr völlig machtlos, sondern haben Zeit, um mit beschränkten Mitteln einzugreifen, die Ausbreitung zu steuern und abzubremsen – »flatten the curve« ist dafür der englische Ausdruck, der nun auch Eingang in unseren Wortschatz gefunden hat. Je intelligenter wir mit dieser Zeit umgehen, desto besser das Ergebnis oder konkret, desto mehr Leben können wir retten.

      Und jetzt der Sprung zum Klimawandel. Er ist in dieser Analogie ein Asteroideneinschlag in Superzeitlupe. Für unser Gefühl derart schleichend langsam, dass wir eigentlich alle Zeit der Welt hätten, um Einfluss auf ihn zu nehmen. Der Satz von eben kann also wiederholt werden: Je intelligenter wir mit dieser Zeit umgehen, desto besser das Ergebnis. Das Bedauerliche ist, dass der große Zeitvorteil leider zum Nachteil für uns wird, denn unsere Spezies ist nicht besonders begabt im Umgang mit sehr langen Zeiträumen. Haben wir viel Zeit, dann schieben wir einfach alles vor uns her. Dafür ist die Evolution verantwortlich, die dem Hier und Jetzt aus damals vernünftigen ­Erwägungen heraus stets den Vorrang vor der Zukunft gab. ­Nähert sich der Säbelzahntiger, ist es nämlich besser, eiligst davonzulaufen, als zum Beispiel unbeirrt mit dem Bau einer Behausung fortzufahren, die einen in den kommenden Jahren besser vor Regen und Wind schützen wird. Je weiter ein Ereignis in der Zukunft liegt und je weniger es damit für uns unmittelbar zu spüren ist, desto schlechter können wir ein solches Problem erkennen.

      Sowohl bei Corona als auch beim Klimawandel handelt es sich um weltweite Ereignisse, die an keiner Grenze Halt machen. Aber Corona findet praktisch genau auf unserer Zeitskala statt. Die Bedrohung ist unmittelbar und konkret. Es geht um Wochen und Monate. Wir sehen die Bilder, wir wissen, dass wir selbst, unsere engsten Verwandten oder besten Freunde von heute auf morgen betroffen sein können, und hoffen ebenso, dass wir diese Krise in einer überschaubaren Zeit bewältigen können.

      Beim Klima stimmt die Zeitskala für unser Empfinden nicht. Die Bedrohung ist deshalb abstrakt und diffus. Hier geht es um Jahre oder Jahrzehnte und darum funktioniert der Begriff »Krise« auch nicht mehr, dem sprachlich ein eher kürzerer Zeitraum zugeordnet wird. Wir haben es beim Klima mit einem fundamentalen Wandel zu tun, dem wir nur durch eine Transformation in vielen Bereichen unserer Gesellschaft erfolgreich begegnen können. So langsam der Klimawandel beginnt, so lange wird er dauern – wohl weit über das Lebensende von uns oder unseren Kindern ­hinaus. Nicht umsonst laufen Modellrechnungen und Klimaprojektionen oft bis zum Jahr 2100 oder länger. Dass sich die Klimaveränderung trotzdem – schleichend natürlich – in unserem Bewusstsein festsetzt, hat mit dem Wetter zu tun: Das wird extremer und genau das fühlen wir! Wenn man so will, fühlt sich der Klimawandel ein bisschen an wie das Blätterrauschen, das die ersten Windböen vor einem kräftigen Gewitter erzeugen. Die Wolken sind düster, die Stimmung ist sorgenvoll und man hofft, dass das Schlimmste vorbeizieht. Wir fangen gerade erst an, den Luftzug des »Klima-Asteoriden« wirklich zu spüren.

      Lassen Sie uns trotz aller offensichtlichen Unterschiede versuchen, Corona einmal als »Klimawandel in kleinem Maßstab« zu lesen. Dann ist zweifellos die erste Erkenntnis, dass wir bei Corona überwiegend auf die Wissenschaft hören. Virologen ordnen das Thema ein und viele Medien nehmen sich die Zeit, deren Erkenntnisse differenziert zu vermitteln. Dabei wird akzeptiert, dass Forschung ein Entwicklungsprozess ist, bei dem Aussagen hier und dort korrigiert werden müssen und dass verschiedene Expertenmeinungen sich trotz großer Gemeinsamkeit in Nuancen unterscheiden können. In der Hoffnung, dass es bei diesem Verständnis für die Wissenschaft bleibt, lässt sich sagen: »Viel vernünftiger geht es nicht!« Deshalb zweifelt auch kaum jemand an der Sinnhaftigkeit von Maßnahmen, um dem Virus vorbeugend zu begegnen. Eine Anweisung, man solle überhaupt nichts unternehmen, ehe man nicht hundertprozentig weiß, woher dieses Virus kommt und warum es Menschenleben fordert, wäre im Licht der jüngsten Ereignisse geradezu absurd. Beim Klimawandel ist diese Akzeptanz, wie in diesem Buch ausführlich erläutert und begründet wird, keinesfalls dieselbe.

      Schaut man sich die Datenlage an, so ist es ganz einfach: Länder, die den Ausbruch frühzeitig bemerkt haben und entsprechend der wissenschaftlichen Erkenntnisse schnell reagieren konnten, sind die erfolgreichen. Hier wurde das Gesundheitssystem nicht überlastet und es waren die wenigsten Toten zu beklagen – sicherlich das wichtigste Ziel bei der Bekämpfung dieser Pandemie. In Ländern, in denen die Wissenschaft ignoriert wurde und Staatschefs deshalb zu spät handelten oder die Gefahr mit völlig absurden Beiträgen verharmlosten, starben Menschen, die unter vernünftigerer Führung hätten überleben können. Wäre genau das nicht so unglaublich tragisch und abstoßend, dann wäre es fast heiter, sich anzusehen, wie diese Populisten tölpelgleich durch die Welt irrlichtern. Auch wenn es in diesem Buch nochmals wiederholt werden wird, möchte ich meinem Wunsch bereits hier Ausdruck verleihen, solche Gestalten schlicht nicht zu wählen. Sie lösen keine Probleme, sie schaffen nur welche.

      Insgesamt sei aber festgestellt, wie wohltuend es ist, dass von den typischen Vereinfachern, Schuldzuweisern und Kurzdenkern in diesem Land während СКАЧАТЬ