Cogito, ergo dumm. Sebastian 23
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Название: Cogito, ergo dumm

Автор: Sebastian 23

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783710951084

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СКАЧАТЬ Festland landete. Der erste Europäer, von dem das als gesichert gilt, war Leif Eriksson um das Jahr 1000. Das geschah also entspannte 500 Jahre vor Giovanni Caboto, der als erster Europäer der Neuzeit am 24. Juni 1497 das amerikanische Festland betrat. Richtig gelesen, es war Giovanni Caboto, nicht Kolumbus.

      Es ist nämlich so, dass Kolumbus überhaupt nie auf dem amerikanischen Festland ankam, seine »Entdeckung« war erst mal am 12. Oktober 1492 die Inselgruppe der Bahamas. Dass da bereits Menschen waren, störte ihn kaum; er ging auch nicht davon aus, einen neuen Kontinent entdeckt zu haben, sondern war schlicht und ergreifend überzeugt, in Indien gelandet zu sein. Daher nannte er die Leute, die ihn und seine Mannschaft am Strand empfingen, auch Indianer. Dass er überhaupt erst losgefahren war, um in westlicher Richtung einen Weg nach Indien zu suchen, und glaubte, es an jenem Tag erreicht zu haben, lag daran, dass er sich grob verschätzt hatte, was den vermeintlichen Erdumfang anging. Um 7600 Meilen, um genau zu sein.

      Amerika ist übrigens nicht nach Kolumbus benannt, wie den Fuchsigeren unter den Leser*innen schon aufgefallen sein wird. Das liegt eben daran, dass Kolumbus auch bei seinen späteren Expeditionen nie geblickt hat, dass er einen »neuen« Kontinent gefunden hatte. Bis zu seinem Tod stritt er diesbezügliche Vermutungen vehement ab. Das galt übrigens auch für Giovanni Caboto, der bei seiner zweiten Mission Richtung Westen extra einen Brief an den »König von China« mitgenommen hatte. Falls er jedoch diesen Brief dem Häuptling der Apachen überreicht hat, dürfte das allseits für milde Verwunderung gesorgt haben.

      So ging der Ruhm der Benennung des Kontinents an den ansonsten etwas weniger berühmten Seefahrer und Entdecker Amerigo Vespucci. Denn dieser hatte eben die richtige Vermutung, dass es sich nicht um Asien handelte, sondern einen gänzlich anderen Kontinent. Wie hat er das geschafft? Nun, ihm war aufgefallen, dass Flora und Fauna des Landes ziemlich eigentümlich waren und so gar nicht mit dem übereinstimmten, was man über Indien wusste. Vielleicht hat ihm auch der Häuptling der Apachen heimlich verraten, dass er doch nicht der König von China ist. Bewiesen wurde die These, es handele sich bei Amerika um einen eigenen Kontinent, allerdings auch erst nach Vespuccis Tod durch den spanischen Konquistador Vasco Núñez de Balboa, der von der Ostküste Panamas aus den Pazifischen Ozean erreichte. Es ging also Richtung Westen weiter – Kolumbus hatte nicht mal den halben Weg zurückgelegt, den er sich eigentlich vorgenommen hatte.

      Nun ist es allerdings so, dass mit den Entdeckungsreisen des Kolumbus die Erforschung und Besiedlung Amerikas durch die Europäer ihren Anfang nahm, leider einhergehend mit dem Tod eines Großteils der Ureinwohner, weswegen es sich natürlich trotzdem um einen Wendepunkt der Weltgeschichte handelt. Auch oder gerade weil es sich dabei um eine fortgeschrittene und umfassende Dummheit handelte. Ich will nicht bestreiten, dass Kolumbus von einem gewissen Entdeckergeist angetrieben war, immerhin nahm er hohe Risiken auf sich und wagte etwas für ihn und seine Zeitgenossen völlig Neues. Ähnliches wird auch für den berühmten Admiral Zheng He gegolten haben, der mit seinen Expeditionen zwischen 1405 und 1433 die Einflusssphäre des chinesischen Kaiserreichs stark erweiterte. Er war mit bis zu hundert Schiffen und fast 30 000 Mann Besatzung unterwegs und kam unter anderem bis nach Arabien und Ostafrika. Nach seinem Tod jedoch beschloss der Thron, solche Expeditionen einzustellen. Sie erbrachten finanzielle Defizite, und die von Zheng He herbeigebrachte Giraffe war gewiss interessant, aber sie legte leider keine Eier aus Gold, und man wollte seine Ressourcen nicht länger in der Ferne verpulvern.

      Zur selben Zeit, im Jahr 1434, also nur wenige Jahrzehnte vor Kolumbus, wagte es der portugiesische Seefahrer Gil Eanes am südmarokkanischen Kap Bojador vorbei zu segeln. Das war eine im europäischen Mittelalter eigentlich unvorstellbare Leistung, denn man vermutete, jenseits des Kaps würde die See zu brodeln beginnen und alles Leben ausgelöscht. Daher trägt es auch den Namen Kap der Angst. Und dieser Name wirkte gründlich, denn die Expedition von Gil Eanes war bereits der fünfzehnte Versuch der Portugiesen binnen zwölf Jahren. Doch die Angst vor diesem Ende der Welt trieb alle anderen Kapitäne wieder in Richtung Heimat. Gil Eanes’ Mut war jedoch der erste Schritt für die Entdeckung der Seeroute ostwärts nach Indien und damit ein zentraler Grundstein für die europäische Expansion. Über die Frage, ob die Europäer es nicht besser gemacht hätten wie die Chinesen und »zu Hause geblieben« wären, ist es müßig zu streiten. Aber der Welt wäre viel Leid erspart geblieben.

      In der frühen Neuzeit stellte sich nicht nur heraus, dass die Erde eine Kugel war, sondern auch ihre Position im Universum wurde im wahrsten Wortsinn verrückt. Es war der 21. Juni 1633, als Galileo Galilei öffentlich bekannte, dass er nicht mehr daran glaube, die Erde drehe sich um die Sonne, wie Kopernikus sagte. Er sagte, das sei alles ein grobes Missverständnis, er habe sich vertan, dies, das, die katholische Kirche habe selbstverständlich recht und man könne den Scheiterhaufen jetzt wieder ausmachen. Natürlich stehe die Erde still und die Sonne umkreise sie. Die Welt sei der Mittelpunkt der Welt und der Papst habe den schönsten roten Hut mit Goldkante. Wegen dieses Zugeständnisses verurteilte man Galileo »nur« zu lebenslangem Hausarrest. Womit man gewiss nicht die Erde zum Stillstand brachte, aber immerhin einen genialen Denker und Künstler.

      Wir haben natürlich im Nachhinein immer leicht reden. Für die Menschen ihrer Zeit müssen Roger Bacon, Kopernikus und Galilei gewirkt haben wie Verrückte, denn ihre Ideen waren komplett anders als alles, was alle anderen sagten. Und anders als im heutigen Wissenschaftsbetrieb war es eben keinesfalls üblich, den gängigen Lehrmeinungen auch mal zu widersprechen und neue Lösungen für Probleme zu suchen. Erst Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte später wurde dem Großteil der Menschheit klar, was da jeweils passiert ist. Und plötzlich wurden die gerade noch verrückten Ideen außerordentlich wertvoll. »Wir wissen, dass es die Natur des Genies ist, Idioten zwanzig Jahre später mit Ideen zu versorgen«, hat Louis Aragon dazu einmal geschrieben.

      Aber glauben Sie nicht, dass es heute keine Zweifler am kopernikanischen Weltbild gibt, denn die gibt es reichlich. Und da kursieren noch ganz andere Weltbilder. Im Internet sehr beliebt sind die sogenannten Flat-Earther. Wenn man diese nicht kennt, ist man vermutlich überrascht, dass es sie gibt. Denn das sind Leute, die fest überzeugt sind, dass die Erde eine Scheibe ist. Für Flat-Earther spielt es keine Rolle, dass sich die Erdrotation mittlerweile experimentell nachweisen lässt, etwa mit einem foucaultschen Pendel. Oder, crazy genug, dass man einen gekrümmten Horizont sieht, wenn man aus einem Flugzeugfenster schaut oder gar aus dem Weltraum auf die Erde hinabblickt. Mittlerweile wissen wir im Gegensatz zu den mittelalterlichen Westeuropäern, dass die Erde nicht hinter dem Kap der Angst endet. Das alles jedoch bringt einen Flat-Earther nicht aus der Ruhe.

      In einem der bekanntesten Filmbeiträge über Flat-Earther sieht man den Wissenschaftler Jeran Campanella, der seine These, die Erde sei eine Scheibe, mit einem einfachen Experiment beweisen will. Er stellt in einer Entfernung einen Laser auf und einen Empfänger, bei dem der Laserstrahl ankommen soll, wenn denn die Erde eine Scheibe ist. Der Gedanke dahinter ist, dass der Laserstrahl ja ganz gerade fliegt und daher in einer Ebene immer gleichweit vom Boden entfernt unterwegs sein müsste. Bis zum Ende der Welt. Und darüber hinaus.

      Das Experiment verlief jedoch anders, als Campanella erwartet hat – der Laser verfehlte sein Ziel. Kein Grund für den selbst ernannten Wissenschaftler, nun aufzugeben und einzugestehen, dass seine Theorie von der Scheibenform der Erde falsch war. Obwohl er in Gegenwart eines Kamerateams den Beweis dagegen erbracht hatte. Nein, nun erklärte er plötzlich, es habe sich um einen Messfehler gehandelt. Dieses Phänomen nennt man kognitive Dissonanz, wir werden im Kapitel Aber: Glaube noch ausführlich darauf zu sprechen kommen. Erstaunlicherweise gibt übrigens immer noch Menschen, die finden, dass dieses Resultat und Campanellas Aussagen dazu zu seiner Glaubwürdigkeit beitragen. Uff.

      Doch nicht nur in der Geografie, auch in der Biologie dauert es manchmal etwas länger, bis sich neue Erkenntnisse flächendeckend durchgesetzt haben. So erklärt Herman Melville in seinem berühmten Buch Moby-Dick äußerst ausführlich, warum Wale Fische sind. Seine Erläuterungen schrieb er jedoch rund hundert Jahre, nachdem Wale als Säugetiere eingestuft wurden. Fairerweise muss man sagen, dass manche Wale auf den ersten Blick eine gewisse Ähnlichkeit mit Fischen aufweisen, das СКАЧАТЬ