Название: Die bedeutendsten Maler der Alten Zeit
Автор: Norbert Wolf
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная прикладная и научно-популярная литература
Серия: marixwissen
isbn: 9783843802352
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Keine andere Handschrift der Zeit kann sich, was die phantastische Flut an Illustrationen und deren Erfindungsreichtum betrifft, mit dem Book of Kells messen. Wie ein unauflösliches Gespinst ziehen sich Schmuckformen durch den Text. Die Initialen am Anfang jedes Abschnittes leuchten aus einem farbigen Geflecht von Vögeln, Schlangen, Menschen und Tieren oder sind in einen funkelnden Ornamentteppich eingebettet. Auch dem Text sind unzählige Tiere und Fabelwesen integriert.
Wir kennen nicht die Biographien der beteiligten Künstler. Möglich, dass sie aus Iona flüchteten, als das Kloster von den Wikingern 802 niedergebrannt wurde, möglich, dass sie zu den Opfern gehörten, als die Wikinger 806 die Insel erneut überfielen und 68 Mitglieder des Konvents niedermetzelten. Dass es ganz große Künstler waren – das allerdings wissen wir, sehen wir es doch an ihrem Werk!
1 Er tut dies im Vorwort zu einem Standardwerk: Book of Kells, Ms. 58, Trinity College Library Dublin. Kommentarband zur Faksimile-Ausgabe. Hrsg. Anton von Euw. Luzern 1990
GREGORMEISTER BZW. MEISTER DES REGISTRUM GREGORII
(tätig Ende des 10. Jahrhunderts)
Dem Mittelalter galt vielfach der Auftraggeber, der geistige Mentor des Werks und der Ideengeber, als der wahre »artifex«, als der eigentliche »Schöpfer«, gemessen am ausführenden Künstler. Dem sei hiermit Rechnung getragen: Der Buchmaler, dem die Kunstgeschichte den Notnamen »Gregormeister« gegeben hat, sei in die Entourage seines Mäzens Egbert eingereiht.
Egbert war einer jener hohen geistlichen Würdenträger, aus denen sich der ottonische Reichsklerus rekrutierte. Die altehrwürdige Bischofsstadt Trier gewann am Ende des 10. Jahrhunderts neuerlichen künstlerischen Glanz. Damals bestieg der zuletzt für Kaiser Otto II. als Kanzler tätige Egbert den Erzbischofsstuhl. Während er den Verlust der noch um 950 bestehenden geistlichen Vorherrschaft Triers zu verantworten hatte, übertrumpfte er fast alle seine Zeitgenossen als Kunstmäzen. Insbesondere die unter seiner Ägide arbeitenden Goldschmiede überhäufte er mit Aufträgen. Quellen berichten von prunkvollen Edelmetallkreuzen für den Trierer Dom. Erhalten blieben der edle goldumhüllte Tragaltar des heiligen Andreas, zwischen 977 und 993 hergestellt (im Trierer Dom), und die im Jahre 980 vollendete Hülle für den Stab des heiligen Petrus, eine Alter und Würde des Trierer Erzbischofsitzes verbürgende Reliquie (seit 1827 im Dom zu Limburg).
Egbert starb am 9. Dezember 993. Er fand seine letzte Ruhestätte in der von ihm an der Nordseite des Trierer Doms erbauten Andreaskapelle.
Der Egbert-Codex (Codex Egberti) des ausgehenden 10. Jahrhunderts, ein Perikopenbuch, also ein liturgisches Buch mit Auszügen aus den Evangelien (Trier, Stadtbibliothek, Ms. 24), ist eine der künstlerisch wertvollsten Bilderhandschriften des Mittelalters.2 Der durch Miniaturen nobilitierte Hauptteil des Codex präsentiert mit 51 Szenen den ältesten und umfangreichsten Bilderzyklus zum Leben Jesu, den das Mittelalter in der Gattung der Buchmalerei tradierte.
Durch die Widmungsinschrift schien die Herstellung der Handschrift auf der Klosterinsel Reichenau im Bodensee erwiesen. Generationen von Forschern galt der Codex Egberti folglich als Schlüsseldokument der famosen Reichenauer Malschule um die Jahrtausendwende.
Doch mittlerweile wird auch Trier als Entstehungsort des Codex Egberti veranschlagt. Egbert habe dort über einen genialen Maler und Leiter sowohl seiner Goldschmiedewerkstatt als auch eines leistungsstarken Skriptoriums verfügt, den Gregormeister, den die Kunstgeschichte als den bedeutendsten unter den ottonischen Malern und als einen der größten der gesamten mittelalterlichen Kunst klassifiziert. Für das Skriptorium habe der Erzbischof zudem unter anderem die zwei Reichenauer Mönche Keraldus und Heribertus gewonnen, die unter Leitung des Meisters und nach dessen Konzepten arbeiteten.
Der Ausnahmekünstler hat seinen Notnamen nach einem Fragment in der Trierer Stadtbibliothek erhalten, ein Einzelblatt mit der Darstellung des Papstes Gregor und seines Schreibers. Weitere Hauptwerke dieses genialen Künstlers sind unter anderem die Einzelminiatur eines thronenden Kaisers (in Chantilly, Musée Condé), sowie ein Evangeliar, das im 14. Jahrhundert in die Sainte Chapelle zu Paris gelangte und heute in der Pariser Bibliothèque Nationale aufbewahrt wird. Auf stilkritischem Wege datiert man zumeist die Miniaturen des Gregormeisters im Egbert-Codex um 985–990.
Seine Kunst besticht durch die innere Größe der Komposition, durch die fein abgestuften Farbmodulationen, durch ein ungewöhnliches Wissen um die Darstellungsprobleme von Raum und figürlicher Plastizität. Der Meister hat gewiss spätantike Handschriften des 4. und 5. Jahrhunderts gekannt. Er wusste sie kongenial umzusetzen, zu Schöpfungen aus dem Geist antiken Maßes und klassischer Ausgewogenheit. Außer jenen Quellen, auf die auch die antikische Art der Rahmung seiner Bildfelder weist, hat er karolingische Vorbilder verarbeitet.
Diesem Künstler nun schreibt man sieben Miniaturen gleich zu Beginn des Codex Egberti zu. Die Unterschiede des Gregormeisters zum Stil seiner Mitarbeiter bestehen im Ganzen weniger in malerischen Besonderheiten als in der Rhythmik, in der Prägnanz des Bildgleichgewichtes und in der gekonnten Auffassung des Körperlichen.
Insgesamt ist mit dem Codex Egberti eine einzigartige Note in die Reichenauer Kunst gekommen: Innovativ ist vor allem die höfische Eleganz und die Zartgliedrigkeit. Auch der aus Regenbogentönen zusammengesetzte Farbklang leitet das charakteristisch Ottonische ein.
Mit dem Querformat der Miniaturfelder steht die epische Erzählweise der Szenen im Einklang. In ihren Gebärden entwickeln die Figuren eine imponierende Kraft, die gerade durch die Ruhe und durch die Vermeidung jeder Aufgeregtheit beeindruckt. Die Gestalten sind auf ein geometrisches Kompositionsmuster bezogen, das indes nie aufdringlich wirkt. Jedes überflüssige Beiwerk fehlt. Größere Flächen bleiben leer. Der Zwischenraum zwischen den Figuren und ihren Gesten steigert die narrative Spannung und verdeutlicht die Aussage.
Besonders ins Auge springen die farbigen Grundflächen der Bilder, bei denen sanfte und helle Farbtöne fließend ineinander übergehen und eine geradezu atmosphärische Wirkung erzeugen. Es sind aus der antiken Buchmalerei herrührende Bildhintergründe, die der Codex übernimmt und zu einem letzten Höhepunkt führt. Denn nach ihm werden die Ateliers der Reichenau fast ausschließlich den Goldgrund favorisieren.
Verständlich, dass im Jahr 2004 der Egbert-Codex zusammen mit einigen anderen Reichenauer Handschriften unter das kulturelle Welterbe der Menschheit eingereiht wurde!
2 Zu dieser Handschrift und den beteiligten Künstlern ausführlich der Ausstellungskatalog: Der Egbert-Codex. Das Leben Jesu. Ein Höhepunkt der Buchmalerei vor 1000 Jahren. Schatzkammer der Stadtbibliothek Trier vom 27. April 2005 bis 8. Januar 2006. Hrsg. von Gunther Franz. Luzern und Darmstadt 2005 (Lizenzausgabe Stuttgart 2005)
MEISTER DES DRACHENKAMPFES
(tätig in der Mailänder Region um 1100)
An die aus vielen Quellen herrührenden und sich auf vielen Ebenen überlagernden Übermittlungswege antiken Formengutes knüpfen sich die grundlegenden Probleme der Geschichte romanischer Malerei in Italien. Der Stil-Transfer ging von drei maßgeblichen Ausgangspunkten aus: der römischen, klassisch-heidnischen Antike selbst, der spätantik-frühchristlichen Periode – bezeichnend, dass in einigen Gegenden diese beiden Momente eine wesentlich СКАЧАТЬ