Die bedeutendsten Maler der Alten Zeit. Norbert Wolf
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СКАЧАТЬ Entwicklung über jene Komponenten an Impulsen mitgeteilt bekam, das waren, relativ gesehen, wohlgestaltete, ausdrucksvoll bewegte Figuren, ferner Reste eines räumlichen Vorstellungsvermögens und das Wissen um Darstellungsmittel, die dem Mittelalter verloren gegangen waren: Licht und Schatten, Verkürzungen und Perspektivik. Vieles davon manifestiert sich auch in einem Chef d’Œuvre der Epoche, in den Wandbildern des lombardischen S. Pietro al Monte, am Hang des Monte Pedale über dem Comer See.3

      Die zeitliche Einordnung der Wand- und Gewölbemalereien ist problematisch: Teils legt man sie ins Ende des 11., teils in die ersten Dezennien des 12. Jahrhunderts. Am wahrscheinlichsten ist eine Datierung in die Jahre um 1100. Das Programm, das zu den großartigsten Dekorationen frühromanischer Malerei zählt, vereinigt ottonische Elemente mit Resten eines römisch-antiken Illusionismus, byzantinische Gestaltformeln, die sich partiell in den Apsiden von San Marco in Venedig und San Giusto in Triest wieder finden, mit ausgesprochen romanischen Kompositionsprinzipien und erhebt sich mit den großen Visionsbildern des Himmlischen Jerusalem und des apokalyptischen Drachenkampfes weit über die sonstige Bildproduktion.

      Anscheinend waren bei der Ausmalung der ehemaligen, Mitte des 11. Jahrhunderts neu erbauten Benediktiner-Klosterkirche fünf verschiedene Künstler beziehungsweise Werkstätten beteiligt; herausragend bei all dem der Anteil des Meisters, der die malerisch-illusionistische Paradieslandschaft im östlichen Gewölbefeld malte und sich intensiv mit der Antike auseinandersetzte: Gottvater thront mit dem Buch des Lebens im Schoß und dem Lamm zu seinen Füßen, mit der Rechten die goldene Meßlatte haltend, mit der er die Stadt vermessen hat, inmitten des Paradiesgartens, der von turmbewehrten Mauern mit zwölf Toren umschlossen ist. Vor allem das Laubwerk ist mit Hilfe einer impressionistisch anmutenden spätantiken Manier ausgeführt.

      Noch bedeutender ist das Schildbogenbild an der Ostwand der Eingangshalle, aus der Hand des anonymen »Meisters des Drachenkampfes«, eines der überragenden Künstler seiner Zeit, der auch eine raffinierte Technik mit Lasuren in mehreren Schichten anwandte. Er dürfte im übrigen für die Konzeption der Gesamtausstattung verantwortlich gewesen sein.

      Nach dem 12. Kapitel der Apokalypse werden der Kampf der Engel unter ihrem Anführer Michael gegen den siebenköpfigen Drachen, der das apokalyptische Weib mit seinem Neugeborenen bedroht, und die Entrückung des Kindes in den Himmel geschildert. Unter dem in der Mandorla thronenden Weltenrichter windet der Drache seinen überdimensionalen Schuppenleib, in den sich die Speere des Erzengels und seiner in erregter wie tänzerisch-anmutiger Choreographie vereinigten himmlischen Streitkräfte bohren.

      Speziell diese farbintensive Darstellung in S. Pietro zählt aufgrund ihrer hieratischen Kraft, gepaart mit einer meisterhaften Dramaturgie zu den, man kann es nicht oft genug wiederholen, imponierendsten Leistungen der abendländischen Kunst.

      3 Demus, Otto: Romanische Wandmalerei. München 1968, S. 112 ff.

      MEISTER VON SAN CLEMENTE IN TAHULL

      (tätig im 1. Drittel des 12. Jahrhunderts in Katalonien)

      Aufgrund einer Weihinschrift sind die Fresken, die sich aus der Hand dieses anonymen Genies erhalten haben, recht genau auf die Jahre um 1123 zu datieren. Sie, von den Wänden abgelöst und im Museu Nacional d’Art de Catalunya, in Barcelona aufbewahrt, gehören zu einem Ensemble, an dem zwei Künstler beteiligt waren: eben der grandiose Meister von San Clemente, von dem die Dekoration der Hauptapsis herrührt, sowie der am gleichen Ort, und zwar in S. Maria de Tahull verantwortliche »Weltgerichtsmeister«, der Teile des Triumphbogens, die Seitenapsiden und wahrscheinlich auch Wände und Stützen des Langhauses bemalte.

      Monumentalität und kompromisslose geometrische Aufteilung charakterisieren die Schöpfungen des Hauptmeisters ebenso wie die brillanten, leuchtenden Farben. Insbesondere das Apsisfresko ist die gewaltigste Leistung der romanischen Wandmalerei in Katalonien und in ganz Spanien; ja, man darf ohne weiteres von einem herausragenden Werk der gesamten europäischen Bildkunst dieser Epoche sprechen.

      In der Mittelapsis von San Clemente hatte ein zentrales Thema hochromanischer Kunst, die Majestas Domini, eine seiner glänzendsten Gestaltungen gefunden: Christus ist von den vier Evangelistensymbolen, ferner von Engeln und Cherubim umgeben. Die Fernwirkung ist großartig und in der spanischen Kunst jener Ära nie mehr in dieser Bildmagie erreicht. Das Detail ist nicht minder bedeutend wie die Gesamtkomposition. Jeder einzelne Kopf, jeder Körper gleicht einer spirituellen Epifanie.

      Völlig in Bann zieht den Betrachter indes die monumentale, Ehrfurcht gebietende Gestalt des thronenden Christus im Bild der »Majestas Domini«, umgaben von einer spannungsvoll komponierten Regenbogen-Mandorla. Christus sitzt auf einem zweiten Regenbogen, der den neuen Himmel und die neue Erde symbolisiert. Die als imponierendes Zeichen die Mandorla sprengende rechte Hand ist zum Gestus des Herrschens und Segnens erhoben. Das Faszinosum des göttlichen Antlitzes, das »Übermenschliche« des Kopfes ist durch ein Übermaß an Gelängtheit mitbewirkt. Wie hätte die Sentenz im aufgeschlagenen Buch: EGO SUM LUX MUNDI (»ich bin das Licht der Welt«) erschütternder ihre Darstellung finden können?

      In der gemalten Arkadenzone unterhalb des Majestas-Bildes und damit unterhalb der Konche ist ein »Apostolado« dargestellt mit fünf Apostelfiguren: Thomas, Bartholomäus, Johannes, Jakobus und Philippus (?); in ihre Reihe aufgenommen ist die Muttergottes. Diese, genauso expressiv verfremdet wie alle anderen Gestalten, hebt mit der verhüllten Linken eine Schale empor, die mit dem geheimnisvoll rotstrahlenden Blut Christi gefüllt ist – eine Gralsdarstellung, die laut Demus daran denken lässt, dass Katalonien in romanischer Zeit ein Zentrum der Gralsverehrung war.4 Außerdem stehen Maria und Johannes Christus zu ihren Häuptern am nächsten, wie es auch auf Kreuzigungsdarstellungen üblich ist – eine Allusion auf Golgatha und das Kreuz als »Instrument« der Erlösung.

      Das Neue Jerusalem, so die Botschaft, ruht auf den Aposteln und Maria, die in den Säulenarkaden stehen. Jene Vision erschien am hiet als bildliche Verheißung hinter und über dem Altar, an dem jede Eucharistiefeier den Gläubigen die künftige Rettung erschließt.

      Von dem möglicherweise aus Aragon zugewanderten Hauptmeister in Tahull stammt auch die kühn vereinfachte Formung der Hand Gottes und des siebenäugigen Lammes in der Triumphbogenlaibung, ebenso die in Resten erhaltene Bemalung der Triumphbogenwand. Auf seinen so ungemein suggestiven Stil muss am intensivsten die französische Kunst eingewirkt haben, jene aus Toulouse, dem Languedoc und der Provence.

      4 Demus, Otto op. cit., S. 159 f.; vgl. Anm. 3

      CENNI DI PEPO, GEN. CIMABUE

      (* Florenz um 1240, † Pisa 1302)

      Die Uffizien in Florenz besitzen eine monumentale bemalte Holztafel aus der Zeit zwischen 1280 und 1290, einst ein Retabel in der Florentiner Kirche S. Trinità, das die Kunstwissenschaft einhellig Cimabue zuschreibt: die sog. Maestà, die thronende Madonna vor Goldgrund; acht Engel umstehen und berühren die goldfarbenen Thronwangen, das zu einer Nischenarchitektur ausgebaute Postament beherbergt in seinen räumlichen Öffnungen beziehungsweise Durchblicken die im Maßstab wesentlich kleineren Halbfiguren von vier Propheten und Vorvätern Christi.

      Die Komposition ist von klarem, einfachem Zuschnitt, den Gesamteindruck beherrscht ein präziser zeichnerischer Kontur. Betont ist die mittlere Vertikalachse mit der Madonna, deren Haupt genau vom spitzen Giebelabschluss der Tafel überfangen wird. Durch eine kaum merkliche Körperdrehung und den Weisegestus der Hand wendet sich Maria dem Jesuskind zu und bezieht den leicht aus der Mitte herausgerückten kindgewordenen Gott dadurch ins hierarchische Zentrum ein. Die wie zu einem zeremoniellen Reigen geordneten Engel tragen den Marienthron schwebend, einer Vision gleich auf die Erde, auf den Altar, herab.

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