Название: Die bedeutendsten Maler der Alten Zeit
Автор: Norbert Wolf
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная прикладная и научно-популярная литература
Серия: marixwissen
isbn: 9783843802352
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In derart galligen Invektiven schwingt, abgesehen von der Kritik am »affirmativen Charakter« einer sich in den Dienst der Oberschicht stellenden Kunst, noch ein ganz anderer Unterton mit: die Frage nämlich, warum überhaupt die Kunstgeschichte bestimmte Künstler, bestimmte Maler, zu Genies erklärt hat; welche »undurchsichtigen« Kriterien dafür verantwortlich waren, sie in den »Himmel« der Kunst zu heben.
Gewiss: Ihre Bilder sind schön, dessen waren sich auch Mark Twain und Thomas Bernhard bewusst. Und hatten ihre Bilder einmal den kanonischen, den »klassischen« Status erreicht, dann stand der Apotheose ihrer Schöpfer nichts mehr im Wege (vereinzelte Stimmen ausgenommen). Nicht immer freilich verlief der Weg zum Olymp bruch- und reibungslos, doch am Ende bewirkte er meist, dass die (in aller Regel ja auch berechtigte) »Promotion« der Alten Meister seitens der Fachleute eine fraglose Bewunderung seitens des breiteren Publikums nach sich zog. Jener Frag-losigkeit wirkt der vorliegende Band entgegen, indem er die Kriterien herausstellt, die innerhalb der Parameter westlicher Kunst die überragende »Größe« der ausgewählten Künstler konstituieren.
Die bedeutendsten Maler der Alten Zeit – 60 Namen, vom europäischen Mittelalter bis zum Ende des Rokoko. Ein solches Unterfangen muss sich über die Grenzen klar sein, an die es unweigerlich stößt. Das beginnt schon beim Kapitelumfang, will man das Buch in einem überschaubaren Rahmen halten. Auf jeden Maler können in diesem einbändigen Werk nur wenige Seiten entfallen. Doch der Autor und der Verlag begreifen das als »fruchtbaren Zwang«, direkt zur Kernfrage vorzudringen: eben der nach der Genialität der »Meister«.
Stilgeschichte wird bei all dem kaum eine Rolle spielen (als Leitfaden – nicht mehr und nicht weniger – ist allerdings ein entsprechender Überblick vorausgeschickt), ebensowenig die übliche Künstlerbiographie. Kommentierte Literaturangaben und ein Künstlerregister ermöglichen freilich auch den Zugang zu solchen Bereichen. Bewusst ist auf Bebilderung verzichtet. Denn die Frage nach der fundamentalen Bedeutung der ausgewählten Maler wird in der Regel nicht durch die vereinzelte Bildanalyse, sondern übergreifend beantwortet. Verlag und Autor wenden sich also an jene Leser, die nach wie vor auf die Transparenz des geschriebenen Wortes vertrauen und sich nicht mit dem Durchblättern bunter Bilderbücher zufriedengeben.
Die eklatanteste Schwierigkeit des Projektes lag aber zweifellos in der Auswahl der Künstler. Sicher, Namen wie Giotto, Leonardo, Dürer, Rubens, Rembrandt und viele andere mehr warfen keinerlei Probleme auf. Hinsichtlich des einen oder anderen Künstlers jedoch, den ich trotz eines vielleicht geringeren Bekanntheitsgrades in meine Liste aufgenommen habe, vor allem aber hinsichtlich der Maler, die ich ausgeklammert habe, wird sicher manche Leser-Erwartung enttäuscht werden. Subjektive Auswahlkriterien waren wohl nicht ganz zu vermeiden. Im Grunde hätte ich begründen müssen, warum bestimmte Namen in meiner Synopse nicht erscheinen – doch das wäre ein Buch für sich geworden; viele Maler, die es nicht bis zum Hauptdarsteller »geschafft« haben, tauchen aber wenigstens im Register auf, wo auch ihre Lebensdaten zu finden sind.
Ich hoffe dennoch, mit diesem Überblick dem Leser einen Kanon der größten Meister und eine nachvollziehbare Begründung für deren künstlerische Größe an die Hand zu geben.
DAS MITTELALTER
Kaisertum und Papsttum, Heiliges Römisches Reich und moderne Nationalstaaten, der feudalistische Adel und das selbstbewusste Bürgertum der Städte, der traditionelle Klerus und die neuen Bettelorden des 13. Jahrhunderts, Ritter, Kreuzfahrer, diesseitsorientierte Händler und Bankiers, ökonomischer, technologischer und wissenschaftlicher Aufschwung auf der einen, Aberglaube, Inquisition, fürchterliche Pestepidemien auf der anderen Seite – das sind nur wenige Stichworte für das bunte und kontroverse Spektrum, das diese Epoche charakterisierte und auf die Kunst einwirkte. Das Mittelalter war nicht einfach nur »finster«, es war daneben aufgeklärt, tolerant und innovativ – nicht umsonst wachsen aus ihm im 15. Jahrhundert die Entdeckungsreisen und die Gestalt eines Kolumbus, aber auch der Buchdruck eines Gutenberg heraus, Personen und Phänomene, mit denen die Historiker die Neuzeit beginnen lassen. Und auch zur Reformation eines Martin Luther, die zu den entscheidenden Kriterien der Neuzeit zählt, hat das Mittelalter die Vorbedingungen geschaffen.
FRÜHMITTELALTER (8.–11. JAHRHUNDERT)
Die vage klingende Klassifikation »Frühmittelalter« bzw. »frühmittelalterliche Kunst« bezieht ihre Berechtigung daraus, dass die beiden oft an ihrer Stelle genannten Stile des Karolingischen und des Ottonischen an den dynastischen Verhältnissen und an den Phänomenen im Heiligen Römischen Reich orientiert sind und deshalb wichtigen Kunstäußerungen in anderen Gegenden des Abendlandes nicht gerecht werden. Zu letzteren gehört beispielsweise die irisch-angelsächsische (»insulare«) Kunst. Herausragende Kunstleistungen sind die berühmten Werke der Buchmalerei, deren bedeutendste Schöpfungen vom späten 7. Jahrhundert bis in die Jahre um 800 reichen. Auch in Spanien blühte ein ganz eigener, unverwechselbarer Stil, der mozarabische, der eine maurisch geprägte christliche Kunst und Architektur im 10. und 11. Jahrhundert in den ehemals arabisch besetzten Gebieten dominierte.
Die karolingische Kunst konzentriert sich auf die Kunst des fränkischen Reiches (also die Kernlande des späteren Frankreich und des Heiligen Römischen Reiches) während der Regierungszeit der Karolinger. Das heißt sie begann um die Mitte des 8. Jahrhunderts und endete im ostfränkischen Reichsteil im frühen 9. Jahrhundert, im westfränkischen erst im ausgehenden 10 Jahrhundert. Das kulturelle Leben der karolingischen Zeit war geprägt durch den von Karl dem Großen (742–814) in Konkurrenz gegen Byzanz entwickelten Anspruch der »renovatio« (»Erneuerung«) des römischen Imperiums, der in der sogenannten »karolingischen Renaissance« Ausdruck fand, in dem Bemühen, Anschluss an die repräsentative spätantike und frühchristliche Kunst Italiens zu finden. Zugleich band die christliche Kirche das Abendland universal zusammen. Sie erzeugte eine abendländische Kulturgemeinschaft, in der ein reger Gedanken- und Formenaustausch zu einer kaum überschaubaren Vielgestaltigkeit führte. Nirgends zeigt sich dies wohl deutlicher als in der herrlichen karolingischen Buchmalerei und Elfenbeinschnitzerei. Die Miniaturenkunst kulminierte in der Hof- und Palastschule und Werken wie dem Wiener Krönungsevangeliar (Wien, Schatzkammer) um 800. Einige erhaltene Wandmalereien, Mosaiken, Fragmente von Glasmalereien sowie wunderbare Zeugnisse der Goldschmiede- und kirchlichen Schatzkunst fügen sich zu einem bunten und kostbaren Gesamtbild damaliger Kunst – auch wenn man berücksichtigen muss, dass diese auf Klöster und einige urbane Zentren in einem ansonsten von Wildnis und von einem heidnischen Umfeld beherrschten Europa beschränkt blieb.
In der Kirchenarchitektur wurde der Typus der frühchristlichen Basilika maßgebend, wenn auch um doppelchörige Anlagen und Westwerke bereichert (Centula, Corvey usw.); zusätzlich spielte der Zentralbau eine Rolle. Letzterer ist unter anderem vertreten durch das herrlichste, in vielem noch original erhaltene Bauwerk karolingischer Zeit, die Aachener Pfalzkapelle (um 800 geweiht). Ihre Bronzetüren und Emporengitter dokumentieren im Übrigen, dass man damals auch auf dem Feld der Gusstechnik wieder an die Erfahrung der Antike anzuknüpfen suchte.
Die Zeit der politischen Reorganisation des Reiches unter den sächsischen Herrschern im Heiligen Römischen Reich bezeichnet man als »Ottonik« (919–1024), gelegentlich klassifiziert man auch die unter den ersten salischen Herrschern bis gegen 1056 entstandenen Werke als »spätottonisch«. In anderen Regionen Europas entspricht die Phase ab circa 1000 der Frühromanik. In der Ottonik СКАЧАТЬ