Название: Alexander von Ungern-Sternberg: Historische Romane, Seesagen, Märchen & Biografien
Автор: Alexander von Ungern-Sternberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9788027237890
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Sophie und ihr Geliebter waren vom Baron über alle Erwartung gnädig aufgenommen worden, und es hatte allerdings den Anschein, als habe der Journalist auf die Willfährigkeit des Alten in Betreff der Erfüllung seiner kühnen Plane nicht mit Unrecht gezählt. Alles im Hause ließ sich wiederum zu Freude und Lust an, als ein neuer unerwarteter Vorfall die größte Bestürzung erregte. Man erfuhr nämlich, daß sich die Prinzessin rüste, so bald als möglich das Schloß zu verlassen und das, wie es schien, auf immer. – Die Beweggründe dieser Abreise, die wie eine Flucht aussah, wußte Niemand mit Bestimmtheit anzugeben, doch gab es hier und da Vermutungen, die nur leise ausgesprochen werden durften; man raunte sich in die Ohren, die fürstliche Verbindung gehe zurück, der Herzog habe seine erwählte Braut auf das Empfindlichste gekränkt, und sie eile jetzt den Ihrigen zu, welche gewiß nicht unterlassen würden, die erwiesene Schmach auf das Strengste zu rächen. Zur Verbreitung dieser Meinung hatte der Journalist viel beigetragen, denn er gab vor, die genauesten Nachrichten von seinen Freunden erhalten zu haben; man maß ihm völligen Glauben bei, um so mehr, da das geheimnisvolle Wesen, welches jetzt auf dem Schlosse umging, ein Unheil dieser Art nur zu deutlich zu bekunden schien. Zwei fremde Kavaliere, anscheinend von sehr hohem Range, waren angekommen, und die von ihnen mitgeteilten Briefe und Aufträge mußten in dem Entschluß der Fürstin jene auffallende Änderung bewirkt haben, welche die ganze Umgegend, die mit Liebe und Verehrung an der so höchst liebenswürdigen Dame hing, in Trauer versetzte. Der Leibarzt war zu der plötzlich Erkrankten gerufen worden, und so viel Mühe man anwandte, alle diese Ereignisse der Umgebung zu verschweigen, hatte doch Neugier und Teilnahme Mittel gefunden, hinter den verhüllenden Schleier zu dringen. Eduard war natürlich einer der Ersten gewesen, der an der Seite seiner angebeteten Magdalena nach der Lösung des Rätsels geforscht, doch die Geliebte selbst zeigte ein durch diese trüben Vorfälle so verwundetes Gemüt, sie war augenscheinlich so heftig erschüttert und bewegt, bat ihren Freund so zärtlich, ihrem Busen nicht ein Geheimnis entwinden zu wollen, an dessen Bewahrung sie so schwer trage, daß dieser nicht weiter in sie drang, sondern sich begnügte, mit ihr zusammen das Schicksal anzuklagen, das sie einer teilnehmenden edlen Freundin beraubte, in dem Moment, wo beide sich entschlossen hatten, aus dem Bunde ihrer Herzen kein Geheimnis mehr zu machen. Es war festgesetzt worden, daß die Oberhofmeisterin und zwei junge Damen die Prinzessin begleiteten, Magdalena jedoch sollte in Gesellschaft ihrer Tante noch einige Tage zurückbleiben.
Die endlich erfolgende Abreise war ein allgemeines Trauerfest; obgleich die Anstalten so getroffen worden, daß man in der Stille den Palast verlassen konnte, so hatte sich trotz dessen eine große Menge Landvolks eingefunden, welches mit Gewalt darauf bestand, des Anblicks der hohen Frau teilhaftig zu werden. Einige Männer vom Amt aus dem nächsten Städtchen, die ehrwürdigsten Greise des Dorfes umstanden den Reisewagen, den Schloßhof; und als nach Verlauf einer Stunde die Prinzessin erschien, begrüßte sie allgemeiner froher Zuruf; man ging so weit, sie daran verhindern zu wollen, den Wagen zu besteigen; Greise, Männer, Kinder und Frauen drängten sich um die hohe Gestalt, ihr Gewand zu küssen und sie mit den rührendsten Bitten zu beschwören, das Schloß nicht zu verlassen, denn es hätte sich das Gerücht verbreitet, sie wolle auf immer scheiden. Die Fürstin zeigte sich innig bewegt bei den Beweisen so herzlicher Anhänglichkeit, sie ließ Geschenke austeilen, nahm auf das Huldvollste Abschied, und konnte nur so zu ihrem Zwecke gelangen, indem sie laut erklärte, daß sie bald wieder zu kommen hoffe. Der alte Freiherr stand mit entblößtem Haupte zur Seite des Wagens, und sie hineinhebend, benutzte er die Gelegenheit, die ihm gereichte Hand mit dankbaren Küssen zu bedecken. Ottfried, Sophie und der Journalist erhielten ebenfalls freundliche Zeichen der Huld und Gnade; August hatte es sich nicht nehmen lassen, in seiner glänzenden Forstuniform auf einem schönen Rosse die edle Fürstin bis aus dem Dorf hinaus zu begleiten, und so ging endlich der Zug der Wägen, von einem Schwarm der Landbewohner gefolgt, durch das Dorf der nahen Grenze zu. Eduard, dem die Abreisende sich besonders freundlich bezeigt, empfand es schmerzlich, daß seine geliebte Magdalena sich im Augenblick der Trennung nicht blicken ließ; der Schmerz, die Unruhe dieser Tage hatte sie jedoch so angegriffen, daß sie das Zimmer nicht verlassen zu dürfen behauptete. Der Baron, Ottfried, Sophie und der Journalist gingen in tiefster Niedergeschlagenheit ihrer Wohnung wieder zu, die ihnen jetzt so verwaiset und verödet vorkam. – »Muß denn jede schöne Hoffnung auf Glück und Frieden heutzutage zu Grunde gehen!« rief der alte Freiherr, indem er sich eine Träne aus dem Auge drückte; »ich glaubte nun in meiner Einfalt, im Dienste dieser über Alles teuren und verehrten Frau meine Tage zu beschließen, und nun wird sie uns so plötzlich und auf eine so dunkle, seltsame Weise geraubt. Wer bürgt uns dafür, daß sie wiederkommt; sie selbst schien daran nicht zu glauben, als ihr Mund mit schmerzlichem Lächeln es uns versicherte. Ach, wer zählt die Leiden, die sie in ihrem Leben schon erfahren, und die sie mit vieler Fassung, mit so edler Geduld trägt; ich habe das Recht, über sie ein Wort zu sprechen, denn mir war es vergönnt, schon an ihrer Wiege zu stehen, der Zeuge ihrer aufkeimenden Tugenden zu sein; freilich, die Gabe irdischer Schönheit war ihr nicht gegeben, auch nicht jener gefällige Glanz, der den Sinnen schmeichelt, aber die himmlischen Schätze der Demut und Liebe lagen wie reines Gold in ihrer Brust.« – »Zum Glück,« rief der Journalist, »bleibt uns das Edelfräulein, die wohl würdig ist, ihre Stelle zu vertreten!« – »Auch sie dauert nicht lange bei uns aus,« seufzte der Baron, »auch sie geht!« Ottfried schwieg, er wollte seine Ansicht über des Fräuleins Charakter nicht laut werden lassen, obgleich ihr Nichterscheinen beim Abschied ihm ein Beweis mehr schien, daß diese Abreise und die Trennung des schon angeknüpften Bundes ihr Werk war. »Wer weiß es uns zu sagen,« nahm der Journalist wieder das Wort, »wen diese Mauern jetzt wieder in ihrer Mitte empfangen werden? Beim Alten bleibt es nun einmal gewiß nicht, möchte nur das Neuere auch das Bessere sein; wir gehen einer ungewissen Zeit entgegen.«
Eduards einsame Stunden füllten jetzt die reizendsten Pläne, die entzückendsten Aussichten; er dachte daran, wie er sein Leben gestalten wolle, um es würdig zu führen an der Seite seiner Magdalena. An Emilien, an Gotthold waren Briefe geschrieben worden, die das schon längst als aufgelöst betrachtete. Verhältnis vollends zernichteten. Er war willens, in Civil- oder Militärdienste zu treten, je nachdem die Lage der Dinge ihn überzeugt haben würde, an welchem Platze er schicklicher die Ideen, die ihn jetzt beseelten, in Wirksamkeit übertragen könnte. Magdalena sah mit gerührter Teilnahme den Eifer, den der Geliebte zeigte, ihren Anforderungen Genüge zu leisten, doch zeigte sich stets in den Stunden, die Eduard seine glücklichsten nannte, СКАЧАТЬ