Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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СКАЧАТЬ Sün­der er­löst? (der Fall im Tann­häu­ser) Oder dass selbst der ewi­ge Jude er­löst wird, sess­haft wird, wenn er sich ver­hei­rat­het? (der Fall im Flie­gen­den Hol­län­der) Oder dass alte ver­dor­be­ne Frau­en­zim­mer es vor­ziehn, von keu­schen Jüng­lin­gen er­löst zu wer­den? (der Fall Kun­dry) Oder dass schö­ne Mäd­chen am liebs­ten durch einen Rit­ter er­löst wer­den, der Wa­gne­ria­ner ist? (der Fall in den Meis­ter­sin­gern) Oder dass auch ver­hei­rat­he­te Frau­en ger­ne durch einen Rit­ter er­löst wer­den? (der Fall Isol­dens) Oder dass "der alte Gott", nach­dem er sich mo­ra­lisch in je­dem Be­tracht com­pro­mit­tirt hat, end­lich durch einen Frei­geist und Im­mo­ra­lis­ten er­löst wird? (der Fall im "Ring") Be­wun­dern Sie in Son­der­heit die­sen letz­ten Tief­sinn! Ver­stehn Sie ihn? Ich – hüte mich, ihn zu ver­stehn … Dass man noch and­re Leh­ren aus den ge­nann­ten Wer­ken ziehn kann, möch­te ich eher be­wei­sen als be­strei­ten. Dass man durch ein Wa­gne­ri­sches Bal­let zur Verzweif­lung ge­bracht wer­den kann – und zur Tu­gend! (noch­mals der Fall Tann­häu­sers) Dass es von den schlimms­ten Fol­gen sein kann, wenn man nicht zur rech­ten Zeit zu Bett geht (noch­mals der Fall Lo­hen­grins). Dass man nie zu ge­nau wis­sen soll, mit wem man sich ei­gent­lich ver­hei­ra­tet (zum drit­ten Mal der Fall Lo­hen­grins) Tris­tan und Isol­de ver­herr­li­chen den voll­komm­nen Ehe­gat­ten, der, in ei­nem ge­wis­sen Fal­le, nur Eine Fra­ge hat: "aber warum habt ihr mir das nicht eher ge­sagt? Nichts ein­fa­cher als das!" Ant­wort:

       "Das kann ich dir nicht sa­gen;

       und was du frägst,

       das kannst du nie er­fah­ren."

      Der Lo­hen­grin ent­hält eine fei­er­li­che In-Acht-Er­klä­rung des For­schens und Fra­gens. Wa­gner ver­tritt da­mit den christ­li­chen Be­griff "du sollst und musst glau­ben". Es ist ein Ver­bre­chen am Höchs­ten, am Hei­ligs­ten, wis­sen­schaft­lich zu sein … Der flie­gen­de Hol­län­der pre­digt die er­hab­ne Leh­re, dass das Weib auch den Un­stä­tes­ten fest­macht, Wa­gne­risch ge­re­det, "er­löst". Hier ge­stat­ten wir uns eine Fra­ge. Ge­setzt näm­lich, dies wäre wahr, wäre es da­mit auch schon wün­schens­werth? – Was wird aus dem "ewi­gen Ju­den", den ein Weib an­be­tet und fest­macht? Er hört bloss auf, ewig zu sein; er ver­hei­rat­het sich, er geht uns Nichts mehr an. – In’s Wirk­li­che über­setzt: die Ge­fahr der Künst­ler, der Ge­nie’s – und das sind ja die "ewi­gen Ju­den" liegt im Wei­be: die an­be­ten­den Wei­ber sind ihr Ver­derb. Fast Kei­ner hat Cha­rak­ter ge­nug, um nicht ver­dor­ben – "er­löst" zu wer­den, wenn er sich als Gott be­han­delt fühlt: – er con­de­scen­dirt als­bald zum Wei­be. – Der Mann ist fei­ge vor al­lem Ewig-Weib­li­chen: das wis­sen die Weib­lein. – In vie­len Fäl­len der weib­li­chen Lie­be, und viel­leicht ge­ra­de in den be­rühm­tes­ten, ist Lie­be nur ein fei­ne­rer Pa­ra­si­tis­mus , ein Sich-Ein­nis­ten in eine frem­de See­le, mit­un­ter selbst in ein frem­des Fleisch – ach! wie sehr im­mer auf "des Wir­thes" Un­kos­ten! –

      Man kennt das Schick­sal Goethe’s im mo­ralin­sau­ren alt­jung­fern­haf­ten Deutsch­land. Er war den Deut­schen im­mer an­stös­sig, er hat ehr­li­che Be­wun­de­rer nur un­ter Jü­din­nen ge­habt. Schil­ler, der "edle" Schil­ler, der ih­nen mit gros­sen Wor­ten um die Ohren schlug, – der war nach ih­rem Her­zen. Was war­fen sie Goethen vor? Den "Berg der Ve­nus"; und dass er ve­ne­tia­ni­sche Epi­gram­me ge­dich­tet habe. Schon Klop­stock hielt ihm eine Sit­ten­pre­digt; es gab eine Zeit, wo Her­der, wenn er von Goe­the sprach, mit Vor­lie­be das Wort "Priap" ge­brauch­te. Selbst der Wil­helm Meis­ter galt nur als Sym­ptom des Nie­der­gangs, als mo­ra­li­sches "Auf-den-Hund-Kom­men". Die "Me­na­ge­rie von zah­mem Vieh", die "Nichts­wür­dig­keit" des Hel­den dar­in er­zürn­te zum Bei­spiel Nie­buhrn: der end­lich in eine Kla­ge aus­bricht, wel­che Bi­te­rolf hät­te ab­sin­gen kön­nen: "Nichts macht leicht einen schmerz­li­che­ren Ein­druck, als wenn ein gros­ser Geist sich sei­ner Flü­gel be­raubt und sei­ne Vir­tuo­si­tät in et­was weit Ge­rin­ge­rem sucht, in­dem er dem Hö­he­ren ent­sagt" … Vor Al­lem aber war die hö­he­re Jung­frau em­pört: alle klei­nen Höfe, alle Art "Wart­burg" in Deutsch­land be­kreuz­te sich vor Goe­the, vor dem "un­sau­be­ren Geist" in Goe­the. – Die­se Ge­schich­te hat Wa­gner in Mu­sik ge­setzt. Er er­löst Goe­the, das ver­steht sich von selbst; aber so, dass er, mit Klug­heit, zu­gleich die Par­tei der hö­he­ren Jung­frau nimmt. Goe­the wird ge­ret­tet: – ein Ge­bet ret­tet ihn, eine hö­he­re Jung­frau zieht ihn hin­an …

      Was Goe­the über Wa­gner ge­dacht ha­ben wür­de? Goe­the hat sich ein­mal die Fra­ge vor­ge­legt, was die Ge­fahr sei, die über al­len Ro­man­ti­kern schwe­be: das Ro­man­ti­ker-Ver­häng­niss. Sei­ne Ant­wort ist: "am Wie­der­käu­en sitt­li­cher und re­li­gi­öser Ab­sur­di­tä­ten zu er­sti­cken." Kür­zer. Par­si­fal – Der Phi­lo­soph macht dazu noch einen Epi­log. Hei­lig­keit – das Letz­te viel­leicht, was Volk und Weib von hö­he­ren Wert­hen noch zu Ge­sicht be­kommt, der Ho­ri­zont des Ideals für Al­les, was von Na­tur my­ops ist. Un­ter Phi­lo­so­phen aber, wie je­der Ho­ri­zont, ein blos­ses Nicht­ver­ständ­niss, eine Art Tor­schluss vor dem, wo ihre Welt erst be­ginnt – ihre Ge­fahr, ihr Ide­al, ihre Wünsch­bar­keit … Höf­li­cher ge­sagt: la phi­lo­so­phie ne suf­fit pas au grand nom­bre. Il lui faut la sain­teté.

      Ich er­zäh­le noch die Ge­schich­te des "Rings". Sie ge­hört hier­her. Auch sie ist eine Er­lö­sungs­ge­schich­te: nur dass dies Mal Wa­gner es ist, der er­löst wird. – Wa­gner hat, sein hal­b­es Le­ben lang, an die Re­vo­lu­ti­on ge­glaubt, wie nur ir­gend ein Fran­zo­se an sie ge­glaubt hat. Er such­te nach ihr in der Ru­nen­schrift des My­thus, er glaub­te in Sieg­fried den ty­pi­schen Re­vo­lu­tio­när zu fin­den. – "Wo­her stammt al­les Un­heil in der Welt?" frag­te sich Wa­gner. Von "al­ten Ver­trä­gen": ant­wor­te­te er, gleich al­len Re­vo­lu­ti­ons-Ideo­lo­gen. Auf deutsch: von Sit­ten, Ge­set­zen, Mora­len, In­sti­tu­tio­nen, von Al­le­dem, wor­auf die alte Welt, die alte Ge­sell­schaft ruht. "Wie schafft man das Un­heil aus der Welt? Wie schafft man die alte Ge­sell­schaft ab?" Nur da­durch, dass man den "Ver­trä­gen" (dem Her­kom­men, der Moral) den Krieg er­klärt. Das thut Sieg­fried. Er be­ginnt früh da­mit, sehr früh: sei­ne Ent­ste­hung ist be­reits eine Kriegs­er­klä­rung an die Moral – er kommt aus Ehe­bruch, aus Blutschan­de zur Welt … Nicht die Sage, son­dern Wa­gner ist der Er­fin­der die­ses ra­di­ka­len Zugs; an die­sem Punk­te hat er die Sage cor­ri­girt … Sieg­fried fährt fort, wie er be­gon­nen hat: er folgt nur dem ers­ten Im­pul­se, er wirft al­les Ue­ber­lie­fer­te, alle Ehr­furcht, alle Furcht über den Hau­fen. Was ihm miss­fällt, sticht er nie­der. Er rennt al­ten Gott­hei­ten un­ehr­er­bie­tig wi­der den Leib. Sei­ne Haupt­un­ter­neh­mung aber geht da­hin, das Weib zu eman­ci­pi­ren – "Brünn­hil­de zu er­lö­sen" … Sieg­fried und Brünn­hil­de; das Sa­kra­ment der frei­en Lie­be; der Auf­gang des gold­nen Zeit­al­ters; die Göt­ter­däm­me­rung der al­ten Moral – das Ue­bel ist ab­ge­schafft … Wa­gner’s Schiff lief lan­ge Zeit lus­tig auf die­ser Bahn. Kein Zwei­fel, Wa­gner such­te auf ihr sein höchs­tes Ziel. – Was ge­sch­ah? Ein Un­glück. Das Schiff fuhr auf ein Riff; Wa­gner sass fest. Das Riff war die Scho­pen­haue­ri­sche Phi­lo­so­phie; Wa­gner sass auf ei­ner con­trä­ren Wel­t­an­sicht fest. Was hat­te er in Mu­sik ge­setzt? Den Op­ti­mis­mus. Wa­gner schäm­te sich. Noch dazu einen Op­ti­mis­mus, für den Scho­pen­hau­er ein bö­ses СКАЧАТЬ