Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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СКАЧАТЬ was frei, gü­tig, of­fen­her­zig, recht­schaf­fen wäre. Die Men­sch­lich­keit hat hier noch nicht ih­ren ers­ten An­fang ge­macht, – die In­stink­te der Rein­lich­keit feh­len … Es giebt nur schlech­te In­stink­te im neu­en Te­sta­ment, es giebt kei­nen Muth selbst zu die­sen schlech­ten In­stink­ten. Al­les ist Feig­heit, Al­les ist Au­gen-schlie­ßen und Selbst­be­trug dar­in. Je­des Buch wird rein­lich, wenn man eben das neue Te­sta­ment ge­le­sen hat: ich las, um ein Bei­spiel zu ge­ben, mit Ent­zücken un­mit­tel­bar nach Pau­lus je­nen an­muthigs­ten, über­müthigs­ten Spöt­ter Pe­tro­ni­us, von dem man sa­gen könn­te, was Do­me­ni­co Boc­cac­cio über Ce­sa­re Bor­gia an den Her­zog von Par­ma schrieb: »è tut­to fe­sto« – un­s­terb­lich ge­sund, un­s­terb­lich hei­ter und wohl­ge­rat­hen … Die­se klei­nen Mu­cker ver­rech­nen sich näm­lich in der Haupt­sa­che. Sie grei­fen an, aber Al­les, was von ih­nen an­ge­grif­fen wird, ist da­mit aus­ge­zeich­net. Wen ein »ers­ter Christ« an­greift, den be­su­delt er nicht … Um­ge­kehrt: es ist eine Ehre, »ers­te Chris­ten« ge­gen sich zu ha­ben. Man liest das neue Te­sta­ment nicht ohne eine Vor­lie­be für Das, was dar­in miß­han­delt wird, – nicht zu re­den von der »Weis­heit die­ser Welt«, wel­che ein fre­cher Wind­ma­cher »durch thö­rich­te Pre­digt« um­sonst zu Schan­den zu ma­chen sucht … Aber selbst die Pha­ri­sä­er und Schrift­ge­lehr­ten ha­ben ih­ren Vort­heil von ei­ner sol­chen Geg­ner­schaft: sie müs­sen schon et­was werth ge­we­sen sein, um auf eine so un­an­stän­di­ge Wei­se ge­haßt zu wer­den. Heu­che­lei – das wäre ein Vor­wurf, den »ers­te Chris­ten« ma­chen dürf­ten! – Zu­letzt wa­ren es die Pri­vi­le­gir­ten: dies ge­nügt, der Tschan­da­la-Haß braucht kei­ne Grün­de mehr. Der »ers­te Christ« – ich fürch­te, auch der »letz­te Christ«, den ich viel­leicht noch er­le­ben wer­de – ist Re­bell ge­gen al­les Pri­vi­le­gir­te aus un­ters­tem In­stink­te, – er lebt, er kämpft im­mer für » glei­che Rech­te« … Ge­nau­er zu­ge­sehn, hat er kei­ne Wahl. Will man, für sei­ne Per­son, ein »Au­ser­wähl­ter Got­tes« sein– oder ein »Tem­pel Got­tes«, oder ein »Rich­ter der En­gel« –, so ist je­des and­re Prin­cip der Aus­wahl, zum Bei­spiel nach Recht­schaf­fen­heit, nach Geist, nach Männ­lich­keit und Stolz, nach Schön­heit und Frei­heit des Her­zens, ein­fach »Welt«, – das Böse an sich … Moral: je­des Wort im Mun­de ei­nes »ers­ten Chris­ten« ist eine Lüge, jede Hand­lung, die er thut, eine In­stinkt-Falsch­heit, – alle sei­ne Wert­he, alle sei­ne Zie­le sind schäd­lich, aber wen er haßt, was er haßt, das hat Werth … Der Christ, der Pries­ter–Christ in Son­der­heit, ist ein Kri­te­ri­um für Wert­he – – Habe ich noch zu sa­gen, daß im gan­zen neu­en Te­sta­ment bloß eine ein­zi­ge Fi­gur vor­kommt, die man eh­ren muß? Pila­tus, der rö­mi­sche Statt­hal­ter. Ei­nen Ju­den­han­del ernst zu neh­men – dazu über­re­det er sich nicht. Ein Jude mehr oder we­ni­ger – was liegt dar­an? … Der vor­neh­me Hohn ei­nes Rö­mers, vor dem ein un­ver­schäm­ter Miß­brauch mit dem Wort »Wahr­heit« ge­trie­ben wird, hat das neue Te­sta­ment mit dem ein­zi­gen Wort be­rei­chert, das Werth hat, – das sei­ne Kri­tik, sei­ne Ver­nich­tung selbst ist: »was ist Wahr­heit!« …

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      47.

      – Das ist es nicht, was uns ab­schei­det, daß wir kei­nen Gott wie­der­fin­den, we­der in der Ge­schich­te, noch in der Na­tur, noch hin­ter der Na­tur, – son­dern daß wir, was als Gott ver­ehrt wur­de, nicht als »gött­lich«, son­dern als er­bar­mungs­wür­dig, als ab­surd, als schäd­lich emp­fin­den, nicht nur als Irr­thum, son­dern als Ver­bre­chen am Le­ben … Wir leug­nen Gott als Got­t… Wenn man uns die­sen Gott der Chris­ten be­wie­se, wir wür­den ihn noch we­ni­ger zu glau­ben wis­sen. – In For­mel: de­us, qua­lem Pau­lus crea­vit, dei ne­ga­tio. – Eine Re­li­gi­on, wie das Chris­tent­hum, die sich an kei­nem Punk­te mit der Wirk­lich­keit be­rührt, die so­fort da­hin­fällt, so­bald die Wirk­lich­keit auch nur an Ei­nem Punk­te zu Rech­te kommt, muß bil­li­ger­wei­se der »Weis­heit der Welt«, will sa­gen der Wis­sen­schaft, tod­feind sein, – sie wird alle Mit­tel gut hei­ßen, mit de­nen die Zucht des Geis­tes, die Lau­ter­keit und Stren­ge in Ge­wis­sens­sa­chen des Geis­tes, die vor­neh­me Küh­le und Frei­heit des Geis­tes ver­gif­tet, ver­leum­det, ver­ru­fen ge­macht wer­den kann. Der »Glau­be« als Im­pe­ra­tiv ist das Veto ge­gen die Wis­sen­schaft, – in pra­xi die Lüge um je­den Preis … Pau­lus be­griff, daß die Lüge – daß »der Glau­be« noth that; die Kir­che be­griff spä­ter wie­der Pau­lus. – Je­ner »Gott«, den Pau­lus sich er­fand, ein Gott, der »die Weis­heit der Welt« (im en­gern Sinn die bei­den großen Geg­ne­rin­nen al­les Aber­glau­bens, Phi­lo­lo­gie und Me­di­cin) »zu Schan­den macht«, ist in Wahr­heit nur der re­so­lu­te Ent­schluß des Pau­lus selbst dazu: »Gott« sei­nen eig­nen Wil­len zu nen­nen, tho­ra, das ist ur­jü­disch. Pau­lus will »die Weis­heit der Welt« zu Schan­den ma­chen: sei­ne Fein­de sind die gu­ten Phi­lo­lo­gen und Ärz­te alex­an­dri­ni­scher Schu­lung –, ih­nen macht er den Krieg. In der That, man ist nicht Phi­lo­log und Arzt, ohne nicht zu­gleich auch An­ti­christ zu sein. Als Phi­lo­log schaut man näm­lich hin­ter die »hei­li­gen Bü­cher«, als Arzt hin­ter die phy­sio­lo­gi­sche Ver­kom­men­heit des ty­pi­schen Chris­ten. Der Arzt sagt »un­heil­bar«, der Phi­lo­log »Schwin­del« …

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      48.

      – Hat man ei­gent­lich die be­rühm­te Ge­schich­te ver­stan­den, die am An­fang der Bi­bel steht, – von der Höl­len­angst Got­tes vor der Wis­sen­schaft? … Man hat sie nicht ver­stan­den. Dies Pries­ter­buch par ex­cel­lence be­ginnt, wie bil­lig, mit der großen in­ne­ren Schwie­rig­keit des Pries­ters: er hat nur Eine große Ge­fahr, folg­lich hat »Gott« nur Eine große Ge­fahr. –

      Der alte Gott, ganz »Geist«, ganz Ho­her­pries­ter, ganz Voll­kom­men­heit, lust­wan­delt in sei­nen Gär­ten: nur daß er sich lang­weilt. Ge­gen die Lan­ge­wei­le kämp­fen Göt­ter selbst ver­ge­bens. Was thut er? Er er­fin­det den Men­schen, – der Mensch ist un­ter­hal­tend … Aber sie­he da, auch der Mensch lang­weilt sich. Das Er­bar­men Got­tes mit der ein­zi­gen Noth, die alle Pa­ra­die­se an sich ha­ben, kennt kei­ne Gren­zen: er schuf als­bald noch and­re Thie­re. Ers­ter Fehl­griff Got­tes: der Mensch fand die Thie­re nicht un­ter­hal­tend, – er herrsch­te über sie, er woll­te nicht ein­mal »Thier« sein. – Folg­lich schuf Gott das Weib. Und in der That, mit der Lan­gen­wei­le hat­te es nun ein Ende, – aber auch mit An­de­rem noch! Das Weib war der zwei­te Fehl­griff Got­tes. – »Das Weib ist sei­nem We­sen nach Schlan­ge, Heva« – das weiß je­der Pries­ter; »vom Weib kommt je­des Un­heil in der Welt« – das weiß eben­falls je­der Pries­ter. » Folg­lich kommt von ihm auch die Wis­sen­schaft« … Erst durch das Weib lern­te der Mensch vom Bau­me der Er­kennt­niß kos­ten. – Was war ge­schehn? Den al­ten Gott er­griff eine Höl­len­angst. Der Mensch selbst war sein größ­ter Fehl­griff ge­wor­den, er hat­te sich einen Ri­va­len ge­schaf­fen, die Wis­sen­schaft macht gott­gleich, – es ist mit Pries­tern und Göt­tern zu Ende, wenn der Mensch wis­sen­schaft­lich wird! – Moral: die Wis­sen­schaft ist das Ver­bo­te­ne an sich, – sie al­lein ist ver­bo­ten. Die Wis­sen­schaft ist die ers­te Sün­de, der Keim al­ler Sün­de, die Erb­sün­de. Dies al­lein ist Moral. – »Du sollst nicht er­ken­nen«: – der Rest folgt dar­aus. – Die Höl­len­angst Got­tes ver­hin­der­te ihn nicht, klug zu sein. Wie wehrt man sich СКАЧАТЬ