Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше страница 180

СКАЧАТЬ weiß das – sind ja voll­kom­men gleich­gül­tig und fünf­ten Ran­ges ge­gen den Werth der In­stink­te: stren­ger ge­re­det, der gan­ze Be­griff geis­ti­ger Ur­säch­lich­keit ist falsch. Das Christ-sein, die Christ­lich­keit auf ein Für-wahr-hal­ten, auf eine blo­ße Be­wußt­seins-Phä­no­me­na­li­tät re­du­ci­ren heißt die Christ­lich­keit ne­gi­ren. In der That gab es gar kei­ne Chris­ten. Der »Christ«, Das, was seit zwei Jahr­tau­sen­den Christ heißt, ist bloß ein psy­cho­lo­gi­sches Selbst-Miß­ver­ständ­niß. Ge­nau­er zu­ge­sehn, herrsch­ten in ihm, trotz al­lem »Glau­ben«, bloß die In­stink­te – und was für In­stink­te! – Der »Glau­be« war zu al­len Zei­ten, bei­spiels­wei­se bei Luther, nur ein Man­tel, ein Vor­wand, ein Vor­hang, hin­ter dem die In­stink­te ihr Spiel spiel­ten –, eine klu­ge Blind­heit über die Herr­schaft ge­wis­ser In­stink­te… Der »Glau­be« – ich nann­te ihn schon die ei­gent­li­che christ­li­che Klug­heit, – man sprach im­mer vom »Glau­ben«, man that im­mer nur vom In­stink­te… In der Vor­stel­lungs­welt des Chris­ten kommt Nichts vor, was die Wirk­lich­keit auch nur an­rühr­te: da­ge­gen er­kann­ten wir im In­stinkt-Haß ge­gen jede Wirk­lich­keit das trei­ben­de, das ein­zig trei­ben­de Ele­ment in der Wur­zel des Chris­tent­hums. Was folgt dar­aus? Daß auch in psy­cho­lo­gi­cis hier der Irr­thum ra­di­kal, das heißt we­sen-be­stim­mend, das heißt Sub­stanz ist. Ein Be­griff hier weg, eine ein­zi­ge Rea­li­tät an des­sen Stel­le – und das gan­ze Chris­ten­tum rollt in’s Nichts! – Aus der Höhe ge­sehn, bleibt die­se fremd­ar­tigs­te al­ler That­sa­chen, eine durch Irr­t­hü­mer nicht nur be­ding­te, son­dern nur in schäd­li­chen, nur in le­ben- und herz­ver­gif­ten­den Irr­t­hü­mern er­fin­de­ri­sche und selbst ge­nia­le Re­li­gi­on ein Schau­spiel für Göt­ter, – für jene Gott­hei­ten, wel­che zu­gleich Phi­lo­so­phen sind, und de­nen ich zum Bei­spiel bei je­nen be­rühm­ten Zwie­ge­sprä­chen auf Na­xos be­geg­net bin. Im Au­gen­blick, wo der Ekel von ih­nen weicht (– und von uns!), wer­den sie dank­bar für das Schau­spiel des Chris­ten: das er­bärm­li­che klei­ne Gestirn, das Erde heißt, ver­dient viel­leicht al­lein um die­ses cu­rio­sen Falls wil­len einen gött­li­chen Blick, eine gött­li­che Ant­heil­nah­me … Un­ter­schät­zen wir näm­lich den Chris­ten nicht: der Christ, falsch bis zur Un­schuld, ist weit über dem Af­fen, – in Hin­sicht auf Chris­ten wird eine be­kann­te Her­kunfts-Theo­rie zur blo­ßen Ar­tig­keit …

      *

      40.

      – Das Ver­häng­nis; des Evan­ge­li­ums ent­schied sich mit dem Tode, – es hieng am »Kreuz« … Erst der Tod, die­ser un­er­war­te­te schmäh­li­che Tod, erst das Kreuz,, das im All­ge­mei­nen bloß für die Ca­nail­le auf­ge­spart blieb, – erst die­se schau­er­lichs­te Pa­ra­do­xie brach­te die Jün­ger vor das ei­gent­li­che Räth­sel: »wer war das? was war das?«– Das er­schüt­ter­te und im Tiefs­ten be­lei­dig­te Ge­fühl, der Arg­wohn, es möch­te ein sol­cher Tod die Wi­der­le­gung ih­rer Sa­che sein, das schreck­li­che Fra­ge­zei­chen »warum ge­ra­de so?« – die­ser Zu­stand be­greift sich nur zu gut. Hier muß­te Al­les nothwen­dig sein, Sinn, Ver­nunft, höchs­te Ver­nunft ha­ben, die Lie­be ei­nes Jün­gers kennt kei­nen Zu­fall. Erst jetzt trat die Kluft aus­ein­an­der: »wer hat ihn ge­töd­tet? wer war sein na­tür­li­cher Feind?«– die­se Fra­ge sprang wie ein Blitz her­vor. Ant­wort: das herr­schen­de Ju­den­tum, sein obers­ter Stand. Man emp­fand sich von die­sem Au­gen­blick im Aufruhr ge­gen die Ord­nung, man ver­stand hin­ter­drein Je­sus als im Aufruhr ge­gen die Ord­nung. Bis da­hin fehl­te die­ser krie­ge­ri­sche, die­ser Nein-sa­gen­de, Nein-thuen­de Zug in sei­nem Bil­de; mehr noch, er war des­sen Wi­der­spruch. Of­fen­bar hat die klei­ne Ge­mein­de ge­ra­de die Haupt­sa­che nicht ver­stan­den, das Vor­bild­li­che in die­ser Art zu ster­ben, die Frei­heit, die Über­le­gen­heit über je­des Ge­fühl von res­sen­ti­ment: – ein Zei­chen da­für, wie we­nig über­haupt sie von ihm ver­stand! An sich konn­te Je­sus mit sei­nem Tode nichts wol­len, als öf­fent­lich die stärks­te Pro­be, den Be­weis sei­ner Leh­re zu ge­ben … Aber sei­ne Jün­ger wa­ren fer­ne da­von, die­sen Tod zu ver­zei­hen, – was evan­ge­lisch im höchs­ten Sin­ne ge­we­sen wäre; oder gar sich zu ei­nem glei­chen Tode in sanf­ter und lieb­li­cher Ruhe des Her­zens an­zu­bie­ten… Gera­de das am meis­ten un­evan­ge­li­sche Ge­fühl, die Ra­che, kam wie­der oben­auf. Un­mög­lich konn­te die Sa­che mit die­sem Tode zu Ende sein: man brauch­te »Ver­gel­tung«, »Ge­richt« (– und doch, was kann noch un­evan­ge­li­scher sein, als »Ver­gel­tung«, »Stra­fe«, »Ge­richt-Hal­ten«!). Noch ein­mal kam die po­pu­lä­re Er­war­tung ei­nes Mes­si­as in den Vor­der­grund; ein his­to­ri­scher Au­gen­blick wur­de in’s Auge ge­faßt: das »Reich Got­tes« kommt zum Ge­richt über sei­ne Fein­de… Aber da­mit ist Al­les miß­ver­stan­den: das »Reich Got­tes« als Schluß­akt, als Ver­hei­ßung! Das Evan­ge­li­um war doch ge­ra­de das Da­sein, das Er­füllt­sein, die Wirk­lich­keit die­ses »Reichs« ge­we­sen. Gera­de ein sol­cher Tod war eben die­ses »Reich Got­tes«. Jetzt erst trug man die gan­ze Ver­ach­tung und Bit­ter­keit ge­gen Pha­ri­sä­er und Theo­lo­gen in den Ty­pus des Meis­ters ein, – man mach­te da­mit aus ihm einen Pha­ri­sä­er und Theo­lo­gen! And­rer­seits hielt die wild­ge­w­ord­ne Ver­eh­rung die­ser ganz aus den Fu­gen ge­rat­he­nen See­len jene evan­ge­li­sche Gleich­be­rech­ti­gung von Je­der­mann zum Kind Got­tes, die Je­sus ge­lehrt hat­te, nicht mehr aus; ihre Ra­che war, auf eine aus­schwei­fen­de Wei­se Je­sus em­por­zu­he­ben, von sich ab­zu­lö­sen: ganz so, wie ehe­dem die Ju­den aus Ra­che an ih­ren Fein­den ih­ren Gott von sich los­ge­trennt und in die Höhe ge­ho­ben ha­ben. Der Eine Gott und der Eine Sohn Got­tes: Bei­des Er­zeug­nis­se des res­sen­ti­ment

      *

      41.

      – Und von nun an tauch­te ein ab­sur­des Pro­blem auf: »wie konn­te Gott das zu­las­sen!« Da­rauf fand die ge­stör­te Ver­nunft der klei­nen Ge­mein­schaft eine ge­ra­de­zu schreck­lich ab­sur­de Ant­wort: Gott gab sei­nen Sohn zur Ver­ge­bung der Sün­den, als Op­fer. Wie war es mit Ei­nem Male zu Ende mit dem Evan­ge­li­um! Das Schul­dop­fer, und zwar in sei­ner wi­der­lichs­ten, bar­ba­rischs­ten Form, das Op­fer des Un­schul­di­gen für die Sün­den der Schul­di­gen! Wel­ches schau­der­haf­te Hei­dent­hum! – Je­sus hat­te ja den Be­griff »Schuld« selbst ab­ge­schafft, – er hat jede Kluft zwi­schen Gott und Mensch ge­leug­net, er leb­te die­se Ein­heit von Gott und Mensch als sei­ne »fro­he Bot­schaft« … Und nicht als Vor­recht! – Von nun an tritt schritt­wei­se in den Ty­pus des Er­lö­sers hin­ein: die Leh­re vom Ge­richt und von der Wie­der­kunft, die Leh­re vom Tod als ei­nem Op­fer­to­de, die Leh­re von der Au­fer­ste­hung, mit der der gan­ze Be­griff »Se­lig­keit«, die gan­ze und ein­zi­ge Rea­li­tät des Evan­ge­li­ums, es­ka­mo­tirt ist – zu Guns­ten ei­nes Zu­stan­des nach dem Tode! … Pau­lus hat die­se Auf­fas­sung, die­se Un­zucht von Auf­fas­sung mit je­ner rab­bi­ner­haf­ten Frech­heit, die ihn in al­len Stücken aus­zeich­net, da­hin lo­gi­sirt: » wenn Chris­tus nicht auf­er­stan­den ist von den Tod­ten, so ist un­ser Glau­be ei­tel«. – Und mit Ei­nem Male wur­de aus dem Evan­ge­li­um die ver­ächt­lichs­te al­ler un­er­füll­ba­ren Ver­spre­chun­gen, die un­ver­schäm­te Leh­re von der Per­so­nal-Uns­terb­lich­keit … Pau­lus selbst lehr­te sie noch als Lohn! …

      *

СКАЧАТЬ