Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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СКАЧАТЬ ihn an sein Kreuz. Das Le­ben, das Bei­spiel, die Leh­re, der Tod, der Sinn und das Recht des gan­zen Evan­ge­li­ums – Nichts war mehr vor­han­den, als die­ser Falsch­mün­zer aus Haß be­griff, was al­lein er brau­chen konn­te. Nicht die Rea­li­tät, nicht die his­to­ri­sche Wahr­heit! … Und noch ein­mal ver­üb­te der Pries­ter-In­stinkt des Ju­den das glei­che große Ver­bre­chen an der His­to­rie, – er strich das Ges­tern, das Vor­ges­tern des Chris­ten­tums ein­fach durch, er er­fand sich eine Ge­schich­te des ers­ten Chris­ten­tums. Mehr noch: er fälsch­te die Ge­schich­te Is­raels noch­mals um, um als Vor­ge­schich­te für sei­ne That zu er­schei­nen: alle Pro­phe­ten ha­ben von sei­nem »Er­lö­ser« ge­re­det … Die Kir­che fälsch­te spä­ter so­gar die Ge­schich­te der Mensch­heit zur Vor­ge­schich­te des Chris­tent­hums… Der Ty­pus des Er­lö­sers, die Leh­re, die Prak­tik, der Tod, der Sinn des To­des, selbst das Nach­her des To­des – Nichts blieb un­an­ge­tas­tet, Nichts blieb auch nur ähn­lich der Wirk­lich­keit. Pau­lus ver­leg­te ein­fach das Schwer­ge­wicht je­nes gan­zen Da­seins hin­ter dies Da­sein, – in die Lüge vom »wie­der­au­fer­stan­de­nen« Je­sus. Er konn­te im Grun­de das Le­ben des Er­lö­sers über­haupt nicht brau­chen, – er hat­te den Tod am Kreuz nö­thig und et­was mehr noch… Ei­nen Pau­lus, der sei­ne Hei­math an dem Haupt­sitz der stoi­schen Auf­klä­rung hat­te, für ehr­lich hal­ten, wenn er sich aus ei­ner Hal­lu­ci­na­ti­on den Be­weis vom Noch-Le­ben des Er­lö­sers zu­recht macht, oder auch nur sei­ner Er­zäh­lung, daß er die­se Hal­lu­ci­na­ti­on ge­habt hat, Glau­ben schen­ken, wäre eine wah­re niai­se­rie sei­tens ei­nes Psy­cho­lo­gen: Pau­lus woll­te den Zweck, folg­lich woll­te er auch die Mit­tel… Was er selbst nicht glaub­te, die Idio­ten, un­ter die er sei­ne Leh­re warf, glaub­ten es. – Sein Be­dürf­niß war die Macht; mit Pau­lus woll­te noch­mals der Pries­ter zur Macht, – er konn­te nur Be­grif­fe, Leh­ren, Sym­bo­le brau­chen, mit de­nen man Mas­sen ty­ran­ni­sirt, He­er­den bil­det. Was al­lein ent­lehn­te spä­ter Mu­ham­med dem Chris­ten­tum? Die Er­fin­dung des Pau­lus, sein Mit­tel zur Pries­ter-Ty­ran­nei, zur He­er­den-Bil­dung: den Uns­terb­lich­keits-Glau­ben – das heißt die Leh­re vom »Ge­richt«…

      *

      43.

      Wenn man das Schwer­ge­wicht des Le­bens nicht in’s Le­ben, son­dern in’s »Jen­seits« ver­legt – in’s Nichts –, so hat man dem Le­ben über­haupt das Schwer­ge­wicht ge­nom­men. Die große Lüge von der Per­so­nal-Uns­terb­lich­keit zer­stört jede Ver­nunft, jede Na­tur im In­stink­te, – Al­les, was wohlt­hä­tig, was le­ben­för­dernd, was zu­kunft­ver­bür­gend in den In­stink­ten ist, er­regt nun­mehr Miß­trau­en. So zu le­ben, daß es kei­nen Sinn mehr hat, zu le­ben, das wird jetzt zum »Sinn« des Le­bens… Wozu Ge­mein­sinn, wozu Dank­bar­keit noch für Her­kunft und Vor­fah­ren, wozu mit­ar­bei­ten, zu­trau­en, ir­gend ein Ge­sammt­wohl för­dern und im Auge ha­ben?… Eben­so­vie­le »Ver­su­chun­gen«, eben­so­vie­le Ablen­kun­gen vom »rech­ten Weg« – »Eins ist noth«… Daß Je­der als »un­s­terb­li­che See­le« mit Je­dem glei­chen Rang hat, daß in der Ge­sammt­heit al­ler We­sen das »Heil« je­des Ein­zel­nen eine ewi­ge Wich­tig­keit in An­spruch neh­men darf, daß klei­ne Mu­cker und Drei­vier­tels-Ver­rück­te sich ein­bil­den dür­fen, daß um ih­ret­wil­len die Ge­set­ze der Na­tur be­stän­dig durch­bro­chen wer­den, – eine sol­che Stei­ge­rung je­der Art Selbst­sucht in’s Unend­li­che, in’s Un­ver­schäm­te kann man nicht mit ge­nug Ver­ach­tung brand­mar­ken. Und doch ver­dankt das Chris­ten­tum die­ser er­bar­mungs­wür­di­gen Schmei­che­lei vor der Per­so­nal-Ei­tel­keit sei­nen Sieg, – ge­ra­de al­les Miß­rat­he­ne, Auf­stän­disch-Ge­sinn­te, Schlecht-weg-ge­komm­ne, den gan­zen Aus­wurf und Ab­hub der Mensch­heit hat es da­mit zu sich über­re­det. Das »Heil der See­le« – auf deutsch: »die Welt dreht sich um mich«… Das Gift der Leh­re »glei­che Rech­te für Alle« – das Chris­ten­tum hat es am grund­sätz­lichs­ten aus­ge­sät; das Chris­tent­hum hat je­dem Ehr­furchts- und Di­stanz-Ge­fühl zwi­schen Mensch und Mensch, das heißt der Voraus­set­zung zu je­der Er­hö­hung, zu je­dem Wachst­hum der Cul­tur einen Tod­krieg aus den heim­lichs­ten Win­keln schlech­ter In­stink­te ge­macht, – es hat aus dem res­sen­ti­ment der Mas­sen sich sei­ne Haupt­waf­fe ge­schmie­det ge­gen uns, ge­gen al­les Vor­neh­me, Fro­he, Hoch­her­zi­ge auf Er­den, ge­gen un­ser Glück auf Er­den … Die »Uns­terb­lich­keit« je­dem Pe­trus und Pau­lus zu­ge­stan­den, war bis­her das größ­te, das bös­ar­tigs­te At­ten­tat auf die vor­neh­me Men­sch­lich­keit, – Und un­ter­schät­zen wir das Ver­häng­niß nicht, das vom Chris­tent­hum aus sich bis in die Po­li­tik ein­ge­schli­chen hat! Nie­mand hat heu­te mehr den Muth zu Son­der­rech­ten, zu Herr­schafts­rech­ten, zu ei­nem Ehr­furchts­ge­fühl vor sich und sei­nes Glei­chen, – zu ei­nem Pa­thos der Di­stanz … Uns­re Po­li­tik ist krank an die­sem Man­gel an Muth! – Der Ari­sto­kra­tis­mus der Ge­sin­nung wur­de durch die See­len-Gleich­heits-Lüge am un­ter­ir­dischs­ten un­ter­gra­ben; und wenn der Glau­be an das »Vor­recht der Meis­ten« Re­vo­lu­tio­nen macht und ma­chen wird, – das Chris­tent­hum ist es, man zweifle nicht dar­an, christ­li­che Wer­thurt­hei­le sind es, wel­che jede Re­vo­lu­ti­on bloß in Blut und Ver­bre­chen über­setzt! Das Chris­tent­hum ist ein Auf­stand al­les Am-Bo­den-Krie­chen­den ge­gen Das, was Höhe hat: das Evan­ge­li­um der »Nied­ri­gen« macht nied­rig…

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      44.

      – Die Evan­ge­li­en sind un­schätz­bar als Zeug­niß für die be­reits un­auf­halt­sa­me Cor­rup­ti­on in­ner­halb der ers­ten Ge­mein­de. Was Pau­lus spä­ter mit dem Lo­gi­ker-Cy­nis­mus ei­nes Rab­bi­ners zu Ende führ­te, war trotz­dem bloß der Ver­falls-Pro­ceß, der mit dem Tode des Er­lö­sers be­gann. – Die­se Evan­ge­li­en kann man nicht be­hut­sam ge­nug le­sen; sie ha­ben ihre Schwie­rig­kei­ten hin­ter je­dem Wort. Ich be­ken­ne, man wird es mir zu Gute hal­ten, daß sie eben­da­mit für einen Psy­cho­lo­gen ein Ver­gnü­gen ers­ten Ran­ges sind, – als Ge­gen­satz al­ler nai­ven Ver­derb­niß, als das Raf­fi­ne­ment par ex­cel­lence, als Künst­ler­schaft in der psy­cho­lo­gi­schen Ver­derb­niß. Die Evan­ge­li­en stehn für sich. Die Bi­bel über­haupt ver­trägt kei­nen Ver­gleich. Man ist un­ter Ju­den: ers­ter Ge­sichts­punkt, um hier nicht völ­lig den Fa­den zu ver­lie­ren. Die hier ge­ra­de­zu Ge­nie wer­den­de Selbst­ver­stel­lung in’s »Hei­li­ge«, un­ter Bü­chern und Men­schen nie an­nä­hernd sonst er­reicht, die­se Wort- und Ge­bär­den-Falsch­mün­ze­rei als Kunst ist nicht der Zu­fall ir­gend wel­cher Ein­zel-Be­ga­bung, ir­gend wel­cher Aus­nah­me-Na­tur. Hier­zu ge­hört Ras­se. Im Chris­tent­hum, als der Kunst, hei­lig zu lü­gen, kommt das gan­ze Ju­dent­hum, eine mehr­hun­dert­jäh­ri­ge jü­di­sche al­ler­ernst­haf­tes­te Vor­übung und Tech­nik zur letz­ten Meis­ter­schaft. Der Christ, die­se ul­ti­ma ra­tio der Lüge, ist der Jude noch ein­mal – drei Mal selbst… Der grund­sätz­li­che Wil­le, nur Be­grif­fe, Sym­bo­le, At­ti­tü­den an­zu­wen­den, wel­che aus der Pra­xis des Pries­ters be­wie­sen sind, die In­stinkt-Ab­leh­nung je­der and­ren Pra­xis, je­der and­ren Art Werth- und Nütz­lich­keits-Per­spek­ti­ve – das ist nicht nur Tra­di­ti­on, das ist Erb­schaft: nur als Erb­schaft wirkt es wie Na­tur. Die gan­ze Mensch­heit, die bes­ten Köp­fe der bes­ten Zei­ten so­gar (Ei­nen aus­ge­nom­men, СКАЧАТЬ