Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше страница 151

СКАЧАТЬ ewi­ger Qua­li­tä­ten ist? Soll­te es nicht auf die ei­gent­hüm­li­che Schwä­che der mensch­li­chen Er­kennt­niß zu­rück­gehn, wenn wir vom Wer­den re­den – wäh­rend es im We­sen der Din­ge viel­leicht gar kein Wer­den giebt, son­dern nur ein Ne­ben­ein­an­der vie­ler wah­rer un­ge­w­ord­ner un­zer­stör­ba­rer Rea­li­tä­ten?

      Dies sind un­he­ra­kli­ti­sche Aus­we­ge und Irr­pfa­de: er ruft noch ein­mal: »Das Eine ist das Vie­le.« Die vie­len wahr­nehm­ba­ren Qua­li­tä­ten sind we­der ewi­ge We­sen­hei­ten, noch Phan­tas­ma­ta uns­rer Sin­ne (als jene denkt sie sich spä­ter Ana­xa­go­ras, als die­se Par­me­ni­des), sie sind we­der star­res selbst­herr­li­ches Sein, noch flüch­ti­ger in Men­schen­köp­fen wan­deln­der Schein. Die drit­te, für Hera­klit al­lein zu­rück­blei­ben­de Mög­lich­keit wird Nie­mand mit dia­lek­ti­schem Spür­sinn und gleich­sam rech­nend er­rat­hen kön­nen: denn was er hier er­fand, ist eine Sel­ten­heit, selbst im Be­rei­che mys­ti­scher Un­glaub­lich­kei­ten und un­er­war­te­ter kos­mi­scher Me­ta­phern. – Die Welt ist das Spiel des Zeus, oder phy­si­ka­li­scher aus­ge­drückt, des Feu­ers mit sich selbst, das Eine ist nur in die­sem Sin­ne zu­gleich das Vie­le. –

      Um zu­nächst die Ein­füh­rung des Feu­ers als ei­ner welt­bil­den­den Kraft zu er­läu­tern, er­in­ne­re ich dar­an, in wel­cher Wei­se Ana­xi­man­der die Theo­rie vom Was­ser als dem Ur­sprung der Din­ge wei­ter­ge­bil­det hat­te. Im We­sent­li­chen dar­in Tha­les Ver­trau­en schen­kend und sei­ne Beo­b­ach­tun­gen stär­kend und ver­meh­rend, war Ana­xi­man­der doch nicht zu über­zeu­gen, daß es vor dem Was­ser und gleich­sam hin­ter dem Was­ser kei­ne wei­te­re Qua­li­täts­stu­fe gäbe: son­dern aus Warm und Kalt schi­en ihm das Feuch­te selbst sich zu bil­den, und Warm und Kalt soll­ten da­her die Vor­stu­fen des Was­sers, die noch ur­sprüng­li­che­ren Qua­li­tä­ten sein. Mit ih­rer Aus­schei­dung aus dem Ur­sein des »Un­be­stimm­ten« be­ginnt das Wer­den. Hera­klit, der als Phy­si­ker sich der Be­deu­tung Ana­xi­man­der’s un­ter­ord­ne­te, deu­tet sich die­ses ana­xi­man­dri­sche War­me um als den Hauch, den war­men Athem, die trock­nen Düns­te, kurz als das Feu­ri­ge: von die­sem Feu­er sagt er nun Das­sel­be aus, was Tha­les und Ana­xi­man­der vom Was­ser aus­ge­sagt hat­ten, es durch­lau­fe in zahl­lo­sen Ver­wand­lun­gen die Bahn des Wer­dens, vor Al­lem in den drei Haupt­zu­stän­den, als War­mes, Feuch­tes, Fes­tes. Denn das Was­ser geht theils im Nie­der­stei­gen zur Erde, im Auf­stei­gen zum Feu­er über: oder wie sich Hera­klit ge­nau­er aus­ge­drückt zu ha­ben scheint: aus dem Mee­re stei­gen nur die rei­nen Düns­te auf, wel­che dem himm­li­schen Feu­er der Gestir­ne zur Nah­rung die­nen, aus der Erde nur die dunklen, ne­be­li­gen, aus de­nen das Feuch­te sei­ne Nah­rung zieht. Die rei­nen Düns­te sind der Über­gang des Mee­res zum Feu­er, die un­rei­nen der Über­gang der Erde zum Was­ser. So lau­fen fort­wäh­rend die bei­den Ver­wand­lungs­bah­nen des Feu­ers, auf­wärts und ab­wärts, hin und zu­rück, ne­ben­ein­an­der her, vom Feu­er zum Was­ser, von da zur Erde, von der Erde wie­der zu­rück zum Was­ser, vom Was­ser zum Feu­er. Wäh­rend Hera­klit in den wich­tigs­ten die­ser Vor­stel­lun­gen, zum Bei­spiel dar­in, daß das Feu­er durch die Aus­düns­tun­gen un­ter­hal­ten wird, oder dar­in, daß aus dem Was­ser theils Erde, theils Feu­er sich ab­son­dert, An­hän­ger des Ana­xi­man­der ist, so ist er dar­in selb­stän­dig und im Wi­der­spruch mit Je­nem, daß er das Kal­te aus dem phy­si­ka­li­schen Pro­ceß aus­schließt, wäh­rend Ana­xi­man­der es als gleich­be­rech­tigt ne­ben das War­me ge­stellt hat­te, um aus bei­den das Feuch­te ent­ste­hen zu las­sen. Dies zu thun war frei­lich für Hera­klit eine No­thwen­dig­keit: denn wenn Al­les Feu­er sein soll, so kann, bei al­len Mög­lich­kei­ten sei­ner Um­wand­lung, es doch Nichts ge­ben, was sein ab­so­lu­ter Ge­gen­satz wäre; er wird also Das, was man das Kal­te nennt, nur als Grad des War­men ge­deu­tet ha­ben und konn­te die­se Deu­tung ohne Schwie­rig­kei­ten recht­fer­ti­gen. Viel wich­ti­ger aber als die­se Ab­wei­chung von der Leh­re Ana­xi­man­der’s ist eine wei­te­re Über­ein­stim­mung: er glaubt wie Je­ner an einen pe­ri­odisch sich wie­der­ho­len­den Welt­un­ter­gang und an ein im­mer er­neu­tes Her­vor­stei­gen ei­ner an­dern Welt aus dem Al­les ver­nich­ten­den Welt­bran­de. Die Pe­ri­ode, in der die Welt je­nem Welt­bran­de und der Auf­lö­sung in das rei­ne Feu­er ent­ge­ge­neilt, wird von ihm höchst auf­fal­len­der Wei­se als ein Be­geh­ren und Be­dür­fen cha­rak­te­ri­sirt, das vol­le Ver­schlun­gen­sein im Feu­er als die Satt­heit; und es bleibt uns die Fra­ge üb­rig, wie er den neu­en er­wa­chen­den Trieb der Welt­bil­dung, das Sich-Aus­gie­ßen in die For­men der Viel­heit, ver­stan­den und be­nannt hat. Das grie­chi­sche Sprüchwort scheint uns mit dem Ge­dan­ken zu Hül­fe zu kom­men, daß »Satt­heit den Fre­vel (die Hy­bris) ge­biert«; und in der That kann man sich einen Au­gen­blick fra­gen, ob Hera­klit viel­leicht jene Rück­kehr zur Viel­heit aus der Hy­bris her­ge­lei­tet hat. Man neh­me die­sen Ge­dan­ken ein­mal ernst: in sei­ner Be­leuch­tung ver­wan­delt sich, vor un­se­ren Bli­cken, das Ge­sicht Hera­klit’s, das stol­ze Leuch­ten sei­ner Au­gen er­lischt, ein fal­ti­ger Zug schmerz­li­cher Ent­sa­gung, der Ohn­macht prägt sich aus, es scheint, daß wir wis­sen, warum das spä­te­re Al­ter­thum ihn den »wei­nen­den Phi­lo­so­phen« nann­te. Ist jetzt nicht der gan­ze Welt­pro­ceß ein Be­stra­fungs­akt der Hy­bris? Die Viel­heit das Re­sul­tat ei­nes Fre­vels? Die Ver­wand­lung des Rei­nen in das Un­rei­ne Fol­ge der Un­ge­rech­tig­keit? Wird jetzt nicht die Schuld in den Kern der Din­ge ver­legt, und so­mit zwar die Welt des Wer­dens und der In­di­vi­du­en von ihr ent­las­tet, aber zu­gleich ihre Fol­gen zu tra­gen im­mer von Neu­em wie­der ver­urt­heilt?

      7.

      Je­nes ge­fähr­li­che Wort, Hy­bris, ist in der That der Prüf­stein für je­den Hera­kli­teer; hier mag er zei­gen, ob er sei­nen Meis­ter ver­stan­den oder ver­kannt hat. Giebt es Schuld, Un­ge­rech­tig­keit, Wi­der­spruch, Leid in die­ser Welt?

      Ja, ruft Hera­klit, aber nur für den be­schränk­ten Men­schen, der aus­ein­an­der und nicht zu­sam­men schaut, nicht für den con­tui­ti­ven Gott; für ihn läuft al­les Wi­der­stre­ben­de in eine Har­mo­nie zu­sam­men, un­sicht­bar zwar für das ge­wöhn­li­che Men­schen­au­ge, doch Dem ver­ständ­lich, der, wie Hera­klit, dem be­schau­li­chen Got­te ähn­lich ist. Vor sei­nem Feu­er­blick bleibt kein Trop­fen von Un­ge­rech­tig­keit in der um ihn aus­ge­goss­nen Welt zu­rück; und selbst je­ner car­di­na­le An­stoß, wie das rei­ne Feu­er in so un­rei­ne For­men ein­zie­hen kön­ne, wird von ihm durch ein er­hab­nes Gleich­niß über­wun­den. Ein Wer­den und Ver­ge­hen, ein Bau­en und Zer­stö­ren, ohne jede mo­ra­li­sche Zu­rech­nung, in ewig glei­cher Un­schuld, hat in die­ser Welt al­lein das Spiel des Künst­lers und des Kin­des. Und so, wie das Kind und der Künst­ler spielt, spielt das ewig le­ben­di­ge Feu­er, baut auf und zer­stört, in Un­schuld – und die­ses Spiel spielt der Neon mit sich. Sich ver­wan­delnd in Was­ser und Erde, thürmt er wie ein Kind Sand­hau­fen am Mee­re, thürmt auf und zer­trüm­mert: von Zeit zu Zeit fängt er das Spiel von Neu­em an. Ein Au­gen­blick der Sät­ti­gung: dann er­greift ihn von Neu­em das Be­dürf­niß, wie den Künst­ler zum Schaf­fen das Be­dürf­niß zwingt. Nicht Fre­vel­muth, son­dern der im­mer neu er­wa­chen­de Spiel­trieb ruft and­re Wel­ten in’s Le­ben. Das Kind wirft ein­mal das Spiel­zeug weg: bald aber fängt es wie­der an, in un­schul­di­ger Lau­ne. So­bald es aber СКАЧАТЬ