Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше страница 144

СКАЧАТЬ Wild­niß flüch­tet – dort­hin wo er se­hen darf, was Jene nie se­hen wer­den, wo er hö­ren muß, was aus al­len Tie­fen der Na­tur und von den Ster­nen her zu ihm tönt. Hier be­re­det er sich mit den an ihn her­an­schwe­ben­den großen Pro­ble­men, de­ren Stim­men frei­lich eben­so un­ge­müth­lich-furcht­bar, als un­his­to­risch-ewig er­klin­gen. Der Weich­li­che flieht vor ih­rem, kal­ten Athem zu­rück, und der Rech­nen­de läuft durch sie hin­durch, ohne sie zu spü­ren. Am schlimms­ten aber er­geht es mit ih­nen dem »Ge­bil­de­ten«, der sich mit­un­ter in sei­ner Art ernst­li­che Mühe um sie giebt. Für ihn ver­wan­deln sich die­se Ge­s­pens­ter in Be­griffs­ge­spinns­te und hoh­le Klang­fi­gu­ren. Nach ih­nen grei­fend wähnt er die Phi­lo­so­phie zu ha­ben, nach ih­nen zu su­chen klet­tert er an der so­ge­nann­ten Ge­schich­te der Phi­lo­so­phie her­um – und wenn er sich end­lich eine gan­ze Wol­ke von sol­chen Abstrak­tio­nen und Scha­blo­nen zu­sam­men­ge­sucht und auf­get­hürmt hat, so mag es ihm be­geg­nen, daß ein wah­rer Den­ker ihm in den Weg tritt und sie – weg­bläst. Verzwei­fel­te Un­ge­le­gen­heit, sich als »Ge­bil­de­ter« mit Phi­lo­so­phie zu be­fas­sen! Von Zeit zu Zeit scheint es ihm zwar, als ob die un­mög­li­che Ver­bin­dung der Phi­lo­so­phie mit Dem, was sich jetzt als »deut­sche Cul­tur« brüs­tet, mög­lich ge­wor­den sei; ir­gend ein Zwit­ter­ge­schöpf tän­delt und lieb­äu­gelt zwi­schen bei­den Sphä­ren her­um und ver­wirrt hü­ben und drü­ben die Phan­ta­sie, Einst­wei­len ist aber den Deut­schen, wenn sie sich nicht ver­wir­ren las­sen wol­len, ein Rath zu ge­ben. Sie mö­gen bei Al­lem, was sie jetzt »Bil­dung« nen­nen, sich fra­gen: ist dies die er­hoff­te deut­sche Cul­tur, so ernst und schöp­fe­risch, so er­lö­send für den deut­schen Geist, so rei­ni­gend für die deut­schen Tu­gen­den, daß sich ihr ein­zi­ger Phi­lo­soph in die­sem Jahr­hun­dert, Ar­thur Scho­pen­hau­er, zu ihr be­ken­nen müß­te?

      Hier habt ihr den Phi­lo­so­phen – nun sucht die zu ihm ge­hö­ri­ge Cul­tur! Und wenn ihr ah­nen könnt, was das für eine Cul­tur sein müß­te, die ei­nem sol­chen Phi­lo­so­phen ent­sprä­che, nun, so habt ihr, in die­ser Ah­nung, be­reits über alle eure Bil­dung und über euch selbst – ge­rich­tet! –

      (1873.)

      Vorwort.

      (Ver­mut­lich 1874.)

      Bei fern ste­hen­den Men­schen ge­nügt es uns, ihre Zie­le zu wis­sen, um sie im Gan­zen zu bil­li­gen oder zu ver­wer­fen. Bei nä­her ste­hen­den urt­hei­len wir nach den Mit­teln, mit de­nen sie ihre Zie­le för­dern: oft miß­bil­li­gen wir ihre Zie­le, lie­ben sie aber we­gen der Mit­tel und der Art ih­res Wol­lens. Nun sind phi­lo­so­phi­sche Sys­te­me nur für ihre Grün­der ganz wahr: für alle spä­te­ren Phi­lo­so­phen ge­wöhn­lich ein großer Feh­ler, für die schwä­che­ren Köp­fe eine Sum­me von Feh­lern und Wahr­hei­ten, als höchs­tes Ziel je­den­falls aber ein Irr­thum, in­so­fern ver­werf­lich. Des­halb miß­bil­li­gen vie­le Men­schen je­den Phi­lo­so­phen, weil sein Ziel nicht das Ihre ist; es sind die fer­ner ste­hen­den. Wer da­ge­gen an großen Men­schen über­haupt sei­ne Freu­de hat, hat auch sei­ne Freu­de an sol­chen Sys­te­men, sei­en sie auch ganz irr­t­hüm­lich: sie ha­ben doch einen Punkt an sich, der ganz un­wi­der­leg­lich ist, eine per­sön­li­che Stim­mung, Far­be; man kann sie be­nut­zen, um das Bild des Phi­lo­so­phen zu ge­win­nen: wie man vom Ge­wächs an ei­nem Orte auf den Bo­den schlie­ßen kann. Die Art zu le­ben und die mensch­li­chen Din­ge an­zu­sehn ist je­den­falls ein­mal da­ge­we­sen und also mög­lich: das »Sys­tem« ist das Ge­wächs die­ses Bo­dens, oder we­nigs­tens ein Theil die­ses Sys­tems – –

      Ich er­zäh­le die Ge­schich­te je­ner Phi­lo­so­phen ver­ein­facht: ich will nur den Punkt aus je­dem Sys­tem her­aus­he­ben, der ein Stück Per­sön­lich­keit ist und zu je­nem Un­wi­der­leg­li­chen, Un­dis­ku­tir­ba­ren ge­hört, das die Ge­schich­te auf­zu­be­wah­ren hat: es ist ein An­fang, um jene Na­tu­ren durch Ver­glei­chung wie­der­zu­ge­win­nen und nach­zu­schaf­fen und die Po­ly­pho­nie der grie­chi­schen Na­tur end­lich ein­mal wie­der­er­klin­gen zu las­sen: die Auf­ga­be ist, Das an’s Licht zu brin­gen, was wir im­mer lie­ben und ver­eh­ren müs­sen und was uns durch kei­ne spä­te­re Er­kennt­niß ge­raubt wer­den kann: der große Mensch.

      Späteres Vorwort.

      (Ge­gen Ende 1879.)

      Die­ser Ver­such, die Ge­schich­te der äl­te­ren grie­chi­schen Phi­lo­so­phen zu er­zäh­len, un­ter­schei­det sich von ähn­li­chen Ver­su­chen durch die Kür­ze. Die­se ist da­durch er­reicht wor­den, daß bei je­dem Phi­lo­so­phen nur eine ganz ge­rin­ge An­zahl sei­ner Leh­ren er­wähnt wur­de, also durch Un­voll­stän­dig­keit. Es sind aber die Leh­ren aus­ge­wählt wor­den, in de­nen das Per­sön­li­che ei­nes Phi­lo­so­phen am Stärks­ten nach­klingt, wäh­rend eine voll­stän­di­ge Auf­zäh­lung al­ler mög­li­chen über­lie­fer­ten Lehr­sät­ze, wie sie in den Hand­bü­chern Sit­te ist, je­den­falls Eins zu Wege bringt, das völ­li­ge Ver­stum­men des Per­sön­li­chen. Da­durch wer­den jene Be­rich­te so lang­wei­lig: denn an Sys­te­men, die wi­der­legt sind, kann uns eben nur noch das Per­sön­li­che in­ter­es­si­ren, denn dies ist das ewig Un­wi­der­leg­ba­re. Aus drei An­ek­do­ten ist es mög­lich, das Bild ei­nes Men­schen zu ge­ben; ich ver­su­che es, aus je­dem Sys­te­me drei An­ek­do­ten her­aus­zu­he­ben, und gebe das Üb­ri­ge preis.

      1.

      Es giebt Geg­ner der Phi­lo­so­phie: und man thut wohl auf sie zu hö­ren, son­der­lich wenn sie den er­tränk­ten Köp­fen der Deut­schen die Me­ta­phy­sik wi­der­rat­hen, ih­nen aber Rei­ni­gung durch die Phy­sis, wie Goe­the, oder Hei­lung durch die Mu­sik, wie Richard Wa­gner, pre­di­gen. Die Ärz­te des Vol­kes ver­wer­fen die Phi­lo­so­phie; wer die­se also recht­fer­ti­gen will, mag zei­gen, wozu die ge­sun­den Völ­ker die Phi­lo­so­phie brau­chen und ge­braucht ha­ben. Vi­el­leicht ge­win­nen, falls er dies zei­gen kann, selbst die Kran­ken die er­sprieß­li­che Ein­sicht, warum ge­ra­de ih­nen die­sel­be schäd­lich sei. Es giebt zwar gute Bei­spie­le ei­ner Ge­sund­heit, die ganz ohne Phi­lo­so­phie oder bei ei­nem ganz mä­ßi­gen, fast spie­le­ri­schen Ge­brau­che der­sel­ben be­ste­hen kann; so leb­ten die Rö­mer in ih­rer bes­ten Zeit ohne Phi­lo­so­phie. Aber wo fän­de sich das Bei­spiel der Er­kran­kung ei­nes Vol­kes, dem die Phi­lo­so­phie die ver­lor­ne Ge­sund­heit wie­der­ge­ge­ben hät­te? Wenn sie je hel­fend, ret­tend, vor­schüt­zend sich äu­ßer­te, dann war es bei Ge­sun­den, die Kran­ken mach­te sie stets noch krän­ker. War je ein Volk zer­fa­sert und in schlaf­fer Span­nung mit sei­nen Ein­zel­nen ver­bun­den, nie hat die Phi­lo­so­phie die­se Ein­zel­nen en­ger an das Gan­ze zu­rück­ge­knüpft. War je Ei­ner ge­willt ab­seits zu ste­hen und um sich den Zaun der Selbst­ge­nug­sam­keit zu zie­hen, im­mer war die Phi­lo­so­phie be­reit, ihn noch mehr zu iso­li­ren und durch Iso­la­ti­on zu zer­stö­ren. Sie ist ge­fähr­lich, wo sie nicht in ih­rem vol­len Rech­te ist: und nur die Ge­sund­heit ei­nes Vol­kes, aber auch nicht je­des Vol­kes, giebt ihr die­ses СКАЧАТЬ