Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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СКАЧАТЬ un­se­rer Uni­ver­si­tä­ten an­ge­reizt: wes­halb ich mich längst ge­wöhnt habe, eine sol­che Wis­sen­schaft als Ab­zwei­gung der Phi­lo­lo­gie zu be­trach­ten und ihre Ver­tre­ter dar­nach ab­zu­schät­zen, ob sie gute Phi­lo­lo­gen sind oder nicht. Dem­nach ist nun frei­lich die Phi­lo­so­phie selbst von der Uni­ver­si­tät ver­bannt: wo­mit uns­re ers­te Fra­ge nach dem Bil­dungs­werth der Uni­ver­si­tä­ten be­ant­wor­tet ist.

      Wie die­se sel­be Uni­ver­si­tät zur Kunst sich ver­hält, ist ohne Scham gar nicht ein­zu­ge­ste­hen: sie ver­hält sich gar nicht. Von ei­nem künst­le­ri­schen Den­ken, Ler­nen, Stre­ben, Ver­glei­chen ist hier nicht ein­mal eine An­deu­tung zu fin­den, und gar von ei­nem Vo­tum der Uni­ver­si­tät zur För­de­rung der wich­tigs­ten na­tio­na­len Kunst­plä­ne wird Nie­mand im Erns­te re­den mö­gen. Ob der ein­zel­ne Leh­rer sich zu­fäl­lig per­sön­li­cher zur Kunst ge­stellt fühlt oder ob ein Lehr­stuhl für äs­the­ti­si­ren­de Lit­te­rar­his­to­ri­ker ge­grün­det ist, kommt hier­bei gar nicht in Be­tracht: son­dern daß die Uni­ver­si­tät als Gan­zes nicht im Stan­de ist, den aka­de­mi­schen Jüng­ling in stren­ger künst­le­ri­scher Zucht zu hal­ten, und daß sie hier gänz­lich wil­len­los ge­sche­hen läßt, was ge­schieht, dar­in liegt eine so schnei­di­ge Kri­tik ih­res an­maß­li­chen An­spruchs, die höchs­te Bil­dungs­an­stalt ver­tre­ten zu wol­len.

      Ohne Phi­lo­so­phie, ohne Kunst le­ben un­se­re aka­de­mi­schen »Selb­stän­di­gen« her­an: was kön­nen sie dem­nach für ein Be­dürf­niß ha­ben, sich mit den Grie­chen und Rö­mern ein­zu­las­sen, zu de­nen eine Nei­gung zu er­heu­cheln jetzt Nie­mand mehr einen Grund hat und die über­dies in schwer zu­gäng­li­cher Ein­sam­keit und ma­je­stä­ti­scher Ent­frem­dung thro­nen. Die Uni­ver­si­tä­ten un­se­rer Ge­gen­wart neh­men des­halb auch con­se­quen­ter Wei­se auf sol­che ganz er­stor­be­ne Bil­dungs­nei­gun­gen gar kei­ne Rück­sicht und er­rich­ten ihre phi­lo­lo­gi­schen Pro­fes­su­ren für die Er­zie­hung neu­er ex­clu­si­ver Phi­lo­lo­gen­ge­ne­ra­tio­nen, de­nen nun wie­der die phi­lo­lo­gi­sche Zu­rich­tung der Gym­na­sias­ten ob­liegt: ein Kreis­lauf des Ge­bens, der we­der den Phi­lo­lo­gen noch den Gym­na­si­en zu Gute kommt, der aber vor Al­lem die Uni­ver­si­tät zum drit­ten Male be­zich­tigt, nicht Das zu sein, wo­für sie sich prun­ken­der Wei­se gern aus­ge­ben möch­te – eine Bil­dungs­an­stalt. Denn nehmt nur die Grie­chen, sammt der Phi­lo­so­phie und der Kunst weg: an wel­cher Lei­ter wollt ihr noch zur Bil­dung em­por­stei­gen? Denn bei dem Ver­su­che, die Lei­ter ohne jene Hül­fe zu er­klim­men, möch­te euch eure Ge­lehr­sam­keit – das müßt ihr euch schon sa­gen las­sen – viel­mehr als eine un­behül­f­li­che Last auf dem Na­cken sit­zen, als daß sie euch be­flü­gel­te und em­por­zö­ge.

      Wenn ihr nun, ihr Ehr­li­chen, auf die­sen drei Stu­fen der Ein­sicht ehr­lich ge­blie­ben seid und den jet­zi­gen Stu­den­ten als un­ge­eig­net und un­vor­be­rei­tet für Phi­lo­so­phie, als in­stinkt­los für wah­re Kunst und als frei sich dün­ken­den Bar­ba­ren, an­ge­sichts der Grie­chen, er­kannt habt, so wer­det ihr doch nicht be­lei­digt vor ihm zu­rück­fliehn, wenn ihr auch viel­leicht zu nahe Berüh­run­gen ger­ne ver­hü­ten möch­tet. – Denn so wie er ist, ist er un­schul­dig: so wie ihr ihn er­kannt habt, klagt er stumm, doch fürch­ter­lich die Schul­di­gen an.

      Ihr müß­tet die ge­hei­me Spra­che ver­ste­hen, die die­ser ver­schul­det Un­schul­di­ge vor sich selbst führt: dann wür­det ihr auch das in­ne­re We­sen je­ner nach au­ßen hin gern zur Schau ge­trag­nen Selb­stän­dig­keit ver­ste­hen ler­nen. Kei­nem der ed­ler aus­ge­rüs­te­ten Jüng­lin­ge ist jene rast­lo­se, er­mü­den­de ver­wir­ren­de ent­ner­ven­de Bil­dungs­noth fer­ne ge­blie­ben: für jene Zeit, in der er schein­bar der ein­zig Freie in ei­ner be­am­te­ten und be­diens­te­ten Wirk­lich­keit ist, büßt er jene groß­ar­ti­ge Il­lu­si­on der Frei­heit durch im­mer sich er­neu­ern­de Qua­len und Zwei­fel. Er fühlt, daß er sich selbst nicht füh­ren, sich selbst nicht hel­fen kann: dann taucht er sich hoff­nungs­arm in die Welt des Ta­ges und der Ta­ges­ar­beit: die tri­vi­als­te Ge­schäf­tig­keit um­hüllt ihn, schlaff sin­ken sei­ne Glie­der. Plötz­lich wie­der rafft er sich auf: noch fühlt er die Kraft nicht er­lahmt, die ihn oben zu hal­ten ver­mag. Stol­ze und edle Ent­schlüs­se bil­den sich und wach­sen in ihm. Es er­schreckt ihn, in en­ger klein­li­cher Fach­mä­ßig­keit so frü­he zu ver­sin­ken; und nun greift er nach Stüt­zen und Pfei­lern, um nicht in jene Bahn ge­ris­sen zu wer­den. Um­sonst! die­se Stüt­zen wei­chen; denn er hat­te fehl­ge­grif­fen und an zer­brech­li­chem Roh­re sich fest­ge­hal­ten. In lee­rer und trost­lo­ser Stim­mung sieht er sei­ne Plä­ne ver­rau­chen: sein Zu­stand ist ab­scheu­lich und un­wür­dig: er wech­selt mit über­spann­ter Thä­tig­keit und me­lan­cho­li­scher Er­schlaf­fung. Dann ist er müde, faul, furcht­sam vor der Ar­beit, vor al­lem Gro­ßen er­schre­ckend und im Has­se ge­gen sich selbst. Er zer­glie­dert sei­ne Fä­hig­kei­ten und glaubt in hoh­le oder chao­tisch aus­ge­füll­te Räu­me zu se­hen. Dann wie­der stürzt er aus der Höhe der er­träum­ten Selbs­t­er­kennt­nis; in eine iro­ni­sche Skep­sis. Er ent­klei­det sei­ne Kämp­fe ih­rer Wich­tig­keit und fühlt sich be­reit zu je­der wirk­li­chen, wenn auch nied­ri­gen Nütz­lich­keit. Er sucht jetzt sei­nen Trost in ei­nem has­ti­gen un­abläs­si­gen Thun, um sich un­ter ihm vor sich selbst zu ver­ste­cken. Und so treibt ihn sei­ne Rath­lo­sig­keit und der Man­gel ei­nes Füh­rers zur Bil­dung aus ei­ner Da­seins­form in die and­re: Zwei­fel, Auf­schwung, Le­bens­noth, Hoff­nung, Ver­za­gen, Al­les wirft ihn hin und her, zum Zei­chen, daß alle Ster­ne über ihm er­lo­schen sind, nach de­nen er sein Schiff len­ken konn­te.

      Das ist das Bild je­ner ge­rühm­ten Selb­stän­dig­keit, je­ner aka­de­mi­schen Frei­heit, wie­der­ge­spie­gelt in den bes­ten und wahr­haft bil­dungs­be­dürf­ti­gen See­len: de­nen ge­gen­über jene ro­he­ren und un­be­küm­mer­ten Na­tu­ren nicht in Be­tracht kom­men, wel­che sich ih­rer Frei­heit im bar­ba­ri­schen Sin­ne freu­en. Denn die­se zei­gen in ih­rem nied­rig ge­ar­te­ten Be­ha­gen und in ih­rer fach­ge­mä­ßen zei­ti­gen Be­schränkt­heit, daß für sie ge­ra­de die­ses Ele­ment das Rech­te ist: wo­ge­gen gar nichts zu sa­gen ist. Ihr Be­ha­gen aber wiegt wahr­haf­tig nicht das Lei­den ei­nes ein­zi­gen zur Cul­tur hin­ge­trie­be­nen und der Füh­rung be­dürf­ti­gen Jüng­lings auf, der un­muthig end­lich die Zü­gel fal­len läßt und sich selbst zu ver­ach­ten be­ginnt. Dies ist der schuld­los un­schul­di­ge: denn wer hat ihm die un­er­träg­li­che Last auf­ge­bür­det, al­lein zu ste­hen? Wer hat ihn in ei­nem Al­ter zur Selb­stän­dig­keit an­ge­reizt, in dem Hin­ge­bung an große Füh­rer und be­geis­ter­tes Nach­wan­deln auf der Bahn des Meis­ters gleich­sam die na­tür­li­chen und nächs­ten Be­dürf­nis­se zu sein pfle­gen?

      Es hat et­was Un­heim­li­ches, den Wir­kun­gen nach­zu­den­ken, zu de­nen die ge­walt­sa­me Un­ter­drückung so ed­ler Be­dürf­nis­se füh­ren muß. Wer die ge­fähr­lichs­ten För­de­rer und Freun­de je­ner von mir so ge­haß­ten Pseu­do­cul­tur der Ge­gen­wart in der Nähe und mit durch­drin­gen­dem Auge mus­tert, fin­det nur zu häu­fig ge­ra­de un­ter ih­nen sol­che ent­ar­te­te und ent­gleis­te Bil­dungs­men­schen, durch eine in­ne­re De­s­pe­ra­ti­on in ein feind­se­li­ges Wüthen ge­gen die Cul­tur ge­trie­ben, zu der ih­nen Nie­mand СКАЧАТЬ