Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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СКАЧАТЬ »Du lügst«! Hef­ti­ge Ent­geg­nung des Phi­lo­so­phen. Un­ter­schied von Deutsch und Af­ter­deutsch: Hast, Un­rei­fe, der Jour­na­list, ge­bil­de­te Vor­trä­ge, kei­ne Ge­sell­schaft, Hoff­nung auf Na­tur­wis­sen­schaft. Die Be­deu­tung der Ge­schich­te. Höh­ni­sches Sie­ges­be­wußt­sein – wir die Sie­ger, uns dient alle Er­zie­hung, jede na­tio­na­le Er­re­gung dient uns (Uni­ver­si­tät Straß­burg). Hohn auf Schil­ler-Goe­the-Zeit.

      Pro­test ge­gen die­se Aus­nut­zung großer na­tio­na­ler Er­re­gun­gen: kei­ne neu­en Uni­ver­si­tä­ten. Je mehr aber je­ner Geist über­hand­nimmt und die ein­bre­chen­de Bar­ba­rei, um so si­che­rer wer­den die kräf­tigs­ten Na­tu­ren bei Sei­te ge­drängt, zur Ve­rei­ni­gung ge­zwun­gen. Ge­fahr der Ve­rein­ze­lung gren­zen­los. Schil­de­rung der Zu­kunft die­ser Ve­rei­ni­gung. Schwe­rer Seuf­zer; wo­her Aus­gangs­punkt? Ge­bet um einen Keim der Ret­tung. Hin­deu­tung auf die neue Kunst.

      Der Holz­stoß bricht zu­sam­men. Er ruft: »Heil die­sen Wün­schen!« Mit­ter­nachts­glo­cke.

      Ge­gen­ant­wort: »Fluch die­sen Wün­schen.«

      Höh­ni­sches Ab­zie­hen der Stu­den­ten: pe­r­eat dia­bo­lus at­que ir­ri­so­res.

      Schmerz­li­cher Ver­zicht auf den al­ten Freund.

      Wir sind er­schüt­tert und be­schämt.

      Vor­re­de zu ei­nem un­ge­schrie­be­nen Buch.

       (1872.)

      Im lie­ben nie­der­träch­ti­gen Deutsch­land liegt jetzt die Bil­dung so ver­kom­men auf den Stra­ßen, re­giert die Scheel­sucht auf al­les Gro­ße so scham­los und tönt der all­ge­mei­ne Tu­mult der zum »Glücke« Ren­nen­den so ohr­be­täu­bend, daß man einen star­ken Glau­ben, fast im Sin­ne des cre­do quia ab­sur­dum est, ha­ben muß, um hier auf eine wer­den­de Cul­tur doch noch hof­fen und vor Al­lem für die­sel­be – öf­fent­lich leh­rend, im Ge­gen­sat­ze zu der »öf­fent­lich mei­nen­den« Pres­se – ar­bei­ten zu kön­nen. Mit Ge­walt müs­sen Die, de­nen die un­s­terb­li­che Sor­ge um das Volk am Her­zen liegt, sich von den auf sie ein­stür­men­den Ein­drücken des ge­ra­de jetzt Ge­gen­wär­ti­gen und Gel­ten­den be­frei­en und den Schein er­re­gen, als ob sie das­sel­be den gleich­gül­ti­gen Din­gen zu­rech­ne­ten. Sie müs­sen so schei­nen, weil sie den­ken wol­len, und weil ein wi­der­li­cher An­blick und ein ver­wor­re­ner, wohl gar mit den Trom­pe­ten­stö­ßen des Kriegs­ruhms ge­misch­ter Lärm ihr Den­ken stört, vor Al­lem aber, weil sie an das Deut­sche glau­ben wol­len und mit die­sem Glau­ben ihre Kraft ver­lie­ren wür­den. Verargt es die­sen Gläu­bi­gen nicht, wenn sie sehr aus der Ent­fer­nung und von oben her­ab nach dem Lan­de ih­rer Ver­hei­ßun­gen hin­schau­en! Sie scheu­en sich vor den Er­fah­run­gen, de­nen der wohl­wol­len­de Aus­län­der sich preis­giebt, wenn er jetzt un­ter Deut­schen lebt und sich ver­wun­dern muß, wie we­nig das deut­sche Le­ben je­nen großen In­di­vi­du­en, Wer­ken und Hand­lun­gen ent­spricht, die er, in sei­nem Wohl­wol­len, als das ei­gent­lich Deut­sche zu ver­eh­ren ge­lernt hat. Wo sich der Deut­sche nicht in’s Gro­ße er­he­ben kann, macht er einen we­ni­ger als mit­tel­mä­ßi­gen Ein­druck. Selbst die be­rühm­te deut­sche Wis­sen­schaft, in der eine An­zahl der nütz­lichs­ten häus­li­chen und fa­mi­li­en­haf­ten Tu­gen­den, Treue, Selbst­be­schrän­kung, Fleiß, Be­schei­den­heit, Rein­lich­keit, in eine freie­re Luft ver­setzt und gleich­sam ver­klärt er­scheint, ist doch kei­nes­wegs das Re­sul­tat die­ser Tu­gen­den; aus der Nähe be­trach­tet sieht das zu un­be­schränk­tem Er­ken­nen an­trei­ben­de Mo­tiv in Deutsch­land ei­nem Man­gel, ei­nem De­fek­te, ei­ner Lücke viel ähn­li­cher als ei­nem Über­fluß von Kräf­ten, fast wie die Fol­ge ei­nes dürf­ti­gen form­lo­sen un­le­ben­di­gen Le­bens und selbst wie eine Flucht vor der mo­ra­li­schen Klein­lich­keit und Bos­heit, de­nen der Deut­sche, ohne sol­che Ablei­tun­gen, un­ter­wor­fen ist, und die auch, trotz der Wis­sen­schaft, ja noch in der Wis­sen­schaft des öf­te­ren her­vor­bre­chen. Auf die Be­schränkt­heit, im Le­ben, Er­ken­nen und Beurt­hei­len, ver­ste­hen sich die Deut­schen als wah­re Vir­tuo­sen des Phi­lis­ter­haf­ten; will sie Ei­ner über sie hin­aus in’s Er­ha­be­ne tra­gen, so ma­chen sie sich schwer wie Blei, und als sol­che Blei­ge­wich­te hän­gen sie an ih­ren wahr­haft Gro­ßen, um die­se aus dem Äther zu sich und zu ih­rer dürf­ti­gen Be­dürf­tig­keit her­ab­zu­zie­hen. Vi­el­leicht mag die­se Phi­lis­ter-Ge­müth­lich­keit nur Ent­ar­tung ei­ner äch­ten deut­schen Tu­gend sein – ei­ner in­ni­gen Ver­sen­kung in das Ein­zel­ne, Klei­ne, Nächs­te und in die Mys­te­ri­en des In­di­vi­du­ums – aber die­se ver­schim­mel­te Tu­gend ist jetzt schlim­mer als das of­fen­bars­te Las­ter; be­son­ders seit­dem man sich nun gar die­ser Ei­gen­schaft, bis zur lit­te­ra­ri­schen Selbst­glo­ri­fi­ka­ti­on, von Her­zen froh be­wußt ge­wor­den ist. Jetzt schüt­teln sich die » Ge­bil­de­ten«, un­ter den be­kannt­lich so cul­ti­vir­ten Deut­schen, und die » Phi­lis­ter«, un­ter den be­kannt­lich so un­cul­ti­vir­ten Deut­schen, öf­fent­lich die Hän­de und tref­fen eine Ab­re­de mit ein­an­der, wie man für­der­hin schrei­ben, dich­ten, ma­len, mu­si­ci­ren und selbst Phi­lo­so­phi­ren, ja re­gie­ren müs­se, um we­der der »Bil­dung« des Ei­nen zu fer­ne zu ste­hen, noch der »Ge­müth­lich­keit« des An­dern zu nahe zu tre­ten. Dies nennt man jetzt »die deut­sche Cul­tur der Jetzt­zeit«; wo­bei nur noch zu er­fra­gen wäre, an wel­chem Merk­ma­le je­ner »Ge­bil­de­te« zu er­ken­nen ist, nach­dem wir wis­sen, daß sein Milch­bru­der, der deut­sche Phi­lis­ter, sich jetzt selbst, ohne Ver­schämt­heit, gleich­sam nach ver­lor­ner Un­schuld, al­ler Welt als sol­chen zu er­ken­nen giebt.

      Der Ge­bil­de­te ist jetzt vor Al­lem his­to­risch ge­bil­det: durch sein his­to­ri­sches Be­wußt­sein ret­tet er sich vor dem Er­ha­be­nen; was dem Phi­lis­ter durch sei­ne »Ge­müth­lich­keit« ge­lingt. Nicht mehr der En­thu­si­as­mus, den die Ge­schich­te er­regt – wie doch Goe­the ver­mei­nen durf­te – son­dern ge­ra­de die Ab­stump­fung al­les En­thu­si­as­mus ist jetzt das Ziel die­ser Be­wun­de­rer des nil ad­mi­ra­ri, wenn sie Al­les his­to­risch zu be­grei­fen su­chen; ih­nen müß­te man aber zu­ru­fen: »Ihr seid die Nar­ren al­ler Jahr­hun­der­te! Die Ge­schich­te wird euch nur die Be­kennt­nis­se ma­chen, die eu­rer wür­dig sind! Die Welt ist zu al­len Zei­ten voll von Tri­via­li­tä­ten und Nich­tig­kei­ten ge­we­sen: eu­rem his­to­ri­schen Ge­lüs­te ent­schlei­ern sich eben die­se und ge­ra­de nur die­se. Ihr könnt zu Tau­sen­den über eine Epo­che her­fal­len – ihr wer­det nach­her hun­gern wie zu­vor und euch eu­rer Art an­ge­hun­ger­ter Ge­sund­heit rüh­men dür­fen. Il­lam ip­sam quam iac­tant sa­ni­ta­tem non fir­mi­ta­te sed iei­u­nio con­se­quun­tur. (Dia­lo­gus de ora­to­ri­bus cap. 25). Al­les We­sent­li­che hat euch die Ge­schich­te nicht sa­gen mö­gen, son­dern höh­nend und un­sicht­bar stand sie ne­ben euch, Dem eine Staats­ak­ti­on, Je­nem einen Ge­sandt­schafts­be­richt, ei­nem An­dern eine Jah­res­zahl oder eine Ety­mo­lo­gie oder ein prag­ma­ti­sches Spin­nen­ge­we­be in die Hand drückend. Glaubt ihr wirk­lich, die Ge­schich­te zu­sam­men­rech­nen СКАЧАТЬ