Der Ochsenkrieg. Ludwig Ganghofer
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Название: Der Ochsenkrieg

Автор: Ludwig Ganghofer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ heraus. Er lief, daß ihm die Menschen auf der Straße verwundert nachsahen. In den Flur des elterlichen Hauses stürmend, schrie er den Namen des Stallknechtes. Und weil sich der Knecht nicht sehen ließ, sprang Lampert selbst in den Stall und sattelte in Hast den Moorle.

      Für einen Ritt war Lampert nicht gekleidet. Er kam von einer Reverenzvisite bei seinem fürstlichen Herrn und trug ein kostbares Hofkleid, mit einem zierlichen Dolch am Gürtel. Von seiner Mardermütze hing rückwärts eine goldfarbene Seidenschärpe herunter und schwang sich unter dem linken Arme bis zur Brust.

      Mit diesem feinen Kleide stapfte Lampert aufgeregt im Dünger des Stalles umher. Er fluchte, als der Pongauer beim Zäumen nicht gleich die Zähne auseinandertat. Schon im Hofe schwang sich Lampert auf den Gaul hinauf und ließ ihn über das Holzpflaster des Flures hinauspoltern auf die Straße.

      Die Tür der Amtsstube wurde aufgerissen, und Herr Someiner erschien, mit dem Gänsefähnlein hinter dem Ohr. »Was soll denn das, Bub? Was willst du?«

      Lampert war schon draußen im Licht, und nur der lange, buschige Schweif des Moorle wehte dem Amtmann noch eine unverständliche Antwort zu.

      Jagende Schritte, ein stammelnder Laut. Und aus dem dunklen Treppenschachte fuhr die weiße Frau Marianne heraus. »Ruppert! Das ist doch der Bub gewesen?«

      »Mir scheint —«

      Die beiden rannten auf die Straße hinaus. Dem Amtmann stieg das Blut zu Kopf, und ein deutliches Unbehagen redete aus seinen verdutzten Augen. Frau Marianne rief mit schriller Stimme: »Lampert! Lampert!« Aber der Reiter, der den Moorle trotz des löcherigen Pflasters zum Jagen zwang, verschwand schon um die Wende der Marktgasse. »Lampert!« klang noch ein drittes. Mal der schrille, angstvolle Ruf.

      Ein Gewirr von Stimmen quoll vom Hirschgraben her. Die fleißige Annasusanne brüllte wieder, und während das Echo des Schusses über die in Sonne flimmernden Berge hinrollte, grub sich in das Herz der Frau Marianne eine bange Muttersorge, von der sie durch fünfzehn Monate nimmer erlöst werden sollte.

      Auf den Moorle, der an den letzten Häusern von Berchtesgaden schon vorbei war, hatte das Gebrüll der Kammerbüchse wie ein Peitschenschlag gewirkt. Der Rappe hämmerte mit den Hufen, daß eine wehende Staubwolke um ihn herum war. Roß und Reiter wurden grau. Nur die wehende Schärpe behielt noch ihre Farbe und war hinter dem Reiter vom Luftzug des jagenden Rittes zu einem Halbreif ausgebogen, wie der goldene Henkel hinter einem silbernen Krug.

      Dann schlug auf der hochliegenden Straße der Wind um und wehte den aufgewirbelten Staub vor dem jagenden Rosse her. Lampert, ganz eingehüllt in dieses dampfende Grau, sah nimmer auf zehn Schotte weit. Ein Hornruf, den er plötzlich hörte, verriet ihm, wie weit er in der Stunde dieses hetzenden Rittes schon gekommen: bis zum Burgstall am Gwöhr, einem Innenwerke der Befestigungen, mit denen der Hallturm die Berchtesgadnische Grenze gegen Reichenhall und das Landshutische Bayern schützte.

      Den Pongauer parierend, schüttelte Lampen den Staub vom Gesicht und streifte ihn von den Augenlidern. Und als die graue Wolke davondampfte, stieg aus ihrem Schleier ein wundervolles Bild heraus. Keine Burg. Nur eine Mauthalle, ein kleiner Turm und ein schlechtes Haus hinter grob geschichtetem Gemäuer. Aber die Sonne vergoldete das alles, und hinter dem leuchtenden Schlößlein glänzte der Sammet hundertjähriger Wälder und die träumende Ferne der ins Blau gehobenen Berge.

      Ein paar Söldner, deren Waffen in der Sonne blitzten, guckten aus den Scharten des Turmes herunter und erkannten den jungen Someiner.

      Er schrie hinauf: »Sind acht von den unseren da vorbeigekommen?«

      »Wohl, Herr, die sind über den Saurüssel aufgestiegen, ein Stündl mag’s her sein.«

      »Die muß ich einholen!«

      Noch eine kleine Strecke ging der Ritt auf der Straße hin. Nun klomm der Rappe über das steile Gehäng einer Wiesenschlucht hinunter und drüben wieder hinauf, er keuchte, immer steiler ging es bergan, auf groben Wegen, durch Bachschluchten und dichten Hochwald. Auf einer ebenen Höhe mußte Lambert den Gaul rasten lassen. Und der Reiter, dessen Blicke immer suchten, sah hoch drohen über dem Bergwald die acht Pfändleute auf steiler Windbruchfläche hinaufklettern gegen den Hängmooser Paß, zwei, die ihre Rosse führten, zwei unberittene Spießknechte und vier Troßbuben.

      Lampert tat einen Schrei, der ihm die Stimme zerriß.

      Die acht da droben hörten nicht, der Lärm ihres Marsches über das dürre Astwerk erstickte jeden Laut der Tiefe. Sie stiegen höher und hoher. Jetzt kamen sie zu dem grasigen Paßweg.

      Die beiden Reiter konnten wieder aufsitzen, und so zogen die acht in den von Sonnenlichtern durchfunkelten Wald hinein.

      Marimpfel, der die Wege seiner Heimat kannte, ritt voraus. Plötzlich verhielt er den Gaul, hob sich im Sattel und spähte in den Wald. Rannte da nicht ein Bauernbub?

      »Halt!« brüllte Marimpfel.

      Doch der Bub hetzte durch den Wald hinunter gegen die Hängmooser Schlucht und suchte Wege, wo kein Reiter ihm folgen konnte. Jetzt sah er einen grünen Fleck der Alm. Wie ein blinkender Erzwürfel lag die Hütte in der Mittagssonne. Taumelnd klammerte sich der Bub an einen Baum und schickte einen gellenden Schrei zur Hütte hinauf — und wieder einen — wieder einen. Dann rannte er in die Schlucht hinunter, dem Taubenseer Karrenweg entgegen. Von den Gratwänden kam ein vielfaches Echo der gellenden Schreie. Es klang, als säßen rings um die Alm herum die Hüterbuben dutzendweise, und als kreischte jeder von ihnen einen Jauchzer in die schöne, friedliche Sonne.

      Jula stand vor der Hütte. Noch immer war sie des Glaubens gewesen: Die Pfändleute kommen nicht, das ist Unrecht, und das dürfen sie nicht tun!

      Nun hörte sie den Buben schreien. Und wie Trauer war es in ihrem Blick, als sie hinunterspähte gegen den Wald und dann hinübersah zu dem von Sonne glitzernden Sumpfgewässer und zu der kleinen, grünschopfigen Insel, von der sie einen Sattel auf sicheren Boden getragen hatte.

      »Komm«, sagte sie zum Jungknecht Heiner, den ihr der Vater am Morgen heraufgeschickt hatte, »wir treiben die Küh zum Käser her, daß sich das Unrecht nimmer plagen muß.« Sie zog die Schuhe an und knüpfte mit zitternden Händen die Riemen.

      Heiner fluchte und schalt. In seinem Zorn wider die Herren schlug er mit dem Stecken auch auf die Kühe los.

      »Tu nit so grob! Das Vieh kann nit dafür, daß die Menschenleut nit anders sind.«

      Jetzt waren die siebzehn Kühe bei der Hütte und brüllten, weil sie die wunderliche Sache nicht verstanden. Heiner mußte springen, wehren und treiben, um die Tiere beisammen zu halten.

      Den Bruder hatte Jula schon früh am Vormittag hinübergeschickt zur Leite, auf der die zwiesömmerigen Kalben weideten. Zwischen der Leite und dem Käser lag ein Waldstreif von Erlen, Birken und hohen Krüppelföhren. Wer hinter diesen Stauden saß, konnte nimmer sehen, was bei der Hütte geschah. Drum war’s ein guter Platz für den Jakob. Und sein totes Ohr, das noch nie einen Laut der Liebe vernommen hatte, konnte auch nicht die Stimmen des Unrechts hören, das da geschehen sollte.

      In der Hütte schlang Jula einen Riemen um die kleine Kupferschüssel, die neben dem Herdfeuer stand und das Mahl für den Bruder enthielt. Brot und Löffel gab sie in die Schürze, die sie am Bund ihres Rockes aufsteckte. Mit dem Eisenzagel schob sie auf dem Herd die halbverbrannten Scheite auseinander, die noch ein bißchen flackerten, und bedeckte die glühenden Strünke mit Asche. Solang es den Herren nicht gefiel, durfte von Stund an auf diesem siegelwidrigen Herde kein Feuer mehr brennen.

      Jula СКАЧАТЬ