Der Ochsenkrieg. Ludwig Ganghofer
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Название: Der Ochsenkrieg

Автор: Ludwig Ganghofer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ doch die Augen auf!«

      Daß einer gekommen war, das sah sie nicht. Sie merkte erst seine Nähe, als er neben ihr kniete und ihre Hand fassen, den Arm um ihre Schulter legen wollte. Sie blickte auf, wie aus grauenvollen Träumen erwachend. Und als sie den erkannte, der helfen woll te, verzerrte sich ihr Gesicht. Sie machte mit den Armen eine ringende Bewegung, verstört von Zorn und Jammer, schrie mit erwürgter Stimme ein böses Schimpfwort und stieß dem jungen Someiner die Fäuste vor die Brust, daß er taumelte. Den Bruder umklammernd, wollte sie sich aufrichten, fiel zurück auf die Erde und wurde von einem tränenlosen Schreikrampf befallen, der ihren Körper zucken machte.

      Lampert wollte sprechen und brachte keinen Laut aus der Kehle. Sein Gesicht war entstellt. Nun beugte er sich zu Jakob nieder, hob diese kleine, entstellte Mißform des Lebens auf seine Arme und konnte mit der heiseren, zerrissenen Stimme nur sagen: »Komm! Ich bring ihn heim.«

      Während er mit der leblosen Last hinunterstieg zum Feuer, hörte er immer hinter sich die schluckenden Schreie der Hirtin.

      Die Ochsen brüllten nicht mehr. Sie hatten sich an den Anblick der rauchlos gewordenen Flamme gewöhnt. Und manche von ihnen lagen ruhig schon wieder im sonnigen Gras, wiederkäuend, und scheuchten mit der Schwanzquaste die frechen Bremsen fort.

      Lampert mußte denken: »Ob Gott auch so ruhig in der Sonne liegt, wenn Menschen morden?«

      Beim Brunnen sagte er zu Heiner, der sich einen Fetzen seines Hemdes um den Kopf gebunden hatte und noch immer ein bißchen duselte: »Du mußt mir helfen!«

      Sie hoben den Toten in den Sattel, banden ihn mit Riemen und mit Lamperts Schärpe fest, und während jeder von den beiden mit einer Hand den müd schleichenden Pongauer am Zügel führte, stützte er mit der andern Hand den stummen, immer nickenden Reiter, der eine schlechte Haltung hatte.

      Jula, mit hängendem Haar und geballten Fäusten, ging hinter dem Pferde her, schluckend im erwürgten Schreikrampf — wie damals vor achtzehn Jahren, als sie mit der Mutter heimgekommen war vom Erdbeerpflücken im Tal des Windbaches.

      Ein dumpfies Gepolter.

      Die abgebrannten Dachsparren waren in den Hüttenraum hinuntergestürzt. Und weil nun die feuchten Grundbalken zu brennen begannen, qualmte wieder ein dicker Rauch zum Himmel hinauf.

      Man sah diese graue Rauchsäule bis weit hinaus ins Tal.

      Beim Taubensee, vor dem Schupflehen des Mareiners, stand die Bäuerin auf dem Karrenweg, guckte immer zu diesem wunderlichen Rauch hinauf, schüttelte den Kopf, lief zum Haus hinüber und sagte zu der alten Frau, die in der Sonne saß: »Auf dem Hängmoos droben, da muß was brennen!«

      Bekümmert nickte die Mutter. »Steht am Zäunl! Und geht nit herein zu mir!«

      Die Bäuerin wurde ärgerlich. Mit der Mutter war kein Reden mehr. Und von den Mannsleuten war keiner daheim. Malimmes hatte schon im Grau des Morgens mit Wehr und Sack das Haus verlassen. Und gegen Mittag war der Bauer davongelaufen. Wenn er auch als höriger Schupfgürtler beim Taiding der Gnotschaft das Maul halten mußte, er wollte doch dabeisein. Und die Sache lohnte sich. Er war da zu einem lustigen Ding gekommen.

      In der Ramsau gab’s um diese Mittagsstunde ein großes Lachen. Das ging von Malimmes aus, vom ›Bauernsöldner‹, der gepanzert und mit blankgezogenem Bidenhänder hinter seinem ›Herren‹ stand und aus seinem seltsamen Dienstverhältnis eine muntere Sache machte. Die Bauern gaben sich lachend der Wirkung seiner derben Spaße hin, seit sie wußten, daß sie sich nicht zu sorgen brauchten um ihr bedrohtes Ahnrecht.

      Der Weidbrief war aufgewiesen vor den spruchbaren Männern der Gnotschaft, war zu Recht befunden und lag nun wieder in der eisernen Brieftruhe des Seppi Ruechsam.

      Vor achtundzwanzig Jahren, in einem dürren Vorsommer, der die Wiesen im Tal verbrannte, hatte Propst Kunrad eines Tages beim Taubensee gejagt und eine gute Strecke gemacht. Als da die Bauern, die beim Weidwerk fronen mußten, ihres Fürsten gute Laune sahen, taten sie die Bitte, ihr hungerndes Milchvieh anstatt einer gleichen Ochsenzahl auf das feuchte Hängmoos treiben zu dürfen. Der Herr war gnädig. Beim Heimritt schrieb er in des Albmeisters Haus auf den alten Ochsenbrief die Gestattung für den Käserbau und den ›ewigen‹ Auftrieb der Kühe und drückte seinen Fürstenring in das Bröcklein Wachs, das man von einer geweihten Kerze genommen hatte.

      Was ging es da die Ramsauer an, wenn die Gadnischen Hofleute verzettelt hatten, dieses neugeborene Recht auf ihrem Ochsenbrief zu vermerken? Freilich, damals im dreiundneunziger Sommer war zu Berchtesgaden alles drunter und drüber gegangen. Wenige Tage nach der glücklichen Jagd am Taubensee hatte der böse Handel mit den Salzburgern angefangen, die den Propst Kunrad verjagten und das Stift durch elf Jahre als Schuldpfand in der Faust behielten.

      Die Ramsauer hatten an ihrem verläßlichen Recht eine Freude, die nicht frei von übermütigem Spott wider die schlampichten Herren war, und Seppi Ruechsam, der allwissende Albmeister — »Was denn sonst?« — guckte bei dem lustigen Geschwätz der andern so ruhig, stolz und zufrieden drein — Malimmes sagte: »Wie Gott-Vater vor dem Sündenfall.«

      Und mit den Juden bei der Bergpredigt verglich Malimmes die Spruchbaren und Maultoten der Gnotschaft, die vor dem Hüttenhügel des Seppi Ruedisam herumsaßen, auf Bänken und Stühlchen, auf Baumklötzen und Holzklaftern, auf den Querbalken des Zaunes, im Straßengraben und auf den Steinblöcken am Ufer der Ache. Mit Weibern, Buben, Mädchen und Kindern war’s ein hundertköpfiger Schwärm, der als lustiger Riegel die Ramsauer Straße sperrte. Mochten jetzt die Pfändleute mit den siebzehn Kühen nur kommen! Die Straße war mit Menschenköpfen fest vernagelt und der Seppi Ruechsam mit dem guten Recht war da! Was wunder, daß die Ramsauer lachen konnten, als Malimmes wieder die vier Geschichten vom ungefährlichen Hanf erzählen mußte, die seine Gesellen von der Leuthauskumpanei schon herumgetragen hatten, in der ganzen Gnotschaft.

      Sobald Malimmes seine Schlittenfahrt auf dem Landshuter Glatteis gemacht und seine Himmelsbotschaft an den Herzog Heinrich wieder ausgerichtet hatte, schrie unter dem Lachen der andern ein alter, langer Kerl, der Hinterseer Fischbauer, der dürr und braun, und runzlig war wie die Saiblinge, die er räucherte: »Paß auf, Malimmes, daß du beim fünften Hänfenen nit mir unter die Händ kommst! Die Strick, die ich dreh für meine Reusem, heben wie eiserne Dräht.«

      Malimmes schmunzelte. »Hast du einen da zur Prob?«

      »Was ein Fischer ist, muß allweil einen Strick im Sack haben«

      »Her damit! Und tu mir den Strick um das kitzlige Zäpfl!«

      Es gab ein heiteres Gedränge, als der Fischbauer das kleinfingerdicke Stricklein zur Schlinge machte und dem Malimmes um den Hals warf.

      »So, Mensch«, sagte der Söldner, »jetzt zieh! Aber fest!«

      Der Fischbauer zog lachend die Schlinge zu, Malimmes machte die Kehle lang und dünn, dann plötzlich blähte er den Hals auf, straffte die Sehnen, daß es aussah, als ginge ihm der Hals von den Ohren schief herunter bis zu den Schultern — und der Strick des Fischbauern knallte entzwei wie eine schlechte Saite.

      Ein vergnügtes Gebrüll. Und einer von den Burschen kreischte in Bewunderung: »Herrgott, ist das eine feine Kunst!« Er versuchte gleich unter drolligen Grimassen den Hals zu blähen.

      »Ja, Leut, Übung macht den Meister!« sagte Malimmes, der um den Hals eine Linie hatte, fast so rot wie die große Narbe in seinem Gesicht. Und dann fügte er lachend bei: »Jetzt weiß ich aber nit, muß ich den Hänfenen des Fischbauern als fünften zählen oder geht er als Probstückl drein? Ich komm ein lützel aus der Rechnung.«

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