Der Ochsenkrieg. Ludwig Ganghofer
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Название: Der Ochsenkrieg

Автор: Ludwig Ganghofer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ ihnen vorgemacht hatte. Sie bekamen blaue Gesichter und mußten husten vor Schmerz und Lachen.

      Nur einer, der mitten unter diesen Heiteren saß, blieb ernst. Er hatte den weißen Richtmannsstab in der Faust, immer suchten seine Augen, immer schwieg er und lauschte in die Ferne. Nun erhob er sich.

      Viele fragten: »Runotter? Was ist?«

      Er sagte: »Der Bub, der zum Lugaus hinauf ist in den Paßwald, kommt über die Schwarzecker Wiesen heruntergesprungen.«

      Die andern mußten lange spähen, bis sie den Buben sahen. Und dann dauerte es noch eine geraume Weile, bis er über die Straße herkeuchte. Der Bub war so atemlos, daß er nicht reden konnte. Während die hundert schwiegen, als wäre ihnen plötzlich etwas Unbehagliches in die heiteren Seelen gefallen, fragte Runotter: »Hast du meine Kinder gesehen?«

      Der Bub schüttelte den Kopf, warf sich auf den Boden hin und preßte die Fäuste auf seine arbeitende Brust.

      Viele Stimmen: »Sind die Pfändleut droben?«

      Der Bub nickte.

      Ein wirrer Lärm, halb ein Reden in Zorn, halb schon wieder Gelächter und Spott über die Herren.

      Einer schrie: »Wenn sie die Küh bringen, muß man den Brief aufweisen. Ein Recht in der finsteren Truchen wirkt nit, ein Recht muß im Licht sein.«

      Von den Spruchbaren waren viele der gleichen Meinung. Auch Runotter. Aber der Seppi Ruechsam schüttelte den Kopf und wieder sagte er: »Der Amtmann muß zum Seppi Ruechsam seiner Truchen kommen. Was denn sonst? Recht liegt fest. Das muß man nit umtragen wie einen Bettelsack.«

      Die Gnotschafter redeten aufgeregt gegen die zähe Weisheit des Albmeisters. Die Kühe müssen doch leiden unter dem weiten Trieb vom Hängmoos bis zum Stift. In ihren Eutern kann sich bei Plag und Hitze die Milch verschlagen. Für solchen Schaden kommen die Herren nicht auf. Warum soll man ein Recht nicht weisen, wenn man’s bei der Hand und in der Truhe hat?

      Der Seppi Ruechsam arbeitete mit den Ellbogen. »Ich tu’s nit, und ich tu’s nit. Wenn dem gewächsneten Brief ein Schaden geschieht, geht’s aus am Seppi Ruechsam. Was denn sonst?«

      Man trat um den Richtmann her zum Ring zusammen, und der Seppi Ruechsam wurde zum erstenmal, seit er Albmeister war, von den Spruchbaren der Gnotschaft überstimmt. Mit einem Gesicht, als hätte er Essig getrunken, stieg er neben dem Ältestmann und mit den fünf Zeugen zu seinem Haus hinauf, um den Weidbrief aus der Truhe zu holen.

      Hinter ihm blieb eine quirlende Heiterkeit zurück. Weil man das Recht aufweisen konnte und des verstandsamen Friedens sicher war, konnte man lustige Spottreden machen über den Ochsenkrieg zwischen Bauern und Herren. Ein halbes Stündl noch, und der Schwarzecker — der auf den Fingern pfeifen konnte, daß man’s aus dem Ramsauer Tal bis zum Grat des Steinbergs hinaufhörte — würde zur ersten Schlacht trompeten. Und ob Malimmes, der Bauernsaldmann, auch treu und tapfer für die Gnotschaft dreinschlagen würde? Lachend ließ Malimmes den in der Sonne blitzenden Bidenhänder mit sausenden Kreisen um seinen Eisenhut herumwirbeln unter dem lustigen Schlachtgeschrei: »Hie Baurenschaft, hie guter Mist und gutes Recht!« Und als der Bidenhänder wieder senkrecht auf der Erde stand, drängte sich einer von den Burschen, die sich im Winter zur Holdenwehr der Gnadischen Kriegsmacht stellen mußten, an Malimmes heran und bettelte: »Wie, laß mich das Eisen lupfen ein lützel!« Kreischend wichen die Leute zurück, als der Bub sein ungeschicktes Schwertschwingen begann. Mit dem Knauf des Bidenhänders stieß er sich die Nase blutig. Unter dem Gelächter der andern, das Gesicht von Scham und Ärger brennend, gab er dem Kriegsmann das schwere Eisen zurück und schalt: »So ein klobiges Ding! Da kann man doch keine feinen Streiche mit machen!«

      »So? Meinst?« Malimmes schmunzelte. »Mit meinem Bidenhänder mach ich feinere Arbeit als wie der römische Bader mit seinem toledanischen Schermesser, wenn er den Papst rasiert.«

      Um die lustigen Zweifler zu überweisen, schickte Malimmes einen Buben davon, der in der Kappe ein Dutzend Eier bringen mußte. Unter heiterem Aufruhr der Leute wurde die blonde Leuthausmagd unterwiesen, wie sie die Eier werfen mußte. Malimmes ließ den blitzenden Bidenhänder kreisen; so oft er »Hoppla!« schrie, mußte ein Ei geflogen kommen — und unfehlbar schnitt das sausende Eisen in der Luft jedwedes von diesen kleinen, weißet, flügellosen Vögelchen mitten durchs Herz entzwei. Da gab’s ein Staunen und Lachen! Eiweiß und Dotter spritzten nach allen Seiten umher, die Leute flüchteten, wischten und kicherten, einer kreischte: »Heut ist die Ramsau das Gelobte Land, heut regnet’s Milch und Honigmus!« — und obwohl ein altes Weiblein über die sündhafte Vergeudung der Gottesgabe zürnte, erhob sich vor dem Hause des Seppi Ruechsam ein Gelächter, nicht minder laut und heiter als vor dem Gadnischen Hirschgarten beim Spiel mit der Annasusanne.

      Den Richtmann schien die Heiterkeit der Leute und dieses kriegerische Eierspiel zu quälen. Er sagte: »Geh, Malimmes, treib keinen Unfürm und laß die Gelägerspäß unterwegs! Mir ist nit zumut darnach.« Da kreischten viele Leute: »Die Pfändleut kommen!« Alles drängte lärmend gegen die Straße hin, und Runotter erhob sich von dem Baumstock, auf dem er gesessen. »Malimmes! Geh in des Seppi Ruechsam Haus hinein! Ich mag nit haben, daß es zwischen dir und den Hofleuten spöttische Reden gibt.«

      Der Soldmann nickte, als begriffe er die Vernunft dieses Befehles. Er haschte das blonde Mädel und wischte mit ihrer Schürze das Eigelb von der Klinge weg. Lachend den Bidenhänder schulternd, ging er zum Haus des Albmeisters.

      Auf der Straße sah man zuerst nichts andres als eine dicke Staubwolke. Sie rückte näher wie ein graues, kopfloses Ungetüm, das keine Füße, nur wehende Hügel hatte und dennoch plump auf der Erde kroch.

      Der Lärm der Leute verstummte. In diesem erwartungsvollen Schweigen hörte man beim Rauschen der Ache aus weiter Ferne wieder ein murrendes Echo des Herrenspiels mit der Annasusanne.

      Ein paar hundert Schritte vor dem Menschenriegel, der die Straße sperrte, blieb der Trupp der Pfändleute stehen. Die Staubwolke verdampfte, und langsam entschleierte sich in der Sonne des schönen Tages eine farbig ausschauende Sache: die Troßbuben, der buntgefleckte Schwarm der gepfändeten Kühe mit nickenden Köpfen und pendelnden Schweifen, zur Linken ein Spießknecht, einer zur Rechten, hinter dem Trupp ein Reiter, und voraus, auf hochbeinigem Gaul, der lange Marimpfel als vorsichtig spähender Führer. Er wandte sich im Sattel und redete zu seinen Leuten.

      Im Menschenriegel, der die Straße sperrte, sagte der magere Fischbauer: »Jetzt hat er dem Melkvieh höfisch eingeredet, daß viel nit fehlen tät und die Kuh wär ein Ochs.«

      Mareiner, der sich in der Gnotschaft wichtig machen wollte, schrie über alle Köpfe weg: »Der Hauptmann ist mein Bruder Marimpfel. Da brauchet ihr nit Angst haben. Mit ihm red ich, und alles ist in Ordnung.« Dieser hilfreiche Vorschlag wurde wenig gewürdigt. Eine Männerstimme rief: »Da reißt ein Schupfgütler das Maul auf! Für die Gnotschaft redet, wer spruchbar ist, sonst keiner.« Eine dünne Stimme quiekste: »Auch nit der Mareiner!«

      Das Verslein erheiterte die Leute. Doch als Runotter den weißen Richtmannsstab erhob, wurden alle still.

      Der Trupp der Pfändleute kam heran. Ein alter Bauer und zwei Bäuerinnen, die ihre Kühe erkannten, wollten gleich mit Locken und Jammern auf die brüllenden Tiere zu. Doch die Fußknechte streckten die langen Spieße vor: »Ist Herrengut!«

      Marimpfel parierte den Gaul. Und da wollte Mareiner reden. Aber der Hofmann zog den Fuß aus dem Bügel, schob den Bauer vom Gaul weg und wandte sich an den Richtmann: »Was rotten sich da auf der Straß die Leut zusammen?«

      »Die Leut sind friedsam.«

      »So?«

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