Der Ochsenkrieg. Ludwig Ganghofer
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Название: Der Ochsenkrieg

Автор: Ludwig Ganghofer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ bist du denn?«

      Ein Geschrei über die ganze Breite der Straße. Runotter blieb ruhig. »Spießknecht? Ob du mich kennen magst oder nit, ist eins. Aber kennst du den weißen Stab nit?«

      »Red du so mit deinen Knechten! Ich bin ein Hofmann.« Aus dem Schwärm der Leute klang ein Lachen, das Marimpfel nicht gerne zu hören schien. Er wurde grob. »Kerl! Siehst nit, daß mein Gaul scheuet? Tu deinen Stecken weg!« Er stieß mit dem Fuß, und des Richtmanns weißer Stab bekam einen grauen Streif.

      Die hundert Ramsauer begannen in Zorn zu schreien, und eine Stimme schrillte aus dem Häuf: »Wer den weißen Stab schändet, ist ein Lumpenkerl!«

      »Leut!« rief Runotter. »Haltet Ruh!« Auch ihm hatte der Zorn die Stirne rot gemacht. Doch während er den Zaum des Gaules faßte, sagte er ruhig: »Hofmann! Du hast den weißen Stab verunehrt, den mir der Fürst gegeben. Ich muß Klag führen gegen dich beim Fürsten und muß dich schuldig sagen.« Hundert Stimmen schrien das ›Schuldig!‹ nach. »Das wird kommen. Jetzt ein ander Ding —«

      »Weg frei für meines Herren Recht!« befahl Marimpfel und kitzelte den Gaul, um ihn scheuen zu machen.

      Mit eiserner Faust hielt Runotter das bockende Pferd am Zügel. »Deines Herrn Recht ist heut ein Irrtum.«

      »Willst du schimpfen auf meinen Herrn?« Marimpfel machte einen Griff, wie um das Eisen zu fassen.

      »Das tu ich nit. Ich ehr den Fürsten. Aber tu unser Vieh vom Strick! Die Pfändung ist geschehen wider Recht und Brief. Albmeister Ruechsam! Weis den Weidbrief auf, der geschrieben und gewächsnet ist!«

      »Was denn sonst?« Seppi Ruechsam trat heran, hielt das kostbare Pergament mit beiden Händen fest und wollte seine Rede aufsagen. Er begann: »Das tat der Seppi Ruechsam nit —«

      Marimpfel ließ den Gaul steigen und schrie in Zorn: »Was Schrift und Wachs! Das geht mich den Teufel an. Mir ist Recht, was mein Herr geboten. Weg frei!«

      »Das tät er nit«, redete der Seppi Ruechsam, »aber die Gnotschaft will: Der Seppi Ruechsam muß den Weidbrief weisen. Da ist der Brief! Ist gutes und festes Recht. Ist geschrieben und gewächsnet. Was denn sonst?«

      »Brief? Recht?« Marimpfel faßte mit einem groben Griff seiner Faust das Pergament. Gleich bröselte das geweihte Wachs davon. »Das ist ein Wisch für meine Notdurft.« Er hob sich im Sattel und machte mit dem Hängmooser Weidbrief eine symbolische Bewegung.

      Ein hundertstimmiger Zornschrei flog über die Straße hin. Und dem Seppi Ruechsam fielen plötzlich siebzig Jahre vom Buckel herunter. Wie ein Zwanzigjähriger in blindem Jähzorn, so sprang er gegen den Reiter hinauf, faßte ihn mit beiden Fäusten an den Eisenplatten der Brust — und rutschte wie ein müder Greis wieder auf die Erde herunter. Hatte Marimpfels Hand einen neuen Irrtum begangen? War einer von den Fußknechten unvorsichtig mit dem Spieß dazwischengefahren? Niemand wußte, wie es gekommen war, daß dem Seppi Ruechsam, der sich jetzt ganz ruhig verhielt, ein dickes Blutbächlein über das braune Runzelgesicht und über die Bartstoppeln herunterfuhr. »So, so?« sagte er in verständiger Besinnung und wollte mit der zitternden Hand das Blut vom Gesichte wischen. »Jetzt geht der Seppi Ruechsam zum deutschen König. Was denn sonst?« Dann fiel er um und war tot.

      »Mordio! Mordio!« kreischten die Ramsauer. Sie griffen nach den Messern, rissen Prügel vom Zaun, und die Weiber hoben Steine von der Straße auf, während die Kinder in grillender Angst davonrannten, über die Planken kletterten und durch die Ache patschten. Runotter, mit einer Stimme, die den tobenden Lärm noch übertönte, schrie gegen des Seppi Ruechsam Haus hinüber: »Soldmann! Soldmann!«

      Marimpfel sah einen gepanzerten Kriegsknecht mit blitzendem Bidenhänder über den Hügel herunterspringen, schlug seinem Gaul die Sporen in die Weichen und brüllte: »Hofleut! Durch! Die verschimpfen den Fürsten! Die machen Meuterei!«

      Wie ein von einem Riesenhammer getriebener Keil, so fuhr der Trupp der Pfändleute mit Reitern, Fußknechten und Troßbuben unter dem Schellengerassel der galoppierenden Kühe in den Schwarm der schreienden Menschen hinein. Der kreischende Hauf wich auseinander und flutete wieder zusammen in einen wirren Knäuel. Und alle mit Schimpfworten und Flüchen hinter den Gadnischen Hofleuten her. Prügel wirbelten durch die Luft, und Steine flogen. Und in dem wüsten Lärm unterschied man nimmer, was ein Todesschrei oder eine Stimme des Lebens war.

      Mit entfärbtem Gesichte, in der Rechten den zerbrochenen Stab des Friedens, stand Runotter neben dem Seppi Ruechsam, der nicht von der Stelle gekommen und doch zum mächtigsten aller Könige gegangen war. Und mit der Linken hielt der Richtmann den Arm des Malimmes umklammert. »Bleib Mensch! Tät ich dich schlagen heißen, das wär Unrecht. Doppelt Unrecht Dein Bruder ist dabei. Man soll nit Bruder gegen Bruder hetzen.«

      Malimmes sagte mürrisch: »Bei einer Fehd heißt’s Freund oder Feind. Da ist kein andres Wörtl nit.« Er sah den Seppi Ruechsam an, dessen Gesicht wie von einem roten Tuch umwickelt war. »Bauer? Was hat’s denn gegeben da?«

      »Schier weiß ich’s nit. Ist mir alles wie ein böser Nebel. Das haben die Herren nit wollen. Schlechte Diener sind für die Herren ein Elend und ein übler Ruf.«

      »Herr oder Knecht? Sag lieber: Narretei der Leut. Die macht so Herr wie Knecht zu blindwütigen Gockeln.«

      Sie hörten ein wildes Geschrei. »Komm, Mensch!« sagte Runotter. »Da müssen wir abwehren!«

      Die beiden liefen der Straße nach, dem tobenden Lärm entgegen. Aus den Fenstern und Türen der Hütten guckten verstörte Kindergesichter heraus. Dann liefen drei Kühe vorüber, mit rasselnden Schellen, mit klunkernden Eutern und gestreckten Schwänzen, die Stricke schleifend, die von ihren Hörnern herunterbaumelten. »Guck«, sagte Malimmes, »für die ist auch der Hänfene ein lützel mürb gewesen.«

      Wie ein steifes Holz lag ein Mannsbild auf der Straße, und ein schreiendes Weib war hingeworfen über seine rote Brust.

      »Ist der Schwarzecker!« stammelte Runotter. »Der so fest hat pfeifen können.«

      »Komm! Den pfeift man nimmer herein ins Leben. Ist schon draußen.«

      Fünf Kühe kamen gezottelt, klatschten durch das reißende Wasser der Ache, blieben drüben auf einer Wiese stehen, guckten dumm herum und fingen zu weiden an. Hinter den Stauden sprang ein Mensch, der sich nicht sehen lassen, sich immer verstecken wollte. Es war der Mareiner vom Taubensee. Der packte zwei von den Kühen an den Schellengurten, spähte ängstlich nach allen Seiten und zerrte die Kühe davon.

      Immer näher kamen die zwei springenden Männer dem tobenden Lärm auf der Straße. Und plötzlich schien es, als flute das Geschrei zurück. Man hörte fernher eine schmetternde Trompete. Rennende Menschen erschienen bei einer Straßenwendung, es folgte ein dicker Schwärm, und schrille Stimmen waren zu hören: »Da kommen Herren und Hofleut, zwanzig Reiter, vierzig, sechzig, hundert!« Andere Stimmen schrien wieder etwas anderes. Der flüchtende Haufe kam ins Stocken, die Leute guckten und fragten, und dann hörte man eine kreischende Weiberstimme, die immer die gleichen Worte schrie: »Hilf in der Not! Das ist Hilf in der Not! Hilf in der Not!«

      Männer mit erhitzten Gesichtern kamen gelaufen und holten den Schwarzecker und den Seppi Ruechsam. Zwischen dem Leuthaus und dem Hag des Richtmannes legte man die zwei Toten auf die Straße hin. Und noch zwei andere legte man dazu: einen jungen hübschen Buben, an dem man keine Wunde sah, und ein Weib, dessen Gesicht vom Todesschreck verzerrt und in dieser Grimasse des Grauens wie versteinert war.

      Diese vier Stummgewordenen sollten reden für die СКАЧАТЬ