Der Ochsenkrieg. Ludwig Ganghofer
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Название: Der Ochsenkrieg

Автор: Ludwig Ganghofer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ nur mit einem festen Meser am Gürtel. »Kann sein, ich komm über Nacht nit heim.« Er zog die Lederkappe in die Stirn, sprang auf den Schimmel hinauf und ließ ihn am Brunnen trinken.

      Im Trab die Straße hin gegen den Taubensee.

      Bei einem Haus, das neben der Straße auf einem kleinen Hügel stand, rief Runotter: »Höi! Ist der Albmeister daheim?«

      Der wäre beim Heuen, gleich da drüben über dem Bach.

      Die Ache machte mehr Lärm, als sie Wasser hatte. Leicht kam der Schimmel hinüber und kletterte über die steilen Wiesen hinauf.

      Ein neunzigjähriger Bauer, dürr und gebeugt, kahlköpfig und mit weißen Bartstoppeln, wendete das am Morgen gemähte Heu — Seppi Ruechsam, der Albmeister der Ramsauer Gnotschaft. Sein Hausname kam wohl davon, daß einer seiner Vorfahren ein besonders Sparsamer gewesen war. Wie für die Fähigkeiten des Propstes sein früheres Amt als Kellermeister, so sprach für den Seppi Ruechsam die Tatsache, daß er Albmeister war. Um Albmeister zu werden, mußte man zumindest siebzig Jahre hinter sich haben, mußte das Vergangene wissen und mußte ein Makelloser, einer von den Besten der Gemeinde sein. Der Albmeister war halb wie ein Heiliger, weil er den grünen Speisbrunnen und das wertvollste Lebensrecht des Bergdorfes hütete.

      Ehe noch der Schimmel den Seppi Ruechsam erreichte, fragte Runotter schon: »Seppi? Du? Wie ist das mit dem Hängmoos? Seit wann ist der Käser droben? Seit wann treibt man das Milchvieh hinauf?«

      Langsam streckte sich der Greis. »Das ist, seit die Salzburger den Propsten Kunrad vertrieben und das Stift in Pfand genommen haben. Ist gewesen im dreiundneunziger Jahr.«

      »Ist Melkvieh und Käser mit Rechten auf der Alb?«

      »Was denn sonst? Albmeister ist der Seppi Ruechsam. Der wird wohl wissen, was recht ist.« Für den Greis in seiner steinernen Ruhe schien das ein Zwiefaches zu sein: er als Mensch und er als Albmeister.

      »Ist unser Recht verbrieft?«

      »Was denn sonst?«

      Runotter atmete auf. »Der Brief ist weisbar?«

      »Was denn sonst? Liegt bei mir in der Truchen, ist gut geschrieben ist gewächsnet mit des Herrn Kunrad Fürstenring.«

      Der Richtmann verlangte nicht, den Brief zu sehen. Er wußte: Der Albmeister hat die Truhe mit den Rechtsbriefen, der Ältestmann der Gnotschaft hat den Schlüssel, und Schloß und Schlüssel dürfen nur Hochzeit halten, wenn fünf spruchbare Männer der Gnotschaft als Zeugen dabei sind.

      »Sie sagen im Amt, es war kein Brief nit da als bloß der alte von den Ochsen.«

      »Die sagen viel.« Der Greis fing wieder zu heuen an.

      »Und der Amtmann will die Milchkuh pfänden lassen, morgen.«

      Seppi Ruechsam hob langsam das Gesicht. »So?« Er sprach dieses kleine Wort, als hätte ihm einer an schönem Tage gesagt, es regnet. »Was tust da, Richtmann?«

      »Ich steh beim Recht. Und treib nit ab. Die Küh müssen bleiben.«

      »Was denn sonst?«

      »In der Nacht reit ich um und ruf die Leut für morgen zum Taiding.«

      Der Greis nickte. »Ist hart, in der Heuzeit einen Tag verlieren. Aber mehr als Heu ist die Kuh, mehr als die Kuh ist das Recht.«

      »Das Taiding ruf ich zu deinem Haus.«

      »Was denn sonst? Es geht ums Weidrecht. Der Seppi Ruechsam ist morgen daheim, wo die Truchen steht. Aber Pfändleut hin oder her, einem Spießknecht gibt der Seppi Ruechsam den gewächsneten Brief nit in die Hand. Recht liegt fest. Das tut man nit umtragen wie den Bettelsack. Vor guter Zeugschaft muß der Amtmann zum Seppi Ruechsam seiner Truchen kommen. Und kommt er nit, und sie pfänden? Gut! Da muß der Fürst die Küh futtern und die Milch vergüten. Derweil kriegen wir auf der Alb mehr Gras, wenn minder gefressen wird. Ist ein Nutzen. Den Schaden muß das Stift gutmachen. Tät der Fürst für seines Amtmanns Unrecht nit aufkommen, so geht man zum deutschen König. Dafür ist der König da. Wozu denn sonst? Und den Weg zum deutschen König weiß der Seppi Ruechsam. Sonst tät er nit Albmeister sein. Was denn sonst? Jetzt tummel dich, Mensch! Und reit!«

      Das war die längste Rede, die man vom Seppi Ruechsam seit vielen Jahrzehnten gehört hatte. Er sollte in seinem Leben keine so lange mehr halten.

      Der Richtmann überquerte die Ache wieder, und sein unermüdlicher Schimmel, dessen Heubauch schlank geworden, jagte zum Taubensee.

      Die Sonne bekam schon goldene Glut, und alle Farben der Erde und des Himmels vertieften sich zu sanftem Glanz.

      Im Wiesgarten am Taubensee schleppten Mareiner und sein Weib das fein geratene Heu in großen Tüchern zur Scheune. Die Bäuerin, als sie den Reiter sah, bekam gleich wieder einen Schreck; ein Herr war der Runotter freilich nicht, aber der Richtmann war er.

      »Du, Mareiner«, rief der Ramsauer und sprang vom Gaul, »ist’s wahr, daß dein Bruder Malimmes gekommen ist?«

      »Wohl!« Das konnte der Bauer ruhig sagen. Seine dreiundachtzig und ein halb Pfund Pfennig waren in Sicherheit; und Malimmes tat, als möchte er geben wie ein Christ, nicht nehmen wie ein Hofmann. »Vor der Haustür hockt er bei der Mutter.«

      »Mein Gaul ist heiß gelaufen. Magst ihn ein lützel führen, derweil ich mit deinem Bruder red?«

      »Gib her!«

      Runotter ging zum Haus. Er dachte zwei Menschen in Freude zu finden und fand zwei Leute, von denen sich keins ums andre zu kümmern schien. Wohl saßen sie nebeneinander, die alte Frau im Sessel und Malimmes auf dem Boden, ohne Wams und mit nackten Füßen, recht wie einer, der daheim ist; doch er hielt die Arme um die aufgezogenen Knie geschlungen und guckte verdrossen vor sich hin; die große Narbe brannte wie Feuer.

      Er war nicht wehleidig. Aber wie die Mutter seine Heimkehr nahm, das war doch wunderlich. Eine kurze Freude, wie beim Besuch einer Nachbarin, die man lange nicht gesehen. Und nun saßen die beiden so nebeneinander, schon den ganzen Nachmittag. Wenn Malimmes erzählen wollte, hörte die Mutter nicht zu und guckte zum Himmel hinauf; und wenn er stumm wurde, redete sie vom andern, immer vom andern. Jetzt wieder. Und plötzlich fragte sie: »Malimmes, bist du noch da?«

      »Noch allweil, ja!«

      »Wie lang, sagst, hast du laufen müssen bis zu deiner Mutter?«

      »Sieben Täg.«

      »Ein weiter Weg. Und der ander steht am Zäunl. Steht am Zäunl. Und geht nit herein zu mir.«

      »Das hast du mir schon gesagt, Mutter! Oft schon. Magst nit ein lützel mit mir reden?«

      »Steht am Zäunl und geht nit herein zu mir.«

      Malimmes sah den Richtmann kommen, streckte sich, stand auf und ging ihm lautlos durch das Gras entgegen. »Bist du nit der Runotter?«

      »Freut mich, daß du mich noch kennen magst.« Erschrocken sah Runotter die brennende Narbe an.

      »Kommst du zu mir?«

      »Wohl! Hab gehört, du wärst wieder da.«

      »Gelt! СКАЧАТЬ