Die Bluthunde von Paris. Christina Geiselhart
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Название: Die Bluthunde von Paris

Автор: Christina Geiselhart

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783737553322

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      Vier Jahre später. 1786

      An einem Abend im März brach Karl Sanson, der Verhörvollstrecker, beim Abendessen am Tisch zusammen. Sein Kopf schlug auf den Tonteller, aus dem die Suppe spritzte, schwer fielen die Arme rechts und links am Körper herab und ein fürchterliches Ächzen erschütterte seine Brust. Bestürzt schnellte Lea von ihrem Stuhl hoch und beugte sich über ihn. „Was ist mit dir, Karl?“, schrie sie gellend. Karl rührte sich nicht und Panik ergriff Lea. Scharf befahl sie Frieda, ihr zu helfen, den Ohnmächtigen zum Bett zu schleppen und bat Philippine in milderem Ton, einen Arzt zu holen.

      Das Mädchen rannte in den Schuppen und verlangte von ihrem Pferd das, was ihm Albano beigebracht hatte und was das Mädchen mittlerweile beherrschte: Es schlug sanft gegen seine Vorderhufe, damit es in die Knie ging und Philippine aufsteigen konnte. In Windeseile jagte sie in den Ortskern von Saint-Ouen, wo der Arzt wohnte. Er war ein guter Freund des Verhörvollstreckers, weil dieser ihm zahlreiche Kunden zukommen ließ, deshalb trödelte er auch nicht, sondern sattelte seinen alten Klepper und ritt sogleich mit dem Mädchen zurück. Während Philippine in den Stall ging und sich um Vraem kümmerte, trat der Arzt ins Haus. Karl hatte sich mittlerweile etwas erholt. Ruhig ließ er des Doktors Untersuchungen über sich ergehen.

      „Es muss wohl eine Herzattacke gewesen sein!“, diagnostizierte der Mediziner. „Es klopft unregelmäßig und die Atmung ist hektisch.“

      „Wie bekommt man so eine Attacke?“

      „Er arbeitet zu viel. Ist angestrengt, leidet unter seiner Tätigkeit. Vielleicht gehen ihm die wimmernden Opfer zu sehr zu Herzen.“

      Bleich und mit zitternden Händen streichelte Lea den Kopf ihres Mannes. „Kann es auch von etwas anderem kommen?“, bei diesen Worten bugsierte sie den Arzt aus der Schlafkammer.

      „Man kann ein Herz auch durch üble Nahrung lahm legen. Hast du ihm etwa ein wenig Säure in die Suppe gekippt, damit du mehr Freiheiten genießen kannst?“ Kaum waren sie allein, klopfte er der jungen Frau dreist auf den Hintern. Wütend stieß sie seine Hand weg. Ungern erinnerte sie sich daran, dass sie es auch mit ihm schon mehrmals getrieben hatte. Einmal im Schuppen wo nun Vraem stand. Ein andermal an den Ufern der Seine und ein drittes Mal bei ihm zu Hause, während seine Frau in der Apotheke Rezepte mischte. Das Feuer in ihrem Hintern war nicht zu löschen und je öfter sie es trieb, um so mehr gelüstete sie danach. Seitdem sie nach einer verpfuschten Abtreibung durch eine Engelmacherin unfruchtbar geworden war, betrachtete sie ihren Schoß nur noch als Lustquelle.

      „Nimm’s mir nicht übel, Lea! Ich würde dich niemals verdächtigen, deinen Alten abmurksen zu wollen. Er taugt zwar im Bett nicht, aber er bringt Geld. Denn Geld lässt sich nicht so leicht beschaffen, auch nicht mit solch einem saftigen Hintern wie dem deinen!“

      Blitzschnell fasste er unter ihren Rock. Angewidert stieß ihm Lea ihr Knie in die Hoden. Er schrie gepeinigt auf.

      „Du Luder!“ Er ohrfeigte sie. „Sei froh, dass ich deinen Alten nicht von deinem Lotterleben erzähle. Er würde geradewegs ins Grab sinken, vor Scham, mit solch einer Hure verheiratet zu sein.“

      „Ich bin keine Hure!“ Sie spuckte ihm ins Gesicht. „Merk dir ein für allemal, dass dir mein Körper nicht mehr zur Verfügung steht. Ich bin sehr wählerisch geworden.“

      Bedächtig wischte sich der Arzt den Speichel von der Wange, dann verzog er seinen Mund zu einem breiten Grinsen, aus dem im nächsten Moment ein höhnisches Wiehern dröhnte.

      „Wählerisch! So weit ich informiert bin, hat sich halb Saint-Ouen an deinem Hintern gütlich getan. Das ist nicht sehr wählerisch.“

      „Meistens waren es junge, ansehnliche Männer und nicht solch grobschlächtige Kerle wie du.“

      „Ach, geh zum Teufel, dummes Weibsstück!“ Er wandte sich zum Gehen, drehte sich aber noch einmal um. „Gib deinem Mann, dem armen Kerl, keinen Alkohol, lass ihn Milch und Suppe trinken, aber misch kein Hexenkraut darunter und koche das Trinkwasser gut ab. Schick mir morgen Philippine. Ich werde eine Medizin brauen lassen, die ihn wieder auf die Beine bringt.“

      Schnell duckte sich Philippine hinter das hohe Fass, das neben dem Eingang stand, damit der Arzt sie nicht sehen sollte. Sie war vom Geschrei der beiden angelockt worden und hatte, in der Annahme, es ginge um den Zustand ihres Vaters, ins Haus gehen wollen. Im letzten Moment hielt sie inne und wurde dabei unfreiwillig Zeugin der derben Unterhaltung. Nicht zum ersten Mal erlebte und hörte sie Dinge, die die dunklen Seiten ihrer Mutter ans Licht zerrten. Bis heute hatte sie nichts davon geglaubt. Lästermäuler sind es, die meine Mutter schlecht machen wollen. Böse Zungen, die ihr die Schönheit neideten. Weit und breit gibt es keine Frau, die mit dreiunddreißig Jahren und nach sechs Geburten noch so blüht. So dachte Philippine bisher. Heute jedoch fiel der Zweifel auf fruchtbaren Boden. Er fing an zu keimen.

      Philippine wartete eine Weile, bevor sie ins Haus trat. Der Raum war leer. Jedenfalls sah es zunächst so aus. Doch da entdeckte sie Frieda. Verborgen kauerte sie in einem Winkel des Zimmers und zitterte.

      „Was ist mit dir, Schwester? Warum zitterst du am ganzen Leib?“

      „Ich habe Angst!“, stotterte die Ältere. Ihre Zähne schlugen gegeneinander, ihre Lippen zuckten und aus aufgerissenen Augen starrte sie die jüngere Schwester an.

      „Ist es wegen Vater? Hast du Angst um sein Leben?“

      Mit versteinertem Gesicht nickte Frieda. Beruhigend streichelte Philippine über Friedas Haar und sagte:

      „Die Medizin wird ihm helfen. Bald ist er wieder gesund.“

      Da schüttelte Frieda den Kopf. Unaufhörlich schüttelte sie ihn, immer heftiger und wilder als machte er sich selbstständig, als wollte er sich von ihrem Körper lösen. Dabei stieß sie zerrissene Sätze aus.

      „Wir müssen uns ... in Acht nehmen! Vater ... Alberta ...!“

      „Alberta? Was ist mit Alberta?“

      „Spazieren! Spazieren!“ Frieda wiegte den Kopf hin und her wie eine Schwachsinnige. Besorgt kniete sich Philippine neben sie, rüttelte sie und fragte, wo sie Alberta gesehen habe.

      „Im Wald, im Wald. Das Moor ...!“

      Philippine standen die Haare zu Berge.

      „Sie ist bis zum Moor gegangen?“

      „Nein, nein ... nur bis zum Weiher!“

      „Oh, der ist an manchen Stellen tückisch. War sie allein?“

      Frieda schüttelte den Kopf. Dann wurde sie mit einem Mal kreidebleich. Schritte waren zu hören. Zitternd duckte sie sich tiefer in den Winkel, während die Jüngere rasch zur Tür humpelte und so tat, als sei sie eben eingetreten.

      „Wie geht es Vater?“, rief sie der entgegenkommenden Mutter zu.

      „Er ist bei Besinnung!“, antwortete Lea nervös. „Kümmere dich um ihn. Ich laufe kurz auf den Markt und hole Fleisch, damit er wieder zu Kräften kommt.“

      „Fleisch!“, wiederholte Philippine leise für sich. „Woher nimmt sie nur immer das Geld dafür?“ Fragend sah sie ihr nach. Indessen war Frieda aus ihrem Winkel gekrochen.

      „Ich weiß es, aber ich darf es dir nicht sagen.“

      Heftig СКАЧАТЬ