Paul McCartney - Die Biografie. Peter Ames Carlin
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Paul McCartney - Die Biografie - Peter Ames Carlin страница 15

СКАЧАТЬ der Hoffnung, dass eine selbstproduzierte Platte ihre Talente vielleicht eher ins rechte Licht rücken würde, verbrachte die Band ein paar Wochen damit, Buddy Hollys „That’ll Be The Day“ perfekt einzustudieren und außerdem Pauls lebhafte, wenn auch stark von verschiedenen Rhythm & Blues-Mustern abgekupferte Nummer „In Spite Of All The Danger“ als B-Seite vorzubereiten. Sie buchten sich eine Session in einem halbprofessionellen Studio, das im Nebenraum des Elektrogeschäfts eines gewissen Percy Phillips untergebracht war, und hauten beide Titel in einem einzigen Durchgang raus. Eine Stunde später hielt die Band mit der frischgepressten Schellackplatte eine greifbare Verkörperung ihrer kühnsten Träume in Händen. Sie einfach nur festzuhalten, war schon aufregend. Dass man sie dann noch auf den eigenen Plattenteller legen konnte und die eigene Stimme und die eigenen Instrumente aus einem Lautsprecher hörte, aus dem sonst Elvis und Buddy und all ihre anderen Helden schallten – das war sogar noch besser. „Wir einigten uns darauf, sie immer die Runde machen zu lassen“, erinnert sich Duff. „Aber irgendwie blieb die Platte am Ende in meinem Besitz. Es dauerte Jahre, bis ich mir mal eine andere Beatles-Platte kaufte.“

      Duff verließ die Quarrymen wenige Wochen später. Er hatte eine neue Freundin, und das einzige Mal, als er sie zu einer Probe in die Forthlin Road mitnahm, brach sie angesichts dessen, was sie da hörte, nicht gerade in Begeisterungsrufe aus. „Es war ein schrecklicher Lärm in diesem kleinen Raum“, sagte Duff. „Sie wollte lieber ein bisschen spazieren gehen. Also ging ich nicht mehr hin, so einfach war das.“55

      Vielleicht war es sogar noch einfacher. Als Duff sich verabschiedete, um lieber Spaziergänge mit seiner Freundin zu machen, nur wenige Wochen nach ihrem ehrgeizigen Besuch in Percy Phillips Aufnahmestudio, gab es die Quarrymen nicht mehr.

      * * *

      Es brach alles am Abend des 15. Juli zusammen, einen Tag, nachdem sie beinahe den großen Sprung in die Welt der Schallplattenstars geschafft hatten. John war zu seiner Mutter gefahren und wartete mit ihrem Freund, mit dem sie die Wohnung teilte, und ihren gemeinsamen Töchtern darauf, dass Julia nach Hause kam. In den letzten Wochen waren sich Mutter und Sohn recht nahegekommen und hatten eine enge Verbindung zu einander aufgebaut, wenn auch vielleicht keine typische Mutter -Sohn-Beziehung. Julia unterhielt sich und alberte mit ihrem Sohn herum, als seien sie enge Freunde, die ein wenig flirten. Ihre Beziehung linderte ein wenig die Verletzungen, die John seit seiner Kindheit erlitten hatte, und so besuchte er sie oft und gern und war durchaus bereit, ein wenig auf sie zu warten.

      Wie sich später herausstellte, war Julia währenddessen bei ihm zu Hause und besuchte ihre ältere Schwester Mimi. Gegen neun Uhr abends verabschiedete sie sich, unterhielt sich noch kurz mit Nigel Walley, der auf der Suche nach John war, und schickte sich an, die Straße zu überqueren, um dort auf den nächsten Bus zu warten. Julia schaffte es nicht mehr über die Menlove Avenue. Als sie hinter der Hecke hervortrat, die am Rand des begrünten Mittelstreifens der breiten Straße wuchs, wurde sie von einem heranrasenden Auto erfasst. Ihr Körper wurde dreißig Meter weit geschleudert. Walley, der Zeuge des Unfalls wurde, rannte sofort zu ihr. Als er sie erreicht hatte, wusste er, dass sie tot war, noch bevor er sie berührt hatte.

      John, der immer noch darunter litt, dass seine Mutter ihn als kleines Kind verlassen hatte, war am Boden zerstört. Er war so mitgenommen, dass er nicht einmal mit Paul über diese Tragödie sprach, obwohl er natürlich wusste, dass Paul vor zwei Jahren denselben Verlust erlitten hatte. Stattdessen zog er sich in sein Zimmer zurück und schloss die Tür. Wenn er das Haus verließ, dann nur, um in einem Pub genug zu trinken, bis er aus seinem Schmerz eine Waffe schmieden konnte. Er war gehässig zu seinen Freunden und provozierte Streit und Schlägereien mit Fremden. „Die Komplexe, die ich schon als Kind gehabt hatte, wurden damals riesengroß“, sagte John der Zeitschrift Playboy viele Jahre später.

      Johns Gitarre – das Symbol seiner Verbindung zu Julia – stand in einer Zimmerecke und setzte Staub an. Bandproben kamen überhaupt nicht infrage. Es dauerte Wochen, bis Paul ihn dazu bewegen konnte, ihm überhaupt die Tür zu öffnen, und noch länger, bis John sich wieder mit ihm zusammensetzen wollte, um ein oder zwei Songs zu schreiben. Als er schließlich wieder dazu bereit war, organisierte Paul einige Proben, die nun bei John zu Hause stattfanden, um es dem Bandboss, der noch immer eine sture Gleichgültigkeit zeigte, möglichst einfach zu machen. Paul hielt auch im Herbst weiter daran fest, als er und John wieder zum Unterricht an den jeweiligen Schulen gingen. Johns Freunde an der Kunstakademie waren entsetzt, als sie erfuhren, was ihrem Klassenkameraden im Sommer widerfahren war. John trauerte den ganzen Herbst und Winter um Julia und flüchtete sich in ein immer ausschweifenderes, feindseligeres Verhalten. Um seinen Zorn auf die ganze Welt irgendwie herauszulassen, griff er Fremde ebenso an wie Freunde.

      Bill Harry, ein aufstrebender Autor, der sich mit John in dessen erstem Jahr auf der Kunstakademie angefreundet hatte, erinnert sich: „Viele Leute verloren die Geduld mit John.“56 Im Krieg oder durch Krankheiten hatten so viele junge Menschen ihre Eltern verloren, dass es vielen ähnlich ging wie ihm. Und kaum jemand reagierte deswegen so aggressiv wie er. „Niemand von uns hatte eine so extreme Selbstmitleidsphase durchgemacht. Man dachte allgemein, Augen zu und durch.“

      Aber Paul schien endlose Geduld mit John zu haben. Er schwänzte den Unterricht, um mit seinem Freund im Jacaranda Coffehouse Kaffee zu trinken, oder verbrachte die Nachmittage damit, sich an einem einsamen Bier festzuhalten und auf der Jukebox im Ye Cracke Pub Rock ’n’ Roll-Songs zu hören. Natürlich hatte Paul sowieso mehr Lust, Zeit mit John zu verbringen, als sich durch die Lektionen und Aufgaben zu arbeiten, die auf seinem Pult im Liverpool Institute auf ihn warteten. Aber die Stunden, die sie miteinander verbrachten, waren auch emotional bedeutsam. Selbst wenn sie selten über den Schmerz sprachen, den der Tod ihrer Mütter in ihnen ausgelöst hatte, sorgte das gemeinsame Empfinden und Johns große, noch offene Wunde für eine Verbindung, die ebenso kraftvoll war, wie sie unausgesprochen blieb. Paul sprach später von einem „ganz besonderen Band, etwas, das uns gehörte, etwas Besonderem“57. Selbst wenn man nur schweigend dasaß und mit dem Kopf im Takt von Elvis’ „All Shook Up“ oder Gene Vincents „Blue Jean Bop“ nickte – wenn man dann den anderen ansah, war es, als erhascht man einen Blick auf die Seele eines Menschen, der ebenfalls genau wusste, dass diese Songs auch das allerschlimmste Schweigen füllen konnten. „Wir sahen einander an“, sagte Paul, „und wussten Bescheid.“

      Paul begann, seine Mittagspause größtenteils in der Cafeteria der Kunsthochschule zu verbringen, mit John und seinen älteren Freunden zu essen und zu rauchen. Schließlich begleitete ihn auch George dorthin, und wenn jemand eine Gitarre dabei hatte (und das war bei Paul und George meistens der Fall), dann packten sie das Instrument aus und sangen gemeinsam ein paar Songs. Wenn es auch den Studenten zunächst komisch vorkam, dass ihre Cafeteria von Jugendlichen in Schuluniformen gestürmt wurde, über die Musik beschwerte sich niemand. Irgendwann gehörte Lennon mit seinen Bubi-Kumpels einfach zum Gesamtbild. „Sie waren so oft dort, dass ich sie immer nur die College-Band nannte“58, sagt Harry.

      Ein Bandmitglied, das bei diesen Mittagssessions nie auftauchte, war Schlagzeuger Colin Hanton, der die Schule verlassen hatte, um eine Lehre als Polsterer zu machen. Er hatte außerdem eine Freundin und war Anfang 1959 zu dem Schluss gekommen, dass die Sache mit den Quarrymen ihr natürliches Ende gefunden hatte. „Ich hatte nie das Gefühl, dass es für uns irgendwohin ging. Jedenfalls hatte ich in der Hinsicht auch gar keinen Ehrgeiz. Ich war nur aus Spaß und wegen des Guinness mit dabei“59, sagt er. Aber als es Paul gelungen war, einen Gig in einem Arbeiterclub zu organisieren, packte Hanton dann doch wieder sein Schlagzeug zusammen und war bereit mitzuspielen. Das erste Set der Band lief so gut, dass der Clubbesitzer sie zur Bar führte und ihnen in der Pause Bier auf Kosten des Hauses anbot. Leider blieb es nicht bei einem. „Als das zweite Set begann, waren John, Paul und ich ziemlich besoffen. Und das ganze Programm verkam zu einer betrunkenen Katastrophe.“

      Es kam jedoch noch schlimmer. Ein Manager, der zu der Vorstellung gekommen war, um herauszufinden, ob die Quarrymen die richtige Band zur Pausenunterhaltung in einer Bingohalle waren, erschien nach dem Konzert in der СКАЧАТЬ