Paul McCartney - Die Biografie. Peter Ames Carlin
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СКАЧАТЬ und fuhren nach Hause. Paul begann, mit der typisch betonungsfreien Art eines Gehörlosen zu sprechen. Es war ihre neueste Masche, eine bösartige Imitation, von der er wusste, dass sie John aufheitern würde, der stets einen perversen Spaß daran hatte, sich über Behinderte lustig zu machen. Beide wussten jedoch nicht, dass Hanton auf der Arbeit einen Freund hatte, der taub war und genauso sprach. Nach diesem beschämenden Abend, vielleicht aber auch wegen der Tatsache, dass Paul ihn schon seit Monaten ständig verbessert hatte, explodierte Hanton endlich.

      „Ich baute mich vor Paul auf und sagte ihm, er sollte verdammt noch mal die Klappe halten“, sagte Hanton60. „Er wirkte schockiert. Das hatte er wohl nicht erwartet. Ich wusste, dass er niemand Besonderen nachmachte, es war einfach diese Stimme. Aber das und die Sache mit dem Kerl von der Bingohalle gaben mir den Rest. Ich packte mein Schlagzeug oben auf meinen Kleiderschrank, und das war das letzte Mal, dass ich den Jungs begegnet war.“

      Kapitel 4

      Manchmal nach der Schule trennte Paul sich von seinen Freunden und ging alleine die Lime Street hinunter in Richtung Stadtzentrum. In der Erwachsenenwelt der Büroangestellten klappte er den Kragen seiner Jacke hoch und zog eines jener ernsten Bücher hervor, die er mittlerweile las. Die Werke von Tennessee Williams, Oscar Wilde oder George Bernard Shaw, vielleicht auch eine der seriöseren Zeitungen … Paul hatte normalerweise mindestens eine in seiner Umhängetasche, und wenn er allein unterwegs war, dann setzte er sich oft eine Weile irgendwo hin und las ein paar Seiten. Er dachte über die Worte nach, natürlich, aber auch über die Gesichter der Männer und Frauen um ihn herum. Woher kamen sie? Was dachten sie? Er lauschte ihren Unterhaltungen und versuchte die Gefühle hinter ihren Witzen, ihrem Lachen und ihren Seufzern zu erfassen. Für ihn war alles ein großes Theaterstück, eine weitere Szene des großen Werks, das er ständig in seinem Kopf erschuf.

      „Ich machte mich ganz bewusst daran, Material zu sammeln“61, sagte Paul. „Mir gefiel der Gedanke, ein Künstler zu sein. Ich bereitete mich darauf vor. Zwar wusste ich nicht, wie ich das bei meiner Herkunft bewerkstelligen sollte … aber mein ganzer Kopf war voll davon, das war wie ein Rausch.“

      Über die Jahre, die er das Liverpool Institute besucht hatte, waren ihm das eigene intellektuelle Potenzial und die Horizonte, die es ihm eröffnen mochte, immer mehr bewusst geworden. Inspiriert hatte ihn vor allem der Literaturunterricht von „Dusty“ Durband, einem jungen Lehrer mit leuchtenden Augen, der bei seinen Schülern die Begeisterung für Geoffrey Chaucer zu wecken verstand, indem er auf die unanständigen Stellen in der „Erzählung des Müllers“ hinwies und die blutigen Action-Elemente in Hamlet und anderen Shakespeare-Dramen hervorhob. Durband war dabei dennoch sehr bodenständig, was für einen Jungen aus der Arbeiterklasse, wie Paul einer war, sehr wichtig war. Aber ebenso bedeutsam war es angesichts der Aufsteiger-Ambitionen, die Paul hegte, dass Durband beeindruckende Empfehlungen vorweisen konnte. Er hatte in Cambridge zusammen mit dem einflussreichen Literaturkritiker F.R. Leavis studiert und bereits ein Theaterstück geschrieben, das die BBC als Hörspielfassung gesendet hatte. Jahrzehnte später beschrieb Paul ihn als den „besten Lehrer für englische Literatur, den es je gab“62.

      Durband entdeckte sehr schnell, dass Paul etwas Besonderes hatte, und er empfahl ihm häufig Bücher, die andere Oberschüler nicht im Traum rein zum Vergnügen angefasst hätten – daher stammte Pauls Vorliebe für Williams, Wilde und Shaw. Vor allem aber half Durband seinem pausbäckigen Schüler, den Zusammenhang zwischen Kunst, Intellektualität und Rebellion zu erkennen.

      Die Vorstellung, Akademiker zu werden, verführte Paul dazu, sich wie ein Collegestudent zu kleiden und zu benehmen. Er besuchte Kunstseminare an der Liverpooler Universität und kaufte sich Studententickets für die Theaterstücke, die in den Schauspielhäusern Royal Court und Liverpool Playhouse aufgeführt wurden. „Ich versuchte mich auf das Dasein als Student vorzubereiten“63, sagte er. Wenn Unterricht und Bühne zusammenkamen, interessierte ihn dies doppelt. Paul bewarb sich um die Hauptrolle in der Schulaufführung von George Bernard Shaws Die heilige Johanna, die jedoch der ältere, bühnenerfahrene Peter Sissons erhielt; Paul musste sich mit einer stummen Rolle zufriedengeben.

      Dennoch war Paul, rein akademisch betrachtet, nur mittelmäßig. Seine Begeisterung für seine Gitarre und die Quarrymen – oder auch nur dafür, mit John zu spielen und zu singen – drängte seinen Ehrgeiz, die Hausaufgaben fertig zu machen oder überhaupt erst einmal anzufangen, oft in den Hintergrund. Als die nächsten entscheidenden Prüfungen, die sogenannten O-Levels, anstanden, absolvierte er sie über zwei Schuljahre verteilt. Nur in Spanisch bestand er gleich im ersten Jahr, bei der nächsten Runde konnte er jedoch fünf weitere Fächer abschließen. Die A-Levels, die nächsthöhere Prüfungsstufe, versuchte er nur in zwei Fächern und bestand lediglich in Englisch.

      Insgesamt brillierte Paul vor allem in Fächern, in denen es mehr auf natürliches Talent als aufs Lernen ankam. Glücklicherweise besaß er eine schnelle Auffassungsgabe und konnte sich verschiedene Themen schnell aneignen. Visuelle Darstellungen fielen ihm ungewöhnlich leicht. Für seine Zeichnungen und Bilder erhielt er oft Bestnoten, und er war häufig an prominenter Stelle in den Kunstausstellungen der Schule vertreten. Er gewann einen Sonderpreis für Kunst beim jährlichen „Speech Day“, einer Festveranstaltung des Liverpool Institute im Dezember 1959. Doch seine mangelnde Bereitschaft, mehr Energie und Zeit auf das Lernen zu investieren, führte dazu, dass Paul nicht die Noten nach Hause brachte, die er gebraucht hätte, um sich an einer der Spitzenuniversitäten des Landes zu bewerben. Als die letzten beiden Schuljahre begannen, drängten ihn seine Lehrer ebenso wie sein Vater dazu, sich doch vielleicht für ein Lehrerkolleg zu entscheiden.

      Die Vorstellung entsprach nicht ganz den Elfenbeinturmphantasien, die er bisher gehegt hatte. Die Tweedjacke mit den Lederflicken, die er so gern trug, die Pullover mit Rundhalsausschnitt und die schweren Taschenbücher, die er mit sich herumschleppte, waren die Statussymbole eines Universitätsangehörigen, eines Mannes, der für eine Karriere als Geisteswissenschaftler, Jurist oder sogar Mediziner geschaffen war. Aber während Paul durchaus die Vorteile sah, die eine solide Mittelklasseausbildung bieten würde, sich bei einem Lehrerkolleg in Hereford bewarb und sogar angenommen wurde, konnte er dennoch der Verlockung nicht widerstehen, seine Energien gleichzeitig ganz woandershin zu richten.

      „Weißt du, ich habe Pauls Leben zerstört“64, sagte John Lennon Jahre später dem Journalisten Ray Connolly. „Er hätte zur Universität gehen können. Vielleicht wäre er Arzt geworden. Er hätte wirklich Karriere machen können!“

      Aber natürlich wusste Paul bereits, was er werden wollte, und er wusste auch, wer ihm bei der Erreichung seines Ziels vermutlich würde helfen können. Er wollte Songwriter und Musiker werden, und sein Partner bei beidem sollte John Lennon heißen. Alles andere mochte sich ändern, aber solange er an dieser Zusammenarbeit festhalten konnte, spielte das keine Rolle.

      * * *

      John hatte allerdings andere Dinge im Kopf. Im Herbst 1958 und Anfang 1959 beschäftigte ihn die Kunstakademie – wenn auch nicht unbedingt die Studieninhalte – viel zu sehr, als dass er viel an seine Band gedacht hätte. Er traf sich mit einer Studentin, einer ruhigen Blondine aus dem recht noblen Stadtteil Hoylake, der am anderen Merseyufer auf der Halbinsel Wirral lag. Sie hieß Cynthia Powell und hatte mit ihrer warmherzigen Art einen stabilisierenden Einfluss, der dazu beitrug, Johns Trauer und Zorn ein wenig zu dämpfen. Zudem hatte er sich eng mit einem der vielversprechendsten Studenten angefreundet, einem höchst talentierten Maler namens Stuart Sutcliffe, dessen gefühlvolle Porträts und dicht gewebte abstrakte Gemälde nicht nur bereits die Aufmerksamkeit eines Dozenten geweckt hatten, sondern auch unter den Galeristen, Künstlern und Kritikern, die den Bohème-Zirkel rund um den Campus bevölkerten, für Gesprächsstoff sorgten. John fühlte sich ebenfalls von Stus Talent angezogen, und als ihm der Kommilitone anbot, zu ihm in seine große, wenn auch etwas heruntergekommene Wohnung zu ziehen, die in der ehemals recht eleganten Häuserzeile der Gambier Terrace in der Nähe der Akademie lag, wurde ihre Freundschaft noch enger. Die Wohnung wurde СКАЧАТЬ