Paul McCartney - Die Biografie. Peter Ames Carlin
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СКАЧАТЬ zur St.-Peter’s-Kirche hinauf. Er kam ein bisschen zu spät – die Quarrymen spielten schon auf der draußen errichteten Bühne, der Ladefläche eines Lastwagens. Als er sich unter die Zuschauer mischte, war er weniger beeindruckt von der Band, deren Mitglieder nicht gerade versierte Musiker waren, als von dem Charisma des Jugendlichen, der vorn in der Mitte stand und das einzige Mikrofon der Bühne für sich beanspruchte.

      Das also war John Lennon! Paul erkannte ihn, obwohl sie sich zuvor nie wirklich begegnet waren. Er war jener ältere Typ mit der großen Klappe, den er in Allerton und Woolton schon öfter gesehen hatte, wie er im Bus mit einem Freund lachte oder großspurig die Mather Avenue entlangstolzierte – einer von genau jenen großmäuligen, aufsässigen Halbstarken, von denen er während seiner Schulzeit in Speke sich fernzuhalten gelernt hatte. Und das war kein Wunder: John sah aus wie ein Teddyboy. So nannte man damals die harten Jungs, die sich ein wenig nach der edwardianischen Mode kleideten und die man gelegentlich sah, wie sie lässig an eine Wand gelehnt dastanden und jeden anpöbelten, der des Weges kam. Allerdings war er ein Freund von Ivan, und das bedeutete, dass er nicht ganz verkehrt sein konnte. John stand da, trug ein kariertes Hemd und dunkle Hosen, und eine widerspenstige Locke seines kastanienbraunen Haars fiel ihm in die feuchte Stirn, während er seine Akustikgitarre spielte und in das Mikrofon sang.

      Die anderen Quarrymen – ein weiterer Gitarrist, ein Teekistenbassist, ein Waschbrettspieler, ein Schlagzeuger und ein Typ mit einem Banjo – folgten dem, was er vorgab. Sie waren allesamt ganz ordentliche Musiker, aber Lennon war der Kerl, der alle Blicke auf sich zog. Er war kein großartiger Gitarrist, das konnte man nicht sagen. Seine Art zu spielen war sogar ziemlich seltsam: Sein Fingerpicking war daneben, und er spielte mit drei Fingern Akkorde, die Paul überhaupt nicht kannte. Die Worte, die er sang, hielten sich nicht an das Original. In Johns Version von „Come Go With Me“ lud der Erzähler seine große Liebe in eine Vollzugsanstalt ein. In einem anderen Song baute John die Zeile ein, dass eine gewisse Mimi gerade den Weg entlangkam, und offenbar war das an die streng wirkende, ältere Frau am Rand der Menge gerichtet, die er breit angrinste. Aber egal, was er mit seiner rauen, kraftvollen Stimme sang – „Puttin’ On The Style“, „Maggie Mae“, „Railroad Bill“, „Be-Bop-A-Lula“ – Lennon vermittelte eine anarchistische, zu allerlei Streichen aufgelegte Freude.

      Die Band spielte eine Weile, vielleicht eine halbe Stunde, dann packten die Musiker hastig ihre Sachen zusammen und machten die Bühne frei. Eine Bekanntmachung über die Tanzveranstaltung im Gemeindehaus am Abend, bei dem die Quarrymen zwei Mal auftreten sollten, hallte über den Platz. Paul ging nun zu Ivan hinüber, der ihm auf den Rücken klopfte und auf die kleine, hölzerne Pfadfinderhütte deutete, in denen die Quarrymen, wie auch alle anderen Musiker an jenem Tag, ihre Sachen zwischen den einzelnen Shows aufbewahrten. Sagen wir doch einfach mal Hallo. Ivan führte Paul auf direktem Weg zu der Hütte, und als sie sich unter dem Türrahmen hindurchgeduckt hatten, sahen sie die Gruppe in einer Ecke stehen; offenbar wollten die Musiker etwas Abstand von den Pfadfinderjungen halten, die gerade in ihre Trompeten bliesen. Der Schlagzeuger der Quarrymen, Colin Hanton, sah von seinen Trommeln auf und nickte ihnen zu. „Ich sah, wie Ivan mit diesem anderen Jungen reinkam“33, erinnerte er sich. „Dieser Typ, den wir alle nicht kannten. Und dann redeten sie mit John.“

      Zuerst zeigte der oberste Quarryman eine relativ verächtliche Haltung. Er zuckte die Achseln, sagte nicht viel, machte eine Bemerkung dazu, dass Paul so jung aussah – das letzte bisschen Babyspeck ließ ihn tatsächlich jünger wirken als fünfzehn. Paul erinnerte sich später, John sei betrunken gewesen (wobei er zugab, selbst auch ein bisschen „angeheitert“34 gewesen zu sein). Aber Rod Davis, der Banjospieler der Quarrymen, tut das als eine „sehr blumige“ Ausschmückung der Geschichte ab. „[Pastor] Pryce-Jones hätte uns nie auf sein Fest gelassen, wenn wir nach Bier gerochen hätten oder sogar betrunken gewesen wären.“35 Und woher hätten sie das Bier auch haben sollen? Keiner von ihnen hatte Geld genug, in einem Pub ein paar Runden zu schmeißen. Und welcher Pub in Woolton hätte eine Gruppe Jugendlicher aus der Nachbarschaft überhaupt bedient? „Die kannten uns doch alle, das war unmöglich. [Waschbrettspieler] Pete Shotton und ich könnten uns höchstens vorstellen, dass irgendjemand John eine Flasche Bier gegeben hatte.“

      Ivan redete weiter und erzählte John, was Paul für ein toller Gitarrist war und wie viele Songs er aus dem Gedächtnis spielen konnte. Sie unterhielten sich über Gitarren, und John sagte, dass er für sein Instrument eine offene G-Stimmung bevorzugte, so wie beim Banjo. Seine Mutter hatte ihm das so beigebracht, und er hatte nie gelernt, wie man eine Gitarre eigentlich richtig stimmte. Sie redeten über Songs, verglichen, welche sie kannten und welche sie immer noch zu knacken hofften. Als Paul Eddie Cochrans „Twenty Flight Rock“ erwähnte, flackerte Interesse in Johns Augen auf – beherrschte er den wirklich? Akkorde, Text und alles? Paul strahlte. Na klar! Er deutete auf Johns Gitarre. Darf ich mal? John zuckte die Achseln. Paul nahm die Gitarre, griff nach den Knebeln und brachte das Instrument schnell in die normale Stimmung. Dann drehte er es um, suchte nach dem G-Akkord, was nicht so einfach war, weil die Saiten nun in der umgekehrten Reihenfolge waren, und begann mit der ersten Strophe: Oh well, I gotta girl wih a record machine …

      Die Quarrymen waren überwältigt. „Es war der Wahnsinn“36, sagte Eric Griffiths, der andere Gitarrist. „Er hatte so ein Selbstbewusstsein, er legte einen richtigen Auftritt hin.“

      Ivan strahlte. Selbst John schien beeindruckt. Paul, der begeistert war, endlich einmal Publikum zu haben, machte weiter. Er versuchte sich an „Be-Bop-A-Lula“ – eine sehr selbstbewusste Wahl, da die Quarrymen den Titel gerade selbst erst gespielt hatten – und dann an einer Reihe von Little-Richard-Hits: „Tutti Frutti“, „Long Tall Sally“, „Good Golly Miss Molly“. Paul hatte sich in die wogenden Basslinien Little Richards und in seinen energiegeladenen, überschlagenden Gesang verliebt und Stunden damit zugebracht, jedes A-wop-bop-a-loo-bop und alle durchdringenden Falsett-Schreie einzustudieren.

      „Er konnte auf eine Art und Weise spielen und singen, die keiner von uns beherrschte, auch John nicht“, berichtete Griffiths. „Wir konnten nicht genug davon bekommen.“ John war ganz offensichtlich begeistert, er lachte und klatschte mit. Als Paul schließlich aufhörte, dachte John durchaus darüber nach, den Neuen in seine Band zu holen, aber er bremste sich. „Bis dahin war ich der Boss gewesen“37, erklärte er Hunter Davies 1967. „Wenn ich ihn jetzt hereinnehme, so überlegte ich, was passiert dann? Ich muss ihn in Schach halten, wenn ich ihn reinlasse. Aber er war gut. Es lohnte sich, ihn zu holen.“ Sie trennten sich an jenem Abend, ohne sich zu einem weiteren Treffen verabredet zu haben. Aber John diskutierte die Idee mit seinem besten Freund und Bandkollegen Pete Shotton, als sie am Abend nach Hause gingen, und Pete war sofort seiner Meinung: Paul würde eine hervorragende Ergänzung für die Band sein. Als Pete ein paar Tage später zufällig sah, dass Paul auf seinem Raleigh-Fahrrad zu Ivan fuhr, winkte er ihn zu sich heran und fragte ihn, ob er nicht Lust hätte, den Quarrymen beizutreten. Paul zuckte die Achseln, nickte. Ja, klar, warum nicht. Wäre bestimmt lustig. Also, drängte ihn Shotton weiter, könnte er dann vielleicht zur Probe fürs nächste Konzert kommen, in der Innenstadt im Cavern Jazz Club am 8. August? Paul verzog das Gesicht. Hm, na ja, da würde er gerade in Urlaub sein. Aber er käme nicht lange danach wieder zurück, wäre das dann auch in Ordnung? Shotton nickte, und als er anschließend in die Menlove Avenue einbog, fuhr Paul wieder mit seinem Fahrrad davon. „Von diesem Augenblick an ging alles in eine ganz neue Richtung für mich“, sagte er Davies. „Nachdem ich John kennengelernt hatte, wurde alles anders.“

      Kapitel 3

      Er hatte damals noch durchaus etwas Weiches an sich. Jedenfalls wirkte er ein wenig rundlich – Paul war, als er ins Teenageralter kam, noch immer ein wenig Babyspeck geblieben, was teilweise auch den Kuchen und Süßigkeiten zu verdanken war, mit denen die mutterlosen McCartney-Jungen von den besorgten Tanten verwöhnt wurden. Diese kleine Schwäche nutzte Mike gern aus, der schnell begriffen hatte, dass er seinen großen Bruder sofort zur Weißglut bringen konnte, wenn er ihn als „Fatty“ verspottete. Aber unter Pauls runden Wangen und den sanften braunen Augen verbarg sich ein stählerner Wille und eine СКАЧАТЬ