Paul McCartney - Die Biografie. Peter Ames Carlin
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Paul McCartney - Die Biografie - Peter Ames Carlin страница 13

СКАЧАТЬ Sound der Band beeindruckt. So sehr, dass er den Quarrymen vorschlug, von jetzt an regelmäßig an den samstäglichen Tanzabenden aufzuspielen, die er in diesem Herbst in den örtlichen Sälen in der Umgebung ­organisierte.

      Sie waren auf dem Weg.

      * * *

      Die zwei Jugendlichen waren in vieler Hinsicht wie ein Spiegelbild füreinander. Wenn John und Paul sich gegenübersaßen, deuteten die Hälse ihrer Gitarren – des Rechtshänders und des Linkshänders – in dieselbe Richtung, während ihre Finger im Gleichklang über das Griffbrett huschten. Ihre Charaktere ergänzten sich; die Hitzköpfigkeit und oft auch Unbeherrschtheit des Älteren federte sein jüngerer Partner mit seiner lächelnden, einschmeichelnden Art ab. Aber auch, wenn ihre Freundschaft unpassend anmuten mochte, spürten John und Paul vermutlich, wie gut sie die Schwächen des jeweils anderen ausglichen. John bewunderte Pauls lockere Entertainerqualitäten, sowohl auf als auch abseits der Bühne, während Paul sich in Johns bissiger Intelligenz sonnte und es genoss, dass sein Freund all die brutalen Dinge, die er, Paul, insgeheim dachte, aber nie zu äußern wagte, ohne Probleme – ja, sogar offensichtlich mit Genuss – auszusprechen wagte.

      Sie beide begriffen zudem, als sie über ihr Leben sprachen und einander ihre Geheimnisse anvertrauten, dass ihre so unterschiedlichen Persönlichkeiten von demselben unaussprechlichen Verlust geprägt worden waren. Denn während Pauls Mutter gestorben war, hatten sich Johns Eltern scheiden lassen, als er noch klein war, und sich dann mehr oder weniger aus seinem Leben zurückgezogen. Das hatte John verletzt, er fühlte sich im Stich gelassen. John war aber dennoch in recht geordneten Verhältnissen aufgewachsen, bei seiner strengen, aber liebevollen Tante Mimi im grünen Vorort Woolton. Die Trennung von seinen Eltern und ein überbordendes Gefühl des Zurückgewiesenseins machten John aber offensichtlich immer noch zu schaffen.

      „John war bissig und witzig aus Notwendigkeit, und darunter verbarg sich ein sehr warmherziger Charakter, wenn man ihn näher kannte“46, erklärte Paul. „Ich war das genaue Gegenteil, locker, freundlich, hatte keinen Grund, jemanden zu verletzen oder mich bitter zu zeigen, aber wenn es nötig war, konnte ich knallhart sein.“

      John war die eiserne Entschlossenheit hinter Pauls freundlichem Äußeren sicherlich ebenso aufgefallen. Aber vor allem faszinierten John die musikalischem Fähigkeiten seines neuen Freundes – sein frappierendes Geschick, mit dem er die Akkorde und Melodien der Songs knackte, die sie auf dem Plattenspieler im Wohnzimmer oder knisternd und knackend über Mittelwelle auf Radio Luxemburg hörten. Dass Paul tatsächlich eigene Songs geschrieben hatte, „I Lost My Little Girl“ und noch ein paar andere, machte ihn noch interessanter, ebenso wie umgekehrt Johns Fähigkeit, seine anarchistische Energie in Rocksongs einzubringen, indem er manchmal an den Stellen, an denen er den richtigen Text noch nicht hatte herausfinden können, eigene absurde Textbruchstücke sang und damit Pauls Phantasie enorm befeuerte.

      Sie erkannten intuitiv die Stärken des anderen ebenso wie die überbordende Sehnsucht, die ihnen beiden eigen war und den Rock ’n’ Roll zum Mittelpunkt ihres Lebens werden ließ. Es war wie ein körperlicher Impuls, ein Trieb, der sich aus demselben inneren Feuer speiste wie die sexuelle Begierde, die damals beinahe, wenn auch nicht ganz, ihrer Gier nach Musik gleichkam. In Pauls Erinnerung waren die frühen Tage bei den Quarrymen eng verbunden mit der Entdeckung der Sexualität, manchmal zusammen mit John und anderen Bandkollegen. Sie träumten von Mädchen und masturbierten dann, erinnerte sich Paul; eine Gruppe von Jungen, die in Sesseln saßen und in ihrer Phantasie die geheimnisvollen Welten zukünftiger Vergnügungen erkundeten. „Dann sagte irgendjemand, meistens John, sowas wie ‚Winston Churchill!‘“47, berichtete Paul. „Und damit war es mit der Konzentration der anderen vorbei.“

      Wenn es jedoch darum ging, in die Geheimnisse der Musik einzutauchen, hielt sich John mit seinen Störmanövern zurück. Als Colin Hanton von einem Typ hörte, der irgendwo auf der anderen Seite der Stadt wohnte und den Dominantseptakkord H7 beherrschte – Grundelement jedes Blues-Zwölftakters, der in der Tonart E gespielt wird –, schnappten sich John und Paul ihre Gitarren und unternahmen eine vierzigminütige Busfahrt, um den besagten Gitarristen aufzusuchen. Die Fahrt dauerte sogar noch länger, weil sie nicht nur einmal, sondern zweimal umsteigen mussten, um auf dem Weg ein Exemplar der Coasters-Single „Searchin’“ aufzuspüren (sprich: zu entwenden). Das war eben jene Entschlossenheit, erkannte Paul später, durch die sich die Beatles von anderen Bands unterschieden. Ebenso, wie John und Paul von allen anderen Quarrymen.

      Schon bald war ihr Leben ganz eng mit dem des anderen verbunden, teilweise willentlich, aber auch zufällig. John begann gerade sein Studium an der Kunstakademie, ein Umstand, der ihm normalerweise ganz andere Kreise geöffnet hätte, zu denen ein bloßer Oberschüler keinen Zugang hatte. Aber die Akademie, das Liverpool Art College, lag nicht nur an der Mount Street, sondern tatsächlich genau neben dem Liverpool Institute. Das erleichterte es den beiden Bandkollegen, sich entweder nach der Schule oder im Laufe der Zeit auch mitten am Tag zu treffen und gemeinsam zu schwänzen, um Platten zu hören und Kaffee zu trinken oder aber zu Paul nach Hause zu fahren, um Gitarre zu spielen und sich daran zu versuchen, eigene Songs zu schreiben. Als Energiequelle dienten Spiegeleier, Toast und Tee (den sie gelegentlich, wenn sie keine Zigaretten schnorren konnten, in Jims Pfeife rauchten). Dann saßen sie nebeneinander auf dem Sofa im Wohnzimmer neben dem Plattenspieler und quälten ihre Gitarren, bis sich aus einem Melodiefetzen eine Akkordfolge herausschälte. Als Nächstes kam der Text, der meistens an einen Song von Buddy Holly oder Elvis angelehnt war, der sie gerade inspiriert hatte. Wenn ihnen eine Idee gekommen war, die es wert schien, festgehalten zu werden, klappte Paul ein liniertes Schulheft auf, überschrieb die Seite mit Ein neuer Originalsong von Lennon-McCartney und hielt dann in seiner sauberen Schülerhandschrift alle Ideen fest. Die ersten Songs waren allenfalls rudimentär zu nennen: „Too Bad About Sorrows“, „In Spite Of All The Danger“ und eine ziemlich unerhörte Teenie-Liebesballade mit dem Titel „Just Fun“. „Like Dreamers Do“ entwickelte sich, als Paul am Klavier saß und spielte. Der Song hatte eine ähnlich aufsteigende Akkordfolge wie „Stairway To Paradise“. Die knackige Rocknummer „One After 909“ zeichnete sich durch einen stampfenden Rhythmus und einen cleveren Text aus, der einen klagenden Blues mit einer verrückten Geschichte aus falsch gelesenen Anweisungen verband.

      „Wir sahen uns schon so ziemlich als das nächste große Songwriterteam“48, sagte Paul viele Jahre später. „Und lustigerweise wurden wir das dann auch.“ Dennoch, damals versuchten sie lediglich, ihre Energie zu kanalisieren und ihren eigenen Weg zu finden, um sich auszudrücken. Einmal machten sie sich sogar daran, ein Theaterstück zu schreiben, und skizzierten eine modernistische Fabel über eine Jesusgestalt namens Pilchard, der möglicherweise der Messias ist, vielleicht aber auch nicht. Seine Jünger finden es nie heraus, weil er den Raum im Obergeschoss, in dem er lebt, niemals verlässt. Die genaue Handlung lässt sich nicht mehr rekonstruieren, aber schon allein Pauls Beschreibungen erinnern stark an Samuel Becketts Warten auf Godot. Lennon und McCartney sollten jedenfalls niemals in den Ruf eines großen Dramatikers gelangen.

      Musik war alles, was sie interessierte, alles andere nahmen sie kaum wahr. Die Quarrymen hatten einmal als Hobby angefangen – „als Spaß“, um mit Rod Davis zu sprechen –, und die Auswahl der Bandbesetzung hatte mehr mit Freundschaft als mit Musikbegeisterung zu tun gehabt, von der Beherrschung eines Instruments ganz zu schweigen. Aber nun, da John von Paul inspiriert und dessen Einfluss immer stärker wurde, entwickelten sich die Quarrymen zu einer ganz anderen Band. Der Sound ging weg vom Skiffle und näherte sich mehr dem klassischen amerikanischen Rock ’n’ Roll. Deshalb wurde es unumgänglich, dass sich irgendjemand eine elektrische Bassgitarre anschaffte. Eric Griffiths war dafür der offensichtliche Kandidat, denn nun, da John und Paul beide vorn standen und Gitarre spielten, war er als dritter Gitarrist überflüssig. Griffiths wollte das jedoch nicht, also war er raus. Nicht, dass man ihm das irgendwann mitgeteilt hätte; man verlegte einfach eine Probe und erzählte Griffiths nichts davon. Andere Mitglieder verließen die Band aus persönlichen Gründen. Der Teekistenbassist, Len Garry, fing sich eine beinahe tödliche Hirnhautentzündung ein und lag monatelang im Krankenhaus. СКАЧАТЬ