Gesammelte Werke. Ernst Wichert
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788027237517

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СКАЧАТЬ Geschehenes geschehen sein, entgegnete der Statthalter, sich zur Mäßigung zwingend. Es handelt sich um alten Streit, und jeder glaubte in seinem Rechte zu sein. Ulrich von Jungingen aber, der mit seinem Blut und Leben dafür eingetreten ist, konnte sich auf den Schiedsspruch eines mächtigen Königs berufen. Polen hat die Entscheidung der Waffen vorgezogen, und sie schafft Recht unter denen, die auf Erden keinen Richter über sich haben. Wir bekennen uns besiegt, und darum lassen wir Euch des Sieges Preis. Mag Eure Gnade nicht mehr begehren, als was sie vorhin als ein Recht angesprochen hat, daß sich das Blatt nicht wende! Jetzt steht an der Waage, die dieser Länder Geschicke wägt, Eure Schale tief, die unsere aber hoch. Mag Euch ihr Gewicht deshalb nicht allzu leicht erscheinen, daß Ihr es verächtlich anseht. Noch gehorcht uns ein großer Teil des Ordensgebietes, noch steht die Marienburg, und der gestrige Angriff hat bewiesen, daß ihre Verteidiger sie tapfer zu behaupten gewillt sind. Die Brüder in Livland werden unser gedenken. Noch ist König Sigismund unser Freund und Polens Feind. König Wenzel grollt, weil Ihr seinen Schiedsspruch nicht geachtet habt; die deutschen Fürsten wissen, was sie dem Orden zu danken haben. Eine Schlacht entscheidet nicht, aber sie bestimmt die Bedingungen des Friedens. Fordert, aber fordert mit Maß, daß es unserm guten Willen gelinge, die schweren Leiden des Krieges zu kürzen.

      Ihr würdet nicht so demütig vor uns erscheinen, ließ der König antworten, wenn Ihr Euch nicht überzeugt hättet, daß alle Eure Hoffnungen auf Hilfe eitel sind. Nicht wir haben Grund, das Ende des Kampfes vorschnell herbeizusehnen: jeder Tag mehrt unsere Macht und schwächt Euren Widerstand. Verlangt Ihr nach der Wohltat des Friedens, so sagt, was Ihr uns bietet. Wie wollen uns darüber erklären, wie wir's für gut befinden.

      Wohlan, rief Plauen, das Kulmer Land – Michelau – Pommerellen biete ich Euch als Geschenk für den Frieden dar! Es war, als müßten die Worte sich gewaltsam aus der Kehle herauspressen.

      Jagellos häßliches Gesicht aber verzog sich zu einem grinsenden Lachen. Die Lande als Geschenk, die ich durch Recht des Krieges schon besitze? Mir muß ganz Preußen zugehören! Ich sehe, daß Ihr die Lage der Dinge noch immer von Grund aus verkennt. Erst wenn Ihr das Haupthaus übergeben wollt, dann kommt und fleht von uns Gnade für Euch und Euren Orden.

      Da schwoll die Zornesader auf Plauens Stirn, und er schüttelte unmutig das Haupt wie ein Löwe, dem man die Tür des Käfigs zeigt. Wie dumpfes Gewittergrollen klang seine Frage: Herr König! Ist das Eurer Gnade letztes Wort? Habt Ihr kein günstigeres in Eurer Brust?

      Wir bestehen auf der Übergabe der Marienburg, entgegnete der König. Nur in der Marienburg werden wir unsere Friedensbedingungen nennen. Das ist unser letztes Wort.

      Eine Minute lang herrschte lautloses Schweigen im Zelt. Der König saß lauernd da, ein wenig vorgebeugt und die listigen Schlangenaugen blinzelnd auf sein Opfer gerichtet. Der Statthalter aber warf einen schmerzlichen Blick aufwärts, öffnete den Mund wie zu einem Schrei und hielt doch den Atem gewaltsam ein. Seine Brust atmete in kurzen Stößen. Allmählich wurde er ruhiger, und als er dann sprach, klang nur bei den ersten Worten die Stimme erstickt; bald hob sie sich zu vollem Ton. Ich kam, mich demütigend, mit billigen Bedingungen; ich kam im Vertrauen, sie würden Annahme finden. Nun gehe ich in die Burg zurück. Gott und die Heilige Jungfrau wird uns retten! Der Plauen aber wird nimmer aus der Marienburg weichen.

      Dabei erhob er die rechte Hand wie zum Schwur und schüttelte sie in der Luft zur Bekräftigung, wandte sich ab und verließ das Zelt.

      Anders als er gekommen war, ritt er mit seinen Begleitern heim; ernst, aber nicht traurig, das Haupt hoch aufgerichtet und den Blick frei zu den stolzen Zinnen des hohen Wachtturms erhoben, auf denen des Ordens Banner wehte. Er mochte sich selbst ein solcher Turm erscheinen, der unerschüttert dem Sturme steht, mächtig Mächtiges überragend.

      Ihm war zumut, als wäre ihm eine Zentnerlast von der Brust gewälzt. Willig hatte er die Schmach auf sich genommen, dem Polenkönige zu bieten, was noch nie der Deutsche Orden durch sein Haupt dem Todfeinde geboten hatte: seine Person sollte kein Hindernis des Friedens sein. Nun war er durch des Königs Übermut von aller Verantwortlichkeit befreit. Wer von den Brüdern durfte wagen, ihm vorzuwerfen, daß er das Haupthaus nicht übergeben habe ohne die äußerste Not? Wer im Lande durfte den Orden beschuldigen, den Frieden nicht aufrichtig gesucht zu haben? Schwere Leiden mochten den Belagerten noch bevorstehen, aber unvermeidlich war nun die Fortsetzung des Kampfes, und die schwersten konnten sein Gemüt nicht bedrücken, da er sie nicht zu wenden vermochte, ohne sich und die Brüder zu entehren. Nun mußte geschehen, was ihm selbst immer als ein unverbrüchliches Pflichtgebot erschienen war: die Marienburg mußte verteidigt werden bis auf den letzten Mann!

      Kampffroh war seine Stimmung, als das Torgatter hinter ihm fiel. Nicht ins Kapitel berief er die Brüder, ihnen eine trübe Botschaft auszurichten; auf dem Burghof unter freiem Himmel ließ er alles Volk in Waffen zusammentreten und verkündete mit lauter Stimme, welche Schmach der König ihm angesonnen. Und wie vor Wladislaus Jagello, rief er auch hier vor den Seinen: Gott und die Heilige Jungfrau wird uns retten! und so kräftig antworteten sie mit einem vollstimmigen Amen, daß man's bis ins Lager und in des Königs Zelt hinein vernahm.

      Dort aber glaubte man nicht mehr an langen Widerstand. Bald verbreitete sich die Kunde, daß der Orden das Kulmer Land, Michelau und Pommerellen angeboten hätte, Landschaften, um die seit seinem Einzug in Preußen so viel Blut der Edelsten vergossen war. Wer sich zu solchen Bedingungen verstand, der traute seinem Glücke schlecht. Die Deutschen im Lager sahen nun wohl ein, daß der Orden sich selbst verloren gebe und daß in des Königs Hand ihr Heil liege.

      Der Bischof Johannes verfehlte nicht, Letzkau genauen Bericht zu erstatten, wie er selbst ihn beim Schreiber des Königs eingezogen hatte. Der Bürgermeister erschrak im Innersten; so groß hatte er sich des Ordens Einbuße selbst beim schmählichsten Frieden nicht denken können. Und der König war damit nicht zufrieden? Dann war es gewiß, daß er seinen Feind vernichten wollte – er hatte die Macht, ihn zu vernichten.

      Es mußte Letzkau und seinen Genossen nun eine glückliche Wendung des Geschicks erscheinen, daß ein Vergleich nicht zustande gekommen war. Nach einem solchen wär's für Danzig in der Tat zu spät gewesen, mit dem Könige zu verhandeln: die Stadt hätte sich bedingungslos ergeben müssen. Nun war der Statthalter trotzig zurückgekehrt, der Kampf wurde fortgesetzt. Vielleicht nur kurze Zeit! Aber diese kurze Zeit gehörte ihnen doch. Für Letzkau gab es jetzt nur noch die eine Rücksicht: seine Stadt unter des Königs Herrschaft zur mächtigsten im Lande zu machen, ihr für die Unterwerfung den reichsten Gewinn an Freiheiten und Gütern zu sichern.

      Hatte er bis dahin nur den Zuschauer und Beobachter gespielt, so entwickelte er nun plötzlich die rührigste Tätigkeit nach allen Seiten. Den einen seiner Begleiter schickte er nach Danzig zurück, dem Rat zu melden, worauf er sich vorzubereiten habe. Die Sendboten der Städte versammelte er um sich und setzte ihnen die Artikel auf, über die sie bei der Huldigung mit dem König einig werden wollten. Alle Beschwerden, die sie gegen den Orden gehabt hatten, sollten von der neuen Herrschaft abgestellt werden; durch ganz Polen und Litauen sollte ihnen der Handel frei sein; zu keiner Abgabe durften sie verpflichtet werden. Der Bischof Johannes vermittelte zwischen den Städten und dem Könige.

      Auf seinem Schlosse zu Subkau war's auch, wo Letzkau für Danzig noch einen besonderen Vertrag verabredete. Für die Unterwerfung versprach der König, dieser Stadt alle Freiheiten zu bestätigen, ihr Gebiet bis ans Meeresufer zu erweitern und noch zwei Meilen nach der Nehrung hin, ihr die Ordensspeicher zu übergeben, freie Verfügung über den Hafen und die Kornausfuhr zu lassen. Nachts im Lager wurde der wichtige Brief unterzeichnet. Der König ging bereitwilligst auf alles ein, um nur erst schnell Herr des ganzen Landes zu werden. Seine Versprechungen kosteten ihm auch wenig.

      So glaubte Letzkau für Danzig wohl gesorgt und sich der Stadt Dank erworben zu haben. Als er nun aber dorthin zurückkehrte, fand er zu seiner Verwunderung schon die Tore geöffnet und den polnischen Hauptmann in ihren Mauern. Arnold Hecht hatte ihn nicht erwarten können. СКАЧАТЬ