Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ das ist der Grund! so, so; nun, meinetwegen; Alfanzereien; wenn ich nur nicht abreisen müßte. Ich werde noch heute die Stadt verlassen, denn ich habe sehr dringende, in der Tat ganz außerordentlich dringende Geschäfte auf meinen Gütern abzumachen; ja, ich muß mich wirklich bei Ihnen beurlauben – ich bedauere auf das tiefste–«

      Herr von Driesch suchte nach seinem Hut, als Katharina ihn unterbrach: »Herr von Driesch, geben Sie doch um Gottes willen unsrer mokanten Gesellschaft die Blöße nicht; fügen Sie Ihren Freunden nicht diese Schmach, diese tiefe Beschämung zu, wenn es hieße, Sie seien davongelaufen!«

      »Davongelaufen?« sagte Driesch mit sanfter Stimme und resigniertem Gesicht, während seine Brust schmerzhaft Atem holte wie ein Mensch, der seines Elends keinen Rat weiß und sich mit gebrochener Kraft darein ergibt. »Ich glaube, daß keiner, der mich kennt, das sagen würde,« fuhr er dann mit Würde fort.

      »Ganz unfehlbar! – Setzen Sie sich wieder und hören Sie mich; ich vermag vielleicht etwas über Herrn von Schemmey.«

      »Ja, man sagt, er habe Gnade vor Ihren Augen gefunden,« versetzte Driesch mit derselben kläglichen Milde, indem er galant zu lächeln versuchte, was ihm einigermaßen mißglückte.

      »Ich will Sie aus der Klemme reißen, in der Sie zwischen den Vorurteilen der Gesellschaft und Ihren eignen, so achtungswürdigen Grundsätzen stecken; aber Sie müssen eine Bedingung eingehen?«

      »Und die lautet?«

      »Sie müssen sich in Fräulein Josina von Katterbach verlieben.«

      »In die Katterbach? o ja, bis zum Sterben; denn ich werde das Gallenfieber bekommen, wenn ich sie sehe. Und dann?«

      »Es kommt darauf an, daß Sie ihr völliges Vertrauen erringen.«

      »Das möchte schwer halten; ich habe sie beleidigt, bin der Feind ihrer Familie und ein Mann, der gewiß ihren jugendlichen Bräutigam nicht verdrängt.«

      »Ganz abgesehen von Ihren glänzenden Verdiensten, Herr von Driesch, kann nichts leichter sein als dies. In der Stimmung, in welche Fräulein von Katterbach die Aufmerksamkeiten des Herrn von Schemmey für mich versetzt haben, wird sie jeden Anbeter aufnehmen, wie ein Schiffbrüchiger die Planke, die ihn vor dem Ertrinken rettet, Glauben Sie mir das. Ihr Bräutigam – nun sie wird ihn bald völlig ihr geraubt glauben; sie wird dann keine Rücksichten mehr kennen; sie wird, wenn Sie geschickt sind, Ihnen alles anvertrauen, was Sie über Schemmey weiß; und das ist, was ich von Ihnen wieder zu erfahren hoffe. Herr von Schemmey spielt den Verschlossenen, was sein früheres Leben angeht; ich verzweifle daran, etwas aus ihm herauszubringen. Und doch, wie Sie begreifen werden, Herr von Driesch, gibt es Verhältnisse, bei welchen man seinem Stande und seinem Rufe schuldig ist, die größte Besonnenheit anzuwenden, bevor man sich zu tief einläßt. Sie werden mich verstehen.«

      »Ich verstehe Sie vollkommen; aber erlauben Sie mir die gehorsamste Bemerkung, daß Sie mich da zu etwas machen, das einem Spion ganz abscheulich ähnlich sieht.«

      Katharina errötete: »Sie haben nicht ganz unrecht, mir den Vorwurf zu machen. Aber bei Gott, ich weiß mir anders nicht zu helfen und ich habe ein Ziel im Auge, das gewiß ein gutes ist und von dem mein Lebensglück abhängt. Also wählen Sie, Herr von Driesch; entweder das Florett des Mars oder den Blumenpfeil Amors.«

      Herr von Driesch erklärte sich entschieden für den Blumenpfeil Amors.

      »So gehen Sie, zuerst Fräulein Josina Abbitte für Ihr gestriges Betragen zu leisten; damit ist die Bekanntschaft eingefädelt; ich schreibe unterdes einige Zeilen an Herrn von Schemmey.«

      »Aber zuvor muß ich noch um einige nähere Instruktionen bitten, worauf ich eigentlich meine Fragen bei Fräulein Josina richten soll.«

      »Fragen? Um Gottes willen, so weit sind wir noch nicht; verderben Sie nur nicht alles damit; die größte Behutsamkeit ist nötig, und erst nach Wochen des emsigsten Ritterdienstes, der unermüdlichsten Galanterie dürfen Sie es in zärtlicheren Tete-a-tetes zu ernsthafteren Unterhaltungen kommen lassen.«

      »Gnädiges Fräulein,« sagte Herr von Driesch mit einem komischen Ausdruck unangenehmer Ueberraschung, »ich will doch lieber noch heute abreisen.«

      »Nein, nein, das dürfen Sie nicht, und was hülfe es Ihnen? Herr von Schemmey würde Sie auch auf Ihren Gütern zu finden wissen; ich selbst würde ihn auf das bestimmteste dazu auffordern, damit dem verehrtesten meiner Freunde nicht nachgesagt werden könnte, er sei feig vor einem Duell durchgegangen.«

      »Alle Achtung vor Ihrer Freundschaft,« fiel Herr von Driesch ängstlich ein, »aber –«

      »Sie sind gefangen, ergeben Sie sich. Ich will Ihnen jetzt sagen, welches die Gegenstände sind, die ich zu erfahren wünsche. Zuerst, wo Herr von Schemmy war, in den letzten Tagen, bevor er nach Diependahl kam; dann, weshalb er so rasch ein Verlöbnis mit Josinen eingegangen ist, die er nicht liebt; ferner, ob er nicht auch ohne eine Heirat mit ihr die Ansprüche, welche sein Name auf die Güter des Herrn von Katterbach ihm gibt, durchsetzen könnte, und endlich womit er diese Ansprüche beweist. Näheres besprechen wir später. Nur das zwingt mich, meine Achtung und meine Teilnahme für Sie, Herr von Driesch, Ihnen noch anzudeuten, daß ich durchaus nicht im Sinne habe, Sie bloß zu meinem Werkzeuge zu gebrauchen; sondern daß ein gewisser Plan, zu dem Sie mitwirken sollen, wenn er gelingt, Ihnen eine eklatante Genugtuung, Ihrem Feinde, dem Freiherrn von Katterbach gegenüber, verheißt. Verlassen Sie sich darauf, aber fragen Sie nicht weiter.«

      Diese Andeutung gab Herrn von Driesch einen Sporn, der ihn rasch erheben ließ, um mit dem größten Interesse seine Mitwirkung an einem so willkommenen Plane einzuleiten. Nur hätte er erst gern etwas Näheres erfahren. Aber das Fräulein lehnte seine Fragen mit großer Entschiedenheit ab.

      »Nur noch eins,« sagte sie, als er sich empfehlen wollte; »Sie haben mich vor längerer Zeit bei der Gräfin S., als die Rede von seltsamen Ereignissen und unerklärlichen Erscheinungen war, mit Ihrem Vertrauen in einem derartigen Falle beehrt. Sie erzählten von einer Gestalt, die vor Ihren Augen, aus dem Kamine schlüpfend, ein verborgenes Schubfach in Ihrem Saale geöffnet habe und dann verschwunden sei. Ist Ihnen in der Residenz niemand begegnet, niemand aufgefallen, dessen Aeußeres Sie an jene Erscheinung erinnert hätte?«

      »Nein, niemand.«

      »So bitte ich Sie, acht darauf zu haben, ob sich Ihnen diese Erinnerung nirgends aufdrängen wird; ob auch nicht bei den Domestiken des einen oder andern Ihrer Bekannten. Seien Sie scharfsichtig!«

      Herr von Diersch versprach es, obwohl er den Grund nicht einsehen konnte, und beurlaubte sich dann mit dem Versprechen, am andern Tage wieder aufzuwarten, um das Urteil der Dame über seine Poesien zu vernehmen, ein Gegenstand, den der Verfasser derselben über der späteren wichtigen Verhandlung durchaus nicht aus den Augen verloren hatte und der ihm den Vertrag um so willkommener machte, kraft dessen er der übereilten Flucht aus der Residenz überhoben war.

      Er war kaum gegangen, als dem Fräulein von Plassenstein eine unbekannte Person gemeldet wurde, die sie dringendst zu sprechen verlange. Bevor wir dieselbe jedoch bei ihr einführen können, muß unsre Erzählung einige Ereignisse nachholen, die sich schon vor mehreren Monaten, noch im Spätherbst des verflossenen Jahres, während wir schon den Frühling ins Land ziehen sahen, in dem stillen Dörfchen Kraneck begeben hatten.

      Fünftes Kapitel

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