Название: Gesammelte Werke
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 4064066388829
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Dem kühnen Plan des Hochmeisters, einen geschlossenen Ordensstaat zu schaffen und dann die Entscheidung im Wettkampf mit Polen durch einen Angriff herbeizuführen, stand die Mehrzahl der Stände und auch eine große Partei unter den Gebietigern und Ordensbrüdern gegenüber, die das Land durch getreue Beobachtung der Friedensbedingungen und durch Nachgiebigkeit erhalten zu können glaubten. An der Spitze der Friedenspartei stand der Ordensmeister Michael Küchmeister. Sie konnte zur Begründung ihre Absicht aufführen, daß die Mittel zur Kriegführung der Kühnheit der Plauenschen Pläne nicht entsprächen. Mit den Ordensbrüdern und dem Landesaufgebot allein war nichts auszurichten, Zuzug aus fremden Ländern kam nicht mehr, innerhalb Deutschlands konnte der Hochmeister nur auf den ihm verwandten Adel rechnen. Er war also auf Söldner angewiesen, die zu bezahlen das Geld fehlte. Als nach einem unglücklichen, vom Hochmeister unternommenen Feldzuge die Friedenspartei das Übergewicht bekommen hatte, wurde Heinrich von Plauen seines Amtes entsetzt und Michael Küchmeister sein Nachfolger. Bis zum Jahre 1422 führte er seine Grundsätze durch, wobei der Friedenszustand leidlich erhalten blieb, aber die Finanzlage sich ständig verschlechterte, weil große Summen für Gesandtschaften und Bestechungen aufgewendet werden mußten; dann legte er sein Amt nieder. Im Laufe der dreißiger Jahre starben Kaiser Sigismund, wohlmeinender, aber nicht immer wirksamer Freund des Ordens, und die beiden Alten, die so lange ihre Länder ruhmreich regiert hatten, Wladislaw von Polen und Witowd von Litauen. In beiden Ländern traten unsichere Verhältnisse ein, die dem Orden günstig waren; aber der Zerfall war nicht aufzuhalten. Nicht nur, daß die Balleien in Deutschland und der Livländische Orden sich gegen den Hochmeister auflehnten, in Preußen tat sich ein Teil der Stände zu dem sogenannten Bunde zusammen, der die Regierung, das heißt den Hochmeister und die Gebietiger, beherrschen wollte. Wie alle Kaiser getan hatten, schützte auch Friedrich III. den Orden und erklärte im Jahre 1453 den Bund für ungesetzlich. Der Erfolg der Entscheidung war der Aufstand des Bundes gegen den Orden; die Besatzungen der Ordensburgen in den Städten Danzig, Elbing, Thorn wurden verjagt und der Beschluß gefaßt, Preußen dem König von Polen anzubieten, von dem man sich bei dieser Gelegenheit so viel Vergünstigungen versprechen lassen konnte, daß die neue Regierung vollständiger Unabhängigkeit gleichkam. Namentlich Danzig war nicht ohne Bedenken gegen die Verbindung mit einem nichtdeutschen Volke; aber als ein frevelhafter Verrat wurde der Schritt im allgemeinen kaum empfunden. Man hatte es nur mit einer Regierung zu tun, Landsleuten zwar, die aber als fremde Eroberer gekommen waren, nicht mit einem Volk und einem Lande. In den Jahren der Bedrängnis hatte sich der Orden zwar dem Reich genähert, von einem zu Recht bestehenden Zusammenhang war aber keine Rede. Der Drang nach Selbstverwaltung und Selbstherrschaft war weit stärker als die Beziehung zur Landesherrschaft, wurde durch kein von Natur und Geschichte gebildetes Band gehemmt. Im Nordwesten des Reiches bestand ein ähnliches Verhältnis zu Dänemark, wie das der Preußen zu Polen war; aber Lübeck, wenn es sich auch zuweilen mit Dänemark besser als mit deutschen Nachbarn vertrug, war doch stolz auf den Titel einer Reichsstadt. In Preußen gab es keine Reichsstädte. Was für unbedenkliche Politik man in den Kolonialländern trieb, zeigt der Umstand, daß der große Bischof Albert, der Eroberer Livlands und Gründer des Schwertordens, sich Dänemark in die Arme warf, als er sich vom Reich in Stich gelassen sah. Das von ihm gegründete Riga verband sich hartnäckig mit Litauen gegen den Orden. Unter den Reichsfürsten selbst aber gaben nationale Gesichtspunkte so wenig den Ausschlag, daß Kurfürst Friedrich von Brandenburg, der Schützling König Siegmunds, ein Bündnis mit Polen einging grade zu der Zeit, als der Deutsche Orden die ärgste Bedrängnis durch dieses Land erlitt. Ein gewisses Zugehörigkeitsgefühl hatten die preußischen Städte wohl zur Hanse; doch auch ihr gegenüber überwog weit der Wille zur Selbständigkeit.
Unangesehen des dauernden Gegensatzes zu Polen hatte der Orden doch öfters mit den Polen gemeinsam gekämpft, so daß die Polen den Anspruch auf gemeinsam eroberte Gebiete nie aufgegeben hatten, ganz besonders auf Pommerellen, das wirtschaftlich so wichtige Land an der unteren Weichsel, das Danzig umfaßte. Allerdings wenn die Gesandtschaft des Bundes in Krakau vortrug, Preußen sei von jeher ein Teil des Königreiches Polen gewesen und ihm zu Unrecht durch den Deutschen Orden entrissen worden, so sprach sich in dieser kaum ehrlich gemeinten Behauptung wohl ein Haß gegen den Orden aus, der auf eine lange Kette von Feindseligkeit und Gewalttat auf beiden Seiten deutet.
Noch zwölf Jahre nach dem Übergang der Bündner an Polen hielt sich der Orden unter den Hochmeistern Konrad und Ludwig von Erlichshausen, wenn auch die Marienburg aufgegeben und die Residenz nach Königsberg verlegt werden mußte, das vom Bunde abgefallen war. Gedrängt von den Söldnern, die auszuzahlen keine Mittel vorhanden waren, ohne Unterstützung von irgendeiner Seite mußte er sich endlich zu einem demütigenden Frieden entschließen; es war der zweite Friede zu Thorn des Jahres 1466. Nicht nur, daß der Orden auf Pommerellen, das Kulmerland, Schloß und Gebiet Marienburg, Christburg und Elbing verzichtete, er leistete dem König von Polen den Treueid und gelobte ihm Heeresfolge. Demütigend und verhängnisvoll war die Bestimmung, daß die Hälfte der Ordensmitglieder Untertanen des Königs von Polen sein sollten; der Orden verlor dadurch seinen deutschen Charakter, der eine der Bedingungen seiner Gründung gewesen war. So hatte sich gezeigt, daß mit der Veränderung gewisser Verhältnisse, für die sie geschaffen war, diese mittelalterliche Einrichtung untergehen mußte. Zur Bekämpfung der Heiden bestimmt, geriet der Orden, nachdem die Heiden Christen geworden waren, in eine zweideutige Lage, als er leicht zu durchschauende Vorwände zur Fortsetzung der Eroberungen suchte. Es lag etwas in seinem mönchisch-ritterlichen Wesen, was der Entwicklung zum Landesväterlichen widersprach, in seinem Sonderwesen etwas, was es zu dem rechtzeitigen natürlichen Anschluß nicht kommen ließ. Es war ein vorzüglicher Einfall König Siegmunds, den Orden als Grenzschutz gegen die Türken anzusiedeln; aber der Versuch mißlang, zum Teil wohl, weil er vom Orden ohne Eifer zur Sache unternommen wurde. Der große kolonisatorische Schwung, der die Deutschen vom Westen nach dem Osten führte, hatte sein Ende erreicht, die lange zurückgeworfenen Slawen drangen vor. Doch kam das Unterliegen des Deutschen Ordens nicht so sehr den Polen zugute wie den preußischen Städten, namentlich Danzig, das die Vormachtstellung an der Ostsee gewann. Wie es den Kampf gegen den Orden in den letzten Jahren energischer als Polen selbst geführt hatte, so strich es auch die Vorteile des Sieges ein. Als eine mächtige deutsche Stadt stellte es unter polnischer Hoheit glanzvoll den republikanischen Gedanken dar, der im Reich zu erlöschen begann.
Die Auflösung
Stark, reich, sicher ruhend in der Herrlichkeit vollendeter Blüte, so schildert der junge Piccolomini, ein Italiener aus Siena, das deutsche Land, das ihm zweite Heimat wurde. Er schildert die deutschen Männer, die das Reiten fast eher als das Sprechen lernen, die als Knaben mit ihrem Pferde verwachsen, die das Schwert und die Lanze bewegen wie eigene Glieder, die so abgehärtet sind, daß sie jeder Strapaze, der Hitze wie der Kälte, spotten, die so mit Waffen ausgerüstet sind, daß sie auch beim unvorhergesehenen Angriff schlagfertig dastehen. Nirgends gibt es so reichhaltig ausgestattete Zeughäuser. Er schildert die fruchtbaren Äcker, die Weinberge, die Wiesen, vor allem aber geräumig und prächtig die deutschen Städte mit bequem eingerichteten Häusern, mit Kirchen voller Kostbarkeiten, mit Gasthäusern, in denen von silbernen Schüsseln gegessen und aus silbernen Bechern getrunken wird, mit einem geordneten Haushalt, in Friedlichkeit und Sauberkeit, wie sie sonst nirgends zu finden sind. Diese Städte, sagt der Italiener, der die altersgrauen Mauern seiner Heimat gewohnt ist, haben den Glanz der Jugend, sie sehen aus, als wären sie eben erst erbaut worden.
Dies scheinbar jugendschöne, jugendstarke Deutschland nun wurde von allen, auch von demselben Piccolomini, СКАЧАТЬ