Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ dort, und zwar von Reichs wegen, erhoben werden, wo es zur Erhaltung von Wegen und Brücken notwendig wäre. Wer Zoll erhöbe, wo keiner hingehöre, dem solle es als Wucher angerechnet werden. Streng solle vorgegangen werden gegen die Verteuerung des Bodens wie gegen die Verteuerung der Waren durch die Kaufleute. Ebensowenig sollten die »Alfanzereien« der Kaufleute geduldet werden, daß sie nämlich nach Gutdünken die Preise festsetzten: Wenn sie zusammenkommen in Venedig oder anderswo, so setzen sie die Preise fest für Tücher, Gewürz, Pfeffer, Zimmet, und was es auch ist. Um das zu verhindern, sollen an allen Meerhäfen Vertreter des Reiches sein, die das Kaufmannsgut beschauen und mit dem Siegel von Kaiser und Reich versehen. »Item es sind große gesellschaften ufgestanden die zusamen spannent und treiben groß kaufmannsschatz, es geh ihn wol oder übel, sy schybent es ye denach, das sy nit verlieren!«

      Reiser war ein Gegner der Zünfte, deren immer mehr erstarrende Ausschließlichkeit auf den Nichtzünftigen zu lasten begann; andererseits wollte er die Trennung der einzelnen Handwerke, daß niemand den andern in sein Bereich pfusche, gewahrt wissen. Die Bauern vergaß er nicht, die Hörigkeit sollte durchaus aufhören. »Es ist eine ungehörte sach, das einer so gehertzt ist vor got, das er gedar sprechen zu einem: du bist mein eigen.« Klöster, die Leibeigene hielten, sollten nicht gelitten werden; er sah es für schändlich an, daß Klöster, wenn der leibeigene Mann starb, den Witwen und Waisen das Erbe nahm, das ihnen zufiel. Des edlen Mannes Klage erhebt sich zu prophetischem Zorn, wenn er daran denkt, wie frevelhaft man die Bauern beraubt, von deren Arbeit alle leben: Wasser, Wald und Weide, die jedem frei sein sollten, hat man gebannt. Aber auch hier ist er einsichtig und maßvoll, den Hochwald nimmt er aus, weil Herren und Städte darin das Geleit haben, der Sicherheit wegen.

      Es sind fast durchweg gute praktische Vorschläge, die Reiser macht, und man erstaunt über die schwärmerischen Vorstellungen und den Klang revolutionärer Leidenschaft, der zuweilen seine verständige Sprache durchbricht. Aus der Anhänglichkeit an die großen Hohenstaufen, Friedrich I. und Friedrich II., die letzten Inhaber der Machtfülle des Reiches, erklärt sich der Zauber, der für das hoffende Volk an dem Namen Friedrich haften blieb. Zugleich war es der Friedensklang, der dem von Fehden zerrissenen Deutschland den Namen teuer machte. Eine wunderbare Fabel ging um, der Papst habe, als er König Siegmund zum Kaiser krönte, ihn Friedrich genannt. Ein anderer Chronist erzählte von einem mächtigen Kaiser, der kommen und Frieden im Reich machen, auch den heiligen Gral gewinnen werde; der werde, wenn er auch nicht so getauft sei, Friedrich genannt werden um des Friedens willen, den er schaffe. Für Friedrich Reiser war dieser Name offenbar zu einem Symbol geworden, der ihn in dem Glauben an seine Bestimmung, die Erneuerung des Reiches herbeizuführen, bestärkte. Er anerkannte die Bestrebungen Siegmunds, durch ein Konzil der Verwirrung zu steuern, aber vielleicht sei es gut, daß das Konzil ihm widerstrebt habe, so daß er nichts habe erreichen können, weil man nun um so eher zu einer guten Ordnung kommen werde; denn dazu sei ein anderer berufen als Kaiser Siegmund, nur einem Priester habe Gott die Kraft dazu gegeben. Siegmund sei auf einem Tage zu Preßburg durch eine Stimme vom Himmel beauftragt worden, der göttlichen Ordnung den Weg zu bereiten, vollenden werde sie ein anderer, dem Herren und Städte gehorsam sein würden.

      Den Namen Reformation des Kaisers Siegmund hat die Kampfschrift offenbar erst später erhalten, denn die Rolle des Reformators ist ihm darin nur bedingt zugesprochen, und nicht unbillig ist es, daß des großherzigen und phantasievollen Kaisers Namen mit dem des kühnen Volksmannes verbunden wurde, dessen Asche der Rhein verschlang.

      Ob wirklich Friedrich Reiser die merkwürdige Schrift verfaßt hat, ist ungewiß: manches spricht dafür, einiges dagegen. Eine unmittelbare Wirkung hat sie nicht ausgeübt. Von Feuer verzehrt, im Wasser ertränkt, so verwehten die Elemente den Schrei des Volkes aus tiefster Not, den die Schrift in die furchtbare Anklage faßte: »Es ist alles Unrecht und nichts gut, was jetzt in der Welt ist.« Weder Reichsstädte noch Reichsritter vernahmen ihn, oder sie erwiderten ihn doch nicht.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Stolz und der Reichtum der patrizischen Geschlechter erkämpfte vielen Städten die Unabhängigkeit von ihrem bischöflichen oder fürstlichen Haupte. In Mainz waren die Erzbischöfe und Erzkanzler des Reiches in Germanien zu mächtig, als daß es der Bürgerschaft möglich gewesen wäre, die Reichsfreiheit zu erringen; doch erwarben sie bald durch Entgegenkommen, bald durch Auflehnung eine weitgehende Selbständigkeit. Gegen das Ende des 14. Jahrhunderts forderten die Zünfte, indem sie Geldverlegenheiten der Regierung benützten, Anteil am Regiment und erlangten ihn auch nach heftigen Kämpfen; unter den Geschlechtern, die erbittert über die Umwälzung auswanderten, befanden sich die Gensfleisch, seit alters zu den Münzgenossen gehörend. Es scheint, daß Friele Gensfleisch zum Gutenberg besonders verhaßt war; er begab sich nach Straßburg. Schon im 14. Jahrhundert waren manche von den alten Geschlechtern erloschen, so die Seelhofen, die zum Baumgarten, die zum Ageduch, im 15. Jahrhundert starben die Bechtelmayer, die Seeheim und andere aus. Wieviel Härten und Übergriffe sich diese Familien auch haben zuschulden kommen lassen, ihr Fehlen und ihre Gegnerschaft machte sich in einem Nachlassen der Regierungskunst fühlbar. Eine zwiespältige Bischofswahl wurde der Stadt zum Verhängnis: die Bürgerschaft hielt im allgemeinen zu Diether von Isenburg, dem Papst und Kaiser Adolf von Nassau entgegenstellten. Geheimes Einverständnis einiger Bürger ermöglichte es dem letzteren, die Stadt unvorbereitet zu überrumpeln: die Bürger, die nicht im Kampfe gefallen waren, wurden zum großen Teil verbannt, die Stadt verlor ihre Freiheiten und Privilegien. Nie wieder hat sie sich von diesem Schlage erholt; aber aus dem Schoße der Untergehenden erwuchs eine Kunst, die eine andere, neue, unbesiegbare Freiheit nicht nur für Mainz, sondern für alle Völker vorbereitete.

      Schon um 1400 wurden in Deutschland Bilder in Holz und Metall geschnitten und abgedruckt. Im Jahre 1428 gab es eine Innung von Briefdruckern in Nördlingen und viele in Antwerpen, von Flandern aus hatten sich Briefdruck und Tafeldruck nach Deutschland verbreitet. Gutenbergs umwälzende Erfindung war der Druck mit gegossenen Lettern, wodurch die schnelle und verhältnismäßig billige Herstellung von Büchern möglich wurde. Das Geburtsjahr des Johann Gensfleisch, Sohnes des Friele und der Else zum Gutenberg, ist nicht bekannt; bei der großen Gutenbergfeier des Jahres 1900 wurde es auf 1400 festgesetzt. Auch von den Gedanken, Versuchen und Vorarbeiten der großen Erfindung weiß man nicht viel, außer daß Gutenberg sich mit »etlichen Künsten« beschäftigte, die augenscheinlich in Polieren von Steinen, Verfertigen von Spiegeln und anderen Metallarbeiten bestanden. Seine Geschicklichkeit als Erfinder war so bekannt, daß ihn Schüler umgaben, die an ihn glaubten und durch ihn Bedeutendes zu erlernen hofften. Im Jahre 1448 befand sich Gutenberg wieder in Mainz und schloß zwei Jahre später den ersten Vertrag mit Johann Fust, einem vermögenden Manne, der ihm das zur Herstellung einer Druckmaschine nötige Kapital lieferte.

      Es ist bemerkenswert, daß unter den ersten Blättern, die Gutenberg nach seinem neuen Verfahren druckte, Ablaßbriefe waren: der neuen Kunst bediente sich das alte, das herrschende System. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts kam der König von Zypern, um die Christenheit zum Kampf gegen die vordringenden Türken anzutreiben. Er fand wenig tätige Teilnahme; aber Papst Nikolaus V. bewilligte doch im Jahre 1451 für alle, die sich mit Geld an den Türkenkriegen beteiligen würden, einen Ablaß, der von 1452 bis 1455 gelten sollte. Mit der Vertreibung des Ablasses in Deutschland betraute der König von Zypern Paulinus Zappe, der sich nach Mainz begab und das Geschäft dort lau betrieb. Die Eroberung Konstantinopels brachte mehr Bewegung in die Angelegenheit: ein Reichstag fand in Frankfurt statt, auf dem der Türkenkrieg beredet wurde, und auch Zappe befliß sich gesteigerter Tätigkeit. Von nun an ließ er die Ablaßbriefe nicht mehr schreiben, sondern drucken; der 23. Ablaßbrief, der vom 25. November 1451 bis 30. April 1455 gilt, ist noch vorhanden. Eine Flugschrift von neun Seiten aus dem Jahre 1455 hat gleichfalls die Türkengefahr zum Gegenstande. Im selben Jahre erhob Fust Klage gegen Gutenberg, als habe derselbe die Bedingungen des Vertrages nicht eingehalten, und gewann den Prozeß, obwohl im Gegenteil er die Zahlungen nicht in der versprochenen Höhe geleistet hatte. Er behielt die Typen der Bibel, die Gutenberg zu drucken СКАЧАТЬ