Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

Серия:

isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ lähmte Gutenberg nicht; er fand einen neuen Geldgeber in einem Mainzer Geistlichen und Juristen, namens Humery, stellte neue Typen her und druckte weiter, zunächst zwei kleine Schriften von Mathaeus von Krakau und Thomas von Aquino. Dann folgte im Jahre 1460 ein großes Werk, das Catholicon von dem Genueser Balbus; es enthält eine lateinische Grammatik und ein lateinisches Lexikon. Als einzelne Blätter verließen seine Druckerei im Jahre 1461 ein Brief des Kaisers Friedrich und eine Bulle des Papstes Pius II. über die Entsetzung des Erzbischofs Diether von Isenburg. Ein Jahr darauf folgte die Katastrophe der Stadt. Der Rückgang von Handel und Gewerbe in der verödeten und geknebelten Stadt war die Ursache, daß die neue Kunst sich schnell verbreitete; Schüler und Gehilfen des Meisters ließen sich in Basel und Straßburg nieder und eröffneten Druckereien, die bald erblühten. Im Jahre 1464 errichteten Conrad Schweinsheim und Arnold Pannartz aus der Offizin Schöffers, des Gegners von Gutenberg, der sich mit Fust verbunden hatte, eine Druckerei in Rom. Gutenberg selbst wurde vom Erzbischof Arnold von Nassau unter dem Titel eines Hofdienstmanns nach dessen Residenz Ellfeld gezogen, wohin er auch seine Apparate mitnahm. Die Brüder Heinrich und Nikolaus Bechtermünze, die mit ihm verwandt waren, wurden seine Schüler. Er starb im Jahre 1468.

      Gutenberg war unverheiratet und kinderlos; er hat seine ganze Kraft auf die Ausgestaltung des folgenschweren Gedankens verwendet, der ihn erfaßt hatte. Manche Erfindung wird fast zufällig, fast nebenbei gemacht, die Tragweite anderer wird nicht richtig abgeschätzt; von Gutenberg, der außer dieser einen, weithinleuchtenden, kaum eine Spur seines Daseins hinterlassen hat, wissen wir bestimmt, daß er sich bewußt war, seinem Volke, ja, der Welt etwas überaus Großes, Wichtiges gegeben zu haben. Wenn er die Buchdruckerei die ars divina nannte, hat er wohl an einen ungeheuren Aufschwung des Geistes geglaubt, den sie veranlassen würde. Was für ein Ausblick: nicht nur die Geistlichen, nicht nur einige Reiche, die in der Lage waren, sich Bücher abschreiben zu lassen, das ganze Volk, reich und arm, würde lesen. Das Wort der Genien der Menschheit würde in die Hütten der Geringen wie in die Paläste der Großen scheinen. Ob es immer ein mildes, klärendes Licht sein würde? Ob seine Funken auch zünden, als Flamme rasen und verzehren würden? Alle Folgen, die sich an seine Erfindung knüpften, hat Gutenberg wohl nicht übersehen; aber man kann annehmen, daß der Mann, der, ungebeugt durch Treulosigkeit und Hinterlist, aufrecht seinen Weg verfolgte, das, was er erdacht hatte, auch ganz durchdachte, und daß die Ahnung von Gefahren seiner Gabe ihm den Glauben an ihre heilsame Bedeutung nicht raubte. Am wenigsten wird er daran gedacht haben, daß der Buchdruck dem Wort etwas von seiner Kraft und Inbrunst nehmen könnte.

      Unter das im Jahre 1460 vollendete Catholicon, das Gutenbergs Namen nicht tragen durfte, weil es sonst beschlagnahmt worden wäre, setzte er in lateinischer Sprache eine Schlußbemerkung, die auf deutsch folgendermaßen lautet: »Unter dem Beistande des Höchsten, auf dessen Wink die Zungen der Kinder beredt werden und der oft den Kleinen offenbart, was er den Weisen verbirgt, ist dies vortreffliche Buch Catholicon im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1460 in der guten Stadt Mainz (angehörig der ruhmreichen deutschen Nation, welche die Gnade Gottes mit einem so hohen Geisteslichte und freien Gnadengeschenke den übrigen Völkern der Erde vorzuziehen und zu verherrlichen für würdig gehalten hat) nicht vermittels des Rohres, des Griffels oder der Feder, sondern durch das wunderbare Zusammenpassen, Verhältnis und Gemeinmaß der Patrizen und Matrizen gedruckt und vollendet worden.«

      Wundervoll spricht der Stolz des Künstlers und der Stolz des Deutschen aus diesen Worten, die nicht nur an ein paar Mönche oder Professoren, sondern an die Welt gerichtet sind. Es ist darin nicht die Rede von Erzbischöfen oder Fürsten, sondern von der deutschen Nation und von den Kleinen und Geringen, die Gott vor jenen begnaden kann. An der Schwelle des Absolutismus dachte der adlige Bürger von Mainz an die Kräfte, die im Schoße des arbeitenden Volkes schlummern, und die ein Gotteswort keimen und siegreich ans Licht wachsen lassen kann.

       Inhaltsverzeichnis

      Das Streben der deutschen Staaten und Gemeinwesen nach Selbstherrschaft hatte nirgends so verhängnisvolle Folgen wie im Lande des Deutschen Ordens, Preußen. Im Reich waren die selbständigen Herrschaften und Republiken aus einer Gemeinsamkeit, als Glieder eines größeren Ganzen hervorgewachsen, die Zugehörigkeit zu demselben war ebenso selbstverständlich wie ihre Unabhängigkeit, war bestätigt und geheiligt durch gemeinsame Unternehmungen, Leiden, Erinnerungen. Der Deutsche Orden hatte sich für seine Eroberungen in Preußen volle Autonomie ausbedungen, er stand unter dem Schutze von Kaiser und Papst, aber nicht im Zusammenhang mit dem Reiche. War er rechtlich unabhängig, so war er es doch nicht tatsächlich, sondern war angewiesen auf militärische Hilfe, die ihm hauptsächlich aus dem Reiche kam, aus Meißen, Brandenburg, Thüringen, Braunschweig, Österreich. Diese Unterstützung jedoch sowie auch der Zuzug einzelner Ritter aus Frankreich und England, für welche die abenteuerlichen Heidenfahrten eine beliebte Unterhaltung waren, nahm allmählich ab, und zwar grade zu einer Zeit, als der Aufschwung Polens und die Vereinigung Polens mit Litauen dem Deutschen Orden gefährlich wurde. Polen, das Kasimir der Große zu einer ansehnlichen Macht erhoben hatte, erhielt in dem von den Polen erwählten Großfürsten Jagello von Litauen, der als König von Polen den Namen Wladislaw annahm, wieder einen vorzüglichen Herrscher. Ihm fast noch überlegen war sein Vetter Witowd von Litauen, das unter seinen Vorgängern zu einer Großmacht geworden war. Der vereinigten Macht von Polen und Litauen hätte der Orden schwerlich widerstehen können; so war es für ihn ein Glück, daß Witowd die Selbständigkeit Litauens wollte, und um sie zu erreichen, immer wieder Bündnisse mit dem Deutschen Orden gegen Polen einging. Den Gegensatz zwischen Polen und Litauen benützend, hintertrieb der Orden lange Zeit die drohende Gefahr; aber der Drang Polens, das Meer zu erreichen, und Litauens, in den Besitz des noch heidnischen Samaiten zu gelangen, das zwischen Litauen und dem Deutschen Orden lag, waren zu stark und zu sehr in den Umständen begründet, als daß es nicht einmal zu einem Entscheidungskampfe hätte kommen müssen.

      Im Jahre 1410 erlitt der Deutsche Orden durch die vereinigten Polen und Litauer bei Tannenberg eine furchtbare Niederlage. Nicht an Tapferkeit hatte es auf seiten des Ordens gefehlt: der Hochmeister Ulrich von Jungingen und 205 Ordensritter fielen; aber die Polen hatten sich nicht nur an Zahl, sondern auch an Kriegskunst überlegen gezeigt. Schlimmer als die Niederlage im Felde war der Zerfall des Landes, der ihr folgte. Die großen Handelsstädte Danzig, Elbing, Thorn gingen sofort zu Polen über, sogar Ordensritter entflohen. Das Ende des Deutschen Ordens schien bevorzustehen: da rettete ihn die Entschlossenheit des Komturs von Schwetz, Heinrich von Plauen, der sich in die Marienburg warf, sie glücklich verteidigte und von dort und den wenigen festen Punkten im Osten aus, die ihm geblieben waren, das Land zurückeroberte. Die Tatkraft und Todesverachtung einzelner Männer offenbarte sich herrlich; aber im allgemeinen hatte sich gezeigt, daß die Landesregierung, so fest sie auch die Zügel führte, wie sie denn weit mehr zentralisierte als im Mittelalter üblich war, keinen organischen Zusammenhang zwischen sich und den verschiedenen Landesteilen und diesen untereinander hatte herstellen können. Grade das Bestreben des Ordens, selbständige Mächte in seinem Staat nicht zu dulden, brachte alle Stände gegen ihn auf. Besonders die hohe Geistlichkeit, der er die herrschende Stellung, auf die sie Anspruch machte, nie hatte einräumen wollen, wirkte ihm entgegen, der Erzbischof von Riga, der Bischof von Ermland hetzten Kaiser und Papst und benachbarte Fürsten gegen ihn auf. Die großen Städte, Danzig an der Spitze, meist von einigen patrizischen Familien beherrscht, stellten in jeder Lage ihre Handelsinteressen in den Vordergrund. Es erschwerte ihr Verhältnis zur Landesregierung, daß der Orden ihr Konkurrent war: er trieb auf eigene Rechnung Handel, führte namentlich Getreide in großen Mengen aus und häufte dadurch einen Schatz auf, von dem überall mit Bewunderung gesprochen wurde. So wenig wie die Juden oder die Städte im Reich konnte der Orden seinen Reichtum ungetrübt genießen. Geldmangel und Geldgier waren so groß, daß, wo immer Reichtum angesammelt war, er den Besitzer zu einem Wild machte, das viele jagten.

      Die unglückliche Schlacht und ihre Folgen erschöpften den Schatz. Der Friede zu Thorn, zu dem der König von Polen und der Großfürst von Litauen sich bequemten, nachdem die Belagerung von Marienburg СКАЧАТЬ