Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ charakteristisch für den Dünkel des deutschen Adels, daß sie den von Siegmund zu Rittern geschlagenen Eidgenossen, die sie Bauern nannten, den Zutritt zu den Turnieren verweigerten.

      So wenig es Siegmund glückte, Organisationen zu einer besseren Zusammenfassung der Reichskräfte zu schaffen, so wenig konnte er Mehrer des Reichs nach außen sein. Von einem Wachsen des Reichskörpers war nicht mehr die Rede, es handelte sich nur darum, das Abbröckeln von Teilen an der Grenze zu verhindern. Die westlichen Gebiete des alten Lothringen und Burgund, die schon zur Zeit Rudolfs von Habsburg sich abzulösen begonnen hatten, gingen zum Teil an Frankreich, zum Teil an das neu sich bildende Herzogtum Burgund verloren, ohne daß Siegmund etwas anderes tat, als sich das kaiserliche Oberlehensrecht vorzubehalten. Im Süden schenkte er hauptsächlich den Fürsten von Savoyen-Piemont und den Grafen von Savoyen Aufmerksamkeit, welche letzteren er zu Herzögen erhob, und nahm Savoyen, das bisher ein Lehen des Königreichs Burgund gewesen war, unmittelbar an das Reich. Es war natürlich, daß die Tätigkeit, des Kaisers sich hauptsächlich dem noch chaotisch wogenden Osten zuwendete. Am Rhein war die kurfürstliche Macht zu fest begründet, als daß er hätte eingreifen können. Die drei geistlichen Kurfürsten empfingen Jahrgelder von Frankreich, die Kurfürsten von der Pfalz hatten eine ausgesprochen deutsche Gesinnung und warnten vor französischen Eroberungsgelüsten; aber daß sie sich von England bezahlen, wenn auch nicht bestechen ließen, schränkt die Genugtuung über ihr Verhalten ein. Bayern war, seit Stephan seine Tochter Elisabeth an König Karl VI. von Frankreich verheiratet hatte, mehr ein Vasallenland Frankreichs als ein deutsches Fürstentum.

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      Im Osten bewirkten die Verhältnisse, daß Siegmund sich noch einmal an die Spitze abendländischer Gesamtkriegszüge stellen konnte, wie einst die Kreuzzüge gewesen waren; aber wenn die Tatsache seine kaiserliche Auffassung befriedigte, so zeigte das Ergebnis nur, bis zu welchem Grade der lebendige Zusammenhang und die Stoßkraft aus dieser Gemeinschaft gewichen war. Kaiser Maximilians Urteil über Karl IV., er sei Böhmens Vater und des Reiches Stiefvater gewesen, ist oft nachgesprochen worden; aber es ist nicht berechtigt. Hat Karl Böhmen, wo er Landesfürst war, gut regiert, so entzog er dadurch dem Reiche nichts, zu dem Böhmen gehörte, so innig gehörte, daß der König von Böhmen zugleich Kurfürst des Reiches war. Natürlich unterschied er Böhmen von Deutschland und pflegte in Böhmen seine böhmische Abkunft zu betonen; aber die Deutschen hatten in den Städten Böhmens und an der von Karl gegründeten Universität in Prag das Übergewicht, und eine Trennung Böhmens vom Reich kam ihm nicht in den Sinn. Die Verschiedenheit der Sprachen schien ihm bei seiner Auffassung des Reiches als Mittelpunkt des Abendlandes kein Hindernis zu sein. Auf einem Reichstage zu Metz ließ er festsetzen, da das Heilige Römische Reich verschiedenen Völkern Gesetze zu geben habe, sei es nützlich und notwendig, daß die Kurfürsten, die die Regierung des Reiches mit dem Kaiser teilten, die Sprache dieser Völker erlernten, und es sollten deshalb die Erben der vier weltlichen Kurfürsten außer in der deutschen Sprache, die in der Regel ihre Muttersprache sei, in der lateinischen, italienischen und slawischen Sprache unterwiesen werden. Ob er die französische Sprache nicht anführte, um die Empfindlichkeit der Franzosen zu schonen? Ebenso nun wie Karl Böhmen, sah Siegmund Ungarn als dem Reiche zugehörig an.

      Unabhängig von den Menschen treibt der Genius der Länder nach der Richtung, die ihnen gemäß ist. Seit die Bayernherzöge sich im Widerstand gegen die Frankenkönige mit den Avaren verbündeten, ging von Bayern ein bald feindliches, bald freundliches Hinüberwogen nach dem Osten aus, das von dem durch Abspaltung von Bayern entstandenen Österreich aufgenommen wurde. Schon wollten die Habsburger des kühnen Ottokar Plan, ein großes Ostreich zu gründen, fortsetzen, als das plötzlich aufblühende Glück erst Ludwigs des Bayern, dann der Luxemburger ihre Wirksamkeit unterbrach. Ludwig der Bayer brachte Brandenburg und Tirol an sich, seine Söhne verloren Brandenburg an die Luxemburger und Tirol an Österreich. Als Karl IV. mit Österreich eine Erbverbrüderung abschloß, war der Familienbestand so, daß er hoffen konnte, der Gewinnende zu sein. Von Polen ging Schlesien zu Karl IV. über, das deutsche Land folgte der Anziehungskraft des überwiegend deutschen; aber ein noch weit größerer Ausblick eröffnete sich ihm. Es war ein eigentümliches Zusammentreffen, daß Kasimir der Große von Polen und Ludwig der Große von Ungarn, die ungefähr gleichzeitig regierten und durch verwandtschaftliche Beziehungen verbunden waren, keine Söhne hatten. Da Kasimir überhaupt ohne Nachkommen war, Ludwig aber zwei Töchter hatte, Maria und Hedwig, galt es, mit der Hand dieser beiden die Reiche Ungarn und Polen zu erwerben. Ludwig wurde für die Verlobung Marias mit dem jungen Siegmund gewonnen; sie fand 1380, zwei Jahre vor seinem Tode, statt. Sein Wunsch war, Siegmund möchte nicht nur in Ungarn, sondern auch in Polen, das nach Kasimirs Tode ihm zugefallen war, sein Nachfolger werden; allein angesichts des Widerstandes der Polen wurde Hedwig als Erbin dieser Krone ins Auge gefaßt und zugleich ihre Verlobung mit Herzog Wilhelm von Österreich abgeschlossen. Die Abneigung der Polen gegen einen deutschen Herrscher betraf jedoch auch diesen; sie entschieden sich für den noch heidnischen Herzog Jagello von Litauen, der versprach, wenn er Hedwigs Hand und Polen erhielte, Christ zu werden. Obwohl Hedwig, um nicht von ihrem Bräutigam lassen zu müssen, auf eigene Hand das Beilager mit ihm vollzog, mußte sie nachgeben und Jagello heiraten, der 1387 bei der Taufe den Namen Wladislaw annahm; sie soll den vermeintlichen Barbaren viel annehmbarer gefunden haben, als sie gefürchtet hatte. Durch dies denkwürdige Ereignis schied Polen aus dem Gefüge des Ostreiches aus. Ungarn indessen blieb Siegmiand erhalten trotz der Abneigung der Witwe Ludwigs und eines Teils des ungarischen Adels gegen ihn und trotz all der wilden und tragischen Ereignisse, die daraus folgten. Im selben Jahre, als Jagello König von Polen wurde, wurde Siegmund in Stuhlweißenburg gekrönt. Schon vorher war der Achtzehnjährige mit der sechzehnjährigen Maria vermählt worden. Sie starb, ohne Kinder von ihm gehabt zu haben, im Jahre 1392, sieben Jahre später ihre Schwester Hedwig. Da nach dem kinderlosen Tode Wenzels Böhmen an Siegmund fiel, waren Böhmen und Ungarn neu vereinigt. Auf enge Beziehungen zu Österreich waren sowohl Wenzel wie Siegmund bedacht; der letztere sicherte die Verbindung später dadurch, daß er seine einzige Tochter Elisabeth mit dem jungen Herzog Albrecht von Österreich verheiratete, den er zu seinem Nachfolger in Ungarn erklärte. Ebenso suchte Siegmund ein gutes Verhältnis mit Polen herzustellen, was auch, solange Hedwig lebte, gelang; hier aber war ihm sein Verhalten dadurch erschwert, daß er als Kaiser sich verpflichtet fühlte, für den Deutschen Orden einzustehen, dessen Zugehörigkeit zum Reiche er stets betonte.

      Die Taufe Jagellos von Litauen und die Vereinigung Litauens mit Polen bedeutete für den Deutschen Orden eine wesentliche Veränderung. Als der Deutsche Orden sich in Preußen festigte, war die Bekämpfung der Heiden die Voraussetzung gewesen; gab es keine Heiden mehr zu bekämpfen, mußten die Heidenfahrten aufhören, die soviel kampflustige Herren nach Preußen gezogen hatten, und mußte der Orden sich auf Erhaltung seines Gebietes und friedliche Verständigung mit den Nachbarn beschränken. So durchaus aber war der Deutsche Orden auf Kampf gegründet, daß ihm diese Umstellung nicht gelingen wollte, daß er unvorsichtig genug war, bald Arger über das Christentum der Litauer, bald Zweifel daran zu äußern. Es zeigte sich, daß es dem Orden gar nicht auf Bekehrung der Heiden ankam, daß er sich im Gegenteil Heiden zu Nachbarn wünschte, um sie vertreiben oder ausrotten und sich ihres Landes bemächtigen zu können. Es war ein kühner und kluger Gedanke Siegmunds, einen Teil des Deutschen Ordens an die Donau zu versetzen, mit seiner Hilfe das Land bis an die Mündung der Donau zu erobern und dadurch eine Schutzwehr gegen die Türken zu errichten. Denn das Vordringen dieses asiatischen Volkes in Europa betraf ihn als König von Ungarn besonders, betraf ihn aber auch als König des Reiches, das von jeher die Angriffe asiatischer Völkerwanderungen aufgefangen und abgewendet hatte, und schließlich als Kaiser, der in Verbindung mit dem Papst die Grenzen der Christenheit schützte.

      Im Jahre 1359, also vor Siegmunds Geburt, machte Sultan Murad das griechische Adrianopel zum Mittelpunkt eines türkischen Reiches, im Jahre 1363 fand die erste Schlacht statt, in der Ungarn gegen Türken fochten. Gegen den gefährlich sich näher wälzen den Feind unternahm der 23jährige Siegmund als König von Ungarn den ersten Feldzug. Seiner Aufforderung zu einem abendländischen Kreuzzuge folgten im Jahre 1395 deutsche, französische und burgundische Ritter, so daß ein Heer von 100 000 Mann zusammenkam, dessen Annäherung den Sultan Bajazeth bewog, die Eroberung Konstantinopels, СКАЧАТЬ