Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ von der unbeugsamen Leidenschaft des Calvinismus durchdrungen. Seine Devise war Repos ailleurs. Er soll der Verfasser des sogenannten Kompromiß sein, der Bundesurkunde, in welcher der niedere Adel, seine aufrichtige Anhänglichkeit an den König betonend, Zurücknahme der Plakate forderte, durch welche die Inquisition verschärft wurde, und Zusammenberufung der Generalstaaten. Der Kompromiß wurde von einer großen Zahl von Adligen, katholischen wie protestantischen, unterschrieben. Die Unterschrift Ludwigs von Nassau verriet, daß Wilhelm dem Unternehmen nicht fernstand, obwohl der hohe Adel bei diesem Schritt nicht beteiligt war. Anfang April 1566 zogen 300 Edelleute in Brüssel ein, in feierlichem Aufzug, ohne Waffen, um der Regentin ihre Wünsche vorzutragen. Margarethe, entrüstet, aber furchtsam, versprach, sie an den König weiterzuleiten und zu befürworten. Bei dieser Gelegenheit soll das Wort gueux, Bettler, gefallen sein, um die Verschworenen verächtlich zu machen; sie bemächtigten sich seiner und führten es seitdem zur Bezeichnung ihrer Partei. Lange Jahre des Kampfes haben dem Namen der Geusen einen Metallklang von Rebellion, Abenteuer und Ruhm beigemischt. Einige Abende nach dem Empfang im Schlosse veranstaltete Brederode ein Bankett, um den günstigen Bescheid zu feiern; in ausgelassener Stimmung wählte er einen Schnappsack und einen Holznapf als Abzeichen der Geusen. Jeder Anwesende schlug zum Zeichen der Verbrüderung einen Nagel in den Napf, aus dem alle tranken. Es war bedeutungsvoll, daß Oranien und Egmont als zufällig Vorübergehende beim Bankett vorsprachen. Brederode ließ auch einen Pfennig schlagen, auf dem eine Hand mit dem Dolche, von Flammen umgeben, mit Beziehung auf Mucius Scävola, geprägt war. Die Umschrift hieß: agere et pati fortiora. Es war deutlich, welche Glut die zur Schau getragene loyale Gesinnung verhüllte.

      Die Tatsache, daß sich ein Bund von Adligen gebildet hatte, der die Forderungen des Volkes vertrat, wurde vom Volke als ein Sieg aufgefaßt. Sie wirkte wie eine Bresche in einer Festung, durch welche die Masse der harrenden, aufs äußerste erhitzten Belagerer eindringen kann. Viele Jahre lang hatte das Volk seinen Glauben verstecken oder die Bekenner seines Glaubens martern und verbrennen sehen müssen: der erste Schritt öffentlichen Widerstandes gab das Zeichen zum Ausbruch der Revolution. In Antwerpen wurde der Schmuck im Innern der schönen Kathedrale zerstört; von Antwerpen aus raste der Bildersturm weiter, so daß in wenigen Tagen in allen Provinzen mit Ausnahme von Hennegau und Luxemburg die Ausstattung von Hunderten von Kirchen und Klöstern vernichtet war. Was Andacht und Kunst der Väter in Jahrhunderten zur Verehrung des Heiligen zusammengetragen hatten, zertrümmerte in wenigen Tagen der durch Fanatismus erregte Fanatismus eines verzweifelten Volkes.

      Der Ausbruch der Volkswut gab dem Könige Anlaß, die von ihm beabsichtigte Umwandlung der bis zu einem hohen Grade selbständigen Niederlande in eine spanische Provinz auszuführen, aus einem Grafen von Holland, Grafen von Flandern, Herzog von Brabant und so weiter König der Niederlande zu werden. Um die Unterwürfigkeit seiner niederländischen Untertanen zu erproben und sie zugleich zu binden, forderte er von allen Beamten, herab vom Statthalter bis zu den niedersten Graden auch im Heere, einen neuen bis dahin nicht üblichen Eid, der sie verpflichtete, die Befehle des Königs überall und gegen jedermann, ohne Ausnahme und Einschränkung, auszuführen. Im allgemeinen wurde der Eid geleistet; Oranien, Egmont, Hoorne, Hoogstraaten, Brederode weigerten sich. Oranien, der wußte, daß in Madrid beschlossen war, den Herzog von Alba an der Spitze eines Heeres in die Niederlande zu schicken, dachte an bewaffneten Widerstand, großartige Pläne wurden besprochen; sie beruhten auf dem Beistande der Stadt Antwerpen und auf der Teilnahme Egmonts. Antwerpen war bereit, Egmont nicht. Im Anfang des Jahres 1567 leistete er, trotz der anfänglichen Ablehnung, den Eid, ihm folgten Hoogstraaten und Hoorne; einzig Oranien und Brederode beharrten. Mit Aufbietung aller Kraft, bittend und beschwörend von einem zum anderen eilend, bis er ohnmächtig zusammenbrach, setzte Oranien die Einigung der Religionsparteien in Antwerpen durch. Trotzdem glückte die erhoffte Erhebung nicht. Wie es so oft zu gehen pflegt, wurde freiwillig das Geld für die eigenen Interessen nicht aufgebracht, das ein Wink des siegreichen Feindes später zehnfach zutage förderte. Ohne Geld konnte kein Heer geworben werden. Die protestantischen Fürsten des Reiches forderten von Oranien, daß er sich zu Luther bekenne; dadurch, daß er es tat, vermehrte er die Zerwürfnisse unter seinen Anhängern, die überwiegend Calvinisten waren. Zu einer durchgreifenden Hilfe entschlossen sich die Reichsfürsten doch nicht, einzig der alte Philipp von Hessen, immer noch kampflustig, stand nun ganz auf seiner Seite und warnte ihn, kurz vor seinem Tode, vor Albas Tücke. Oranien sah ein, daß er das Feld räumen müsse. Nachdem er Antwerpen beruhigt hatte, zog er sich nach Nassau zurück, begleitet von den letzten treugebliebenen Anhängern des Adelsbundes. Brederode ging nach Emden, der ostfriesischen Stadt, die unter der Regierung Ezards des Großen zu einem Asyl für die niederländischen Emigranten wurde. Er starb im Jahre darauf als Gast eines Freundes Jost von Schaumburg. Seine Witwe heiratete Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz, der kurz vorher seine Frau verloren hatte.

      Nicht leichten Herzens gab Wilhelm von Oranien die Niederlande auf. Er fühlte sich als ihr geborener Schutzherr, dort war er heimisch, dort hatte er seine Besitzungen, seine Interessen, dort war eine große Aufgabe. Man weiß nicht, wann er den Beschluß faßte, die Niederlande von dem spanischen Druck zu befreien; nun hatten ihn die Ereignisse in den Kampf verwickelt und an das Ziel gebunden. Wie aber und mit welchen Mitteln sollte er dem gewiegten Feldherrn Alba, der mit den sieggewohnten spanischen Truppen heranzog, entgegentreten! Er verfügte über kein Heer und über kein einmütig zum Widerstande entschlossenes Volk. Die Bilderstürmer waren ein Haufe von Menschen aus den unteren Schichten, die schon von den einheimischen Truppen, die Margarethe zur Verfügung hatte, unterworfen und bestraft waren. Die Stimmung in den Provinzen war ungleich; so war zum Beispiel die mächtige und reiche Stadt Amsterdam überwiegend katholisch und königstreu. Es blieb Wilhelm nichts anderes übrig, als zu warten und inzwischen in Deutschland zu werben.

      Da entzündete die rohe Herrschaft Albas, der an Margarethens Stelle Statthalter wurde, den Widerstand, auf den Oranien sich stützen konnte. Sein Grundsatz war, Furcht zu verbreiten und Geld zu erpressen. Der trostlosen Geldnot seines Königs glaubte er durch Ausbeutung der reichen Niederlande abhelfen zu können. Diesem Zweck dienten die Konfiskationen der Güter von Flüchtlingen und Hingerichteten. Der sogenannte Blutrat soll in drei Monaten 1800 Menschen zum Tode verurteilt haben. »Man sieht's an seinem Maul, daß er hat Blut gesoffen«, hieß es auf einer Inschrift, die man an einer in Brüssel ihm errichteten Statue fand. Aber fast mehr noch als die Masse der Hinrichtungen, die mit ganz unzureichender Begründung und auch ganz ohne Grund vorgenommen wurden, erbitterte die Erhebung des zehnten Pfennigs, einer Abgabe, die bei jedem Verkauf beweglicher Güter zu leisten war, die auf den agrarischen Besitzungen des Herzogs in Spanien niemanden drückte, die aber in den Niederlanden als unerträglich empfunden wurde und den König und seinen Vertreter verhaßt machte. Die Amnestie, die im Jahre 1570 endlich verkündet wurde, war durch so viele Ausnahmen eingeschränkt, daß sie wie Hohn wirkte. Auf einheitlichere Zustimmung in den Niederlanden konnte Wilhelm infolge von Albas plumper Verwaltung rechnen; aber die spanische Herrschaft war mit solcher Gewalt befestigt, daß jeder Versuch, sie zu stürzen, unmöglich schien, der nicht von einer bedeutenden europäischen Macht unterstützt wurde. Keine war dazu geneigt. Kaiser Maximilian II. hatte keine Sympathien für die Calvinisten und war durch Familienbeziehung zu Philipp II. gehemmt. Frankreich war durch die Hugenottenkriege beschäftigt, Elisabeth von England wollte sich damals noch in keinen Kampf mit Spanien verwickeln. Oranien war auf die verstohlene Hilfe einiger fürstlicher Glaubensgenossen, auf die opferbereite Unterstützung seiner Familie und auf seine eigene Kraft angewiesen. Mit dem Geld, das sein Bruder Johann durch Verpfändung seines Fürstentums und durch Verkauf seines Silbers aufbrachte, wurde ein Heer geworben, das er und sein Bruder Ludwig gegen die Truppen Albas führten. In diesem Feldzuge verloren die Nassauer die Schlacht und einen ihrer Brüder. Mit dem Rest ihrer geschlagenen Armee zogen Wilhelm, Ludwig und Heinrich nach Frankreich in der Hoffnung, bei den Hugenotten Hilfe zu finden.

      Kaum jemals ist der Führer einer Bewegung mit so geringen Mitteln einem so mächtigen Feinde gegenüber, unter so unaufhörlichen Entmutigungen und Verlusten zum Siege gelangt. Oranien hatte Augenblicke, wo er an dem glücklichen Ausgang der Sache, ja an der Sache selbst verzweifelte; mußte er doch nicht nur die spanische Übermacht, sondern auch die Uneinigkeit der aufständischen Provinzen überwinden, von denen jede auf ihren Sonderinteressen so fest gegen die Bundesgenossen СКАЧАТЬ