Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ Gymnasium illustre gegründete Akademie, aus der später die Universität erwuchs, und hörten seine Vorträge. Durch diese wirkte er ungetrübt. Weil er systematischer war als Luther, konnte er besser eine feste, klare, eindeutige Überzeugung einpflanzen. Zu seinen Hörern gehörten Kaspar Olevianus, der den Heidelberger Katechismus im Anschluß an den Calvins verfaßte, und die Brüder Marnix von Ste. Aldegonde, die ihre bedeutende Kraft für die Befreiung der Niederlande einsetzen sollten.

      Der erste deutsche Fürst, der das Calvinische Bekenntnis annahm, war Friedrich III. von der Pfalz, den seine Frau Maria, Tochter Kasimirs von Brandenburg, zum Protestantismus bekehrt hatte. Seit dem Jahre 1559 besorgte die fromme Frau, der Teufel werde den Zwinglischen Samen zwischen ihren guten Weizen säen, und ihr Mann werde durch das subtile Gift verführt werden. Seine Liebe zu ihr und das Abraten befreundeter Fürsten brachte Friedrich nicht von dem Entschluß ab, sich zu Calvin zu bekennen, nachdem er sich von der Richtigkeit seiner Lehre überzeugt hatte. Es gefiel ihm, daß der Calvinismus den Greuel der Abgötterei, wie er sich ausdrückte, aus der Kirche rein ausgefegt habe, und daß man dem Verstand mehr Recht gebe, als Luther getan habe. Man solle wohl der menschlichen Vernunft nicht zu viel geben, darum aber doch nicht ein Esel sein oder bleiben; habe doch der Apostel Paulus zu seinen Corinthern gesagt: mit euch, als mit den Klugen rede ich, als wolle er sagen: nicht mit tollen Eseln. Die Betonung des Moralischen im Calvinismus zog ihn mehr an als die lutherische Mystik. Offenbar bestimmte ihn auch der französische Einfluß. Er war so sehr ein Freund Frankreichs, daß er wünschte, es möchte jederzeit ein Vertreter Frankreichs an den Reichstagen zugelassen werden, und die Wiedergewinnung der drei verlorenen Bistümer und der Stadt Metz, um die man sich damals bemühte, kümmerte ihn wenig. Befanden sich auch die Reformierten Frankreichs, die Hugenotten, im Kampf mit der Krone, so redeten sich die protestantischen Fürsten ein, das Blatt könne sich wenden, der König könne für den neuen Glauben gewonnen werden. Seiner tatkräftigen Natur sagte das heroische Leiden und Kämpfen der Hugenotten mehr zu als das tatenscheue Wesen der lutherischen Fürsten. Die Deutschen, sagte er, hätten bisher in Rosen gesessen, die anderen aber mitten im Blut, darum wären sie einiger, entschlossener, opferwilliger. Die Calvinisten in England, Schottland, den Niederlanden, der Schweiz erregten seine Bewunderung. Um der Religion willen zu kämpfen, erschien ihm natürlich und rühmlich. Seine Lage war gefährlich, weil der Calvinismus weder in die Augsburger Konfession noch in den Augsburger Religionsfrieden eingeschlossen, also eigentlich rechtlos war. Sowohl seine eigenen Untertanen wie der Kaiser, nach dem Tode Ferdinands war es sein Sohn, Maximilian II., haßten den Calvinismus als ein friedestörendes, drachengiftiges Element. Friedrich blieb inmitten aller Angriffe und Gefährdungen mit seiner Überzeugung unerschütterlich. Das Ketzergeschrei, sagte er, fechte ihn so wenig an, als wenn ihn eine Gans anpfeifen täte. Die anderen protestantischen Fürsten hatten Mitgefühl mit ihren unglücklichen Glaubensgenossen in Frankreich und den Niederlanden; aber ebenso stark war das Bewußtsein, daß es sich um eine Auflehnung von Untertanen gegen ihr rechtsmäßiges Oberhaupt handelte und daß sie im gleichen Falle Unterstützung ihrer Untertanen sehr übel aufnehmen würden. Sie beschränkten sich also darauf, Fürbitten für ihre Glaubensgenossen einzulegen, die natürlich nicht beachtet wurden, oder höchstens Geld, nicht viel, zur Anwerbung von Soldaten herzugeben. Friedrich III. kannte solche Bedenken nicht: in diesem Falle hatten ja die Untertanen den wahren Glauben, der König hatte den falschen, abgöttischen. Auch er konnte allerdings nicht geradezu mit der Tat für die Bedrängten eintreten; aber wenn er auf Umwegen dem Feinde, besonders Spanien, Schaden zufügen konnte, tat er es gern. So konfiszierte er einmal eine Summe Geld, die von Spanien aus durch die Pfalz an Alba gebracht werden sollte, und sein Lieblingssohn, Johann Casimir, teilte selbst dem Kaiser mit, daß er einen aus kaiserlichen Zeughäusern stammenden, für Alba bestimmten Pulvertransport angezündet habe. Allein er und sein Bruder Christoph hätten diese Handlung vorgenommen, »wie ich denn derselben gar keine Scheu trage«.

      Denn um diese Zeit war der Kampf zwischen Spanien und den Niederlanden offen ausgebrochen. Es war ein verhängnisvoller Gedanke Karls V., die Niederlande, sein burgundisches Erbe, seinem Sohne Philipp zuzuwenden. Er trennte den Burgundischen Kreis förmlich vom Reiche ab, nahm dadurch der Reichsregierung und den Reichskreisen die Möglichkeit der Einmischung und beraubte die Untertanen der einzigen Freiheit, die den Reichsangehörigen gegenüber dem jus reformandi des Landesherren blieb, nämlich mit ihrem Vermögen auszuwandern. Der feindliche Gegensatz, der die Völker Europas spaltete, kam dadurch im nordwestlichen Winkel des Reiches, wo die Pole nah aneinander gezwängt wurden, zu einem furchtbaren und großartigen Ausbruch. Der Schmalkaldische Krieg war in der Hauptsache ein Krieg zwischen zwei Heeren, der nach kurzem Kampf der einen Partei das Übergewicht verschaffte und schließlich zu einem Ausgleich führte; in den Niederlanden kämpfte das ganze Volk, ging es um Leben und Tod. In den Niederlanden standen Haß gegen Haß, Glut gegen Glut nackt, ohne Mittel, die äußersten Spitzen des alten und des neuen Glaubens, Calvinismus und spanischer Katholizismus Auge in Auge gegeneinander ohne Möglichkeit der Versöhnung. Beide Parteien faßten vorübergehend den verzweifelten Plan, das Land, um das gekämpft wurde, durch Feuer oder Wasser zu verderben, damit es der anderen nicht zur Beute fiele. Dieser mörderische Charakter des Gegensatzes kam daher, daß er durch den nationalen verschärft wurde. Auf Seiten der katholischen Niederländer war er nicht weniger heftig als auf seiten der reformierten. Im ganzen Abendlande wurden die Spanier als ein fremdes Element angesehen, man fand sie stolz, grausam und verschlossen. Die Spanier hatten den Ehrbegriff auf die Spitze getrieben, er bildete eigentlich den Kern ihres geistigen Lebens. Auch bei den Germanen, insbesondere bei den Deutschen, war die Ehre ein Maßstab; aber etwas ganz Verschiedenes wurde von den beiden Nationen unter Ehre verstanden. In Spanien hatte sich in langen Kämpfen gegen Mauren und Juden die Reinheit des Blutes und die Reinheit des Glaubens als Ehre herausgebildet. Es war nicht immer so gewesen: die hohe mittelalterliche Kultur Spaniens beruhte auf dem Zusammenwirken christlich-spanischer, maurischer und jüdischer Elemente, noch im 15. Jahrhundert waren bekehrte Juden, die Marranen, gern in die Reihen des hohen Adels aufgenommen worden. Erst als Ferdinand und Isabella einer aus den unteren Volksschichten hervorgehenden nationalistischen Strömung nachgaben, wurden Mauren und Juden vertrieben und wurde jede Vermischung mit ihnen als schändlich betrachtet; was nicht hinderte, daß Papst Paul die Spanier haßerfüllt als eine von Juden und Mauren abstammende Nation bezeichnete. Nach germanischer Anschauung beruhte die Ehre hauptsächlich auf der Freiheit. Der Hörige, der dem Zwang unterworfen war, wurde verachtet. »Ehr is dwang nog«, Ehre ist Zwang genug, stand als Inschrift auf dem Kamin eines Zunfthauses in Münster. Eheliche Verbindungen mit slawischen oder ungarischen Edeln entehrte die adeligen Deutschen nicht, wohl aber die mit einem christlichen, deutschen Bauern. In den Niederlanden hatten sich viele Züge germanischen Wesens reiner erhalten als in Deutschland; Freiheitsliebe, Lebenslust, ein breites, derbes, übermütiges Sichgehenlassen, Selbständigkeit im Glauben. Karl V. hatte man im allgemeinen als geborenen Niederländer geliebt: in seinem Sohne haßte und fürchtete man sofort den Spanier. Philipp nahm es sehr übel, daß man in den Niederlanden die Spanier als Ausländer betrachtete, die Deutschen nicht. Auch den deutschen Individualismus hatten sich die Niederländer bewahrt, obwohl sie als Königreich Burgund und als burgundischer Reichskreis eine Einheit gebildet hatten. Weder die burgundische noch die habsburgische Herrschaft war imstande gewesen, aus den verschiedenen Ländern, die sie als Niederlande zusammengebracht hatten, einen von Beamten des Landesherrn einheitlich regierten Staat zu machen. Noch waren die Provinzen selbständige Länder, die eifersüchtig ihre Privilegien hüteten und ihre Sonderrechte zur Geltung brachten, noch behaupteten gewisse Länder das Recht, den Souverän zu verlassen, wenn er die beschworenen Freiheiten nicht hielte. Die Einheit wurde repräsentiert durch den Statthalter, der in Brüssel residierte, ein Amt, das unter Karl V. seine Schwester Maria, unter Philipp II. Karls natürliche Tochter Margarethe innehatte; sie war in zweiter Ehe mit einem Prinzen von Parma verheiratet. Dem Statthalter standen die Staatsräte, Gouverneure der Provinzen, zur Seite, die aber nur eine beratende Stimme hatten, ferner ein Finanzrat und ein Gerichtsrat, die verwaltende Tätigkeit ausübten.

      Das Schicksal wollte es, daß in diesem Kampfe das Licht fast ganz auf die Seite der Reformation, der Schatten auf die des spanischen Katholizismus fällt: ein historischer Augenblick sollte den Freiheitsgedanken, den Luther ausgesprochen und den die Entwicklung so vielfach entstellt hatte, ewig ruhmreich verwirklichen. In den Figuren Philipps II. und СКАЧАТЬ