Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

Серия:

isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ anderen Franz Tucher, Gebrüder Zangmeister, Hans Jakob Fugger, Lukas Rem in Nürnberg und Augsburg, Ligsalz in München, zehn Jahre später Paumgartner, Manlich, Schorer in Augsburg, Ingold in Straßburg. Die Fugger, die sich zeitig von den großen Unternehmungen zurückgezogen hatten, überstanden den Unfall; aber Augsburg und Nürnberg haben sich doch von diesen Erschütterungen nicht erholt.

      In den Finanzkreisen verstand man unter Wucher nicht das Zinsnehmen überhaupt, sondern nur die Ausbeutung, die man jüdisch nannte. Man konnte sich darauf berufen, daß das Reichskammergericht im allgemeinen fünf Prozent zu nehmen erlaubte, Kaufleuten acht. Das Zinsverbot sollte nur in solchen Fällen gelten, wo es sich um Darlehen im eigentlichen Sinne, nicht um Geschäfte, handelte. Als nun die Jesuiten, auch in dieser Hinsicht das päpstliche System stützend, erfüllt von den Anschauungen des dem Handel und der Industrie fernstehenden Spanien, das Zinsverbot in der alten Strenge erneuerten, erbitterte das Martin Fugger so, daß er nicht mehr bei den Jesuiten beichten zu wollen erklärte: »Es ist leicht über diese Sache zu disputieren«, schrieb er, »aber ihr habt gesehen, welche Tragödien der Bischof in dieser Fünfprozentfrage angerichtet hat, und der Ausgang bleibt noch abzuwarten. Wenn die Richtschnur, die ihr vorschlagt, beobachtet werden müßte, dann wären nicht allein wir Fugger, sondern auch ganz Deutschland in drei Jahren am Bettelstab. Aber darum würde sich weder der Papst noch eure Gesellschaft kümmern. Es wäre alles gut, wenn ihr es so weit bringen könntet, daß auch nur das Geld ohne Zinsen gegeben würde, aber ich schulde ungefähr 1½ Millionen Gulden, für die ich 5, 8, ja 10 Prozent zahlen muß. Dagegen schuldet mir der König von Spanien einige Millionen und bezahlt mir weder Zins noch gibt er das Kapital zurück. Was soll ich nun tun! Zudem habe ich ihm das Geld nicht geliehen, sondern er hat es von meinem Vater und Joh. Fugger erpreßt, infolgedessen Johannes alles, auch das Leben verloren hat. Etwas Ähnliches steht mir bevor.« Solche Äußerungen bezeichnen, wie weit sich die Wirklichkeit von den mittelalterlichen Anschauungen entfernt hatte. Die Mehrzahl des Volkes indessen, auch die Schicht der Gebildeten, hielt noch an ihnen fest. Es war ja eigentlich nur ein kleiner Kreis, die Fürstenhöfe und die Großkaufleute, den die Geldwirtschaft berührte.

      Das Luthertum war ihr kein günstiger Boden. Wie Luther im Hinblick auf die Religion nicht ein Neuerer, sondern ein Erneuerer und Wiederbringer des Alten sein wollte, so hielt er auch in den wirtschaftlichen Dingen an den altkirchlichen Anschauungen fest. Leidenschaftlich wendete er sich gegen die Formen, die die Wirtschaft durch das zunehmende Geldbedürfnis während seiner Lebenszeit annahm. Obwohl er Aristoteles bekämpfte, anerkannte er seinen Grundsatz, daß das Geld unfruchtbar sei und betrachtete mit ihm den Ackerbau als die natürlichste und edelste Nahrung des Menschen. Das Zinsverbot betreffend berief er sich auf die Stelle des Lukasevangeliums: Und wenn ihr leihet, von denen ihr hoffet zu nehmen, was Danks habts ihr davon? Denn die Sünder leihen den Sündern auch, auf daß sie Gleiches wiedernehmen. Vielmehr liebet eure Feinde; tut wohl und leihet, daß ihr nichts davon hoffet, so wird euer Lohn groß sein und werdet Kinder des Allerhöchsten sein. – Luther wußte natürlich, daß es sich bei den Kaufleuten nicht wie hier um wohltätige Darlehen handelte; seine Stellungnahme ging, ganz abgesehen von Schriftgründen, aus seiner heroischen Auffassung des Lebens hervor. Das irdische Leben, so dachte er, ist ein Kampf und soll ein Kampf sein, nicht ein Genießen. Der Reichtum, der den Menschen die Mittel des Genusses verschafft, ist verderblich nicht nur, weil er sie von der Betrachtung und Übung des Göttlichen abzieht, sondern weil er sie verweichlicht. Der Mensch soll um seine Nahrung kämpfen und nicht mehr daraus gewinnen, als er mit Einsetzung seiner Person erarbeiten kann. Das Muster gottgewollten Verdienstes ist die Arbeit in und mit der Natur, der Ackerbau. Die Natur, ganz im mittelalterlichen Sinne die Tochter Gottes, beantwortet die Anstrengung des Menschen so, wie es für ihn gut ist; sie gibt wohl Ertrag für seine Mühe, aber keinen gleichmäßigen und nicht notwendig, keinen, der sich errechnen läßt. Der Mensch soll nicht sicher sein, sondern sich in der allmächtigen Hand Gottes wissen, dessen Wege hoch über unseren Wegen sind. Am Bergbau lobt er, daß der Arbeiter fleißig graben und suchen muß, vor allen Dingen aber die Unsicherheit, insofern er zuweilen da ergiebig ist, wo man es nicht dachte, und andererseits mancher sein ganzes Gut hineinbaut, ohne zu gewinnen, während ein anderer damit aus einem Bettler zum Herrn wird. »Summa, es soll heißen: nicht gesucht, sondern beschert, nicht gefunden, sondern zugefallen, wenn Glück und Segen dabei sein soll.« Die Kaufleute, die übers Meer fuhren, die mit den Wellen und den Seeräubern kämpften, deren ganzen Reichtum zuweilen das Meer verschlang, ließ er sich deshalb gefallen; aber neuerdings, tadelte er, pflegen sie ihre Angestellten zu schicken und selbst zu Hause zu bleiben. Abgesehen davon üben sie allerlei Ränke, die den Zweck haben, Sicherheit des Gewinns zu schaffen; er zählt mehrere derselben auf. Namentlich mißbilligte Luther den Renten- und Gültenkauf, der reichsgesetzlich und durch päpstliche Bullen erlaubt war, eine verzinsliche Anlage von Kapital auf Grundstücke, die den Zinsherrn gegen Verlust sicherstellte, da er sich im Notfall an das Unterpfand halten konnte, als welches das Grundstück angesehen wurde. »Der Zinsmann«, das ist der, welcher den Zins bezahlt, »mit seinem Gut ist unterworfen Gottes Gewalt, dem Sterben, Kranken, Wasser, Feuer, Luft, Hagel, Donner, Regen, Wölfe, Tiere und böser Menschen mannigfaltiger Beschädigung. Diese Gefahren allesamt sollen den Zinsherrn betreffen: denn auf solchem und nicht auf anderem Grunde stehen seine Zinsen.« Habe der Zinsmann trotz fleißiger Arbeit keinen Gewinn erzielen können, so müsse der Zinsherr den Schaden teilen, wie im anderen Falle den Gewinn, und wolle er das nicht leiden, sei er so fromm als Räuber und Mörder. »Summa, ich dachte, der Zinskauf sei nicht Wucher; mich dünkt aber, seine Art sei, daß ihm leid ist, daß er nicht muß ein Wucher sein; es gebricht am Willen nicht und muß leider fromm sein.« Im Ausmalen der großen Gewinne, die durch Ausleihen von Kapital auf Zinsen gewonnen werden, ist es das, was ihn empört, daß der Zinsherr dabei keine Gefahr weder am Leibe noch an Waren leidet; »arbeitet nicht, sitzt hinter dem Ofen und brät Äpfel.« Der gern fröhliche Luther, der in seiner anmutigen Ausdrucksweise den Ausspruch getan hat: »Gold und Silber und alles was hübsch und schön ist, bringt von Natur mit sich eine Liebe, die vergönnt uns Gott wohl«, war kein griesgrämlicher Verächter irdischen Besitzes, fern lag ihm das schafsmäßige oder wölfische Scheelsehen späterer Theologen auf den Reichtum als solchen; aber der Reichtum sollte durch redliche Arbeit erworben werden, sollte ein gewisses Maß nicht überschreiten und nicht Schwächere beeinträchtigen. Er war mit Recht überzeugt, daß bei redlichem Erwerb ganz von selbst ein Maß innegehalten werde. »Wie sollte das immer mögen göttlich und recht zugehen, daß ein Mann in so kurzer Zeit so reich werde, daß er Könige und Kaiser auskaufen möchte«, sagt er mit deutlicher Beziehung auf die Fugger. Die Mittel, die gebraucht wurden, um zu übermäßigem Reichtum zu gelangen, verwarf er: das, was er Wucher nannte, den Zinskauf, die Gesellschaftsbildung, die Monopole, den gemeinsamen Aufkauf von Waren zum Zweck schrankenloser Preissteigerung. »Denn sie haben die Ware unter ihren Händen«, sagte er, »und machens damit, wie sie wollen, und treiben ohne alle Scheu die obberührten Stücke, daß sie steigern und niedrigen nach ihrem Gefallen und drücken und verderben alle geringen Kaufleute, gleichwie der Hecht die kleinen Fische im Wasser, gerade als wären sie Herren über Gottes Kreaturen und frei von allen Gesetzen des Glaubens und der Liebe.«

      Gegen die Gesellschaften kam ein Reichstagsbeschluß zustande; aber die Kaufherren verhinderten seine Ausführung, indem sie sich klagend an den Kaiser wandten, der es mit den Geldmächten nicht verderben mochte. Darum sagte Luther: »Könige und Fürsten sollten hier dreinsehen und nach strengem Recht solches wehren. Aber ich höre, sie haben Kopf und Teil daran und geht nach dem Spruch Jesaias I, 28: Deine Fürsten sind der Diebe Gesellen geworden. Dieweil lassen sie die Diebe hängen, die einen Gulden oder einen halben gestohlen haben.«

      In seinem Haß auf die Kaufleute stand Luther nicht allein; es finden sich Äußerungen in dem Sinne, daß Kaufleute den Räubern gleichzuachten seien, bei Hutten, bei Sebastian Franck und manchen andern. Das großartig Umfassende der Geistigkeit Luthers zeigt sich nun aber darin, wie er diejenigen Kaufleute, die etwa Christen und Händler zugleich sein möchten, berät und belehrt. Sie gingen, sagt er, von der fehlerhaften Ansicht aus, sie dürften ihre Ware den Leuten verkaufen, wie sie wollten. Diese Meinung sei der Ausgangspunkt schwerer Sünde; denn sie bedeute soviel wie: ich frage nichts nach meinem Nächsten und gebärde mich, als wäre ich Herr über Gottes Kreaturen. Die rechte Regel sei nicht: ich kann meine СКАЧАТЬ