Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ für die Ausbreitung des Protestantismus war es gut, daß gleichzeitig mit Loyola ein Romane auftrat, der dem vorwärtsdrängenden Jesuitismus entgegenwirkte, Calvin.

       Inhaltsverzeichnis

      Loyola ist 10 Jahre nach Luther, Calvin 16 Jahre nach Loyola geboren; die beiden letzteren scheinen ins Leben gerufen, um die Wirksamkeit des jeweiligen Vorläufers aufzuheben oder auszugleichen. Beide, Loyola und Calvin, waren nichtdeutschen Ursprungs und nichtdeutsch von Charakter, haben aber stark auf Deutschland, Calvin hat überhaupt stärker auf germanische als auf romanische Länder gewirkt. Doch hat Calvin, der Nordfranzose war, entscheidende Einwirkungen in Deutschland und von Deutschen erfahren. Als er ein Jüngling war, hatte das Luthertum bereits Anhänger in Frankreich gefunden, vorher schon war im Anschluß an den Humanismus das Bibelstudium in Aufnahme gekommen. Man nimmt an, daß ein Deutscher, Michael Wolmar aus Rottweil, der in Bourges Lehrer des Griechischen war, ihn beeinflußt habe, aber etwas Gewisses ist darüber nicht bekannt; Calvin selbst spricht von einer plötzlichen Bekehrung. Nachdem ein Versuch, in Paris für den neuen Glauben zu wirken, gescheitert war, verließ er Frankreich und kam auf dem Wege nach Basel durch Genf, wo er, um ein Predigeramt zu übernehmen, festgehalten wurde. Von dort vertrieben, fand er Zuflucht in Straßburg und schloß sich sehr an Martin Butzer, dem er in mancher Beziehung ähnlich war; Luther mochte Butzers Betriebsamkeit nicht leiden.

      Calvin stand dem Protestantismus anders gegenüber als Luther und auch als Zwingli, die das Neue ins Leben riefen; er fand etwas Fertiges vor und hatte es leichter, ein System zu bilden; doch entsprach es auch seiner Geistesart. Seine Institutio christiana ist ein berühmt gewordenes Lehrbuch des evangelischen Glaubens, das er später erweiterte, das sich durch Klarheit und Prägnanz auszeichnet und heute wie damals von Theologen bewundert wird. Wie Luther war Calvin ein Meister des Wortes, sowohl in lateinischer wie in französischer Sprache; aber nicht wie Luther ein Dichter. Er bewunderte Luther, hatte Ehrfurcht vor ihm und Verständnis für ihn, vielleicht von Butzer beeinflußt, war aber an Persönlichkeit und Geist ganz von Luther verschieden. Wie fest und sicher Luther auch die Linien seines Glaubens zog, sah er doch, das Sinnliche und Übersinnliche zugleich erfassend, das Schwankende, Vielseitige, Tiefgründige aller Dinge, die Rätsel und Untiefen des Daseins und der menschlichen Seele. Für Calvin, der überwiegend mit dem Verstand sah, war alles klar und durchsichtig. Luther glaubte wie Calvin, daß Gott einen Teil der Menschen zum Heil, einen anderen zum Verderben ausgewählt habe, ohne deren Verdienst oder Verschulden, aus seinem allmächtigen und unergründlichen Willen, begriff aber das Gefährliche dieser Ansicht, dem er dadurch zu begegnen suchte, daß er den Grübelnden riet, sich zu den zum Heil Erwählten zu zählen; übrigens hielt er es für richtiger, nicht bei diesem uns unzugänglichen Geheimnis Gottes zu verweilen. Calvin rückte die Prädestination in den Vordergrund seiner Lehre; für ihn fielen die Auserwählten Gottes zusammen mit den Gliedern seiner Kirche, so wie der Wille Christi, des einzigen Herrn der Kirche, zusammenfiel mit dem Willen der jeweiligen irdischen Leiter derselben, zunächst mit dem seinigen. Um seine in Genf, das ihn reuig zurückrief, begründete Kirche einem Kreise von Erwählten gleichstellen zu können, führte er eine strenge Kirchenzucht ein, derart, daß kein Sünder in ihr geduldet wurde. Aus zuverlässigen Gemeindegliedern gewählte Älteste hatten das Recht und die Pflicht der Überwachung, unbelehrbare Sünder wurden aus der Kirche ausgestoßen. In der Versinnlichung des Göttlichen näherte sich Calvin den Wiedertäufern und den Jesuiten. Die Katholiken waren logisch, wenn sie alle, die dem Papst gehorchten und sich treu zur Kirche hielten, als Gotteskinder bezeichneten, die sichtbare Kirche der unsichtbaren gleichsetzend; wie aber konnte ein Evangelischer, dem eine Ahnung von der Unergründlichkeit der Wege Gottes aufgegangen ist, sich anmaßen, der Verwalter seiner grauenvollen Geheimnisse zu sein? Gerade die strenge Calvinische Kirchenzucht haben viele lutherische Geistliche bewundert, und Luther selbst hat sich viel mit dem Problem beschäftigt, wie eine Gemeinde von wahren Christen heranzuziehen sei; aber in seinem Sinne war Glaube zu sehr mit Freiwilligkeit, also mit Gnade verbunden, Religion zu sehr von Moral verschieden, als daß er ein Züchten von Heiligen, wie Calvin es wollte, hätte unternehmen mögen. Luther hatte, obwohl er den geknechteten Willen lehrte, große Achtung vor der menschlichen Freiheit, die ja mit der göttlichen Gnade zusammenfiel, und große Nachsicht mit Vergehungen; konnte doch der nach menschlichen Begriffen ärgste Sünder von Gott erwählt sein und im nächsten Augenblick von der göttlichen Gnade ergriffen werden. Er war kein Organisator und kein Zuchtmeister; beides war Calvin. Calvin hatte in dieser Beziehung wie überhaupt viel mehr Ähnlichkeit mit Loyola als mit Luther, der das schöpferische Vermögen anregte, den Geist lockerte, das Herz erwärmte, wie Musik es tut. Loyola verbannte Musik und Gesang aus den Jesuitenschulen, wie Calvin die Bilder aus den Kirchen. Vielleicht konnte Calvin eben deshalb Loyola entgegenwirken, weil er ihm in mancher Hinsicht verwandt war. Beide waren, obwohl große Kirchenmänner und Religionsstifter, überwiegend rational, und dem Rationalismus gehörte die Zukunft, die die Phantasie hinter sich ließ. Auch in ihrer Auffassung von der Christusherrschaft waren sie einander ähnlich. Beide sahen in Christus einen Heerführer, dem die Auserwählten in unbedingtem Gehorsam bis zum Tode nachfolgen, kämpfend, erobernd. Das Heer der Calvinisten war wie das der Jesuiten an strenge religiös-moralische Vorschriften und an eine Askese gebunden, die in der Vermeidung weltlich-sinnlicher Genüsse bestand, deren Stil bei den Jesuiten süßlich-demütig, bei den Calvinisten stolz und herbe war.

      In einem Punkte, nämlich in der Beziehung seiner Kirche zum Staat, war Calvin den anderen protestantischen Kirchen überlegen. Als Franzose hatte er natürlicherweise immer Frankreich und die protestantische Kirche in Frankreich im Auge, und da diese einem katholischen, jede Abweichung unerbittlich niederzwingenden Staat gegenüberstand, war seine Kirche dem Staat gegenüber durchaus kämpferisch und ihre Selbständigkeit betonend eingestellt. Diese zu bewahren, ist ihm allerdings nicht in dem Grade, wie er es wünschte, gelungen; doch konnte er wenigstens eine Verschmelzung herstellen in der Weise, daß Mitglieder der Kirche einen Platz im Rat hatten, die Kirchenältesten aber aus dem Rat vom Rate gewählt wurden. Auch um das Recht der Exkommunikation, das heißt Sünder aus der Kirche auszustoßen, wurde lange gekämpft, bis Calvin es für die Kirche eroberte. Die Ältesten waren Laien, die im Kirchenregiment vertreten waren; insofern hat Calvin Luthers Lehre vom allgemeinen Priestertum wirklich eingeführt, was Luther unterlassen hatte. Wenn Luther sich in diesem Falle wie in anderen mit der Roheit der Deutschen entschuldigte, mochte er nicht ganz unrecht haben; in den kleinen eidgenössischen Republiken fand sich gewiß ein politisch und sittlich besser durchgebildetes Bürgertum als in den kleinen sächsischen Städten, mit denen Luther zu tun hatte.

      Ein starker, herrschbegieriger Wille findet immer Anhänger und Diener; immerhin bedurfte es mehrjähriger, hartnäckiger Kämpfe, bis sich das freie, fröhliche, lebenslustige Gemeinwesen Genf der Tyrannei des Fremden unterwarf, der sich auf eine Schar Fremder, französischer Emigranten, stützte. Mit Hilfe von Eindringlingen richtete der Flüchtling eine Diktatur auf, wie sie im Papsttum unbekannt gewesen war. Predigt, Warnung, Geldstrafen bis zur Einkerkerung, Folterung, Verbannung, Enthauptung und Verbrennung waren die Mittel, deren er sich dabei bediente; niemand stand zu hoch und nichts war zu gering, um der Überwachung und Regulierung zu entgehen. Nicht die geringste Abweichung von Calvins Lehre wurde geduldet, das harmloseste Zeichen auch von fast unbewußter Anhänglichkeit an den alten Glauben, etwa ein lateinisches Gebet, wurde streng geahndet; den Papst nicht für den Antichrist zu halten, hätte niemand wagen dürfen. Wie der Glaube, waren die Sitten dem Zwang unterstellt. Singen, Tanzen, Ballspiel, Würfelspiel waren verboten; eine Frau wurde eingekerkert und verbannt, weil sie ein leichtfertiges Lied gesungen hatte. Nicht nur Kritik an Calvins Lehre, sondern auch Kritik an seiner Person, Äußerungen über ihn, die der Ehrerbietung ermangelten, wurden streng bestraft. Seine Person war geheiligt. Ihm fehlte ganz der Humor, der Luther so anziehend und überlegen machte; Calvin sah sich selbst nie anders als in pathetisch-feierlicher Beleuchtung.

      Für die verlorenen Güter der Freiheit und der Breite des Lebens tauschte Genf Stärke, Macht und Einfluß auf das Ausland ein. Da, wo man seine vorzüglichen Bücher kannte, wo СКАЧАТЬ