Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ die den Kampf um Freiheit so elektrisch zusammengeballt, so dramatisch verteilt, mit so rückhaltlosem Einsatz persönlicher Kraft darstellen wie der Abfall der Niederlande, und dennoch ist auch mit diesem Kampfe der Kampf um Geld verbunden. Waren doch die Niederlande als Geldquelle in dieser geldarmen und geldbedürftigen Zeit so hoch geschätzt, daß Karl V. sie gerade als Geldquelle mit dem finanziell zerrütteten Spanien verbinden wollte. Karl V., von dem man annahm, daß ihm aus der neuen Welt märchenhafte Schätze zuströmten, bezog beinah die Hälfte seiner jährlichen Einkünfte aus den Niederlanden. Die Niederlande hatten mit drei Millionen ebenso viele Einwohner wie Spanien, eine Million mehr als England. Es gab in den Niederlanden 208 Städte, von denen Gent und Antwerpen 200 000 und 150 000 Einwohner zählten; auch die Städte zweiter Größe waren mit 75 000 Einwohnern immer noch viel volkreicher als die meisten bedeutenden Städte im Reich. In Gent, Antwerpen, Brügge, Brüssel, Amsterdam war ein Reichtum aufgehäuft und eine Kultur erblüht, die das Abendland bewunderte. Auch die Bauern konnten lesen und schreiben; die aufgeklärte Denkart des Erasmus war sehr verbreitet. Handel und Gewerbe waren in Flor, sie hingen mit Schiffahrt und Fischfang, mit dem Ertrag der Bergwerke, mit der Viehzucht zusammen, besonders mit der Weberei. Kaufleute aus aller Welt hielten sich vorübergehend oder dauernd hier auf, tausende hatten in Antwerpen Niederlassungen. In Antwerpen wurde im Jahre 1460 die erste Börse der Welt gebaut. Die zweite, prächtige, die 1531 eröffnet wurde, trug die Inschrift: in usum negotiatorum cujuscumque nationis ac linguae. Hier machten die Fürsten Anleihen und zahlten ungeheure Zinsen; die Technik des Geldhandels und des Kreditwesens verfeinerte sich mehr und mehr. Um den Besitz dieser ergiebigen Provinzen stritten sich Österreich und Frankreich; Karl V. überwies sie an Spanien.

      Schon zu Karls V. Zeit war Spanien so verschuldet, daß es im Jahre 1557, als Philipp eben die Regierung angetreten hatte, zum Staatsbankerott kam. Den Gläubigern, die auf Einkünfte der Krone angewiesen waren, wurden ihre fast wertlosen Staatsrenten angeboten. Neue Staatsbankerotte folgten in den Jahren 1575 und 1596; der Krieg um die Geldquelle, die Niederlande, den Spanien 80 Jahre hindurch führte, verschlang das spanische Vermögen. Die Kriege waren die hauptsächliche Ursache, daß die Fürsten immer Geld brauchten, nie genug Geld hatten. England, das wenig Krieg führte, hatte einen geordneten Haushalt. Die Besoldung der Truppen, die zur Kriegführung gebraucht wurden, kostete unermeßliche Summen, die nie ganz aufgebracht wurden; deshalb kam es so oft zu Meutereien oder zu gänzlicher Auflösung des mit Mühe geworbenen Heeres. Mit welchen Opfern errichtete Oranien die Heere, die er gegen Alba führte. Aber auch Alba konnte die seinigen nicht bezahlen. In ihrer Wut und Verzweiflung plünderten die spanischen Söldner das reiche Antwerpen, die vielgepriesene Stadt, die sich nie von dieser Zerstörung erholte. Amsterdam und Hamburg wurden ihre Erben, nur vorübergehend Emden und Wesel.

      In volkswirtschaftlichen Dingen nicht so erfahren wie im Kriege hatte Alba seinem Könige weitgehende Hoffnungen auf die Einkünfte gemacht, die seine Wirksamkeit in den Niederlanden ihm durch Konfiskationen und Steuern verschaffen würde. Indessen die Konfiskationen bedeuteten, als eine einmalige Einnahme, keinen dauernden Gewinn, und der zehnte Pfennig, der bei jedem Verkauf beweglicher Güter zu zahlen war, dessen Ergebnis wirklich bedeutend gewesen wäre, erwies sich als unhaltbar in einem Lande, dessen Wohlstand durchaus auf Handel und Industrie beruhte. Alba wunderte sich, daß Menschen, die das Blut der Ihrigen in Strömen hatten fließen sehen, ihr Geld nicht davonfließen sehen konnten, ohne sich zu empören. Schon das wirkte zerstörend auf den Verkehr, daß auf die Kunde von Albas Kommen viele Tausende von Protestanten, und zwar gerade die vermögenden, entflohen, daß die fremden Kaufleute zum Teil ihre Besuche einstellten. Die hochentwickelte Wirtschaft eines reichen und tätigen Volkes verträgt ungeschickte Eingriffe nicht. Weil es in Spanien wenig Industrie und Handel gab, bedurfte die Regierung der Niederlande, verstand aber nicht, sie zu behandeln. Gerade die Freiheit, auch die Freiheit der Wirtschaft, war die Grundlage der erstaunlichen Blüte dieses Landes. Wo lebhafter Handel herrschte, entzogen sich die Menschen allmählich den Bindungen, mit denen die Kirche und die mittelalterliche Weltanschauung überhaupt die Wirtschaft einengte. Das geschah namentlich durch das Zinsverbot, dessen Strenge zwar längst durch allerlei künstliche Auslegungen gebrochen war, das aber doch im allgemeinen noch aufrechterhalten wurde. Zwischen der idealen Forderung, die die Kirche erhob, und den tatsächlichen Verhältnissen war ein offenkundiger Abstand, am meisten in Italien selbst, dem Lande, wo Handel und Geldgeschäfte am frühesten in Blüte standen, seit dem 16. Jahrhundert auch in Deutschland. Stammte doch aus Augsburg diejenige Familie, deren Name, Fugger, zur Bezeichnung des Finanzierens überhaupt diente, mit Einschluß aller Gefährlichkeit und Zweideutigkeit, die das Geldgeschäft mit sich bringt.

      Hans Fugger, der 1376 in Augsburg einwanderte, war Weber und bereicherte sich nach alter Art durch Warenhandel. Erst sein Enkel, der große Jakob, gab das auf und ging ganz zum Wechselgeschäft und Metallhandel über. Er lieh dem verschwenderischen Erzherzog Siegmund von Tirol eine Summe Geld, für welche der diesem zustehende Anteil an dem Schwazer Silberbergwerk haften sollte. Da das Geldbedürfnis des Erzherzogs andauerte, entwickelte sich das große Silbergeschäft der Fugger in Tirol und Kärnten, wozu dann noch der Kupferhandel in Ungarn kam. Der Nachfolger Siegmunds, Kaiser Maximilian, war, wenn auch aus anderen Gründen, ebenso geldbedürftig und verpfändete den Fuggern die Tiroler Kupferbergwerke, ebenso die Grafschaft Kirchberg und die Herrschaft Weißenhorn, die, nie eingelöst, die Grundlage ihres Grundbesitzes wurden. Als eine politische Macht traten die Fugger auf, als Maximilian I. starb. Nur sie konnten die großen Summen herbeischaffen, die sowohl von Franz I. wie von Karl von Burgund den Wählern versprochen wurden: sie entschieden sich für Karl. »Es ist Euch bekannt und liegt am Tage«, schrieb Jakob II Fugger einige Jahre später in einem Mahnbrief an Karl V., »daß Ew. kais. Maj. die Römische Krone ohne mich nicht hätte erlangen können, wie ich denn solches mit aller Ew. kais. Majestät Kommissarie Handschrift anzeigen kann. So hab ich auch hierin meinen eigenen Nutz nit angesehen; denn wo ich von dem Haus Österreich abstehen und Frankreich fördern hätte wollen, würd ich groß Gut und Geld, wie mir denn angeboten, erlangt haben. Was aber Ew. kais. Maj. und dem Haus Österreich für Nachteil daraus entstanden wäre, das haben Ew. kais. Maj. aus hohem Verstande wohl zu erwägen.« Ein unbequemer Gläubiger und Kollege. Nicht lange danach starb Jakob. Es wird erzählt, daß König Ferdinand, der gerade einen Landtag in Augsburg abhielt, während Jakob im Sterben lag, den Trompetern und Paukenschlägern gebot zu schweigen, als sie am Fuggerhaus vorüberkamen. Der Landesherr ehrte den Geldfürsten als seinesgleichen. Es gewährt einen Blick in die dunklen Hintergründe auch des glänzenden Daseins, wenn wir hören, daß Jakobs Witwe Sibylle bald nach seinem Tode heimlich das Fuggerhaus verließ und sich mit einem vertrauten Freunde ihres Mannes, Konrad Rehlinger, auf lutherische Art trauen ließ. Die Fugger blieben katholisch und haben hauptsächlich mit katholischen Fürsten Geschäfte gemacht. In Spanien waren ihnen die Einkünfte der spanischen Krone aus den drei großen Ritterorden verpachtet und über 100 Jahre lang auch die aus den spanischen Quecksilberbergwerken. Im Jahre 1546 hatten die Fugger mit 5 Millionen Handlungskapital den höchsten Punkt ihrer Macht erreicht. Die Nachfolger Jakobs des Reichen, seine Neffen, waren weniger großartig, als er gewesen war, was wohl auch durch die furchtbare Finanzlage der Habsburger bedingt war. »Es ist, als ob die Kaufleute übereingekommen wären, mir nicht mehr zu dienen«, schrieb Karl V. 1552. »Ich finde weder in Augsburg noch sonst irgendwo jemand, der mir Geld leihen will, welchen Vorteil ich auch bieten mag.« Anton Fugger ließ sich schließlich doch herbei, nach Innsbruck zu fahren, von wo er die Flucht des Kaisers mitmachte; aber die großen Summen, die er ihm vorstreckte, gab er persönlich, die anderen Teilhaber machten das heikle Geschäft nicht mit.

      Die Fugger waren nicht die einzige Firma, die durch Geldgeschäfte reich wurde, wenn sie auch diejenige war, die mit den größten Summen handelte und durch die enge Verbindung mit den Habsburgern die einflußreichste Weltstellung einnahm. Ihnen am nächsten kamen die Welser, daneben gab es in Augsburg noch die Herwart, Rehlinger, Höchstetter, in Memmingen die Vöhlein, in Nürnberg die Haller und Tucher. Die Erschließung der österreichischen Bergwerke und die Stellung des Hauses Habsburg sind wohl die Ursache, daß die großen Finanzmänner des 16. Jahrhunderts Oberdeutsche waren. Sie waren, wenn auch die Fugger in der Hauptsache dem Hause Österreich dienten, international; für das Geld gab es keine Grenzen. Die Folge der furchtbaren Staatsbankerotte in Spanien, Portugal und Frankreich waren eine Reihe von Bankbrüchen СКАЧАТЬ