Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ Krempe und einer schwarzen, das Gesicht bis zu den Augen beschattenden Blonde zu erscheinen, ohne jede weiße Garnirung, Federn und Sammelbaud von gleicher (brauner oder grauer) Farbe wie der Hut, bildeten den übrigen Aufputz, ein Gummischnürchen diente als Befestigungsmittel. Diese Hüte waren eine allgemeine Ueberraschung, und da sie wirklich graziös und poetisch aussahen, jedes Gesicht das sie halb zeigten, halb verhüllten, jugendlicher erscheinen ließen und plötzlich mit jeder herkömmlichen Mode brachen, so machten sie in jeder Beziehung Effekt. Eugenie war selbst in jenem bedenklichen Alter, wo die Dreißig überschritten ist und jede Dame noch ungestraft darnach trachten darf, die früheren Jugendreize zu conserviren und wenigstens die Erinnerung daran noch lebendig zu erhalten – dabei leistete der neu erfundene Hut die trefflichsten Dienste und er hatte ja zugleich etwas von dem Kühnen, Amazonenhaften, das ja überhaupt der schönen Spanierin dazu verholfen, Kaiserin von Frankreich zu werden. Und weil nun, ihrem Beispiel folgend, neben den jungen alle Damen, die noch etwas auf ihr Aeußeres hielten, nach diesem Hute griffen, indeß die ältere Generation und ängstliche, philisterhafte Gemüther den geschlossenen Hut beibehielten, so nannte man diesen idealen Amazonenhut spöttelnd den »letzten Versuch«.

      Wenn die damaligen Spötter hätten ahnen können, wie solid dieser schon als kokett verdächtigte Amazonenhut im Vergleich zu seinen Nachfolgern war! Er beschirmte wirklich das Gesicht vor der Sonne, die Augen vor Licht und Staub, den Kopf vor Regen und Erkältung er verdiente wirklich den Namen eines Hutes, während, die nachfolgenden Façons immer kleiner und völlig unnütz wurden gegen Sonne, Hitze, Kälte, Licht, ein gänzlich zweckloses Etwas, das nur immer theurer und vergänglicher wird, weder eine Zierde noch ein Schutz ist. Und dabei sind auch die sogenannten geschlossenen, und für ältere Damen bestimmten Hüte der gleichen Zwecklosigkeit verfallen, und jede Matrone würde sich heutzutage glücklich schätzen, wenn sie noch immer einen so zweckmäßigen »großen« Hut tragen dürfte, wie der seiner Zeit als keck und kokett verschriene Amazonenhut war. Heute fände man ihn eben noch für eine Großmutter zu alt und zu philisterhaft!

      Neben dieser gänzlichen Zwecklosigkeit der Hüte ward eine zweckmäßige Kopfhülle erfunden, die auch wieder aus dem Orient oder Algier stammt. – Eugenie brachte sie wohl von ihrer letzten Triumphreise mit, der Eröffnung des Suez-Kanals, wo auch die Nielrosen und die Nielfarbe herstammten –: der Baschlik, der wenigstens im Wagen, und Abends bei schlechtem Wetter treffliche Dienste leistet.

      Doch – wir sind der Gegenwart nahe gekommen – und es ist nicht unseres Amtes, noch unsere Absicht, hier über die Moden der Gegenwart und der Zukunft zu plaudern – das finden die Leserinnen ja trefflich verzeichnet und vorgezeichnet in den betreffenden Moderubriken des Bazar, der Illustrirten Frauenzeitung u.s.w.

      Wir wollten nur einige Rückblicke werfen auf die Moden der Vergangenheit, die wir selbst erlebten, sammt ihrer kulturhistorischen Bedeutung, und zwar auf jene, welche die meisten Leserinnen vielleicht nicht mit gesehen und getragen haben – aber über all' das, was sich in dieser Beziehung im letzten Jahrzehent ereignete sind sie jedenfalls besser unterrichtet als wir selbst, und haben mehr Interesse daran. Wir verzichten auch darauf, an das seit einigen Jahren in der Mode mitsprechende und florirende »Bismark, Barzin« u.s.w., große patriotische Triumphe und Hoffnungen zu knüpfen; daß uns künftig nicht mehr Paris und das Ausland nicht mehr die neuen Moden bringen möge! Wir haben, als der letzte Krieg begann, nicht mit eingestimmt in den lächerlichen Chorus mancher Frauen und Männer, welche ihren Patriotismus darin kund zu geben suchten, daß sie zur Ablegung der »welschen« Moden und zur Erfindung einer deutschen Mode aufforderten! Wir meinten, die Frauen hätten überhaupt, und namentlich in solcher Zeit, Wichtigeres zu thun, als sich mit den Angelegenheiten der Mode zu beschäftigen. Noch mehr aber erklärten wir, daß wir Zeit und Kräfte nur an erreichbare Aufgaben setzen und nicht an unerreichbare und unwesentliche verlieren mögen. Die Mode aber gehört zu den Dingen, mit denen Götter selbst vergebens kämpfen, und wenn wir zuweilen geneigt sind, sie zu verwünschen, so erklärt uns die Volkswirthschaft, daß wir Ursache haben, sie zu segnen!

      Alles, was uns vom Standpunkt der weiblichen Emanzipation auf diesem Gebiete zu thun obliegt, ist, daß wir uns von jeder Mode zunächst das Aesthetische und Schöne und dasjenige auswählen, was unserer Individualität am besten entspricht und daß wir diejenigen Moden, welche jene höheren Forderungen der Sitte oder Schönheit verletzen, nicht mitmachen und uns ihren Szepter nur so weit unterwerfen, als wir es müßten, um nicht aufzufallen und die Lacher herauszufordern.

      Reisegelegenheiten und Reisen

       Inhaltsverzeichnis

      Wie oft hören wir bei einer Eisenbahnfahrt Klagen über die Langsamkeit derselben, wie unleidlich finden die Passagiere im Sommer die darin herrschende Hitze, wie klagen sie im Winter über Kälte, wenn die Heizung noch eine etwas mangelhafte, wie unerträglich scheint ihnen das Anhalten von fünf Minuten, wenn es in nicht zu langen Zwischenräumen stattfindet!

      Erst kürzlich hat man in England das funfzigjährige Jubiläum der ersten Eisenbahnfahrt gefeiert – heute fährt man mit der Locomotive und dem Dampfschiff um die ganze Erde und durch aller Herren Länder; schon kann das heutige Geschlecht nicht begreifen, daß es jemals anders gewesen.

      Und es war doch vor vierzig, dreißig Jahren noch gewaltig anders –

      Die erste deutsche Eisenbahn war die Leipzig-Dresdner, eine sächsische also, von einer Actiengesellschaft unternommen – sie ward 1839 eröffnet – die schon früher datirende von Nürnberg – Fürth war nur eine Pferdeeisenbahn. Wir werden später weiter auf diese Angelegenheit zurückkommen.

      »Frei sein ist nichts – frei werden ist der Himmel!« Es war dies eine von den Sentenzen, welche im Jahre 1848 von Mund zu Mund gingen – ich betrachte mich denn in diesem Sinne als ein Glückskind, daß ich in nächster Nähe diese erste deutsche Eisenbahneröffnung mit erlebt habe, daß ich durch die Lage meiner Heimath dabei mit wesentlich interessirt war, daß ich diesen welthistorischen Moment so zu sagen mit Bewußtsein genoß – und ich umschrieb das obige geflügelte Wort: auf der Eisenbahn zu fahren ist nichts – aber diesen Sieg des Menschengeistes zu erleben, der die Locomotive hinführte – das war ein Gefühl beseligenden Triumphes! – »Die große Rennbahn der Freiheit!« hatte ein zeitgenössischer Dichter Karl Beck, der Magiar, die Eisenbahn genannt. –

      Meine Heimath, meine Kleinstadt Meißen – sie zählt jetzt 13000 Einwohner, damals besaß sie vielleicht nur 8000, nur einige Meilen von Dresden entfernt, lag an der großen Hauptstraße, die zwischen Dresden und Leipzig eine der befahrendsten Chausseen war. An dieser lag unsere frühere Sommerwohnung, wie auch nur ein wenig zurück von ihr der Weinberg, den später mein Vater kaufte.

      Es war ein eigenthümliches Leben auf dieser Chaussee in meiner Kindheit, besonders wenn die Leipziger Messe sich näherte oder endete. Da sah man hochgepackte Frachtfuhrwagen, vier und sechsspännig oft in langen Zügen nacheinander dahinfahren, der Fuhrmann ging daneben, mit seinen Pferden um die Wette trabend. Im Sommer im leichten blauen Fuhrmannshemde, die kurze Pfeife im Munde, einen breitkrempigen, grauen oder schwarzen Hut, zuweilen von einem bunten Band umschlungen, im Winter in einen großen ledernen Schafpelz und dem entsprechender Mütze, immer die lange Peitsche in der Hand, neben sich den klaffenden Stallspitz, dem der Herr des Wagens viel eher ein Plätzchen auf demselben gönnte als sich selbst: so wanderte der Fuhrmann neben seinen Wagen her, Tagelang, vom Sonnenaufgang bis zum Niedergang durch den Schnee, so lange noch fortzukommen war, durch Schmutz und Staub – unverdrossen, nicht Wind, noch Wetter achtend. Den Hauptverkehr der Personen zu Wagen vermittelte die Post anfangs noch durch einen Postwagen, der den interessanten Namen »die gelbe Kutsche« hatte, der auf der Hälfte des Weges Nachtquartier – in Klappendorf oder Oschatz – machte, so daß die Reise zwei Tage dauerte, ebenso hielten es die zahlreichen Lohnkutscher und Botenwagen, welche СКАЧАТЬ