Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ ihre Ansichten von Anstand und Sitte von Ordnung und Schönheit ausübt – denn auch den Frauen, die sich einige Jahre der lang der abscheulichen zu widersetzen suchten, blieb schließlich nichts andres übrig, als sie, wenn auch in bescheidener Weise, mitzumachen, wenn sie sich nicht eben so nicht etwa nur dem Nasenrümpfen der Modedamen, fondevn dem Lächeln und Spott der Männer aussetzen wollten, wie durch ihre Uebertreibung. Alle, die nicht auffallen wollten, mußten sich mit zum Tragen der Krinoline entschließen, wenn sie auch nur solche von kleineren Dimensionen wählten. –

      Da die Napoleoniden herrschten, mußten, wie schon erwähnt, selbstverständlich Bienen und Veilchen eine große Rolle spielen. Die ersteren figurirten darum auf vielen Schmuckgegenständen – da sie aber doch gewissermaßen ein Vorrecht des Hofes waren, so brachte man neben ihnen auf Knöpfen, Nadeln u.s.w. auch andere Insekten zum Vorschein: Goldkäfer, Fliegen, Spinnen – schön oder häßlich, es war Alles einerlei, wenn es nur zur Welt der Insekten gehörte. Die Beilchen kamen auf Hüten, Balltoiletten, Bändern, überall zum Vorschein und Veilchenfarbe war lange Modefarbe. Tellergroße Bouquetts von Beilchen, – denn auch die Blumen, die lieblichsten, eigensten Kinder der Natur, wurden in die Krinolinenmode mit hineingezogen und haben sie leider immer noch nicht überwunden! – galten als besonders elegant und viele Hunderte dieser holden Frühlingskinder, dieses Inbegriffs aller Poesie, mußten und müssen noch heute ihr Leben opfern, um in Drathgestelle gezwängt, von Papier, Blonden und Spitzen umgeben in einer einzigen Ballnacht, also profanirt unter Gas- und Menschen-Dunst, Staub und Hitze, nur noch in ihrer Masse beachtet, dahin zu sterben! Was ist dadurch aus der Veilchenpoesie geworden? Wie glück lich schätzte sich in früherer Zeit jeder Liebende, jeder Verehrer, der ein Sträußchen von der Brust, aus dem Gürtel seiner Angebeteten erobern konnte, oder ihr selbst eines überreichen durfte, das sie dann öffentlich oder verstohlen bei sich trug und es dann zum ewigen Andenken unter andern holden Erinnerungszeichen verwahrte! Was hat dagegen solch' ein noch immer modernes Crinolinen-Bonquett für einen Werth? – Freilich, es hat einen sehr reellen für – den Käufer! Die Dame, die es geschenkt bekommt, hat das Bewußtsein, daß ihr Verehrer sich's etwas hat kosten lassen, sie darf hoffen, daß er in der Lage ist für einen Gegenstand, der andern Tags für immer ruinirt und nur zum Wegwerfen bestimmtist, viele Gulden und Thaler zahlen zu können – und diese Zahlungsfähigkeit ist heut zu Tage die Hauptsache. Der raffinirte Luxus ist der Götze der heutigen Zeit – es kommt wenig mehr darauf an, ob ein Gegenstand schön ist oder nicht, wenn man nur das triumphirende Bewußtsein hat, daß er viel kostet – das ist die Hauptsache! Dieser Luxus und diese Anschauung der Dinge ist durch Eugenie und das französische Kaiserreich allerdings mit Blitzesschnelle aufgekommen und en vogue geworden – daß dieser Luxus aber geblieben und die Gegenwart aller Orts beherrscht in gesteigerter Progression, das ist wahrhaftig nicht mehr auf Frankreich und Spanien zu schieben.

      Doch kehren wir wieder in jene Zeit zurück, wo auf das orientalische Interesse das italienische folgte und dazu die englisch-französische Expedition nach China (1860) alles Chinesische, besonders in den Einrichtungen beliebt machte. Denkwürdige Tage, wie die von Solferino, wurden durch ein neuerfundenes Roth verherrlicht, das dem Purpur Konkurenz bereitete. Doch behauptete derselbe sein Recht – diesmal weniger bei den Anhängern des fürstlichen Purpurs, als bei seinen Gegnern. Aus gewohntem Uebermuth hatte Eugenie die rothwollenen Unterröcke auf die Tagesordnung bebracht und die elegantesten Damen hatten sie für die Straße angenommen und ließen sie unter den dunklen, durch eine eigenthümliche Vorrichtung roulleau-artig aufgezogenen Schleppkleidern sehen, indeß es vorher jede Dame, auch die einfachste und sparsamste für unmöglich gehalten hätte andere als weiße, waschbare Jupons, auch im schlechtesten Wetter und im tiefsten Winter zu tragen und nun gar sehen zu lassen. Aber halb dieselben ergänzend, halb ihnen zum Gegenstück erschienen ihnen die rothen Blousen – die Nachahmungen des Garibaldihemdes. Junge Damen und kleine Mädchen trugen diese ganze im Schnitt eines Männerhemdes aus rothem Flanell gefertigten Blousen gerade so wie sie Herren und Knaben trugen, doch wie die Männer noch Weste und Ueberrock darüber zogen, so wählte auch die elegantere Damenwelt darüber ein Jäckchen – Zuaven-Jäckchen waren die beliebtesten, entweder von Sammt oder Tuch oder auch von dem gleichen Stoff wie das Kleid.

      Und damit war auch die erste Losung zu jener Zerstückelung und Vermannichfaltigung der Kostüme gegeben, wie sie immer mehr um sich griff und jetzt noch herrschend ist bis zur äußersten Konsequenz – oder besser müßte man sagen bis zur äußersten Inkonsequenz. Während an den früheren Kleidern und Ueberröcken Jahrzehende lang Taillen und Röcke miteinander verbunden waren und es eines einzigen Griffes in den Kleiderschrank, oder einer einzigen Bezeichnung für die Kleidung, welche man anlegen wollte, an das Kammermädchen bedurfte, um zu erhalten, was man brauchte, und es für ganz undenkbar gegolten hätte, Rock und Leibchen von verschiedenen Stoffen zu tragen, so entstand nun durch die Garibaldi-Blousen eine vollständige Nevolution auch in den Garderobe-Angelegenheiten. Widerstanden auch Viele den rothen, demokratischen Blousen – so kamen doch bald Bloufen von allen Stoffen und Gattungen in den Handel, durchsichtige weiße und schwarzseidene zu Röcken von allen Farben waren bald jeder Dame unentbehrlich, dann hatte man sie von Kaschmir oder Mousselin für Sommer und Winter und bald wurden auch die Taillen der Kleider nach diesem Schnitt gearbeitet und Gürtel von Leder, Sammt oder Seide mit breiten Schlössern dienten der Figur zum einzigen Halt.

      Waren die weiblichen Gestalten zur Zeit der langen Schleppen und Schößchentaillen mit so viel Fischbein umgeben gewesen, daß jedes Korset einem Küraß glich und noch außerdem in jeder Kleidertaille die Fischbeine nach Dutzenden zählten, so verschwanden diese nun fast gänzlich und die weibliche Büste erhielt ein vollständig verändertes Ansehen. Der Ausspruch des Philosophen Hegel bewährte sich wieder einmal: Bei den Griechen bildete sich das Gewand nach der Gestalt – in der Gegenwart bildet der Schneider die Gestalt nach dem Gewande.

      Wir wollen nicht untersuchen, ob Sitte, Grazie und Anstand bei dieser erwähnten Schneiderthat gewonnen oder verloren, uns auch nicht mit der Hoffnung schmeicheln, der lockere Grundcharakter, welchen die Mode in dieser Beziehung annahm und noch behauptet, sei eine Rückkehr zur Natur und Einfachheit, oder sei ein Sieg der Gesundheitslehre, eine Maßregel, hervorgegangen aus der Einsicht, daß diese lose Tracht die vortheilhafteste sei für die edelsten Organe des weiblichen Organismus; wir sehen auch darin nicht weniger und nicht mehr als eine Laune der Mode, die vielleicht bald wieder der ganz entgegengesetzten weichen kann. Denn diese scheinbar naturgemäße Mode vertrug sich schon mit der allernaturwidrigsten: der Krinoline, und verträgt sich heute noch mit einer, von allen Naturfreunden, Aerzten, Aesthetikern vergeblich bekämpften: den falschen Haaren und Haar-Imitationen und Unterlagen auf allen Frauenköpfen. Es ist also, wie fast immer, auch hierbei kein einheitliches vernünftiges Prinzip in der Mode – und darum gar nicht darauf zu verlassen, daß wir nicht auch in dieser Beziehung wieder einen gänzlichen Umschwung erleben.

      Bemerkt muß aber doch werden, daß die Blousen und dis daraus hervorgegangenen lockeren Taillen dem Bedürfniß des weiblichen Geschlechtes nach freierer Bewegung entgegenkommen. Turnen und gymnastische Uebungen, wie sie namentlich der weiblichen Jugend allmälig zugänglich gemacht wurden, hätte sich in der früheren Tracht gar nicht bewerkstelligen lassen. Die kleinen Kragen, Manschetten und Stulpen, welche denen der Herren ziemlich glichen und gleichen, die hohen Absatzstiefelchen – das Alles war und ist ein wenn auch immerhin nur unklares Haschen nach Emanzipation, – die nun einmal zu den Zeitforderungen gehört und nur sehr oft noch auf eine sehr verkehrte Art gestellt wird und in noch verkehrterer sich geltend zu machen sucht. Auch das Kapitel über die Hüte liefert dazu seinen Beitrag.

      Jahrzehnte hindurch hatten immer Jung und Alt, Mädchen und Frauen, die nämliche Hutfaçon getragen, wenn sie auch mit jeder Saison eine etwas andere Gestalt annahm, größer oder kleiner, mehr nach hinten oder nach vorne getragen ward – immer existirte kein wesentlicher Unterschied zwischen Jugend und Alter, außer daß als Aufputz bei jener die Blumen, bei diesem Federn und Bänder vorherrschten und dabei das nur der Jugend geziemende Rosa vermieden ward. Und eben diese Jahrzehnte hindurch waren alle Hüte um das Gesicht, wenn auch in wechselnden Arrangements mit Tüll oder Blonde garnirt, der weiße häubchenartige Duft galt als unerläßlich, und unter dem Kinn durch Bänder geschlossen.

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