Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ zu bilden, in dem ein zierliches Damenhändchen fast verschwand und selbst eine große Hand ein niedliches Ansehen gewann – da vermißten die Männer vielmehr als die Frauen, die früheren Stützen und Steifen, Ballen und Reifen, da waren sie es, welche die neue Tracht für »salopp« erklärten, bis sie endlich allgemein geworden war und dann wieder in auf die verschiedenste Weise hergestellten Puffen und Aermeln sich erging, um durch diese Variationen später wieder zu engen Aermeln zu gelangen. Die Mode war aber damals so tyrannisch, daß fast immer nur höchstens zwei bis drei Aermelschnitte nebeneinander hergehen konnten und sie mindestens in jeder Saison an allen Kleidern geändert werden mußten. Auf dieselbe bedenkliche Weise begannen auch die Röcke sich zu erweitern.

      Was aber die Poesie der Toiletten betrifft, die mit der Einfachheit sich vereinigen ließ, so zeigte sie sich im Sommer in dem vorherrschenden Weiß der Kleider und Blousen, zu den letzteren trug man bunte Röcke und Gürtel und in jenen hellfarbige Shawls, vorzugsweise aus himmelblauer, rosa, lachsfarbener, gelber oder weißer Gaze, welche man »Wolken« nannte. Es waren Duft gewordene Boas, die, mochten sie nun auf Spaziergängen im Winde flattern oder im Ballsaal die ausruhende Tänzerin nur wie mit »gewebter Luft« leicht verhüllen (2 Ellen breit und 5 – 6 Ellen lang) in der That einen graziösen Effekt hervorbrachten. Denn man wollte damals eben noch zart, graziös sein – waren auch die Zeiten der Idylle vorüber, so betrachteten sich die deutschen Mädchen doch noch als Lilien auf dem Felde, die nur ihres Lebens sich freuen, darum auch gefallen wollten und sich sonst keine Sorge um ihre Zukunft machten. Dabei herrschte noch der Sinn für stille Häuslichkeit vor, der sich in zierlichen Tändelschürzchen mit kleinen Täschchen dokumentirte. Man machte diese Schürzchen sowohl aus duftigem, weißen Linon und Batist mit den zierlichsten Stickereien, Garnirungen und bunten Bändern geschmückt, wie von Wolle oder Glanzkattun mit bunten Litzchen benäht oder von schwarzer oder bunter Seide, meist Foulards, gleich den Herrentaschentüchern mit Kanten. Auf der Straße trug man in Kanevas gestickte Anhängetaschen und die Hausfrauen liebten es daheim, am Schlüsselhaken, am Gürtel oder am klirrenden Chatelet von Stahl ein Schlüsselbund zu tragen, um so die pflichtgetreue Häuslichkeit in etwas forcirter Weise anzudeuten.

      Georges Sand tauchte ja eben auf mit seinen Romanen von unglücklicher Liebe und noch unglücklicherer Ehe, mit ihren ersten Mahnungen an das Sklavenjoch der Frauen, und das junge Deutschland verkündete die Emanzipation des Fleisches, trat für die Rechte der Sinne ein und nannte dies ein Eintreten für die Rechte der Frauen! und die guten deutschen Hausfrauen beeilten sich, zu verstehen zu geben, daß sie keinen andern Gedanken hätten, als wirthschaftlich zu sein und zu bleiben und nebenbei zu tanzen und für ihre Töchter auf den Bällen Tänzer und Männer zu suchen. Das hinderte aber nicht, daß die Frauen und Fräuleins mindestens heimlich George Sand's Romane lasen, aus Heine's »Buch der Lieder« von jungen Herren sich vorlesen ließen, Mundt's »Madonna« und Gutzkow's »Wally« sich von befreundeten Studenten, denen auch verbotene Bücher zugänglich waren, sich zu verschaffen suchten, nebenbei auch für Lord Byron schwärmten und bald Schlegel's »Lucinde« und Tieck's »Vittoria Accorambona« in den Leihbibliotheken suchten.

      Aber, wie gesagt, entweder um bei all dem entweder den Schein zu retten, oder, weil es das französische Bürgerkönigthum so wollte, war und blieb man bei all dem äußerst einfach und solid in den Moden. So trat z.B. an Stelle der großen runden Hüte eine eigenthümliche Façon, welche man »Kieben« nannte. Sie waren irgend einem ländlichen Nationalkostüm entlehnt und überragten das ganze Gesicht rundum, das wirklich wenig davon zu sehen war und man alle Begegnenden nur dann erkennen konnte, wenn man sich ihnen unmittelbar gegenüber befand. Im Sommer trug man sie von Stroh, italienisch wie deutsch, oft auch schwarz und weiß melirt; gleichzeitig kamen die »Helgoländer« auf, meist aus weißem oder grauem Batist, die nun vollends nicht nur das ganze Gesicht, sondern auch den Nacken mit dem bis auf die Schultern herabflatterndem Tuch verbargen, aus welchem solch' ein, dem damals modischsten Seebad und seinen Eingebornen entlehnter, Hut bestand. Wie man denken kann, waren sie im Sommer sehr warm, weshalb in manchen Städten die Sitte aufkam, sie bei abendlichen Spaziergängen nach Sonnenuntergang abzunehmen und auf dem Sonnenschirm oder in der Hand nach Hause zu tragen.

      In der Politik herrschte ziemliches Stilleben, es gab wenig hervorragende Persönlichkeiten und Ereignisse, die man in dieselbe hätte hinübernehmen können, in's, neckische Spiel der Mode.

      Es war eben so still, daß, als Louis Philipp, um die Blicke seiner Pariser von seinen Börsenspekulationen und Verfassungsbrüchen abzuziehen, ihren Hunger nach Preßfreiheit und irgend einer Gloire durch ein Schauspiel zu stillen, auf ein eigenthümliches Mittel verfiel: die Asche Napoleons sich von den Engländern auszubitten, im Triumph von St. Helena überzuführen und mit großem Gepränge im Dome der Juvaliden beizusetzen, dieser Vorgang auch in der Mode zur Geltung kam. Es war dies eine Farbenzusammenstellung, die man »Napoleons Asche« nannte und auf Seide, Wolle, Kattun übertrug. Grauer Grund mit verschwindend kleinen Tüpfelchen von Weiß, Schwarz, Braun und Gelb. Dies häßliche Fabrikat ward wirklich von den deutschen Frauen mit demselben Enthusiasmus getragen, wie von den Französinnen – nun, sie wußten so wenig was sie thaten, wie es Louis Philipp wußte, als er den Namen Napoleon Bonaparte und die Erinnerungen an das glorreiche Kaiserthum in Frankreich wieder zu Ehren brachte.

      Vom Jahre 1840 wollte man gern eine neue Aera datiren, Der König Friedrich Wilhelm III. von Preußen starb, unter dessen Regierung es selbst die großsprecherischsten Preußen geduldig ertrugen, daß sie keine ständische Vertretung, noch Verfassung hatten, wie jeder kleine Duodezstaat sie längst empfangen und zwar aus Pietät, weil derselbe König vor dreißig Jahren einmal in der Noth einen Aufruf »An mein Volk« erlassen, warauf dies Volk wirklich sich erhoben hatte, so kühn gewesen war, die fremden Herrscher aus Deutschland zu jagen und so – liebevoll, die heimischen wieder einzusetzen in all' ihre Macht, so vertrauend, daß es schon aus der Hand der Dankbarkeit und Liebe seiner aus der Bedrängniß erretteten Landesväter die versprochenen Güter: Preßfreiheit, Verfassung, Vereins- und Versammlungsrecht u.s.w. erhalten würde, ohne deshalb auch eine Hand zu regen, oder ein Wort zu sagen. Nun wurde freilich aus dem Allen nichts, aber die guten Preußen waren ja gut soldatisch geschult, dieser anerzogene Gehorsam und die Pietät gegen den »Heldenkönig«, den Erlasser jenes Aufrufs »An mein Volk«, ließen es in Berlin nicht einmal 1830, wo es ja in allen Völkern zuckte, zu einer Lebensäußerung kommen und erst als der greise König das müde Haupt zur letzten Ruhe legte, wagte man auf eine Aenderung des Systems zu hoffen und zu – warten.

      Aber auch Friedrich Wilhelm IV. sprach voll Pietät gegen seinen Vater das geflügelte Wort: »Nie soll sich ein Blatt Papier zwischen mich und mein Volk drängen« – und das andere: »Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen« und das Volk erhielt wieder nichts. Aber im »weißen Saal« zu Berlin ward doch eine Art Ständeversammlung in Scene gesetzt und die einmal geweckten Hoffnungen, die dieser Thronwechsel hervorgerufen, waren doch trotz Censur und Ausweisungen aller mißliebigen Elemente nicht wieder zum Schweigen zu bringen.

      Und da denn wieder hie und da ein kühnes Wort fiel von deutscher Einheit, so suchte Friedrich Wilhelm IV., gerade so wie Louis Philipp den Hunger der Franzosen nach Gloire durch das mit der Asche Napoleons getriebene Schauspiel, den Hunger nach deutscher Einheit dadurch zu befriedigen, daß er – den Ausbau des Kölner Domes beschloß zum Symbol derselben und ganz Deutschland zu diesem Werke aufrief.

      »Christlich-germanisch« war nun hier das von ihm gegebene Losungswort – christlich-germanisch ward die Kunst, ward auch die Mode und um dies zu erklären, mußten wir diesen Umweg machen durch das Labyrinth der Politik. Eine etwas forcirte Romantik begann zu herrschen, man kehrte zu mittelalterlichen Trachten zurück. Die schon erwähnten Puffenärmel erhielten in verschiedenen Gestalten immer die Oberhand. Die Röcke verlängerten sich und mußten wenigstens rundum zu anmuthigem Faltenwurf auftreffen, wenn sie auch nur kleine Schleppen haben durften. Die Kleidertaillen verlängerten sich, man trug all gemein Schneppen und um dieselbe, statt des Gürtels, gelegt eine dicke Schnur mit vorn bis ziemlich auf die Füße herabhängenden dicken Quasten von Posamentarbeit, die man wieder mehr zum Ausputz zu verwenden anfing. Die Schnüre waren von Seide und von der Farbe des Kleides oder des Aufputzes, man trug СКАЧАТЬ