Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ Louis Philipp's Kopf war ja mit einer Birne verglichen und er war damals eben die Hauptperson – die Einen mochten nichts von ihm wissen, weil ja doch durch sein Eingreifen in das Rad des französischen Triumphwagens, darauf man die Freiheitsgöttin sich träumen mochte, wieder einmal die Revolution und die Republik verpfuscht war – und das Königsthum auch, sagten die Gegner, denn er machte der Bourgoisie zu viel Zugeständnisse dem Adel gegenüber und die Bourgoisie nutzte er doch in aller Gemüthlichkeit nur in seinem eigenen Interesse aus. – Nun, immerhin trat das Bürgerkönigthum in seiner äußern Erscheinung bescheiden und behutsam auf, Louis Philipp's Tochter, Prinzessin Marie, war zudem schon eine praktische Vertreterin weiblichen Künstlerthums auf einem für Frauen seltenen Gebiet. Jedermann kennt ja ihre ideale und doch so lebenswahre Statue der Jungfrau von Orleans und seine Schwiegertochter, Prinzessin Helene von Meklenburg, die Gemahlin des Herzogs von Orleans, zeichnete sich aus durch Sittenreinheit, Einfachheit und Wohlthätigkeit, wodurch auch sie sich alle Herzen errang.

      Aber um wieder zur Nutzanwendung für unsre Modensymbolik zu kommen, vielleicht zeigte sich dies zarte und bescheidene Auftreten dieser tonangebenden hohen Frauen auch in der Wahl der Fußbekleidung, sie bestand in niedlichen Schuhen von Seide, Serche oder Glanzleder mit langen, schmalen Bändern, die kreuzweis mehrmals über den Fuß gebunden wurden und darum kurzweg Kreuzbänder hießen. Aber was machten sie nicht für Noth! Bei jeder energischen Biegung und sonst noch bei unzähligen Gelegenheiten rissen sie von einander ab, wo sie angenäht waren, oder gingen sie mindestens auf, und mitten auf der Straße mußte ein Haus oder sonstiger stiller Winkel gesucht werden, den Schaden wieder zu repariren.

      Ich glaube es war in Berlin, wo zuerst, einer Posse entlehnt, ein Gassenhauer aufkam: »Madame, Madame Ihr Schuhband schleppt, Sie müssen es sich binden«, den wirklich jeder Gassenjunge hinter jeder Dame her sang, die über ihr Schuhband so schon in Verzweiflung war und nun noch diese höhnische Bemerkung mit anhören mußte! Ohne Bänder wären diese Schuhe auch kaum zu tragen gewesen, da zuweilen die Mode nur so wenig Oberleder für sie vorschrieb, daß es kaum bis an den Ballen reichte. Natürlich mußten die so sichtbaren Strümpfe immer blendend weiß sein, also war es bei jedem Ausgang eine Hauptfrage, ob nicht erst ein paar frische angezogen werden mußten – die der Staub wie Schmutz der Straße immer gleich wieder verdarb. Man trug Strümpfe mit durchbrochenem Muster über das ganze Fußblatt, gewebte oder gestickte – manche Damen besaßen darin eine besondere Kunstfertigkeit. Dabei mußten diese Schuhe so dünne Sohlen haben, daß man sie um den Finger rollen konnte – welch ein Gegenstück sind dazu die jetzigen Stiefletten mit ihren Riesenabsätzen, durch welche jede Dame sich geräuschvoll von Weitem ankündigt – nur den leisesten Tritt zu hören, hätte damals für unmoralisch und unweiblich gegolten. Als dann höhere Schuhe und Stifelchen aufkamen und viele Damen erleichtert aufathmeten, weil nur der ewige Strümpfewechsel und der Kampf mit den Kreuzbändern – der auf Bällen besonders zu den schrecklichsten Inkonvenienzen führte – aufhörte, waren es die Herren, welche es unweiblich, unästhetisch, emanzipirt fanden und den Damen Mangel an Nettigkeit vorwarfen, weil sie ihren Fuß sorgfältiger verbargen!

       II

      Jene dreißiger Jahre, die sich durch eine gewisse Einfachheit der Toiletten auszeichneten, hatten nur einen seltsamen Auswuchs: die Steifärmel. Man hatte, wie schon erwähnt, bei der Emanzipation von Zwang und Unbequemlichkeit die häßlichen engen Aermel abgeschafft und dieselben zuerst nach oben erweitert und ihnen den Namen »Schöpskeulen« gegeben, der wahrscheinlich an Häuslichkeit und weibliche Pflicht, auch beim Fleischer, wie in der Küche Bescheid zu wissen, gemahnen sollte. Indeß um diese Façon ganz entsprechend zu gestalten, erschien es nothwendig, ihnen an der Achsel etwas Halt zu geben, Man befestigte dann etwas Steifgaze darin, die sich später zu einem luxzen Aerwel gestaltete, den man in den Kleiderärmel band. Bald aber fand man dies ungenügend, denn die Aermel wurden immer weiter, auch nach unten, wo sie ein Bündchen im Handgelenk schloß; dies steigerte sich so, daß man schließlich zu einem paar Aermel so viel Stoff brauchte, wie sonst zu einem Nock. Man legte also die sich doch immer leicht zerdrückende und weich werdende Steifgaze bei Seite und fertigte kleine Ballons, die in ihrem Umkreis einen Reifen von Fischbein oder Rohr hatten, wohl auch nach oben und unten kleine Fischbeine zu weiterer Stütze. Da es, wenn man sich auch so viel Paar derartige Aermel hätte anschaffen wollen, als man Kleider besaß, der Platz gar nicht erlaubte, sie damit aufzubewahren, so nähte man an die Aermel je 4 Bändchen, die mit 4 andern im Kleid korrespondirten – nun denke man sich bei einem schnell nöthigen Toilettenwechsel das Vergnügen für Dame und Kammerjungfer, diese acht Schleifchen erst auf- und dann wieder zuzubinden, wobei in der Eile leicht ein Versehen geschah das die Arbeit erneuerte, denn hatte man nicht die richtigen Bänder zusammengebunden, so erhielten Aermel und Figur ein ganz verdrehtes Ansehen, dem sich Niemand aussetzen konnte. Um den Steifärmeln eine gefälligere Form zu geben und sich nicht der Gefahr preiszugeben, wie mit gebrochenen Flügeln zu erscheinen, wenn die Fischbeinreifen im Gedränge, auf engen Plätzen, im Konzert und Theater oder mit den Wänden enger Korridore in Kollision geriethen, kam man auf den Gedanken, die betreffenden Ballonärmel mit Federn zu füllen. Das mochte nun im Winter gehen. Aber man denke sich diese Federbetten auf dem Oberarm auch bei 20–30 Grad Sommerhitze! und man trug sie unter den Mousselin- und Gazekleidern so gut wie unter einem von Wolle und Seide, ja unter denen erst recht, weil da die Reifen um so eher durchschimmerten! Eine Dame bildete damals ein ziemliches Viereck, ihre Hauptbreite war über die Achseln hinweg, jeder Shawl, jedes Tuch, ja jedes große »Umschlagetuch« mußte so getragen werden, daß es oberhalb der Steifärmel ruhte und war man genöthigt, im Winter einen Mantel darüber zu hängen, so ward die Gestalt vollends unförmlich, um so mehr, als diese Mäntel von Tuch, Cashmir oder Seide, auf alle Fälle aber doch sehr dick wattirt waren. Man trug vielleicht auch darum im Winter zu Spaziergängen und Besuchen wattirte seidene Ueberröcke von dunkler, meist schwarzer Farbe und dazu eine »Boa« von Pelz und kleine Muffe.

      Man war wieder einmal in's Menageriegebiet gekommen. Noch einmal feierte van Aaken einen glänzenden Triumph. Die große Boa constrictor, die er mit über's Weltmeer gebracht und in allen deutschen Städten sehen ließ, wie sie ein Dutzend Kaninchen spielend verzehrte, war zum Ideal der Damenwelt geworden – keine eherne Schlange, eine Schlange von weichem Pelz hatte man aufgerichtet zum neuen Abgott. Fünf bis acht Ellen mußte ein solches Ungeheuer messen, das man um den Hals schlang und womit es so reizend und kokett sich spielen ließ. Es war der treueste Begleiter jeder Dame, nicht nur im Schlitten und auf der Straße, im Salon, Zimmer, überall hatte man es bei sich und im Ballsaal war es erst recht unentbehrlich und bildete den graziösesten Gegensatz zu einer duftigen Toilette, zu bloßen Schultern und Armen, um die es so weich und lose sich schmiegte. Jede Dame erschien sich wie eine Schlangenkönigin und es kam mit den Boas ordentlich wieder ein Anflug von Romantik in die nüchterne Welt der guten Gesellschaft. Wie viele Anbeter haschten nicht nach einem Ende der sieben Ellen, um sich darin zu verfangen, wie viele unvorsichtige Tänzer stolperten nicht minder davon entzückt über ein gleiches und wie viele Anekdoten gab es nicht von aus den Schlitten verlornen Boas, die auf hellglänzendem Schnee zusammengeringelt liegend von den Findern wirklich für gefährliche Ungethüme gehalten worden waren. So harmlos die Zeit damals war, so einfach die Toiletten, deren einzige Extravaganzen eben in Steifärmeln und Boas gipfelten – gerade diese beiden Dinge wurden von der Männerwelt vielfach angefochten – natürlich, wie immer, vergeblich! Die Steifärmel machten sich der Nachbarschaft so unbequem, wie in jüngst vergangenen Jahren die Krinolinen – denn wer zwischen zwei Damen saß, durfte seine Arme kaum bewegen, ohne von beiden Seiten gestoßen zu werden und in Gefahr zu kommen auf eine Boa zu treten! Im Wagon, auf Reisen – man denke, daß man damals meist noch in engen Postwagen und Omnibussen fuhr – ging es nie ohne beißende Bemerkungen über die Steifärmel ab, ebenso bei Tafel und andern Gelegenheiten, wo man in Neih und Glied zu sitzen pflegte, mußte auf diese obere Breite der Damen Rücksicht genommen werden! Und damit diese Resultate erzielt wurden, mußten die armen Männer, wenn sie mit ihren Frauen ausgehen wollten, geduldig warten, bis bei einem Kleiderwechsel jene acht Bänderchen auf- und zugeknüpft waren u.s.w., wie für die Boas, die ihnen nicht minder im Wege waren und von denen sie nur die unzweckmäßigen Seiten kennen lernten, 5–50 Thaler bezahlen, je nachdem die weiblichen Ansprüche in die Höhe gingen!

      Und СКАЧАТЬ