Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ was diese Vergangenheit charakterisirte im Gegensatz zur Gegenwart: Die Selbstlosigkeit, die Hingebung, die Bereitwilligkeit zu jedem Opfer. Jetzt ist der Egoismus an der Tagesordnung. Jetzt wählt selbst die Braut für den Bräutigam am Liebsten eine Arbeit, die recht schnell geht, eine angefangene, die kein Kopfzerbrechen und keine Anstrengung kostet – und zwar nicht, weil sie sich sagen könnte, daß die Zeit zur Ausbildung ihres Geistes für sie und damit auch für ihn besser angewendet sei, sondern weil sie lieber für sich selbst an ihrer Wäsche die überflüssigsten Stickereien, an ihren Kleidern die endlosesten Garnirungen in der gleichen Zeit verfertigt – im Uebrigen aber doch nur an ihrer Ausstattung sich mit den Luxusstickereien abgiebt – für alles Andere ist ja die Nähmaschine da und mit ihr die bezahlte Arbeiterin, das Wäschgeschäft.

      Die Nähmaschine! Ihr erstes Auftreten in Deutschland in den vierziger Jahren war ein sehr sonderbares: man ließ sie auf Jahrmärkten für Geld sehen, ganz ähnlich wie die Elektrisirmaschinen auf offener Straße zur Belustigung des Publikums, von dem man einen Neugroschen die Person eincassirte. Diese ersten Nähmaschinen arbeiteten nur Kettelstich und waren zu nichts zu gebrauchen als zwei Stücken Stoff zusammen zu nähen – wer aber für seine Schaulust am Jahrmarkt noch ein zusammengenähtes Läppchen als Zugabe erhielt, trug es triumphirend nach Hause, untersuchte die Naht, staunte und kam schließlich doch zu dem Resultat: – daß die Sache doch wohl Jahrmarktsschwindel sei – endlich fand man, daß sie doch nicht ganz zu verwerfen und daß vielleicht Schneider und Schuhmacher (eigentlich Schaftmacher) durch eine Nähmaschine sich einen Gehülfen ersparen könnten. Kein Mensch aber hätte sich träumen lassen, daß sie je in die Familie Eingang finden würde. Als dies dann wirklich zu geschehen anfing, nachdem die Nähmaschinen bereits bedeutende Verbesserungen erfahren: da rangen alle Näherinnen die Hände und hätten lieber alle Nähmaschinen zertrümmert, wie einst die Weber die Webstühle und Maschinen, die ihnen Concurrenz machten – und wie diese das Maschinengespinnst dem Handgespinnst gegenüber für unhaltbar und untauglich erklärten, so verhöhnten die Näherinnen von Profession die Nähmaschinenarbeit und sagten ihr die entsetzlichsten Dinge nach. Und im Hause kam den Nähmaschinen auch dasselbe Vorurtheil entgegen – bald erklärte man alle Nähte, welche die Maschine nähte, für unsolid und Pfuscherarbeit – es ging den Nähmaschinen noch schlimmer als den Streichhölzchen: man sagte ihnen alles mögliche Ueble nach. Und dann kam wieder eine andere Zeit, wo man alles Mögliche und auch Unmögliche von ihnen verlangte! Fortschrittliche Hausfrauen beeilten sich, eine Familiennähmaschine anzuschaffen, in der Hoffnung, nun habe alle Noth und Arbeit ein Ende, nun könne die Maschine Alles verrichten, wozu man sich sonst so unendlich angestrengt. Da kaufte man denn erst die kleine billige Handmaschine und als man sah, daß diese doch sehr hinter den von ihr gehegten Erwartungen zurückblieb, schaffte man eine große Nähmaschine an und räumte ihr den Platz des Nähtisches ein. Allein man sah, daß auch diese Arbeit nicht so leicht war, wie sie aussah, daß auch sie erst ordentlich gelernt und geübt werden mußte, ehe es dabei zu einem gewünschten Resultat kam. Die Träume, daß nun fast keine weibliche Hand mehr zu nähen, noch nähen zu lernen brauche, haben sich als trügerisch erwiesen und es wird nach wie vor gut sein, wenn jedes Mädchen auch ohne Maschine Alles zu nähen versteht, was früher erforderlich war – ebensowohl um es anzuwenden, die Maschine zu bedienen, als auch gerade in Lebenslagen, wo es selbst nicht nöthig hat, den ganzen Tag zu nähen, sondern einen höheren Beruf sich widmen kann, doch mindestens die eignen Sachen in Ordnung halten und im Nothfall sich selbst helfen zu können. Auch jene Hoffnungen des Familienlebens: nun immer schnell mit aller Näharbeit für den Haus- und eignen Bedarf fertig zu sein – sowie auch jene Befürchtungen der Arbeiterinnen, die von der Näharbeit lebten: nun nicht mehr genug Arbeit und Verdienst bekommen zu können, haben sich nicht erfüllt. Im Gegentheil! wären die Nähmaschinen nicht erfunden worden, so würde man Wäsche und Kleider nicht mit so vielen Steppnähten, Fältchen, Garnirungen etc. verzieren oder überbürden, möchte man lieber sagen, wie es jetzt geschieht, so ist für jede Familien-Nähmaschine genügend Arbeit vorhanden und für jede Arbeiterin genügender Erwerb, denn, sobald sie im Besitz einer Nähmaschine, findet sie viel lohnenderen Erwerb und braucht sich weit weniger anzustrengen, als bei dem früheren Handnähen.

      So hat die Maschine eine neue Art weiblicher Arbeit geschaffen, so hat sie auch einen andern Theil der weiblichen Arbeitskraft frei gemacht für andere Zwecke; statt daß, wie die Näharbeiterinnen fürchteten, sie ihnen die Löhne herabdrücke oder ganz das Brod entzöge, sind jene gestiegen und wird dies um so reichlicher geboten. Der Markt und die Kundschaft für die Nähmaschinenarbeit sind größer ausgebreiteter und mannigfaltiger geworden als vordem für die Handarbeit und dieser Erwerb ist doch zum allergrößten Theil in Frauenhand geblieben, indeß frühere Erfindungen und die damit verbundenen Fortschritte – z.B. als der Webstuhl an Stelle des Spinnrades trat – Arbeit und Verdienst den Frauen abnahmen, theilweis oder ganz, und ihnen so den Verdienst entzogen oder die im Hause nebenher geübte Arbeit zur Fabrikarbeit machten – das Mädchen nöthigten, tagüber das Haus, die Familie, die Wohnstube zu verlassen und aus einer selbstständigen Arbeiterin die Sklavin der Maschine, der Fabrik zu werden.

      Hat doch auch so manche andere Nadelarbeit diese Wendung der Dinge herbeigeführt. Die Spinnmaschine verdrängte das Spinnrad, der Strumpfwirkerstuhl die Stricknadeln und ihre häusliche Handhabung, die kleine Tamburirnadel ward ein Werkzeug für die große Industrie, die Spitzenweberei brachte die Klöpplerinnen dem Hungertode nahe, die Maschinenweißstickerei lieferte auch die Stickerinnen in großer Anzahl in die Hände der Fabrikanten – der Nähmaschine gebührt der Vorzug, daß sie in das Haus gekommen ist und nicht die Frauen zwang, das Haus zu verlassen, daß der Vortheil, den sie gewährt, auch wirklich der Familie wie der selbstständigen Arbeiterin und nicht den Beherrschern des Kapitals und der Großindustrie zu Gute kommt.

      Wie es aber immerhin sei: Segen über jede Maschine, welche der Menschenkraft einen Theil der Arbeit abnimmt oder erleichtert!

      Es war im Jahr 1845 – die Fabrikarbeiter, besonders die Weber, begannen überall da und dort sich gegen die Arbeitgeber zu erheben und in blinder Wuth die neu, meist nach englischem Muster consternirten oder direct aus England eingeführten Maschinen, Spinn- und Web-Maschinen zu zerstören. Die Volkswirthschaft war eine noch wenig gepflegte und discutirte Wissenschaft, der Sozialismus kaum dem Namen nach bekannt und die sozialistischen Ideen tauchten erst vereinzelt und in der allerunklarsten Weise auf. Damals schrieb ich in meinem Roman »Kathinka« die Stelle: »Jeder neuerbaute Jaquardstuhl webt eine neue Siegesfahne der Menschheit!« Ich wiederhole heute mit der gleichen Freude, was damals bei manchen Lesern und Kritikern Kopfschütteln erregte – und freute mich, daß ich als junges Mädchens »ganz von selbst«, halb durch Nachdenken, halb meinetwegen durch die Inspiration des – »Unbewußten«, mich schon auf den Standpunkt erhoben hatte, auf dem ich heute mit Bewußtsein stehe. Je mehr niedere und mechanische Arbeiten durch die Fortschritte der Industrie der Menschenhand abgenommen werden, je mehr kann der Menschengeist dabei gewinnen, kann zu einem höheren Gebiet geistiger Ausbildung und freudigen Schaffens, wie edleren Lebensgenusses sich emporarbeiten, ja, ist nicht nur berechtigt, sondern sogar genöthigt, eine solche höhere Stufe zu erklimmen.

      Das ist so nicht allein in Bezug auf die Männer, auch die Frauen stehen unter den gleichen Verhältnissen. Je mehr ihnen durch neue Erfindungen, durch die Fortschritte der Industrie an Handarbeiten entzogen wird, je mehr muß ihre Kraft zu höheren Zielen heran gezogen werden, je mehr drängen die Verhältnisse damit der endlichen Lösung der Frauenfrage entgegen.

      Gleiches Recht für Alle! Gleiches Recht auf Entwickelung der eignen Anlagen, auf Bethätigung der Kraft, keine Schranken für die selbstständige Entfaltung!

      Moden

       Inhaltsverzeichnis

       I

      Ja, auch den Moden will ich СКАЧАТЬ