Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ wohnlich in den heimischen Räumen.

      Wer von dem heutigen Geschlecht wundert sich nicht, solch einen alltäglichen Vorgang so umständlich geschildert zu finden? Wer ist heute noch froh darüber oder gar dankbar dafür, auf erleuchteten Treppen und Straßen zu wandeln und mit der kleinsten Handbewegung mittelst eines unscheinbaren Hölzchens sich zu Licht zu verhelfen? Und doch sind es noch nicht funfzig Jahre her – da gehörte dergleichen in die Feenmärchen und unerfüllbaren Wünsche!

      Sagte man da seinen Freunden gute Nacht, so ward man noch von ihnen selbst oder einem dienstbaren Geist feierlich die Treppe hinabgeleuchtet denn sie war für gewöhnlich finster und nur zu außergewöhnlichen Gelegenheiten, wenn man Besuch erwartete und eingeladen, war hier und da ein Talglicht herausgesetzt oder ein Oellämpchen, das immer schweelte, wie im Faust, oder eine große hängende Treppenlampe angezündet, welche Massen von Oel consumirte. Auf den Straßen brannte hier und da an einer Ecke eine Oellampe, die nur einen spärlichen Schimmer verbreitete. Als man sie später quer über die Straße zog an langen Ketten, daß sie in der Mitte des Weges hingen, diese beleuchtend, aber bei jedem Wind bedrohlich hin und herschwankend, so war dies schon ein großer Fortschritt.

      Allein bei so bewandten Umständen empfahl es sich, noch eigner Beleuchtung sich zu versichern. Da besaß denn jede Patrizierfamilie eine große Laterne, die sie sich bei Ausgängen zu Abend oder Nacht von dem Diener oder der Dienerin vorantragen ließ. Es war dies ein sehr respectables Gebäude, meist ein Gestell von Zinn oder Messing mit einer thurmähnlichen durchbrochnen Erhöhung, durch welche die nöthige Luft einzog und an dessen höchster Spitze sich auch der Ring zum Tragen befand. Die ovale Hinterseite und die vorn sich als Thür öffnende Seite waren von geschliffenem, gewölbten Glas, zuweilen mit einem hervorspringendem Glasknopf in der Mitte, die schmalen Seiten aus Metall reflectirten das Licht, das von zwei dicken kurzen Wachskerzen auf blanken Düllen am Fuß der Laterne ausging. Natürlich war es ein Hauptstolz für Besitzer und Träger, wenn Glas und Metall daran immer spiegelblank geputzt waren und es hatte für alle Begegnenden etwas Imponirendes, wenn im Straßendunkel eine solche respektable Beleuchtungsmaschinerie auftauchte – man dachte immer, daß dann auch eine stattliche Herrschaft folge – ich erinnere mich selbst mancher Verhöhnung in meiner Kindheit, wenn man sich in dieser Beziehung getäuscht hatte und ein kleines Schulmädchen hinter der kolossalen Laterne mit den zwei Kerzen auftauchte, welche der Schreiber meines Vaters mir vortrug, wenn ich Abends von einer Schulfreundin heim geholt ward. Oft schlossen sich auch in bescheidner Weise andre Nachtwandlerinnen an, die nicht mit Laternen versehen waren. Wer keine Dienerschaft hielt, besaß eine solche oder ähnliche, wenn auch kleinere oder minder elegante Laterne – auch die einfachsten Stalllaternen kamen oft genug zum Vorschein – sich vortragen zu lassen, mußte dies Geschäft selbst übernehmen und zu diesem Zweck erging sich die Industrie allmälig in immer neuen Formen und Einrichtungen. Da gab es runde Glas-Cylinder-Hängelaternen mit einem Pappfutteral, das man, wenn man sie zum Leuchten benutzte, in die Höhe zog, indeß der Cylinder mit dem Licht auf einem Blechbrettchen nur durch Schnüre mit dem Futteral verbunden war – sie schwankten ewig und da man sie oben an einem Ring, darin die Schnüre endigten, tragen mußte, so verbrannte man sich sehr leicht Handschuh und Finger, auch baumelten sie im Wind, oder wenn man schnell gehen wollte, sehr unangenehm hin und her und verlöschten leicht. Eleganter und zweckmäßiger waren die Cylinder in Messing oder lackirtem Blech, das den Hänkel hinten hatte und zwei Flügelthüren öffneten, die innen blank das Licht reflectirten, auch hatte man sie eckig in Buchform u.s.w., auch rund mit einem Stock unten, nach Art der Wagenlaternen. Da sie bei jedem Ausgang beräucherten, voll Wachs tropften u.s.w., so war das Laternenputzen auch eine jetzt ungekannte Sorge der Frauen – denn eine im schlechten Zustand befindliche Laterne – mochte sie nun eine Duodez- oder Folio-Ausgabe sein, ließ auf mangelnde Accuratesse der ganzen Wirthschaft schließen. Bei einer großen Gesellschaft sah man in den Vorzimmern ganze Reihen stattlicher Laternen stehen, von Dienern und Dienerinnen mit Stolz entzündet – und in kleinen Privatkreisen, wenn man mit seinen eignen Laternchen ging, war es noch ein Abschiedsamüsement, sie selbst zu entzünden und dann mit ihnen in der Hand wie Leuchtkäfer fort und nach allen Weltgegenden auseinander zu fliegen. Es gab darunter auch sogenannte »Blendlaternen«, bei denen man selbst gar nicht gesehen ward und welche auf die Begegnenden ein unerträglich blendendes Licht warfen.

      Aber, wie schon erwähnt, man bediente sich der Laternen auch weil auf Hausfluren und Treppen keine Beleuchtung herrschte und weil man, wenn man nach Hause in die leere Wohnung kam – doch nicht erst Licht zu machen brauchte.

      Licht machen! Ja, das war zur Zeit unsrer Großmütter eine Kunst, die nur wenige verstanden – und wenn sie eine Magd mietheten, so war mit eine der ersten Fragen die: ob sie auch Licht machen könne?

      In jeder Küche stand damals meist auf einem Sims über dem Herd ein länglich viereckiges Kästchen von weißem Blech, dasselbe enthielt vier Gegenstände, die man haben mußte, um Licht zu machen: einen Stahl, ein Stück Feuerstein, Schwefelfaden und in einer nach unten mit Blech geschlossenen Abtheilung, eine braunschwarze trockne Masse, die man »Zunder« hieß. Dieselbe ward hergestellt meist aus – alten Strumpfsocken, welche man deshalb in jeder Haushaltung sorgfältig aufhob und die von der Hausfrau oder Köchin am Licht so weit gesengt oder gebrannt wurden, daß sie schwarzbraun aussahen und leicht auseinanderfielen. Da aber dieser Stoff den Funken nicht auffing »nicht fing«, wie man kurzweg sagte, wenn der Verbrennungsprozeß zu weit oder auch zu wenig vorgeschritten war, so gehörte schon eben so viel Geschick als Erfahrung dazu, das richtige Maß zu halten. Wollte man also Licht haben, so schlug man mit Stahl und Feuerstein zusammen über dies Zunderkästchen bis einer der heraussprühenden Funken da hineinfiel und als glühendes Pünktchen sich darin so lange verhielt, bis es gelang mit Hilfe des Athmens den daran gehaltenen Schwefelfaden ein blaues Flämmchen zu entlocken und damit das bereitstehende Licht zu entzünden – pustend und hustend, denn der Schwefeldampf kam meist in die Kehle – und so geschah es manchmal, daß ein unfreiwilliges Husten und Nießen das Licht wieder auslöschte und die Arbeit von Neuem beginnen mußte.

      Es war wie gesagt keine leichte Arbeit – es gehörte Geschick dazu und gutes Material, namentlich auch was den Zunder betraf – derselbe zog leicht Feuchtigkeit an und fing dann schwer – die Feuerzeuge galten daher bei Vielen als Wetterpropheten, und nicht ohne Grund, besonders in Winter, wenn es kalt war, aber in ein paar Tagen Thamvetter zu erwarten stand, ward der Zunder feucht und es dauerte lange, ehe das göttliche Licht zum Vorschein kam.

      War es nun schon unendlich peinlich, wenn man schnell Licht bedurfte, nicht allein beim Nachhausekommen, sondern vielleicht wenn Besuch kam oder die Kinder schrieen oder der Hausherr klingelte oder sonst ein Ereigniß in der Dämmerung schnell Licht erheischte, oder auch am frühen Morgen, die Magd in der Küche nicht nur Minuten, oft viertel und halbe Stunden lang picken und anschlagen zu hören, ohne daß es zu einem Resultat kam, so war es noch schlimmer sich selbst vergeblich zu mühen und sich über sich selbst ärgernd, noch als ungeschickt verlacht zu finden. Wie viel Verdruß und Aufenthalt in Haus und Wirthschaft entstand nicht allein nur dadurch »daß man kein Licht brachte«!

      Ich habe diese Zeit nur als Kind, das noch nicht einmal in die Schule ging, erlebt – und sie währte in meiner Vaterstadt vielleicht nur darum noch etwas länger, weil die ersten Schnellfeuerzeuge, da sie als gefährlich galten, nicht gleich eingeführt wurden, – aber ich habe die Erinnerung daran so treu behalten, weil ich eben noch an zu viel Momente zurückdenken kann, in welchen man in der Küche vergeblich picken und pinken hörte, wo bald der Stahl, bald der Schwefel, bald der Zunder, bald der Feuerstein, bald das Ungeschick verwünscht wurden, und wo dann im Winter die Mutter oft selbst von einem Ofen zum andern lief oder uns Kinder schickte, nachzusehen ob nicht irgendwo noch ein Fünkchen in der Asche glimme, das angeblasen werden konnte, daran noch einen Schwefelfaden zu entzünden. Und auch jenes großen Momentes erinnere ich mich noch, wo es meinen fünfjährigen Kinderhändchen gelang, selbst Licht anzuschlagen – ich bildete mir so viel darauf ein, jubelte und hatte eine so schöne Empfindung wie von einem Wagniß und einem Triumpf zugleich, wie etwa später bei dem Anblick meines ersten gedruckten Gedichtes. –

      »Ich СКАЧАТЬ