Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ zusammen mit ihnen lebte, von ihnen sprach in Ernst und Scherz. Ebenso ward vorgelesen bei der gemeinsamen Näharbeit – und es gab allerdings viel zu nähen in einer so großen und immer in gutem Stand gehaltenen Wirthschaft. Nähmaschinen und Geschäfte fertiger Wäsche gab es noch nicht und es hätte in einer Familie mit Töchtern für eine Schande gegolten, Näharbeit, selbst die einer Ausstattung außer dem Hause fertigen zu lassen, während man doch gerade auf große Wäsche-Vorräthe hielt und diese als das nothwendigste Fundament eines geordneten Haushaltes betrachtete; doch davon später.

      Hier noch Einzelnes über hauswirthschaftliche Einrichtungen jener Zeit. – Es wurden vorhin beiläufig die Decken in den Corridoren u.s.w. erwähnt. Ich muß bemerken, daß dies schon ein großer Fortschritt war. Bislang hatte die Sitte geherrscht, über die weißgescheuerten Dielen im Wohn- und Vorzimmer und auf den Treppen weißen Sand zu sieben, er wurde täglich am Morgen weggekehrt, um so den Schmutz mit zu entfernen, und wieder frischer darüber gestreut. Ich entsinne mich noch genau, daß meine Mutter unter den ersten Hausfrauen war, welche diese entsetzliche Sitte abschafften, aber daß sie noch lange in vielen Familien bestand. Wie das bei jedem Tritt knirschte und stäubte! welche Qual für Ohren, Nerven und Lungen! wie ungesund! und wie gefährlich auf den Treppen, zumal auf Steintreppen, man denke vollends des Abends, wenn sie nicht erleuchtet waren! Es gehörte Talent dazu, die Treppen nicht hinabzufallen und fast täglich geschah es, besonders den Kindern. Allein der Sand gehörte so lange zur Ordnung, bis man begann, die Treppen von Stein, statt sie zu scheuern, mit Thon zu überstreichen und ihnen dadurch ein freundlicheres Ansehen zu gebem Verschwand aber der Sand auch aus den Zimmern, die Brettdielen blieben und es gehörte zum Ruhm der Hausfrau, daß sie immer blendend weiß und fleckenlos aussahen, zur Qual der Kinder keine Flecken auf sie zu machen und zum Entsetzen des Hausherrn, daß sie so oft gescheuert wurden! Ja, man denke nicht, daß ein halbgroßes Zimmer etwa in einem halben Tag gereinigt war – das erforderte eine ganze Tagarbeit und mehr. Schon am Abend vorher wurden in der Regel die Fettslecken auf den Dielen mit Töpferthon mittelst eines Hölzchen eingestrichen – eine Hausarbeit für Kinder – ich habe sie sehr oft selbst verrichtet! Dann ward das ganze Zimmer ausgeräumt bis auf die schweren Möbels, die, wenn sie elegant waren, an die Füße gewissermaßen Strümpfe bekamen, damit sie nicht vom Wasser litten. Die Scheuerfrau mit drei Fässern erschien dann so bald es tagte, kniete auf einem Scheuerbret und verrichtete ihre Arbeit mit Scheuersand und Strohwisch und grauen Scheuertüchern, Diele für Diele. Hatte sie ihr Werk vollendet, was wie gesagt viele Stunden dauerte, ward Sand darüber gestreut und nachher wieder weggekehrt – aber trotz alles Lüftens blieb das Zimmer den ganzen Tag naß und mit jener Atmosphäre nassen Holzes angefüllt, die Zahnschmerzen und Gliederreißen aller Art erzeugte! – Kein Wunder, daß besonders den Männern solche Scheuertage ein Gräuel waren und daß sie darum gern hinter ihren Rücken angesetzt wurden, d.h. wenn sie verreisten oder außer dem Hause zu thun hatten. Aber nun der Schrecken, wenn sie früher wiederkamen als berechnet und als man fertig war – da gab es in den friedlichsten Familien Verstimmung und anzügliche Reden über den »Scheuerteufel« u.s.w., in andern kam es zu Donnerwettern, zu Streit und Zank! Ja, wer über viele Zimmer zu verfügen hatte, da konnte man sich noch einrichten und flüchten – es war immer ungemüthlich, so oft aus der gewohnten Ordnung zu kommen, aber es war doch zu ertragen. Aber nun denke man, wer nur auf ein Zimmer angewiesen! Die Verlegenheit, wenn dann Besuch kam, die ganze üble Existenz, die Erkältungen! Und in Wohnzimmern wiederholte sich dieser Auftritt jede Woche – Freitag und Sonnabend waren die beliebten Scheuertage! Außerdem wurden die Zimmer täglich mit Sägespänen ausgekehrt, eine Procedur, die auch drei verschiedenartige Besen erforderte; um das Scheuern weiter hinauszurücken; rieb man auch zuweilen die Dielen mit Sand und Sägespänen auf – das geschah mit der bloßen Hand – Scheuerbürsten und dergleichen gab es nicht – ich habe es selbst zuweilen gethan, wenn es auch nicht von mir verlangt ward – aber ich that es in meiner Vögelstube, damit man nicht sagte, meine Lachtauben, mein Staar, Finke, Canarienvogel u.s.w. machten zu viel Arbeit für Andere im Hause.

      Es dauerte lange, ehe man einzelne Zimmer zuerst im Winter mit wollenen Teppichen ausschlug, dann kam das Wachstuch dazu auf, später bohnte man die Dielen braun, dann lackirte man sie, bis man beim heutigen Parkett angelangt. Wie viel ist nur dadurch an täglicher Hausarbeit erspart, wie sind die Scheuertage zur lächerlichen Sage geworden!

      Auch die großen Wäschen – die andern Schreckenszeiten der Männer – in den Familien, kommen nur noch in wenigen vor und wo man sie noch veranstaltet, da ist die Schreckenszeit durch die Wasch- und Wringmaschinen und durch die Fortschritte nicht allein der Industrie, sondern auch der Humanität sehr abgekürzt. Die Waschfrauen der alten Zeit erschienen in der Regel schon früh um drei Uhr bei ihrer Arbeit, meist galt es erst aus selbstgesammelter Holzasche die Lauche zu bereiten, an deren Stelle wir uns jetzt der Soda bedienen und so standen sie dann bis zum späten Abend im zugigen dumpfen Waschhaus bei ihrer beschwerlichen Arbeit. Nachher ging es auf den Bleichplatz, wo sie in der Regel zwei Tage und eine Nacht zubrachten, letztere oft unter freiem Himmel auf nasser Wiese, dicht am Wasser und wenn die Wäsche gespült ward, so wateten sie oft stundenlang im Fluß, nachdem sie vorher den heißesten Brand der Mittagssonne ertragen. Auch auf den Bleichplan mit der Schwester zu gehen, den Waschfrauen ihr Vesper zu bringen und dann mit die Klammern beim Aufhängen zuzulangen, war mir ein Vergnügen. Und dann freute ich mich wieder darauf, wenn es später auf die Rolle ging und man mich auf das obere Brett derselben setzte und mich ein Bischen mit hin und herrollte. Aber dann fiel mir wieder in der Nollkammer die Folterkammer der Rittergeschichten ein, ich nahm die Rolle als Tortur und dachte mir, wie es sein müsse, wenn ich einmal unten auf dem Rollholz säße und die obere Walze ginge über mich selbst hinweg! Dann bekam ich Angst und lief fort und nahm lieber zuhause mein langweiliges Werk wieder auf, das beim Wäschelegen der Schwestern meinen Kinderhändchen zufiel: die schmalen Bänderchen breit zu glätten, die sich damals an den meisten Leinenzeug befanden – auch eine Qual bei dem Ordnen derselben.

      Aber während die Wäschen doch noch in der Gegenwart, wenn auch in sehr veränderter Gestalt durch die Waschmaschinen, in größeren Haushaltungen oft noch eine Rolle spielen, so ist von anderen Hausarbeiten, wie z.B. Licht- und Seifensieden und Brodbacken schon längst nicht mehr die Rede. Auf jenes kommen wir in einem spätern Abschnitt zurück – aber wenn wir heute alles Gebäck vom täglichen Brod bis zur feinsten Torte, vom Bäcker und Conditor fertig holen lassen, sogar ohne daß es erst einer besonderen Bestellung bedarf, so wollen wir einmal uns auch hier die ganze Umständlichkeit früherer Zeit zurückrufen.

      Da ward denn aller acht oder vierzehn Tage ein großer Backtrog in die Koch-, hier und da wohl in die Wohnstube gestellt, die Hausfrau oder Magd, in späterer Zeit ein Bäckergesell, rührten und kneteten dort den Brodteig ein, mischten ihn mit dem Sauerteig und am andern Morgen wurden die Brode geformt und in den vorher geheizten Hausbackofen geschoben. Damit verband man denn auch gern noch eine Familienfestlichkeit und fügte zum Guten das Schöne, zum Nöthigen auch die Annehmlichkeit des Lebens, d.h. man buck von dem Brodteig, den man als übriggeblieben bezeichnete, noch Kuchen, belegte die dann aufgetriebenen Platten mit Obst, Speck oder Syrup – je nach Geschmack, wobei es denn natürlich an Butter nicht fehlen durfte – warm genossen schmeckte dieser bescheidne Kuchen den genügsamen Gaumen am besten. Es galt also ihn meist beim zweiten Familienfrühstück zu verzehren und es kam vor, daß Kinder darum die Schule versäumen durften, weil daheim Brodkuchen gebacken ward. Aber in manchen Gegenden – und ich glaube Sachsen hat sich darin immer ausgezeichnet – ward in den Familien zu allen nur möglichen Gelegenheiten Kuchen gebacken, so zu den hohen Festen: Ostern und Pfingsten, zum Reformationsfest, zur Kirchweih, zu Fastnacht Plinsen und Pfannkuchen, zu Weihnacht Striezel oder Stollen. Bis in die neueste Zeit hinein hat sich noch in manchen Familien das Stollenbacken erhalten – aber nur in der Weise, daß die Ingredienzen dazu im Hause vorbereitet und dann, etwa unter der Aufsicht eines Familiengliedes, zum Bäcker geschickt werden – wie würden über diesen letzten Rest patriarchalischer Gewohnheit, der eigentlich mehr auch eine Ironie auf die der Vergangenheit, denn ein Nest von ihr ist, unsere Großmütter die Nase rümpfen! Dem Weihnachtsfest hätte sonst die fröhliche Vorweihe gefehlt, wenn nicht eines schönen Abends einige Tage vorher die ganze Familie, wenigstens alle Frauen und Kinder, von zwei stattlichen Talglichtern beleuchtet um einen großen Tisch СКАЧАТЬ