Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ Gütern; denn unsere Heimat ist nicht in dieser Welt.

      »Dies Sehnen dürfen wir nicht unterdrücken, wir dürfen es nicht ungehört verhallen lassen im Lärm des Lebens. Dies Sehnen ist unser bestes Teil. Es wird mächtiger und mächtiger, je älter und reifer wir werden, je klarer wir das Leben durchschauen, das uns umgibt. Und mit diesem Sehnen werden dereinst die Glockentöne der Ewigkeit in wunderbaren Harmonieen zusammenklingen.

      »Über all dem Kämpfen und Streben hienieden vergiß niemals das Wort:

      »Mach' deinen Raupenstand

       Und deinen Tropfen Zeit

       Den nicht zu deinem Zweck,

       Die nicht zur Ewigkeit.«

      Beim Geschlechtsältesten.

       Inhaltsverzeichnis

      Von den »Herren im Walde« war zu Anfang dieses Jahrhunderts ein Zweig entsprossen, der lebte fern von der alten Heimat am Rande des Gebirgs. Da es der älteste Sohn gewesen, der einstmals im Unmut aus dem Hause seines strengen Vaters gegangen war, so wohnte jetzt auf dem entlegenen Gute der Älteste unseres Gesamtgeschlechts.

      Auch dort suchten wir die alte Urkunde. –

      Es war nicht weit zu gehen gewesen vom letzten Flecken. Wir standen vor einem großen Holzgarten, in dem gewaltige Stämme lagen. Mitten hindurch schoß ein reißender Gebirgsbach, aus einer schönen Gruppe von Erlen und Weiden tönte das Kreischen der Sägen, und im Hintergrunde, am Berge, lag ein behäbiges, schloßartiges Wohnhaus.

      Wir stiegen die Freitreppe empor und fragten im kühlen Flur einen Knecht nach dem Herrn Baron.

      »Der junge Herr Baron ist nicht zu Hause, aber der alte Herr Baron ist droben,« sagte der Knecht.

      »Dann melden Sie uns beim alten Herrn,« erwiderte der Vater.

      Der Mann sah uns verwundert an, ging dann die Stiege hinauf, winkte uns, schritt durch einen langen Korridor, machte vor einer Thüre Halt, drehte sich rasch zu uns her, zeigte ein pfiffiges Gesicht und verschwand schleunig.

      Wir klopften einmal, zweimal, dreimal. Endlich rief eine Baßstimme »Herein!«

      Wir standen in einem geräumigen, düsteren Gemache. An den Wänden hingen gekreuzte Schwerter und Hellebarden, alte, verdunkelte Gemälde, viele Jagdtrophäen. Ganz hinten in der düstersten Ecke saß auf einem Ledersofa an einem großen Ahorntisch ein Mann mit schneeweißem Haupthaar und Bart.

      Der erhob sich voll Feierlichkeit und rief uns entgegen: »Ich heiße Sie willkommen! Ich wußte gar wohl, daß Ihre Ankunft erfolgen werde. Nehmen die Herren Platz!«

      Dieser Empfang war ein recht freundlicher, und der Vater besann sich, ob eine förmliche Vorstellung unter solchen Verhältnissen überhaupt noch statthaft wäre. Er zog es aber doch vor, seinen und meinen Namen zu nennen, und wollte gerade damit beginnen. Da erhob sich der Greis noch einmal und sagte mit seiner tiefen Stimme: »Thut nichts zur Sache. Setzen sie sich nur!«

      Er selbst saß auch schon wieder, und jetzt bemerkten wir, daß seine Augen so seltsam glanzlos an uns vorüber ins Leere starrten.

      Wir nahmen von zwei Stühlen Besitz, und es entstand eine Pause.

      Wie schön doch der greise Mensch vor uns war. Wie edel war der Schnitt seine Antlitzes, wie groß und kräftig war die Gestalt des Achtzigjährigen, kaum ein klein wenig gebückt erschien sie mir. Nur die Augen waren so glanzlos, ja die Augen waren blöde, wenn ich mir's recht gestand.

      Vor dem Alten stand eine große Kaffeetasse. »Das ist ein Tag, das ist ein Tag!« sagte er feierlich einmal über das anderemal und goß sich den schwarzen Trank aus der Kanne ein. Dann öffnete er eine geräumige Büchse und entnahm ihr eine Hand voll Zuckerstücke. »Daß ich den Tag erlebt habe!« fuhr er in seinem Selbstgespräche fort und warf den Zucker in die Tasse. Jetzt rührte er die Brühe mit dem Löffel, nahm eine weitere Hand voll Zucker aus der Büchse, rührte und rührte und murmelte unverständliche Worte in den Bart. Zuletzt schauten die Zuckerbrocken über den Rand der Tasse empor, und der Vater, der gleich mir mit Grausen zugesehen hatte, begann nun endlich mit seinem Anliegen herauszurücken.

      Aber kaum hatte er die ersten Worte gesagt, da unterbrach ihn der Greis und sagte feierlich: »Thut nichts zur Sache! Ich weiß, Sie bringen mir die Bitte Seiner Majestät des Königs, ich solle meinen Hammer wieder anzünden. Seien Sie willkommen. Der Tag ist groß. Ein altes Geschlecht ohne Hammer. Zum Lachen. . . .«

      Der Vater schwieg und schaute mich bedeutsam an, der Greis murmelte Worte, die wir nicht verstanden, und rührte geistesabwesend in seiner Tasse herum.

      Wir wollten uns entfernen; denn unsere Lage war sehr peinlich. Da ging die Thüre auf, und ein Mädchen trat in das Gemach. »Ach!« rief sie. »Wer hat denn . .?«

      Der Vater stellte sich und mich vor. Der Alte aber richtete sich wieder stramm in die Höhe und sagte laut und sehr aufgeregt: »Thut nichts zur Sache! Sieh', liebe Maria, diese Herren kommen vom König von wegen des Hammers. Du weißt ja!«

      Das Mädchen sah uns ängstlich an. Sie fürchtete wohl, wir möchten uns über den alten Mann lustig machen. Als sie aber meine ernste Miene wahrnahm und als der Vater sagte, es möchte da gewiß ein Mißverständnis vorliegen, gab sie uns unvermerkt mit bittenden Blicken ein Zeichen. Wir traten zurück, sie aber setzte sich auf das Sofa, legte ihre Hand auf den Arm des aufgeregten Greises und fragte ihn schmeichelnd: »Will Großvater, daß ich die Maschine hole?«

      Der Mann hob seine runzelige Hand, strich kosend über das schöne Gesicht seiner Enkelin und lächelte.

      Maria aber sprang auf und brachte aus der Nebenstube das ziemlich große Modell eines Eisenhammers, stellte es auf den Tisch vor den Alten und wandte sich dann zu uns: »Wollen die Herrn mit mir in den Garten gehen? Großvater erlaubt es schon.« »Nicht wahr?« fragte sie den Greis, der mit zufriedenem Gesichtsausdruck vor dem Spielzeug saß. »Thut nichts zur Sache,« entgegnete er. »Der Hammer wird wieder angezündet. Ein altes Geschlecht und keinen Hammer . . . zum Lachen . . .!« Und dabei ließ er aus einem Behälter Sand auf die kleinen Schaufelräder des Werkes laufen, sie drehten sich rasch und rascher, die hölzernen Hämmerchen begannen zu pochen, und als sich die Thüre schon wieder hinter uns geschlossen hatte, hörten wir immer noch die tiefe Stimme sagen: »Der Hammer wird wieder angezündet.«

      Wir standen im Garten mit dem Mädchen. Sie sah uns traurig an und sprach: »Es thut mir immer weh, wenn Fremde meinen armen Großvater sehen. So lange ich denken kann, ist er nie anders gewesen. Aber früher, da war er bekannt weit und breit im Lande. Von allen Seiten sind die Leute gekommen und haben sich seine Eisenwerke angeschaut und haben ihn um Rat gefragt. Das ist lange, lange her. Es ist eine böse Zeit über sein Haupt gegangen. Die kleine Hammerindustrie kam immer mehr zurück, allenthalben, nicht nur bei uns. Da mußte er sich endlich entschließen, seine Öfen auszulöschen und die großen Sägwerke einzurichten, die Sie sehen. Aber er hat die alte Zeit nie verschmerzen können – und namentlich seit er schwachsinnig geworden ist, glaubt er fest, daß sie wieder brennen werden.« »Vergessen Sie das Bild, und denken Sie an den kraftvollen Hammerherrn, von dem ich Ihnen erzählt habe,« bat sie leise, »und nicht an den Greis.«

      Die Nacht war angebrochen, als wir nach einem mehrstündigen Marsche vor der »Post« des nächsten Städtchens standen. Maria hatte uns gesagt, СКАЧАТЬ