Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme
Автор: Jodocus Temme
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027238149
isbn:
»Herr Schlom Bendix, Ihr selbst spracht schon von fünf oder sechs.«
»Du sollst haben Deine zwölf Taler.·«
»Wenn nur sechs Mann kommen, Herr Jude; sonst zwei Taler mehr für jeden Mann.«
»Soll Gott meine Seele verdammen«, schwor Schlom Bendix.
Aaron Levi aber sprang wütend auf, ergriff das Glas des Burschen und hielt es ihm hin.
»Trink’, Du Hund!«
Der Knabe lachte ihn aus.
»Wenn wir mit unserm Handel fertig sind, Herr Jude.«
Schlom Bendix hatte sich besonnen.
Er sprach ein paar hebräische Worte zu seinem Gefährten, dann wandte er sich wieder an den Knaben.
»Berndche, wir wollen sein gegeneinander aufrichtig Es werden kommen fünfzehn Mann; Du sollst haben dreißig Taler; es ist ein Kapital. Schlag’ ein!«
Auch der Knabe besann sich. Die klugen Augen leuchteten ihm doch. Dreißig Taler waren ein Kapital für ihn.
»Hier ist meine Hand!« sagte er.
Er schlug in die des Juden ein.
»Waih, Du bist der Jude heute!« sagte Schlom Bendix darauf.
»Noch eins«, sagte aber der Knabe. »Wenn zahlt Ihr das Geld aus?«
»Wenn wir sind in Sicherheit in Borgentreich.«
»Ich denke, wenn wir unsern Weg antreten.«
»Auch das, mein Söhnchen. Und nun trinkt! Aber trink’ nicht zu viel; denn wenn Du wirst betrunken, dann bist Du zur Nacht müde und kannst nicht führen die Leute durch das steile Gebirge.«
Ein Seitenblick auf Aaron Levi gab dem hitzigen Gefährten zugleich zu verstehen, wie der Zorn zu Unklugheiten hinreiße.
Dann aber wandten beide Juden ihre Aufmerksamkeit dem in seinem Rausche schlafenden und schnarchenden Maurer zu.
»Was fangen wir mit ihm an?«
»Lassen wir ihn liegen«, sagte Aaron Levi. »Wir sind fertig. Gehen wir mit dem kleinen Burschen, die Stellen zu verabreden, an denen wir heute Abend mit ihm zusammentreffen.«
Schlom Bendix war wiederum anderer Meinung.
»Wir haben ihn noch nötig. Er muss werden nüchtern.«
Und er rief nach dem Hause hin: »Wirtschaft! He, Jungfer! Wirtschaft!«
Die hübsche Kellnerin kam.
»Bringen Sie Wasser und recht starken Kaffee für den Menschen!« befahl ihr Schlom Bendix.
Das Mädchen sah den Knaben an.
Sie erschrak.
»Bernhard!« rief sie.
Der Knabe ward glühend rot und schlug die Augen nieder.
»Bernhard! Bernhard!« rief sie noch einmal. »Du bist es wirklich? Und in solcher Gesellschaft bist Du jetzt!«
Der Knabe sprang auf, zu dem Mädchen.
»Ich gehe mit Dir, Jettchen Ich erzähle Dir alles.«
Er wollte sie zu dem Hause begleiten.
Aaron Levi fuhr auf.
»Du bleibst hier, Bursche. Du gehst nicht mit der Schicksel!«
Der Knabe sah ihn stolz an.
»Hast Du mich gekauft, Jude? Bin ich Dein Leibeigener?«
Schlom Bendix hielt seinen Gefährten zurück.
»Lass’ ihn gehen, Aaron Levi.«
Der Knabe ging mit dem Mädchen.
»Er wird uns verraten!« sagte Aaron Levi.
»Schaute«, erwiderte ihm Schlom Bendix. »Er hat Mut und Stolz und verrät keinen Menschen. Wir werden ihn noch viel gebrauchen können, wenn er nicht heute Nacht totgeschossen wird. Es sollte mir leid tun.«
»Waih, Schlom Bendix, Du bist ja besorgt um ihn wie um ein Söhnchen.«
»Es sollte mir leid tun für uns«, sagte Schlom Bendix.
»Du hast Dich mit den Juden eingelassen«, sagte das Mädchen zu dem Knaben.
»Jettchen«, erwiderte der Bursche, »liebes Jettchen. Du kennst mich doch noch.«
»Du warst immer etwas leichtsinnig, Bernhard. Wie oft habe ich Dich warnen müssen!«
»Du hattest mich doch immer lieb, Jettchen.«
»Weil Du brav warst.«
»Und ich bin es geblieben.«
»Wollen die Juden Dich nicht jetzt zu etwas Schlechtem verführen?«
»Ich soll ihnen nur den Weg zum Schmuggeln zeigen.«
»Ist das nicht schlecht? Ist das nicht von der Regierung verboten?«
»Ja, Jettchen«, sagte der Knabe, »warum ist es von der Regierung verboten? Warum hat die Regierung die hohen Zölle auf alles gesetzt, was die Leute nötig haben? Kleider und Essen und Trinken, alles muss Zoll bezahlen und wird teurer für die Armen.«
»Die Regierung muss doch Geld haben, Bernhard.«
»Ja, das sagen die von der Regierung, aber andere Leute sagen anders. Da war ich noch gestern in Borgentreich; da sprachen die Leute auch von der Sache und sie meinten, man solle nur den Edelmann besteuern wie den Bürger und Bauer, dann habe man alle die Zölle an den Grenzen nicht nötig. So sei es ja auch in der französischen Zeit gewesen. Aber jetzt sei gerade der reiche Edelmann frei und der arme Mann müsse bezahlen; er müsse doppelt bezahlen, die Steuern und die Zölle; denn gerade auf das Notwendigste werde der größte Zoll gelegt. Da wehrte man sich nur seiner Haut, wenn man schmuggle.«
Der Knabe hatte das Mädchen nicht bekehrt.
»Überlass’ Du das Wehren andern Leuten«, sagte sie.
»Wenn ich aber dabei Geld verdiene, Jettchen?«
»Geld für — Bernhard, hast Du an Deine Mutter gedacht?«
»Für sie tue ich es ja, Jettchen. Weißt Du, wie viel mir die Juden für die heutige Nacht geben? Dreißig bare Taler! Es ist ein Kapital!«
Die Kellnerin erschrak.
»Bernhard, Bernhard, für so viel Geld bringen sie Dich in große Gefahr. Da gilt es Dein Leben. Bedenke, wenn Deine Mutter Dich verlöre! Die arme Frau hat so viel Leiden und Du bist, Du СКАЧАТЬ