Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme
Автор: Jodocus Temme
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027238149
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Im Drömling in der Altmark hat man häufig den Fluch: »Daß dich der Jäger hole!” Davon erzählt man: Vor Zeiten lebte dort ein gewisser Mann, Namens Hackeberg. Der war ein großer Jäger, und pflegte aus übermäßiger Lust zum Jagen zu sprechen: Wenn ich nur immer jagen könnte, so wollte ich Gott seinen Himmel wohl lassen! Das ist ihm aber schlecht bekommen; denn zur Strafe muß er nun nach seinem Tode immer des Nachts zu Pferde mit Hunden vom Harze herunter in den Drömling hinein jagen, so daß er keine Ruhe und keine Rast hat. Es haben ihn viele Leute in Gestalt eines Jägers gesehen.
Beckmann histor. Beschreibung von Brandenburg. Th. 5. Buch 1. Cap. 4. S. 80.
46. Die bestraften Räuber.
In dem Dorfe Kleinau bei Apenburg legten sich im Jahre 1650 etliche junge Bauern zu damaliger Kriegszeit auf die Räuberei, und damit sie nicht möchten erkannt werden, machten sie sich mancherlei Gebrechen an. Der Eine nannte sich den »tauben Corporal,” und stellte sich, als könne er nicht hören. Der Andere nannte sich den »stummen Corporal,” und that, als könne er nicht reden. Der Dritte aber nannte sich den »krummmäuligen Corporal,” und hat allezeit, wenn er reden sollen, den Mund verzogen. Diese Bosheit hat aber Gott der Herr augenscheinlich an ihren Kindern gestraft. Denn dem tauben Corporal wurde hernachmals zuerst ein ganz tauber Sohn geboren, und ob er wohl nachher noch viele Kinder zeugte, so ist doch keins dabei gewesen, so recht hat hören können. Dem stummen Corporal wurde zuerst ein Sohn geboren, der ganz taubstumm war, und darauf noch einer, dem zeitlebens das Sprechen so schwer wurde, daß man kaum verstehen können, was er geredet. Und dem krummmäuligen Corporal wurde ein Sohn geboren, dem der Mund ganz schief auf die eine Seite hingezogen war.
Beckmann histor. Beschr. v. Brandenburg. Th. 5. B. 1. Cp. 9. S. 92.
47. Der Lehnekenberg bei Dahrendorf.
Bei dem Dorfe Dahrendorf unweit der Hannöverschen Grenze liegt ein kleiner Berg, der Lehnekenberg geheißen; auf demselben befindet sich ein großer Granitstein, um welchen mehrere kleine Steine herumliegen. Man erzählt sich hiervon, daß einstmals eine Braut aus dem Hannöverschen hierher gekommen und in den großen Stein verwandelt sei, warum? das weiß man nicht. Die Braut hat Lene geheißen, und davon hat der Berg den Namen erhalten.
Acten des Altmärkischen Vereins für Geschichte und Industrie.
48. Der Lehnekenstein bei Bonese.
Eine Viertelstunde westlich vom Dorfe Bonese, hart an der Markauer Grenze, steht in der Haide ein großer Stein; er ist von Granit und enthält vielen schwarzen Glimmer; er muß da schon viele hundert Jahre gelegen haben, denn er ist ganz grau und mit Moos und Flechten bewachsen. Er ist ungefähr 5 Fuß hoch, und hat gegen die Mitte zu einen Umfang von 12 Fuß; nach oben hin spitzt er sich zu. An der Vorderseite, wo ein Fahrweg dicht vorbeigeht, ist er glatt, an den übrigen Seiten aber ist er rauh und uneben; auch hat er dort mehrere Ritzen und Spalten. Früher hat ein ganzer Kranz von Steinen um ihn herum gestanden, davon sieht man aber jetzt nur noch wenige Spuren. Dieser Stein heißt der Lehneken- (Lehnchen-) Stein, und man erzählt sich von ihm folgende Sage:
Vor vielen Jahren wohnte in dem Dorfe Bonese eine Bauerfrau, die zwei Kinder hatte, einen Jungen, der hieß Asmus, und ein Mädchen, die Marlene (Maria Helene) hieß. Der Asmus war schon als Knabe ein Taugenichts, und nachher wurde er ein großer Bösewicht, der keine größere Freude hatte, als die Leute zu quälen. Seine Schwester Marlehnchen dagegen war ein gutes und gottesfürchtiges Mädchen, die von Jedermann geliebt wurde. Die jungen Bursche kamen von allen Seiten her und begehrten sie zur Frau. Sie mochte aber keinen von ihnen, und schlug alle ihre Anträge aus, denn sie hatte eine stille Liebschaft mit einem Knechte auf dem Nachbarhofe, der ein frommer und fleißiger Mensch war, und nur leider keine Reichthümer hatte. Den hatte sie sehr lieb, wie er sie auch, und sie hatten geschworen, daß sie nicht von einander lassen wollten. Zuletzt kam auch der reiche Schulzensohn aus Markau als Freiersmann. Der ließ sich von Marlehnchen nicht abweisen, und steckte sich hinter ihre Mutter und ihren Bruder. Diese quälten sie täglich, und verlangten von ihr, daß sie den Schulzensohn zum Manne nehmen solle. Sie weinte zwar und klagte, und bat um Gotteswillen, daß man doch das nicht von ihr verlangen solle. Aber die Beiden kehrten sich nicht daran, und betrieben nur um desto eiliger das Verlöbniß und das Aufgebot. Marlehnchen schwor zwar in ihrer Herzensangst, sie werde sich eher umbringen, als daß sie als Braut über die Markauer Grenze gehe; aber man verspottete und verlachte sie nur.
Der Hochzeittag kam unterdeß heran, und war auf den nächsten Dienstag bestimmt. Am Montage vorher, des Nachmittags, kamen, wie gebräuchlich, die Brautjungfern zu ihr, und putzten sie auf, und führten sie dann, soviel sie auch weinte und sich sträubte, mit Gewalt zu dem Wagen, in welchem sie nun, wie das Sitte ist, zu ihrem Bräutigam gefahren werden sollte. Ihre Verwandten und Bekannten begleiteten sie in vielen Wagen, und im hastigen Galopp eilten Alle nach Markau zu. Den vordersten Wagen fährt der Bruder der Braut, den hintersten der jüngste Bruder des Bräutigams, wie das Alles so Gebrauch ist. An der Markauer Grenze mußten die Wagen halten, und der Bruder des Bräutigams mußte hier der Sitte gemäß die Braut und die Brautjungfern fragen, ob sie nicht noch lieber umkehren wollten. Es war gerade die Sonne im Untergehen, als sie an der Grenze ankamen. Wie alle Wagen stillstanden, erhob sich der Bruder des Bräutigams und fragte die Brautjungfern: ob die Braut noch bei ihnen sei? Sie antworteten ihm: Ja! Darauf fragte er die Braut: Wer hat dich hierher gebracht, du Braut? Marlehnchen antwortete seufzend, wie es vorgeschrieben war: Gott und gute Leute! Jener fragte weiter: Will die Braut weiter, oder will sie umkehren? Jetzt ist es noch Zeit! Da rief Marlehnchen laut weinend: Ich will um, ich will wieder um, ich will nach meiner Mutter Haus! – Ihr Bruder Asmus aber, der das hörte, schrie wüthend: Nein, du sollst nicht um, du sollst nach Markau. Fahrt zu, fahrt zu! Damit schlug er auf seine Pferde, und rief den Andern zu, daß sie desgleichen thun sollten. Aber Marlehnchen sprang von ihrem Sitze auf, und rief: Ich will lieber zum Steine werden, als daß ich über die Markauer Grenze komme! Mit diesen Worten stürzte sie sich oben über den Rand des Wagens und wurde auf der Stelle zu einem Steine. In dem Augenblicke ging die Sonne unter. – Um Mitternacht, wenn Vollmond ist, sieht man die bunten Brautbänder noch an dem Steine flimmern.
Acten des Altmärkischen Vereins für Geschichte und Industrie.
49. Die Spinnerin im Monde.
In der Gegend von Salzwedel erzählt man sich folgende Sage, die sich in einem Dorfe der Gegend zugetragen haben soll, dessen Namen man aber nicht mehr anführen kann: In dem Dorfe lebte eine arme, alte Wittwe, mit ihrer einzigen Tochter, Namens Marie. Die Mutter war krank und schwach, und konnte nicht mehr arbeiten. Das schadete aber nicht, denn Marie war die beste Spinnerin nahe und fern, sie konnte täglich drei Stück Garn spinnen, und ihr Faden war doch der feinste; dadurch ernährte sie sich und ihre alte Mutter. Sie hatte leider СКАЧАТЬ