Gesammelte Werke. George Sand
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - George Sand страница 142

Название: Gesammelte Werke

Автор: George Sand

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816148

isbn:

СКАЧАТЬ soll­te zahl­lo­se Jahr­hun­der­te dau­ern und nur nach furcht­ba­ren Kämp­fen im Him­mel en­den.

      Wie kam es aber, dass die Pries­ter nach der Pre­digt Jesu und dem hel­len Leuch­ten des Evan­ge­li­ums es noch wa­gen konn­ten in dem Geis­te der spä­tern Völ­ker den kin­di­schen Glau­ben ih­rer ur­al­ten Vor­fah­ren wie­der zu be­le­ben? Weil die Leh­re vom Gu­ten und Bö­sen, sei es durch einen Man­gel, sei es durch das Miss­ver­ständ­nis der apo­sto­li­schen Leh­re, noch dun­kel und un­ent­wi­ckelt ge­blie­ben war. Man hat­te einen durch­gän­gi­gen Ge­gen­satz in den Rech­ten und der Be­stim­mung des Geis­tes und des Flei­sches, in al­len At­tri­bu­ten des Ewi­gen und Zeit­li­chen zum Grund­satz er­ho­ben.

      Die christ­li­che Asce­tik hob die See­le em­por und kas­tei­e­te den Leib. Da nach und nach durch Schwär­me­rei die Kreu­zi­gung des Leib­li­chen bis ins äu­ßers­te Über­maß ge­trie­ben wur­de, wäh­rend die mensch­li­che Ge­sell­schaft der Leh­re Jesu zum Trot­ze der Kas­ten­ein­tei­lung treu ge­blie­ben war, so fuhr ein klei­ner Teil der Men­schen fort im Geis­te zu le­ben und zu herr­schen, wäh­rend die große Mas­se sich in der Nacht des Aber­glau­bens ge­dan­ken­los fort­schlepp­te.

      Es war da­mals wirk­lich so, dass die den­ken­de und mäch­ti­ge Klas­se, in­son­der­heit die Geist­lich­keit, die See­le der Ge­sell­schaft bil­de­te, und dass das Volk nur de­ren Leib war. Wer war aber in die­sem Sin­ne der wah­re Schutz­herr der er­leuch­te­ten Men­schen? Gott! Und der Un­wis­sen­den? Der Teu­fel! Denn Gott schenk­te das geis­ti­ge Le­ben und ver­damm­te den Dienst der Sin­ne, zu wel­chem Sa­tan al­le­zeit die schwa­chen und ro­hen Men­schen ver­führ­te.

      Eine selt­sa­me, mys­ti­sche Sek­te, die un­ter vie­len an­de­ren auf­tauch­te, sann es sich aus, das Fleisch in sei­ne Rech­te wie­der ein­zu­set­zen und die will­kür­lich ge­trenn­ten bei­den Ur­we­sen wie­der in ein ei­ni­ges gött­li­ches Prin­zip zu ver­schmel­zen. Sie woll­te die Lie­be, die Gleich­heit, die Ge­mein­schaft al­ler, die Grund­la­gen der mensch­li­chen Wohl­fahrt hei­li­gen. Der Ge­dan­ke war ge­recht und gut. Aber wie groß war die Ver­ir­rung und das Un­maß, wozu er führ­te! Was tut es?

      Die­se Sek­te such­te also aus der Ver­sto­ßen­heit das vor­geb­li­che Prin­zip des Bö­sen zu rei­ßen und es zum Die­ner und Werk­füh­rer des gu­ten Prin­zips zu ma­chen. Sa­tan wur­de von die­sen Phi­lo­so­phen los­ge­spro­chen und in die Schar der himm­li­schen Geis­ter wie­der ein­ge­führt. In dich­te­ri­scher Aus­schmückung ih­res Ge­dan­kens stell­ten sie Mi­cha­el und sein eng­li­sches Heer als Un­ter­drücker und Räu­ber der Glo­rie und der All­macht dar. Es war dies in der Tat ein Sinn­bild für das Werk der Päps­te und der Kir­chen­fürs­ten, wel­che die Re­li­gi­on der Gleich­heit und des Ge­mein­wohls für das Men­schen­ge­schlecht durch die Er­fin­dung der Höl­le ver­drängt hat­ten.

      Der schwar­ze, fürch­ter­li­che Lu­zi­fer ging nun aus dem Ab­grun­de, wo er seit so vie­len Jahr­hun­der­ten ge­fes­selt brüll­te wie der gött­li­che Pro­me­theus wie­der her­vor. Sei­ne An­hän­ger wag­ten nicht ihn of­fen an­zu­ru­fen, denn sie drück­ten in mys­ti­schen, tief­sin­ni­gen For­meln die Ge­dan­ken sei­ner Er­hö­hung und zu­künf­ti­gen Herr­schaft über das Men­schen­ge­schlecht aus, das nur zu lan­ge schon gleich ihm en­therr­licht, er­nied­ri­get und ver­leum­det wor­den war …

      Ich er­mü­de Sie aber ohne Zwei­fel mit die­ser Aus­ein­an­der­set­zung. Lie­be Con­sue­lo, ver­zei­hen Sie es mir! Man hat mich Ih­nen als den An­ti­christ und als einen An­be­ter des bö­sen Geis­tes ge­schil­dert, ich woll­te mich recht­fer­ti­gen und Ih­nen zei­gen, dass ich ein gut Teil we­ni­ger aber­gläu­bisch bin als Jene, die mich ver­kla­gen.

      – Sie er­mü­den mich nicht, ant­wor­te­te Con­sue­lo mit ei­nem sanf­ten Lä­cheln und ich freue mich sehr, dass ich mich nicht dem bö­sen Feind ver­schwo­ren habe, in­dem ich mich der For­mel der Lol­lar­den be­dien­te.

      – Ich fin­de Sie ja ganz un­ter­rich­tet über die­sen Punkt, ver­setz­te Al­bert. Und er fuhr nun fort, ihr den tiefe­ren Sinn der großen Wahr­hei­ten auf­zu­schlie­ßen, wel­che die So­phis­ten des Ka­tho­li­cis­mus ket­ze­risch nann­ten und un­ter har­ten, treu­lo­sen Be­schul­di­gun­gen und Ver­dam­mungs­ur­tei­len be­gru­ben. Er ge­riet im­mer mehr in Feu­er, in­dem er ihr die Stu­di­en, den Ge­dan­ken­gang und die hoch­flie­gen­den Träu­me schil­der­te, wel­che ihn selbst in ei­ner frü­he­ren Zeit, die er für ent­fern­ter hielt als sie es wirk­lich war, zum Asce­tis­mus und Aber­glau­ben ge­führt hät­ten.

      Durch die Be­mü­hung, die­ses Be­kennt­nis deut­lich und ein­fach ab­zu­le­gen, ge­lang­te er zu ei­ner au­ßer­or­dent­li­chen Klar­heit sei­nes Geis­tes, sprach über sich mit ei­ner Auf­rich­tig­keit und Ur­teils­fä­hig­keit, als ob es sich um einen Drit­ten ge­han­delt hät­te und straf­te die Ver­ir­rung und die Hin­fäl­lig­keit sei­nes ei­ge­nen Ver­stan­des, als ob er seit lan­ger Zeit von der­glei­chen An­fäl­len her­ge­stellt ge­we­sen wäre. Er sprach mit ei­ner sol­chen Schär­fe des Be­wusst­seins, dass, ab­ge­se­hen von der Schät­zung des Zeit­ma­ßes, die ihm für sein ge­gen­wär­ti­ges Le­ben zu feh­len schi­en (denn er ta­del­te sich, dass er ehe­mals für Zis­ka, Wra­tis­law, Po­dieb­rad und an­de­re Ver­stor­be­ne sich an­ge­se­hen habe, ohne zu ah­nen, dass er noch eine hal­be Stun­de zu­vor in den­sel­ben Wahn ver­fal­len war) Con­sue­lo nicht um­hin konn­te, in ihm einen über­le­ge­nen, auf­ge­klär­ten und den kennt­nis­reichs­ten und den­kends­ten Men­schen von al­len, de­nen sie noch be­geg­net war, zu er­ken­nen.

      Die Auf­merk­sam­keit und Span­nung, wo­mit sie ihm zu­hör­te, der hel­le Ver­stand, der in den großen Au­gen die­ses lern­be­gie­ri­gen, mit Fas­sungs­kraft und Sinn für je­den ho­hen Ge­dan­ken be­gab­ten Mäd­chens blitz­te, trie­ben Ru­dol­stadt zu ei­ner all­mäh­lich im­mer le­ben­di­ge­ren An­schau­ung und Über­zeu­gung von dem was er sag­te, fort, und sei­ne Be­red­sam­keit wur­de im­mer er­grei­fen­der.

      Nach ei­ni­gen Ein­wür­fen, wel­che er glück­lich zu be­ant­wor­ten wuss­te, dach­te Con­sue­lo an nichts mehr, als die ihr na­tür­li­che Wiß­be­gier­de zu be­frie­di­gen, und die­ser Trun­ken­heit der Be­wun­de­rung zu ge­nie­ßen, die ihr Al­bert ab­ge­wann. Sie ver­gaß al­les, was sie den Tag über auf­ge­regt hat­te, al­les, An­zo­le­to, Zden­ko, die Ge­bei­ne vor ih­ren Au­gen. Sie war wie be­zau­bert, und der fan­tas­ti­sche Ort, an wel­chem sie sich be­fand, mit sei­nen Cy­pres­sen, sei­nen düs­te­ren Fel­sen, und dem schau­er­li­chen Al­tar, er­schi­en ihr im zit­tern­den Lich­te der Fa­ckeln wie ein ma­gi­sches Pa­ra­dies, in wel­chem hohe, fei­er­li­che Ge­stal­ten auf und nie­der wog­ten. Sie ver­sank, ob­gleich wach, in eine Art Er­star­rung al­ler Kräf­te des Be­wusst­seins, wel­che sie ein we­nig zu sehr für ihre er­reg­ba­re Fan­ta­sie in An­span­nung er­hal­ten hat­te.

      Sie hör­te nicht mehr was Al­bert sprach, son­dern in Won­nen der Ver­zückung schwei­gend, hing sie dem Bil­de die­ses Sa­t­ans nach, den er ihr als einen großen ver­kann­ten Ge­dan­ken vor­ge­stellt hat­te und den ihre künst­le­ri­sche See­le so­gleich als eine schö­ne, blei­che, lei­den­de СКАЧАТЬ