Название: Gesammelte Werke
Автор: George Sand
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962816148
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Von wem? Wer ist die Schlange, welche Eva überlistet? Man wusste es nicht, man bedachte dies noch nicht; es war fürs Erste schon befriedigend für den Geist, dass er den Fund getan hatte, das Böse als Abtrünnigkeit in Folge der Verlockung zu begreifen. Aber weiter dachte man: nicht alles Böse kommt aus dem Herzen des Menschen, viel Unheil tritt von außen her an diesen, und Strafe Gottes kann nicht alles Unheil sein, denn leiden muss auch der Gerechte. Wohl, was nicht Strafe ist, das ist Versuchung, Prüfung, welche Gott über den Menschen verhängt, dessen freie Anhänglichkeit und Verehrung er begehrt.
So ist der Versucher im Buche Hiob Gottes Diener, der Satan ist mitten unter den Kindern Gottes; der Herr fragt ihn ausdrücklich: hast du nicht Acht gehabt auf Hiob, meinen Knecht? und er spricht nachher zu ihm: siehe, alles was Hiob hat, sei in deiner Hand, nur an ihn selbst lege nicht Hand. Aber bei der letzten Entscheidung, welche Gott im Buche Hiob über sein Verhängnis gibt, nämlich dass alles nach der Willkür des Herrn ergehe, mit dem kein Mensch zu rechten sich unterfangen dürfe, weil alles was unter den Himmeln, Gottes Werk und Eigentum (Hiob 41,2), mit dieser Entscheidung konnten sich die Menschen auf die Länge nicht beruhigen: sie erwarteten von ihrem Gott Gerechtigkeit, keine Willkür, und Liebe, kein Bedräuen und schreckliches Offenbaren seiner Macht.
Sie fragten, wie Albert in unserem Texte fragt: wie konnte die höchste Vollkommenheit das Übel, wie das höchste Wissen die Lüge, wie die Liebe den Hass erzeugen? Nur durch Abfall war es möglich. Aber konnte man sich denken, dass der Mensch ursprünglich gut geschaffen und in der Hand des guten Gottes stehend von Gott abfiele? Nimmermehr. Ein anderer Geist musste dazu in ihm mächtig geworden sein, als Gottes Geist.
Dieser andere Geist, der Widersacher Gottes, der Verführer des arglosen Menschen, den man sich nicht mehr überreden konnte als ein Werkzeug Gottes zu denken, muss ein gefallener Engel sein; denn uranfänglich, ein dem Guten entgegengesetztes Prinzip konnte er nicht sein, weil von Anfang an nur Gott ist, der alles aus dem Nichts hervorgerufen. Was man dem Menschen nicht zutraute, traute man einem Engel zu; der Mensch hätte nicht fallen können, wie konnte ein Engel fallen? Man erwog die Schwierigkeit nicht, man war zufrieden, sich durch Satans Abfall den Abfall des Menschen erklärt zu haben.
Dieser gefallene Engel ist Satan im Neuen Testament, wo sich nur die Vorstellung der damaligen Juden wiederholt, nichts durch das Christentum neu begründetes. Die Offenbar. Joh. belehrt uns (12, 7ff.): »Es erhob sich ein Streit im Himmel. Michael und seine Engel stritten mit dem Drachen, und der Drache stritt, und seine Engel, und siegten nicht. Es ward ausgeworfen die alte Schlange, der Teufel und Satanas, der die ganze Welt verführt, und ward geworfen auf die Erde, und seine Engel wurden auch dahin geworfen … Darum freuet euch, ihr Himmel, weil der Verkläger unserer Brüder verworfen ist, der sie verklaget Tag und Nacht vor Gott … Aber wehe denen, die auf Erden wohnen, denn der Teufel kommt zu euch hinab, und hat einen großen Zorn, und weiß, dass er wenig Zeit hat.«
Er ist »ein Mörder von Anfang und nicht bestanden in der Wahrheit; wenn er Lügen redet, so redet er von seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und Vater der Lüge« (Joh. 9, 44). Er ist ein »nach Raub brüllender Löwe« (1 Petr. 5, 8) und macht beständig »listige Anläufe« auf das Menschengeschlecht (Ephes. 6, 11.)
Daher ist es auch nicht aus einem Unterlassungsfehler der evangelischen Schriften, oder aus einer falschen Auslegung derselben zu erklären, dass sich dem Lichte des Evangeliums zum Trotz die Vorstellung vom Teufel erhalten konnte, sondern das Neue Testament hegt und begünstigt wirklich diese Vorstellung.
Sobald der Gedanke einmal feststand, dass das Böse von einem gefallenen Engel herrühre, bemühete man sich, den Abfall dieses Engels sich zu erklären. Ich will nur einen dieser Erklärungsversuche anführen, der unter den Arabern aufkam, weil ich dabei Gelegenheit finde, den Eblis, der oben im Texte erwähnt ward, unsern Leserinnen näher bekannt zu machen.
Die Dews (oder Dives, Dämonen) beherrschten zuerst die Erde, wurden aber trotzig, weil die ihnen eingeräumte Herrschaft sie stolz gemacht hatte. Um sie zu demütigen, schuf Gott, aus dem reineren Feuerstoff den Engel Hareth, d. h. den Aufseher, der auch die Dews bezwang und unterwarf. Aber nun wurde er selbst stolz auf seinen Sieg und auf seine Alleinherrschaft; er wurde zum Eblis (Διάβολος Diabolus, Teufel) oder, wie er auch sonst genannt wird, Azazel, oder Iba (Widerspänstiger) oder Scheitan (Satan). Und Gott beschloss, auch ihn zu demütigen und schuf den Menschen, vor welchem alle Engel und auch Eblis die Knie beugen sollten. Da Eblis sich dessen weigerte und den Menschen zu verführen und zu knechten trachtete, so verfluchte Gott den Eblis bis auf den letzten Gerichtstag, wo er seine letzte Strafe erhalten wird in dem Feuer, dem Elemente selbst, aus dem er geschaffen worden.
Indessen bleibt die Frage stehen, wie es einem guten Engel möglich war, stolz und trotzig zu werden. Und der Schwierigkeiten sind noch mehr. »Es lassen sich, (sagt Schleiermacher, den ich hier wörtlich anführe, weil ich die Sache nicht besser zu sagen weiß,) es lassen sich, je vollkommner die Engel gewesen sein sollen, umso weniger andere Motive ihres Falles angeben, als welche, wie z. B. Hoffart, Neid, einen solchen Fall schon voraussetzen. Sollen nun ferner nach dem Falle die natürlichen Kräfte des Teufels unverrückt geblieben sein, so ist nicht zu begreifen, wie beharrliche Bosheit bei der ausgezeichnetsten Einsicht sollte bestehen können. Denn diese Einsicht muss zuerst jeden Streit gegen Gott als ein völlig leeres Unternehmen darstellen. Hat aber der Teufel bei seinem Falle auch den allerschönsten und reinsten Verstand verloren, so lässt sich auf der einen Seite nicht einsehen, wie durch eine Verwirrung des Willens der Verstand für immer sollte verloren gehen können, wenn nicht diese Verirrung selbst schon auf einem Mangel an Verstand beruht; auf der anderen Seite wäre nicht zu begreifen, wie der Teufel nach einem solchen Verlust seines Verstandes noch sollte ein so gefährlicher Feind sein können.«
Ich führe die Stelle, die noch mehrere Schwierigkeiten aufzählt, nur so weit an, weil es für den gegenwärtigen Zweck genügt, zu zeigen, dass sich das Nachdenken bei der Vorstellung von gefallnen Engeln in ein unentwirrbares Labyrinth verwickelt.
Man denkt sich Gott als den Inbegriff aller Vollkommenheiten und zugleich als den Schöpfer der Welt. Wie ist es möglich, dass der vollkommne Schöpfer ein unvollkommnes Werk hervorgebracht habe? Dass dies die eigentliche Frage sei, um deren Lösung es zu tun war, musste dem nachdenkenden СКАЧАТЬ